1: César Franck (1822-1890)
César Auguste Jean Guillaume Hubert Franck (* 10. Dezember 1822 in Lüttich, Königreich der Vereinigten Niederlande; † 8. November 1890 in Paris) war ein französischer Komponist und Organist deutsch-belgischer Abstammung. Er gilt heute als einer der bedeutendsten französischen Komponisten, Pädagogen und Organisten der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Leben und Wirken
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]César Francks Mutter Marie-Catherine-Barbe Frings (1788–1860) stammte aus Aachen, sein Vater Nicolas-Joseph Franck (1794–1871) aus dem am Dreiländereck gelegenen belgischen Grenzdorf Gemmenich. Nach ihrer Heirat in Aachen zogen die Eltern ins 40 Kilometer entfernte Lüttich, wo ihr Sohn César kurz darauf zur Welt kam. Drei Jahre später, 1825, wurde der zweite Sohn, Joseph, geboren. 1831 trat César in das Lütticher Konservatorium ein, wo er Klavier bei Jules Jalheau, Harmonielehre beim Direktor Joseph Daussoigne-Méhul und Solfège bei Dieudonné Duguet (Organist an Saint-Denis in Lüttich) studierte. 1835 erhielt Franck einen ersten Preis in der Klavierklasse und komponierte seine ersten Klavier- und Kammermusikwerke. 1836 zog die Familie Franck nach Paris. Bereits ein Jahr zuvor erhielt César Franck Privatunterricht bei Anton Reicha (Harmonielehre und Kontrapunkt), Pierre-Guillaume Zimmermann (Klavier) und Hippolyte-Raymond Colet (Komposition) und wurde 1837 am Pariser Konservatorium aufgenommen, das er bis 1842 besuchte. Seine Professoren waren Pierre-Guillaume Zimmermann (Klavier), Aimé Leborne (Kontrapunkt), Henri-Montan Berton (Komposition) und François Benoist (Orgel).
1846 schrieb Franck sein erstes Orgelwerk (Grand Chœur, CFF 49); im gleichen Jahr verlobte er sich mit seiner Schülerin Eugénie-Félicité-Caroline Saillot, was zum Zerwürfnis mit seinem Vater führte und Franck sich fortan einer intensiven privaten Lehrtätigkeit widmete. Ab 1847 wirkte Franck als Organist an Notre-Dame-de-Lorette und, von 1851 bis 1856, an Saint-Jean-Saint-François. 1848 heirateten Franck und seine Verlobte Félicité in der Kirche Notre-Dame-de-Lorette. Aus dieser Ehe gingen vier Kinder hervor.
1854 nahm das Ehepaar Franck an der Trauung des Orgelbauers Aristide Cavaillé-Coll mit dessen Braut Catherine Adélaïde Virginie Blanc in Notre-Dame-de-Lorette teil. Im gleichen Jahr wirkte Franck als einer von vier Organisten an der Einweihung der neuen Ducroquet-Orgel in Saint-Eustache mit, wo er seine für diesen Anlass komponierte Pièce en La majeur (CFF 51) uraufführte.
1857 bis 1863 war Franck Maître de chapelle an Sainte-Clotilde.[1] 1859 wurde er Titularorganist an Sainte-Clotilde, wo bis zu seinem Tod tätig blieb. Am 19. Dezember 1859 spielte er, gemeinsam mit Louis Lefébure-Wély, das Einweihungskonzert der neuen Cavaillé-Coll-Orgel in Sainte-Clotilde. Im April 1862 spielte er seine Fantaisie op. 16 zur Einweihung der Cavaillé-Coll-Orgel in Saint-Sulpice. Am 17. November 1864 spielte Franck die Uraufführung seiner Six Pièces in Sainte-Clotilde, die vier Jahre später, 1868, in einer überarbeiteten Fassung veröffentlicht wurden. Im gleichen Jahr wirkte er bei der Einweihung der Cavaillé-Coll-Orgel in der Kathedrale Notre-Dame in Paris mit. 1871 wurde er Mitgründer der Société Nationale de Musique. Im März 1869 beeindruckte er mit seiner Improvisation im Rahmen der Einweihung der Cavaillé-Coll-Orgel in der Pariser Kirche La Trinité. 1872 wurde Franck in der Nachfolge seines früheren Lehrers François Benoist zum Professor für Orgel am Pariser Konservatorium ernannt.
Zu seinen zahlreichen Schülerinnen und Schülern (sowohl am Konservatorium als auch privat) zählten unter anderem Mélanie Bonis, Charles Bordes, Jules Buval, Henri Busser, Ernest Chausson, Henri Dallier, Henri Duparc, Vincent d’Indy, Augusta Holmès, Guillaume Lekeu, Henri Letocart, Albert Mahaut, Adolphe Marty, Gabriel Pierné, André Pirro, Guy Ropartz, Samuel Rousseau, Charles Tournemire, Paul Vidal und Louis Vierne.
Am 1. Oktober 1878 konzertierte Franck an der Cavaillé-Coll-Orgel im Palais du Trocadéro, wo er neben Improvisationen und seiner Grande Pièce Symphonique op. 17 die Uraufführung seiner Trois Pièces spielte, die 1883 im Druck erschienen.
1885 wurde Franck Ritter der Ehrenlegion.[2] Ein Jahr später wurde er zum Präsidenten der 1871 von ihm mitbegründeten Société Nationale de Musique gewählt. 1889 wurde seine Sinfonie d-Moll uraufgeführt. Nachdem er im Juli 1890 einen schweren Unfall mit einem Pferde-Omnibus erlitt, starb er einige Monate später, am 8. November 1890, mit 67 Jahren an einer Rippenfell- und Herzbeutel-Entzündung in seiner Wohnung am Boulevard Saint-Michel Nr. 95, wo er die letzten 25 Jahre seines Lebens verbracht hatte. Das Requiem fand am 10. November 1890 in Sainte-Clotilde statt. An der Trauerfeier und Beisetzung auf dem Friedhof Montrouge in Paris nahmen zahlreiche Weggefährtinnen und -gefährten wie Léo Delibes, Édouard Lalo, Vincent d’Indy, Camille Saint-Saëns, Eugène Gigout, Gabriel Fauré, Alexandre Guilmant, Charles-Marie Widor, Louis Vierne und Augusta Holmes teil. Im September 1891 wurde der Sarg auf den Friedhof Montparnasse überführt; das Grabmal wurde von Gaston Redon gestaltet und erhielt 1893 ein Bronze-Medallion von Auguste Rodin.
Stilistische Einordnung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ungewöhnlich für einen Komponisten von solcher Bedeutung und Reputation beruht Francks Ruhm größtenteils auf einer vergleichsweise kleinen Anzahl von Kompositionen, die er in seinen späteren Jahren schrieb, insbesondere auf seiner Symphonie en ré mineur (1886–1888), den Variations symphoniques (Klavier und Orchester, 1885), dem Prélude, Choral et Fugue (Klavier, 1884), der Sonate (Violine und Klavier, 1886), dem Quintet (1879) und der sinfonischen Dichtung Le Chasseur maudit (1882). Die Sinfonie wurde besonders von der jüngeren Generation französischer Komponisten bewundert und hatte großen Einfluss auf sie. Sie trug wesentlich dazu bei, die französische sinfonische Tradition nach Jahren des Niedergangs wiederzubeleben; die Uraufführung fand im Februar 1889 im Pariser Konservatorium statt. Eines seiner bekanntesten kürzeren Werke ist die Motette Panis angelicus aus der Messe, op. 12 (1872).
Als Organist war er besonders für seine Fähigkeiten als Improvisator bekannt. Aufgrund seiner zwölf großen Orgelwerke wird Franck von vielen als einer der bedeutendsten Orgelkomponisten seit Johann Sebastian Bach angesehen; sie zählen zu den wichtigsten Beiträgen der französischen Orgelmusik und legten den Grundstein für den sinfonischen Orgelstil in Frankreich. Insbesondere seine Grande Pièce Symphonique (1863) bereitete den Weg für die Orgelsinfonien von Charles-Marie Widor, Louis Vierne und Marcel Dupré, und seine Trois Chorals (1890) sind ein Eckpfeiler des heutigen Orgelrepertoires.
Franck übte einen bedeutenden Einfluss auf die Musik aus. Er trug dazu bei, die Kammermusik zu erneuern und neu zu beleben und entwickelte die Verwendung der zyklischen Form. Claude Debussy und Maurice Ravel nutzten später ebenfalls die zyklische Form, obwohl ihre Musikauffassung nicht mehr die gleiche war wie die Francks. In Bezug auf Francks Stellung als Organist und Komponist in der französischen Musik stellt Rollin Smith fest, dass „das Konzept von César Franck als Organist und unangefochtenem Meister der französischen Orgelkomposition des 19. Jahrhunderts fast jede Referenz zu seinen Werken in anderen Medien durchdringt.“[3]
Kompositionen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Verzeichnis der Kompositionen von César Franck.
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach César Franck wurden benannt:
- der Asteroid (4546) Franck,
- in Frankreich
- die Rue César Franck in Amiens, Arles, Avignon, Béziers, Carcassonne, Castres, Eysines, Ixelles/Elsene, Lüttich, Marseille, Mérignac, Paris, Perpignan, Plombières, Revel, Saint-Médard-en-Jalles, Talence, Tournefeuille, Torreilles und Welkenraedt.
- die Allée César Franck in Beauvais, Épernay, Halluin, Notre-Dame-de-Bondeville, Reims und Rosny-sous-Bois.
- die Place César Franck in Azille und Bègles,
- in Belgien das César-Franck-Athenäum in Kelmis,
- in Deutschland die César-Franck-Straßen in Aachen und Berlin
- sowie n der Antarktis die Franck-Nunatakker , eine Gletscherfelsen-Formation.
Einspielungen (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- César Franck: Complete Organ Works Vol. 1 – From Prodigy to Composer. Detmold: Audite, 2004, 2 SACD (Hans-Eberhard Roß).
- César Franck: Complete Organ Works Vol. 2 – Unrecognised Greatness. Detmold: Audite, 2004, 2 SACD (Hans-Eberhard Roß).
- César Franck: Complete Organ Works Vol. 3 – Fulfilment and Farewell. Detmold: Audite, 2004, 2 SACD (Hans-Eberhard Roß).
- Daniel Roth spielt César Franck, Vol. 1. Cavaillé-Coll-Orgeln in San Sebastián, Saint-Brieuc und Saint-Sulpice, Paris. Düsseldorf: Motette, 1992, 1 CD.
- Daniel Roth spielt César Franck, Vol. 2. Cavaillé-Coll-Orgeln in San Sebastián, Saint-Brieuc und Saint-Sulpice, Paris. Düsseldorf: Motette, 1992, 1 CD.
- Daniel Roth spielt César Franck, Vol. 3. Cavaillé-Coll-Orgeln in San Sebastián, Saint-Brieuc und Saint-Sulpice, Paris. Düsseldorf: Motette, 1992, 1 CD.
Bibliographie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Franck Besingrand: César Franck: Entre raison et passion, Bruxelles: Peter Lang Verlag, 2022, ISBN 978-2-87574-601-6.
- Klauspeter Bungert: César Franck – die Musik und das Denken Das Gesamtwerk, neubetrachtet für Hörer, Wissenschaftler und ausübende Musiker. Mit einer allgemeinen Erörterung zum Ineinandergreifen von Form und klingendem Satz. Frankfurt am Main: Peter Lang, 1996. ISBN 3-631-30354-8.
- Klauspeter Bungert: César Franck – Eine analytische und interpretative Annäherung an sein Werk. Hamburg: Canticus, 2019. ISBN 978-3-948435-00-4.
- Joël-Marie Fauquet: César Franck. Paris: Fayard, 1999. ISBN 2-213-60167-4
- Martin Geisz: César Franck (1822–1890) Kompositionen für Harmonium. Rosbach vor der Höhe: PDF-Datei, 2022. Online verfügbar.
- Martin Geisz: César Franck und Charles Tournemire: Kompositionen für Sonntagsgottesdienst und Vesper aus Ste. Clotilde in Paris. Berlin: ePubli, 2023. ISBN 978-3-7575-3888-0.
- Vincent d’Indy: César Franck. Paris: F. Alcan, 1906.
- Peter Jost (Hrsg.): César Franck – Werk und Rezeption. Stuttgart: Franz Steiner, 2004, ISBN 3-515-08265-4.
- Éric Lebrun: César Franck. Paris: Bleu nuit Éditeur, 2012. ISBN 978-2-35884-021-7.
- Wilhelm Mohr: Caesar Franck. Tutzing: Schneider, 1969. ISBN 978-3-7952-0064-0.
- Daniel Roth: The use of rubato in the organ works of César Franck. The American Organist 52, Nr. 2 (Februar 2018), S. 34–38.
- Daniel Roth: Einige Gedanken zur Interpretation des Orgelwerks von César Franck, zu seiner Orgel und zur Lemmens-Tradition. In: Orgel, Orgelmusik und Orgelspiel. Festschrift Michael Schneider zum 75. Geburtstag, hrsg. von Christoph Wolff, S. 111–117. Kassel: Bärenreiter, 1985. ISBN 978-3-7618-0730-9.
- Rollin Smith: Toward an Authentic Interpretation of the Organ Works of César Franck. Second edition, revised and expanded (=The Complete Organ No. 6; Juilliard Performance Guide No. 1). Hillsdale, NY: Pendragon Press. 2002. ISBN 978-1-57647-076-3.
- Christiane Strucken-Paland: Zyklische Prinzipien in den Instrumentalwerken César Francks. Kassel: Gustav Bosse, 2009. ISBN 978-3-7649-2707-3.
- Christiane Strucken-Paland, Ralph Paland (Hrsg.): César Franck im Kontext – Epoche, Werk und Wirkung. Köln: Dohr, 2009. ISBN 978-3-936655-70-4.
Kritische Werkausgabe (Orgel- und Harmoniumwerke)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- César Franck: Intégrale de l’œuvre d’orgue –– Vol. I: Preface & Commentary, hrsg. von Richard Brasier. Tynset, Norwegen: Lyrebird Music, 2022. ISBN 978-1-917401-00-5.
- César Franck: Intégrale de l’œuvre d’orgue –– Vol. II: 1846–1862, hrsg. von Richard Brasier. Tynset, Norwegen: Lyrebird Music, 2022. ISBN 978-1-917401-01-2.
- César Franck: Intégrale de l’œuvre d’orgue –– Vol. III: 1863–1877, hrsg. von Richard Brasier. Tynset, Norwegen: Lyrebird Music, 2022. ISBN 978-1-917401-02-9.
- César Franck: Intégrale de l’œuvre d’orgue –– Vol. IV: 1878–1890, hrsg. von Richard Brasier. Tynset, Norwegen: Lyrebird Music, 2022. ISBN 978-1-917401-03-6.
- César Franck: Intégrale de l’œuvre d’orgue –– Vol. V: Pièces pour harmonium, hrsg. von Richard Brasier. Tynset, Norwegen: Lyrebird Music, 2022. ISBN 978-1-917401-04-3.
- César Franck: Intégrale de l’œuvre d’orgue –– Vol. VI: Pièces liturgiques, hrsg. von Richard Brasier. Tynset, Norwegen: Lyrebird Music, 2022. ISBN 978-1-917401-05-0.
- César Franck: Intégrale de l’œuvre d’orgue –– Vol. VII: Thèmes d’Improvisation, hrsg. von Richard Brasier. Tynset, Norwegen: Lyrebird Music, 2022. ISBN 978-1-917401-06-7.
- César Franck: Intégrale de l’œuvre d’orgue –– Vol. VIII: Préludes et Prières de Ch. V. Alkan, hrsg. von Richard Brasier. Tynset, Norwegen: Lyrebird Music, 2022. ISBN 978-1-917401-07-4.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über César Franck im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über César Franck in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- César-Franck-Gesellschaft, 50345 Hürth (deutsch/französisch).
- Biografie auf www.musicologie.org (in französischer Sprache).
- César Franck auf der Website von Sainte-Clotilde, Paris (in französischer Sprache).
- Robert James Stove: Franck after Franck: the composer’s posthumous fortunes (Musical Times, 2011; PDF; 1,8 MB).
- List of works by César Franck auf IMSLP.
- Noten und Audiodateien von César Franck im International Music Score Library Project
- Gemeinfreie Noten von César Franck in der Choral Public Domain Library – ChoralWiki (englisch)
- César Franck bei IMDb
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ orgue-clotilde-paris.info. Abgerufen am 27. Oktober 2024.
- ↑ Nachweis in der „Base Léonore“ des französischen Kulturministeriums, abgerufen am 27. Oktober 2024.
- ↑ Rollin Smith: Toward an Authentic Interpretation of the Organ Works of César Franck, S. XV. Hillsdale, NY: Pendragon Press, 2002.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
---|---|---|
— | Titularorganist der Kirche Sainte-Clotilde 1859–1890 | Gabriel Pierné |
Personendaten | |
---|---|
NAME | Franck, César |
ALTERNATIVNAMEN | Franck, César Auguste Jean Guillaume Hubert (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | französischer Komponist und Organist deutsch-belgischer Abstammung |
GEBURTSDATUM | 10. Dezember 1822 |
GEBURTSORT | Lüttich, Königreich der Vereinigten Niederlande |
STERBEDATUM | 8. November 1890 |
STERBEORT | Paris |
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2: Eduard Franck (1817-1893)
Eduard Franck (* 5. Oktober 1817 in Breslau; † 1. Dezember 1893 in Berlin) war ein deutscher Komponist.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eduard Franck kam als Sohn des Kaufmanns und Bankiers Israel Berel Franck († 1828) und der Friedericke (Frida) Frank (* 1784; † 4. November 1849),[1] geb. Kalkstein, in Breslau zur Welt.[2] Seine Jugend verbrachte er in Breslau. Zwischen 1834 und 1838 war er Privatschüler bei Felix Mendelssohn Bartholdy in Düsseldorf und Leipzig, wo er sich auch mit Robert Schumann und William Sterndale Bennett anfreundete. Nach Auslandsaufenthalten in Paris, London und Rom lebte er von 1845 bis 1851 in Berlin. Von 1851 bis 1859 lehrte Franck die Fächer Klavierspiel, Partiturspiel und Musiktheorie am Konservatorium (Rheinische Musikschule) in Köln, das von Ferdinand Hiller geleitet wurde. Außerdem war Franck der Leiter des Städtischen Gesangvereins sowie Komponist und Pianist bei den Gürzenich-Konzerten. 1856 erhielt er den Titel eines Königlichen Musikdirektors. Von 1859 bis 1867 war Eduard Franck Leiter der Musikschule in Bern sowie Dirigent der Bernischen Musikgesellschaft und damit die das Musikleben der Stadt bestimmende Persönlichkeit. 1867 wurde er Lehrer am Stern’schen Konservatorium in Berlin, 1878 an Emil Breslaurs Seminar in Berlin. 1875 wurde ihm der Professorentitel verliehen.
In seinen ersten Werken war Eduard Franck zunächst dem Vorbild Mendelssohns verpflichtet (vgl. das 1855/1861 in Köln aufgeführte Violinkonzert op. 30 in e-Moll, für welches Ferdinand David technische Ratschläge gegeben hatte und das auch Max Bruch inspiriert haben dürfte). Spätere Kompositionen zeichnen sich durch Eigenständigkeit und individuelle Sprache aus. Heute sieht man ihn zutreffend nicht als Nachfolger, sondern als Vermittler zwischen den Generationen der Hauptmeister (Friedhelm Krummacher). Charakteristisch sind formale Klarheit und edle Ausdrucksweise als Folge einer Verbindung von durchsichtigem Satz und klassisch orientiertem Aufbau mit romantischem Idiom. Bedeutend sind die beiden Sinfonien op. 47 in A-Dur und op. 52 in B-Dur, das Zweite Violinkonzert op. 57 in D-Dur, die Streichquartette op. 49, 54 und 55, zwei Streichsextette op. 41 und 50, aber auch die teils überraschend modern wirkenden Violinsonaten und das umfangreiche Klavierwerk (insbesondere zahlreiche Sonaten), das er in großen Zyklen zusammenfasste.
Eduard Franck heiratete die Pianistin Tony Cäcilie Thiedemann am 20. Juli 1850 in Berlin. In Köln brachte sie am 3. Januar 1858 den Sohn Richard Franck zur Welt, der als Schüler von Carl Reinecke die musikalische Tradition der Familie als Komponist und Pianist fortführte. In Bern wurden die Töchter Elsa (6. August 1860) und Ida (27. April 1862) geboren. Brüder von Eduard Franck waren der Schriftsteller Hermann Franck und der Pariser Buchhändler Albert Franck.
Die Werke Eduard Francks werden seit 2010 im Pfefferkorn Musikverlag (Leipzig) und nunmehr (nach der Übernahme von Teilen des Verlagsprogramms 2017) bei Breitkopf & Härtel (Wiesbaden) quellenkritisch neu ediert. Bisher unveröffentlichte Werke werden im Erstdruck vorgelegt.
Werke (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Orchesterwerke und Konzerte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Symphonie a-Moll (1846), verschollen
- Symphonie g-Moll (1852/1856), verschollen
- Symphonie B-Dur (1858), verschollen
- Sinfonie A-Dur op. 47, Berlin 1882, als CD publiziert 1998 (Fermate/audite)
- Symphonie B-Dur op. 52 (1883), Manuskript, als CD publiziert 2000 (audite)
- Konzertstück (Andante und Allegro für Violine und Orchester) A-Dur (1845), Manuskript, als CD publiziert 2012 (audite)
- Fantasie für Orchester G-Dur op. 16, Berlin ca. 1850, als CD publiziert 2012 (audite)
- Concert-Ouverture für großes Orchester Es-Dur op. 12, Berlin 1848, als CD publiziert 2012 (audite)
- Ouverture Der Römische Carneval D-Dur op. 21, Köln 1854, als CD publiziert 2012 (audite)
- Concert für das Pianoforte mit Begleitung des Orchesters d-Moll op. 13, Berlin ca. 1849, Kritische Urtext-Ausgabe 2012 beim Pfefferkorn Musikverlag, Leipzig, jetzt bei Breitkopf & Härtel, Wiesbaden; als CD publiziert 2021 (cpo)
- Konzert für zwei Klaviere und Orchester C-Dur (1852), verschollen
- Concert für die Violine mit Begleitung des Orchesters e-Moll op. 30, Berlin 1890, als CD publiziert 1998 (Fermate/audite)
- Violinkonzert D-Dur op. 57 (1875), Manuskript, als CD publiziert 2000 (audite)
- Konzert für Pianoforte mit Orchester C-Dur/a-Moll (1879), als CD publiziert 2021 (cpo); Noten erhältlich bei Breitkopf & Härtel, Wiesbaden
Kammermusik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Sonate für Pianoforte und Violoncello D-Dur op. 6, Berlin 1846, als CD publiziert 1995 (Fermate/audite); Kritische Urtext-Ausgabe 2012 beim Pfefferkorn Musikverlag, Leipzig
- Sonate für Pianoforte und Violoncello F-Dur op. 42, Berlin 1882, als CD publiziert 2000 (Fermate/audite) und 2012 (Naxos); Kritische Urtext-Ausgabe 2012 beim Pfefferkorn Musikverlag, Leipzig
- Sonate für Pianoforte und Violine c-Moll op. 19, Köln 1853, als CD publiziert 1997 (Antes) und 2007 (audite); Kritische Urtext-Ausgabe 2011 beim Pfefferkorn Musikverlag, Leipzig
- Sonate für Pianoforte und Violine A-Dur op. 23, Köln 1859, als CD publiziert 1997 (Antes), 2007 (audite) und 2012 (Naxos); Kritische Urtext-Ausgabe 2012 beim Pfefferkorn Musikverlag, Leipzig
- Violinsonate D-Dur (1861), Manuskript, als CD publiziert 2007 (audite) Erstdruck der Urtext-Ausgabe 2012 beim Pfefferkorn Musikverlag, Leipzig
- Sonate für Violine und Klavier E-Dur op. 60, Berlin 1910, als CD publiziert 2007 (audite); Kritische Urtext-Ausgabe 2012 beim Pfefferkorn Musikverlag, Leipzig
- Klaviertrio E-Dur (1835), Manuskript, Erstdruck als Urtext-Ausgabe im Februar 2012 beim Pfefferkorn Musikverlag, Leipzig; als CD publiziert 2014 (audite)
- Klaviertrio e-Moll op. 11, Berlin 1848, als CD publiziert 2009 (audite); Noten 2009 neu veröffentlicht durch Edition Silvertrust, Riverwoods, IL, USA
- Klaviertrio Es-Dur op. 22, Köln 1859, als CD publiziert 2012 (Naxos) und 2014 (audite)
- Klaviertrio D-Dur op. 53 (1886), Manuskript, Erstdruck als Urtext-Ausgabe im März 2013 beim Pfefferkorn Musikverlag, Leipzig; als CD publiziert 2014 (audite)
- Klaviertrio D-Dur op. 58, Berlin 1898, als CD publiziert 2009 (audite); Noten 2009 neu veröffentlicht durch Edition Silvertrust, Riverwoods, IL, USA
- Streichquartett f-Moll op. 49 (auch 40), Berlin 1891, als CD publiziert 2001 (audite), Noten 2008 neu veröffentlicht durch Edition Silvertrust, Riverwoods, IL, USA, desgl. 2006 durch Merton Music, London
- Streichquartett Es-Dur op. 54 (1874), als CD publiziert 2000 (audite), Noten 2008 erstmals veröffentlicht durch Edition Silvertrust, Riverwoods, IL, USA
- Streichquartett c-Moll op. 55, Berlin 1899, als CD publiziert 2000 (audite), Noten 2007 neu veröffentlicht durch Edition Silvertrust, Riverwoods, IL, USA
- Streichquintett e-Moll op. 15, Berlin 1850, als CD publiziert 2011 (audite), Noten 2012 neu veröffentlicht durch Edition Silvertrust, Riverwoods, IL, USA
- Klavierquintett D-Dur op. 45, Berlin 1882, als CD publiziert 2001 (audite), Noten 2007 neu veröffentlicht durch Edition Silvertrust, Riverwoods, IL, USA
- Streichquintett C-Dur op. 51, Berlin 1897, als CD publiziert 2011 (audite); Noten 2012 neu veröffentlicht durch Edition Silvertrust, Riverwoods, IL, USA
- Streichsextett Es-Dur op. 41, Berlin ca. 1882, 2011 Kritische Urtextausgabe, Leipzig (Pfefferkorn Musikverlag 2011), 2007 Reprint der Erstausgabe veröffentlicht durch Edition Silvertrust, Riverwoods, IL, USA, desgl. 2006 durch Merton Music, London; als CD publiziert 2004 (audite)
- Streichsextett D-Dur op. 50, Berlin 1894, 2011 Kritische Urtextausgabe, Leipzig (Pfefferkorn Musikverlag 2012), 2007 neu veröffentlicht durch Edition Silvertrust, Riverwoods, IL, USA, desgl. 2006 durch Merton Music, London; als CD publiziert 2004 (audite)
Klaviermusik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Caprice, in: Hommage à Clara Wieck, Breslau 1836
- Zwölf Studien für das Pianoforte op. 1, Leipzig 1837[3]
- Capriccio für das Pianoforte E-Dur op. 2, Stuttgart ca. 1839[3]
- Drei Charakterstücke für das Pianoforte op. 3, Leipzig ca. 1839[3]
- Album für das Pianoforte op. 5, Leipzig 1843[3]
- Scherzo für das Pianoforte Es-Dur op. 7, Berlin ca. 1847[3]
- Sechs Variationen über ein eigenes Thema für das Pianoforte zu vier Händen op. 9, Berlin 1848
- Drei Ständchen für das Pianoforte op. 10, Berlin 1848[3]
- 25 Variationen über ein eigenes Thema für Pianoforte op. 14, Berlin ca. 1849[3]
- Drei Impromptus für das Pianoforte op. 17, Berlin 1850[3]
- Sechs lyrische Vorspiele für Pianoforte op. 18, Berlin ca. 1850[3]
- Die Ouverture zur Zauberflöte (von Mozart), für das Pianoforte zu zwei Händen, Berlin 1850
- Sonate d-Moll (1853), Manuskript
- Drei Märsche für das Pianoforte zu vier Händen op. 20, Köln 1854
- Lied ohne Worte 1857
- Sonate A-Dur (1858), Manuskript
- Sonate F-Dur (1860), Manuskript
- Sonate As-Dur (1865), Manuskript
- Albumblatt e-Moll (1868), Manuskript
- Sonate B-Dur (1874), Manuskript
- Sechs Sonaten op. 40, Berlin 1882; Nr. 1 bis Nr. 5 als CD publiziert 2010 und 2011 (Romantic Discoveries Recordings)
- Vierzig Clavierstücke op. 43, Berlin 1882
- Drei Sonaten für Pianoforte op. 44, Berlin 1882; als CD publiziert 2009, 2010 und 2011 (Romantic Discoveries Recordings)
- Duo für zwei Pianofortes op. 46, Berlin 1882
- Sonate g-Moll (1888), Manuskript
- Acht Clavierstücke zu vier Händen op. 48, Berlin 1889
- Sonate B-Dur (1893), Manuskript
- Sonate – über ein Motiv von Robert Schumann, Manuskript
- Vierhändige Toccata D-Dur, Manuskript
- Fantasie für Klavier op. 61, Berlin 1910
- Acht Klavierstücke op. 62, Berlin 1910; als CD publiziert 2011 (Romantic Discoveries Recordings)
Vokalmusik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Sechs zweistimmige Lieder für Sopran und Alt op. 4, Leipzig 1842
- Sechs Lieder für eine Sopran- oder Tenorstimme op. 8, Berlin 1846
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hans Bloesch, Die Bernische Musikgesellschaft 1815–1915, Bern 1915
- Fritz Feldmann: Franck, Eduard. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 5, Duncker & Humblot, Berlin 1961, ISBN 3-428-00186-9, S. 316 (Digitalisat).
- Paul Feuchte/Andreas Feuchte, Die Komponisten Eduard Franck und Richard Franck. Leben und Werk, Dokumente, Quellen, Zweite, vollständig überarbeitete Ausgabe, Leipzig (Pfefferkorn Musikverlag) 2010, ISBN 978-3-00-031664-7.
- Die Musik in Geschichte und Gegenwart, 2. Ausgabe, Personenteil, Band 6, Familienartikel Franck.
- Frank, Eduard. In: Wilibald Gurlitt (Hrsg.): Riemann Musiklexikon. 12., völlig neubearbeitete Auflage. Personenteil: A–K. Schott, Mainz 1959, S. 541 (Textarchiv – Internet Archive).
- Frank, Eduard. In: Carl Dahlhaus (Hrsg.): Riemann Musiklexikon. 12., völlig neubearbeitete Auflage. Personenteil: A–K, Ergänzungsband. Schott, Mainz 1972, S. 376.
Diskografie (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]CD-Veröffentlichungen (ab 1995) insbesondere des Klassiklabels 'audite' haben maßgeblich dazu beigetragen, Franck wieder bekannter zu machen:
- Violinkonzert e-Moll op. 30 + Symphonie A-Dur op. 47: Christiane Edinger | Rundfunk-Sinfonieorchester Saarbrücken | Hans-Peter Frank (audite)
- Violinkonzert D-Dur op. 57 + Symphonie B-Dur op. 52: Christiane Edinger | Rundfunk-Sinfonieorchester Saarbrücken | Hans-Peter Frank (audite)
- Der römische Carneval, Konzertstück für Violine & Orchester, Fantasie für Orchester, Concert Ouvertüre für gr. Orchester: Christiane Edinger | Württembergische Philharmonie Reutlingen | Ola Rudner (audite)
- Violinsonaten opp. 19, 23, 60 & posth.: Christiane Edinger | James Tocco (audite)
- Klaviertrios opp. 11 & 58: Christiane Edinger | Lluís Claret | Klaus Hellwig (audite)
- Klaviertrios opp. 22, 53 & in E-Dur (1835): Schweizer Klaviertrio – Swiss Piano Trio (audite)
- Streichquartett in f-Moll op. 49 + Streichquintett in D-Dur op. 45: James Tocco | Edinger Quartett (audite)
- Streichquartette opp. 54 & 55: Edinger Quartett (audite)
- Streichquintette opp. 15 & 51: Christiane Edinger | Rainer Kimstedt | Katharina Maechler | Tassilo Kaiser | Uwe Martin Haiberg (audite)
- Streichsextette opp. 41 & 50: Leo Klepper | Matthias Donderer | Edinger Quartett (audite)
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Werke von und über Eduard Franck im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Noten und Audiodateien von Franck, Eduard im International Music Score Library Project
- Werkeverzeichnis auf Klassika
- Pfefferkorn Musikverlag, Leipzig
- Eduard Franck (PDF; 852 kB) – Aufsatz über Eduard Franck. In: Mitteilungen 92 der Arbeitsgemeinschaft für rheinische Musikgeschichte 2010
- Ludwig Rink: Vorkämpfer einer musikalischen Romantik. Orchesterwerke von Eduard Franck. Beitrag vom 29. April 2012 in der Reihe Die neue Platte im Deutschlandfunk
- Tony Cäcilie Thiedemann: Biografie auf Musik und Gender im Internet
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Aron Heppner: Die Stamm-Numeranten. In: Breslauer Jüdisches Gemeindeblatt Jg. 2, Nr. 7, 28. Juli 1925, S. 101 (Web-Ressource).
- ↑ Andreas Feuchte: Hermann Franck (1802–1855). Persönlichkeit zwischen Philosophie, Politik und Kunst im Vormärz. P. Lang, Frankfurt am Main 1998 (Forschungen zum Junghegelianismus. Quellenkunde, Umkreisforschung, Theorie, Wirkungsgeschichte, Bd. 3), ISBN 3-631-33570-9, S. 357 ff.
- ↑ abcdefghi Erstaufnahme Klassik-resampled 2011
Personendaten | |
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NAME | Franck, Eduard |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Pianist und Komponist |
GEBURTSDATUM | 5. Oktober 1817 |
GEBURTSORT | Breslau |
STERBEDATUM | 1. Dezember 1893 |
STERBEORT | Berlin |
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3: Melchior Franck (1822-1890)
Melchior Franck (* um 1579 in Zittau; † 1. Juni 1639 in Coburg) war ein evangelischer deutscher Komponist an der Stilwende von der Spätrenaissance zum Frühbarock.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Über Melchior Francks Lebensumstände ist wenig bekannt. Es sind kein Bild und kein Nachlass erhalten, und es ist nur eine einzige Handschrift überliefert. Bei dem in älterer Literatur häufig angegebenen Geburtsjahr 1573 handelt es sich um eine Verwechslung mit einem Johannes Frank, der 1600 in Augsburg die Sammlung Cantiones sacrarum melodiarum drucken ließ, und der möglicherweise Melchior Francks älterer Bruder war.[1][2] Er besuchte das Gymnasium in Augsburg, war Schüler Hans Leo Haßlers und ging mit ihm nach Nürnberg. Dort war er 1602 ein Jahr lang als Schulgehilfe an St. Egidien tätig. Auch wenn man nichts über seine Ausbildung weiß, möglicherweise war er ein Schüler von Christoph Demantius, zeigen seine Werke doch eine gründliche Kenntnis des „niederländischen Stils“ der Schule Orlando di Lassos. Anders als einige seiner Zeitgenossen, etwa Heinrich Schütz, hatte Franck nicht die Möglichkeit einer Studienreise nach Italien. Den damals neuen italienischen Stil, die seconda pratica, hat Melchior Franck wohl durch Haßler kennengelernt. 1603 trat Melchior Franck die Stelle eines Hofkapellmeisters bei Herzog Johann Casimir in Coburg an, die er lebenslang innehatte.
Nach vielen Schicksalsschlägen, wie dem Tod seiner Kinder und seiner Frau, der Not des Dreißigjährigen Kriegs und dem Tod von Herzog Johann Casimir, starb Franck 1639 in Armut.
Werke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Melchior Franck steht an der Stilwende von der Spätrenaissance (beispielsweise repräsentiert durch Giovanni Pierluigi da Palestrina, Thomas Tallis und Orlando di Lasso) zum Frühbarock. Er gehört zum stilistischen Umfeld von Michael Praetorius, Melchior Vulpius und Leonhard Lechner. Claudio Monteverdi und Heinrich Schütz gehören zu seinen Zeitgenossen. Er schuf ein umfangreiches kompositorisches Werk, das größtenteils im Druck erschien und auf den musikalischen Bedarf eines barocken Fürstenhofes zugeschnitten war.
Francks Werk umfasst geistliche Musik in deutscher und lateinischer Sprache, vornehmlich zum Gebrauch im evangelischen Gottesdienst. Zahlreiche Motetten, Psalmvertonungen und andere Kirchenmusiken sind erhalten. Bekannt sind beispielsweise die vierstimmigen Gemmulae Evangeliorum (auch herausgegeben als Deutsche Evangeliensprüche für das Kirchenjahr) von 1623, einige Choräle (im Evangelischen Gesangbuch finden sich die Melodien zu Gen Himmel aufgefahren ist [EG 119] und Jerusalem, du hochgebaute Stadt [EG 150]) sowie der Kanon (ursprünglich ein Gästebucheintrag).
Franck komponierte ebenso weltliche Vokalmusik. Seine zahlreichen weltlichen Liederbücher haben hinsichtlich der Texte (Bergreihen, Reuterliedlein, Quodlibets, Liebes- und andere Volkslieder oder Gesänge nach italienischen Mustern) auch literarische Bedeutung. Ferner schuf er Instrumentalmusik, beispielsweise Tanzsätze. Das Volkslied Ach Tannenbaum, eine Ursprungsversion des Liebesliedes O Tannenbaum, das später zum populären Weihnachtslied O Tannenbaum umgedichtet wurde, wird ihm zugeschrieben.
Wirkung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Franck wurde von Zeitgenossen wie Johann Staden und Valentin Dretzel als „berümbter Meister“ geschätzt. Seine Instrumentalwerke waren für die Entwicklung der Orchester-Suite von Bedeutung.
Hundert Jahre nach seinem Tod war Franck vergessen. Sein Werk wurde erst Ende des 19. Jahrhunderts und im 20. Jahrhundert wiederentdeckt. Nach wie vor sind große Teile seines Werks nur Spezialisten bekannt.
Besondere Verdienste um die Pflege des Franck-Erbes hat sich der Melchior-Franck-Kreis Coburg erworben. Ensembles für alte Musik führen Francks Musik regelmäßig auf, beispielsweise das Ensemble Alte Musik Dresden oder Cantus Thuringia & Capella.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Notenausgaben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Melchior Franck: Drei Quodlibets. In: Kurt Gudewill, Friedrich Blume (Hrsg.): Das Chorwerk. Heft 53.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Clarence Theodore Aufdemberge: Vollständiges Werk-Verzeichnis der Kompositionen von Melchior Franck. In: Jahrbuch der Coburger Landesstiftung. Band 20, 1975, S. 187–240.
- John H. Baron: Franck, Melchior. In: Grove Music Online (englisch; Abonnement erforderlich).
- Friedrich Wilhelm Bautz: Franck, Melchior. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 2, Bautz, Hamm 1990, ISBN 3-88309-032-8, Sp. 79–80 .
- Moritz Fürstenau: Franck, Melchior. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 7, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 213.
- Knut Gramß: Notendrucke von Melchior Franck und ihre Standorte. In: Stefan Nöth (Hrsg.): Coburg 1056–2006; ein Streifzug durch 950 Jahre Geschichte von Stadt und Land. Wikomm-Verlag, Stegaurach, 2006, ISBN 3-86652-082-4, S. 65–86.
- Kurt Gudewill: Franck, Melchior. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 5, Duncker & Humblot, Berlin 1961, ISBN 3-428-00186-9, S. 319 f. (Digitalisat).
- Hermann Mendel: Musikalisches Konversationslexikon: eine Encyklopedie der gesammten musikalischen Wissenschaften für Gebildete aller Stände. Band 4. Oppenheim, Berlin 1874, S. 15 f. (Textarchiv – Internet Archive).
- Aloys Obrist: Melchior Franck. Ein Beitrag zur Geschichte der weltlichen Composition in Deutschland in der Zeit vor dem 30jährigen Krieg. A. Haack, Berlin 1892 (= Diss. Universität Berlin 1892); urn:nbn:de:bvb:12-bsb11557232-4.
- Markus Rathey: Franck, Melchior. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Ausgabe, Personenteil, Band 6 (Eames – Franco). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 2001, ISBN 3-7618-1116-0, Sp. 1623–1633 (Online-Ausgabe, für Vollzugriff Abonnement erforderlich)
- „Zur Fröligkeit componirt“ – Der Coburger Hofkapellmeister Melchior Franck (= Jahrbuch der Coburger Landesstiftung. Band 66, 2022). Michael Imhof Verlag, Petersberg 2023, ISBN 978-3-7319-1396-2.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Werke von und über Melchior Franck im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Melchior Franck in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Noten und Audiodateien von Melchior Franck im International Music Score Library Project
- Gemeinfreie Noten von Melchior Franck in der Choral Public Domain Library – ChoralWiki (englisch)
- Melchior Franck im Bayerischen Musiker-Lexikon Online (BMLO)
- Website der Melchior-Franck-Gesellschaft
- Melchior Franck. Bach Cantatas Website (englisch).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Franz Peters-Marquardt: Melchior Franck, ein Altmeister deutschen Musikschaffens. In: Aus Coburg Stadt und Land – Oberfränkischer Heimatkalender. Verlag des oberfränkischen Heimatkalenders, Coburg 1954, OCLC 643808839, S. 41–46.
- ↑ Markus Rathey: Franck, Melchior. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Ausgabe, Personenteil, Band 6 (Eames – Franco). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 2001, ISBN 3-7618-1116-0, Sp. 1623–1633 (Online-Ausgabe, für Vollzugriff Abonnement erforderlich)
Personendaten | |
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NAME | Franck, Melchior |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Komponist |
GEBURTSDATUM | um 1579 |
GEBURTSORT | Zittau |
STERBEDATUM | 1. Juni 1639 |
STERBEORT | Coburg |
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[27.02.2000][01.07.2001][30.09.2007][30.09.2007][26.11.2016][26.11.2016]
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