Wolfgang Caffier

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Wolfgang Caffier (* 10. März 1919 in Leipzig; † 4. August 2004 in Dresden) war ein deutscher evangelisch-lutherischer Pfarrer, Mitglied der Bekennenden Kirche und DDR-CDU-Bezirkstagsabgeordneter.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Caffier war der Sohn des christlichen Kaufmanns Alfred Caffier und dessen jüdischer Ehefrau Johanna geb. Pawel.[1] 1934 wurde er getauft und trat 1937 unter dem Einfluss seiner Eltern der Bekennenden Kirche bei. Nach dem Besuch der Volksschule und dem anschließenden Erwerb seiner Hochschulreife studierte er Evangelische Theologie in Leipzig, wurde aber wegen seiner jüdischen Herkunft 1940 exmatrikuliert. Danach versuchte er, als Gasthörer sein Wissen zu erweitern. Der sächsische Landesbruderrat der Bekennenden Kirche unterstützte seine weitere Ausbildung und so konnte Caffier im März 1943 in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern sein Erstes Theologisches Examen ablegen. Da die Gestapo ihm eine kirchliche Tätigkeit nicht erlaubte und die Einziehung zur Zwangsarbeit drohte, verließ er Sachsen und hielt sich zeitweise verborgen. Caffier blieb in Kontakt mit Anhängern der Bekennenden Kirche, die sich dem Dahlemer Zweig zurechneten. Im Jahr 1944 wurde er wieder offiziell von Pastor Paul Braune als Hilfsgeistlicher an den Hoffnungstaler Anstalten Lobetal beschäftigt. In einem autobiographischen Bericht erzählt Caffier über sein Leben in der NS-Zeit.[2]

Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus legte er in Berlin im Jahr 1946 sein Zweites Theologisches Examen ab und erhielt seine Ordination. Im selben Jahr wurde er als Pfarrer an der Erlöserkirche Leipzig gewählt. 1947 versah er auch einen Dienst als Studentenpfarrer in der Evangelischen Studentengemeinde Leipzig (ESG Leipzig). Mitte 1948 wurde er Mitglied der SED[3][4] und hatte dort später zwölf Funktionen inne. 1949 wurde er Pfarrer in Liebenau (bei Kamenz) und 1954 Pfarrer in Weixdorf (Kirchenbezirk Dresden-Land), wo er bis zu seinem Ruhestand tätig blieb. Hier schied er 1967 aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aus dem Dienst aus.

1970 wurde ihm von der Brüderunität das Amt eines Bearbeiters der Herrnhuter Losungen übergeben. 1973 beschwerte er sich in einem Schreiben an Willi Barth vom Zentralkomitee der SED über die Vorzensur, die die Evangelische Verlagsanstalt hinsichtlich der von ihm ausgewählten (Dritt-)Texte ausübe.[5]

Wolfgang Caffier hatte zusammen mit Ehefrau Ingetraut drei Kinder, darunter den CDU-Politiker Lorenz Caffier.

Positionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Diskussion der sächsischen Landeskirche zum Thema Jugendweihe und/oder Konfirmation trat Caffier für eine weniger rigorose Position ein, indem er der versammelten Pfarrerschaft und Bischof Noth zurief: „Seid barmherzig!“[4][6]

Caffier stand loyal zur sozialistischen Staatsmacht.[5] Von 1958 bis 1961 wirkte er als Leiter des SED-gesteuerten Bundes evangelischer Pfarrer in der DDR.[7] Außerdem wurde er mit dem Mandat der CDU der DDR Abgeordneter des Bezirkstages von Dresden.

Caffier stieß mit seiner Positionierung zugunsten der SED in breiten Kreisen der evangelischen Kirche auf Ablehnung und war in der Pfarrerschaft relativ isoliert. Bei seinen Wortmeldungen auf der Pfarrerkonferenz wurde er als „Spitzel der SED und Russenknecht“ bezeichnet. In seiner Leipziger Gemeinde war er völlig isoliert und predigte „vor leeren Sälen“.[8] Caffier war seit ihrer Gründung Mitglied der sozialismusnahen Christlichen Friedenskonferenz. Interna der sächsischen Landeskirche und der Brüder-Unität meldete er dem Rat des Bezirkes Dresden in Dresden (Lewerenz) und dem Ministerium für das Hoch- und Fachschulwesen der DDR in Ost-Berlin (Staatssekretär Wilhelm Girnus) und dadurch mittelbar an das Zentralkomitee der SED.[9]

In der Zeit der Wende in der DDR förderte er ein Dresdner Theaterprojekt und rettete es damit vor seiner Liquidation.[10]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Evangelisch getauft – als „Juden“ verfolgt. Theologen jüdischer Herkunft in der Zeit des Nationalsozialismus. Ein Gedenkbuch. Hrsg. von Hartmut Ludwig, Eberhard Röhm und Jörg Thierfelder. Calwer Verlag, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-7668-4299-2, S. 70 f.
  2. Wolfgang Caffier: Du hast einen weiten Weg vor dir. In: Stärker als die Angst. Den sechs Millionen, die keinen Retter fanden. Hrsg. und mit einem Vorw. versehen von Heinrich Fink. Mit einem Geleitwort von Emil Fuchs. Union-Verlag VOB, Berlin 1968, OCLC 258240383, S. 159–179.
  3. Georg Wilhelm: Die Diktaturen und die evangelische Kirche. Totaler Machtanspruch und kirchliche Antwort am Beispiel Leipzigs 1933–1958. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2004, ISBN 3-525-55739-6, 3.8 Der „fortschrittliche“ Pfarrer Wolfgang Caffier zwischen SED und Kirche, S. 289 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. a b Werner Krusche, Bischof der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen: „Die Kirche war die belagerte Burg, von der aus auf Leben und Tod gekämpft wird.“ Interview am 19. November 1994. In: Hagen Findeis, Detlef Pollack (Hrsg.): Selbstbewahrung oder Selbstverlust. Bischöfe und Repräsentanten der evangelischen Kirchen in der DDR über ihr Leben – 17 Interviews. Ch. Links Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-86153-202-6, S. 213–249, hier 216 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. a b Hedwig Richter: Pietismus im Sozialismus. Die Herrnhuter Brüdergemeine in der DDR (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft. Band 186). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, ISBN 978-3-525-37007-0, S. 345 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Vgl. das Wort Jesu in der Bergpredigt: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.“ (Lukas 6,36 LUT) sowie 1 Petr 3,8 LUT.
  7. Clemens Vollnhals (Hrsg.): Die Kirchenpolitik von SED und Staatssicherheit. Eine Zwischenbilanz (= Wissenschaftliche Reihe des Bundesbeauftragten. Band 7). 2., durchgesehene Auflage. Ch. Links Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-86153-122-4, S. 132 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. Georg Wilhelm: Die Diktaturen und die evangelische Kirche. Totaler Machtanspruch und kirchliche Antwort am Beispiel Leipzigs 1933–1958. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2004, ISBN 3-525-55739-6, 3.8 Der „fortschrittliche“ Pfarrer Wolfgang Caffier zwischen SED und Kirche, S. 289 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche – ; zit. aus dem Schreiben von Gelbe-Haussen, Leiter der Wirkungsgruppe Leipzig des Kulturbundes, an Karl Kneschte, Landessekretär des Kulturbundes, am 15. Juni 1949).
  9. Hedwig Richter: Pietismus im Sozialismus. Die Herrnhuter Brüdergemeine in der DDR (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft. Band 186). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, ISBN 978-3-525-37007-0, S. 161 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  10. theater: geschichte. Projekttheater Dresden, abgerufen am 21. Juli 2014.