Walter Kerlinger

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Walter Kerlinger OP (* vor 1345 in Erfurt; † 1373 ebenda) war Dominikaner und als Inquisitor tätig.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kerlinger stammte aus einer Erfurter Patrizierfamilie. Er ist 1345 als Lektor des Erfurter Dominikanerstudiums bezeugt. Am 27. Dezember 1349 wird er als Predigermönch der Dominikaner erwähnt. Von 1369 bis 1373 war er der zehnte Provinzial der Ordensprovinz Saxonia.[1]

Am 11. Oktober 1364 ernannte ihn Papst Urban V. zum Inquisitor[1]. Seine Tätigkeit richtete sich gegen die Bewegungen der Beginen und Flagellanten.[2]

Unter Kerlinger wurden deren Häuser in Eisenach, Erfurt und Mühlhausen geschlossen. Die Bewohner unterlagen dem Bann, bis sie ihrer Ketzerei abschworen. In Erfurt lebten um 1368 zu Beginn der Verfolgung ca. 400 Beginen und Begarden. Von diesen taten 200 Buße und konnten in der Stadt bleiben, die übrigen mussten wegen des päpstlichen Bannes die Stadt verlassen. Je nach Quelle wurden einer oder zwei von ihnen wegen fortgesetzter Ketzerei verurteilt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt.[3]

Auch in Nordhausen kam es unter Kerlinger zu sieben Hinrichtungen.[4]

Darüber hinaus war Kerlinger in den Disput um den Sachsenspiegel involviert. Der Augustiner-Eremit Johannes Klenkok hatte um 1369 eine Anklageschrift gegen vermeintlich kirchenrechtlich bedenkliche Artikel des Rechtsbuches unter dem Titel Dekadikon verfasst. Eine Ausfertigung des Dekadikon leitete Klenkok Kerlinger mit der Bitte um Prüfung zu. Walter Kerlinger leitete das Schreiben dem Magdeburger Rat zu, der sich daraufhin mit einem Sendschreiben öffentlich gegen Klenkoks Vorgehen wandte.[5]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Bernd Kemter: Häscher des Herrn. Ein Inquisitor in Mitteldeutschland, Verlag Neue Literatur, Jena 2003, ISBN 978-3-934141-64-3.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Martin Erbstösser, Ernst Werner: Ideologische Probleme des mittelalterlichen Plebejertums: Die freigeistige Häresie und ihre sozialen Wurzeln. Akademie-Verlag, Berlin 1960, S. 108.
  2. Ingrid Würth: Geißler in Thüringen. Die Entstehung einer spätmittelalterlichen Häresie. Walter de Gruyter, 2012, ISBN 978-3-05-005791-0, S. 432.
  3. Friedrich Wigger: Urkundliche Mittheilungen über die Beghinen- und Begharden-Häuser zu Rostock. In: Verein für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde. Bd. 47, 1882, S. 14; online in Digitale Bibliothek Mecklenburg-Vorpommern. Wigger nimmt Bezug auf die Chronik Detmars, vgl.: Die Chroniken der Niedersächsischen Städte. Lübeck. Leipzig, 1884. Digitalisat auf archive.com Kap. 733, S. 539 (= Ausgabe Hamburg 1829, Bd. 1, S. 290).
  4. Herman HauptSchmid, Konrad. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 31, Duncker & Humblot, Leipzig 1890, S. 683.
  5. Lars Rentmeister: Das Verhältnis zwischen Staat und Kirche im späten Mittelalter am Beispiel der Diskussion um den Sachsenspiegel. Freie Universität Berlin, Berlin 2016, DNB 1099952247 (Dissertation FU Berlin 2016, 473 Seiten Volltext online PDF, kostenfrei, 473 Seiten 59,63 MB), S. 258 f.