Schwan (Symbol)

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Der weiße Schwan, seit der Antike ein Symbol für Licht und Reinheit, später auch für das Lebensende, steht im christlichen Kontext unter anderem als Symbol für den Reformator Martin Luther.

Antike und außereuropäische Kulturen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im griechisch-römischen Altertum war der Schwan ein dem Apollon zugeordneter Begleiter und symbolisierte Reinheit und Licht. Männlich konnotiert war auch die Rolle des Schwans in dessen Gestalt sich Zeus der Leda näherte. Die Hieroglyphica des Horapollon deuten den Schwan als „musikalischen Greis“.[1]

Kelten und Anishinabe (eine indigene Ethnie Nordamerikas) sahen den Schwan als Sonnentier. Im Hinduismus wird der Schwan, häufiger aber Gans oder Ganter als Begleiter und Reittier (hamsa) Brahmas gezeigt. In archaische Zeiten zurück verweist auch die Verbindung mit dem Tod, wie der Schwan im Fernen Osten oder bei den Persern als Jenseitsgestalt auftritt. In China erscheint das Motiv der Schwanenjungfrau seit dem 2. Jahrhundert v. Chr., ebenso in orientalischen Märchen und im Wölundlied der Edda.[2]

Mitteleuropa[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Hochkultur der europäischen Frühzeit spielt der Schwan als Symbol kaum eine Rolle, im späteren Mittelalter ist er eher als literarisches Motiv greifbar, etwa in der Goldenen Schmiede des Konrad von Würzburg, wo der „Schwanengesang“ mit der Klage des sterbenden Christus am Kreuz in Beziehung gesetzt wird: „Man sagt, dass der Schwan singet, wenn er sterben soll, dem tut sein Sohn gleichen wohl“. Der Schwan als Heiligenattribut wurde bei Cuthbert von Lindisfarne, Hugo von Grenoble, Hugo von Lincoln und Liudger beobachtet, wobei aber die Darstellungen nicht immer von anderen Entenvögeln zu unterscheiden sind.[3] Das Emblemata-Handbuch hat zehn Beispiele dieser Kunstform aus dem 16.–17. Jahrhundert zusammengetragen.[4]

Um 1900 spielt der Schwan, etwa bei Baudelaire oder Mallarmé, als Bild für den Dichter eine literarische Rolle.

Luther-Schwan[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Luther mit dem Schwan, Gemälde Kirche Strümpfelbach im Remstal[5]

Dass der Schwan zum Symbol für Luther wurde, geht auf einen dem tschechischen Vorreformator Jan Hus zugeschriebenen Ausspruch zurück: Hus wurde 1415 während des Konzils von Konstanz als Häretiker hingerichtet. Er soll, bevor er verbrannt wurde, gesagt haben: „Heute bratet ihr eine Gans, aber aus der Asche wird ein Schwan auferstehen“ (tschechisch „Hus“ bedeutet „Gans“). Martin Luther bezog diese Weissagung auf sich,[6] als er 1531 schrieb: „Sanct Johannes Hus hat von mir geweissagt, da er aus dem gefegnis jnn Behemerland schreib, Sie werden jtzt eine gans braten (denn Hus heisst eine gans), Aber uber hundert jaren werden sie einen schwanen singen hören, Den sollen sie leiden. Da sols auch bey bleiben, ob Gott will.“[7]

Nach dem Tode Luthers verbreitete sich das Bildmotiv von „Luther mit dem Schwan“. Erste Bilder stammen aus dem 16. Jahrhundert. In den folgenden beiden Jahrhunderten spielte das Attribut in den unterschiedlichsten Varianten eine wesentliche Rolle in der künstlerischen Darstellung von Luthers Leben und Werk. Es fand in vielen Kirchen Einzug als Wand- und Emporenmalerei, auf Leinwand- und Tafelgemälden und vereinzelt als Skulpturenschmuck (Altar der Martinikirche Halberstadt). Außerdem wurden die Einbände von Bibeln und Gesangbüchern mit dem Symbol verziert und trugen so zur wesentlichen Verbreitung des Symbols bei. Der Schwan findet sich daher in zahlreichen lutherischen Gemeinden anstelle eines Wetterhahnes auf der Kirchturmspitze, besonders in Nordwestdeutschland und in den Niederlanden,[8] wo der sogenannte „Lutherschwan“ die konfessionelle Abgrenzung zu den reformierten Gemeinden deutlich machte. Eine Ausnahme in Ostfriesland ist die reformierte Kirche in Groothusen, die auf Betreiben von Katharina von Wasa einen Lutherschwan und zeitweise einen lutherischen Pastor bekam.[9]

Man findet den Lutherschwan aber auch an anderen Orten wie etwa in Monschau[10][6] in der Eifel, Wuppertal-Barmen auf der Alten Kirche Wupperfeld oder auf der ev. Kirche in Sprockhövel-Haßlinghausen.[11]

Kirchen, Kirchen- und Glockentürme mit dem „Lutherschwan“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weitere Kirchen, Kirchen- und Glockentürme mit „Lutherschwänen“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • E. A. Armstrong: The symbolism of the swan and the goose., London 1945.
  • A.R. Wagner: The swan badge and the swan knight, in: Archäologia 97, 1959.
  • Bächthold-Stäubli: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Bd. 7, 1936, Sp. 1402–1406 (zu Mythologien, Märchen, Orakeln).

Lutherschwan[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Wilhelm Rotscheidt: Kirchturmspitzen im Rheinland. In: Monatshefte für Rheinische Kirchengeschichte. Bd. 34, Evangelischer Pressverband für das Rheinland, Essen 1940, S. 33 f., Digitalisat (40,1 MB).
  • Friedrich Goethe: Der Schwan auf Kirchen Ostfrieslands und Oldenburgs. In: Ostfriesland – Zeitschrift für Kultur Wirtschaft und Verkehr 1971/4; Ostfriesische Landschaft (Hrsg.), Verlag Rautenberg, Leer 1971, S. 7–19.
  • J. K. Schendelaar: Luther, de Lutheranen en de Zwaan. Verlag Dabar/boekmakerij Luyten, Aalsmeer/Woerden 1993.
  • Lutherhalle Wittenberg in Verbindung mit Gerhard Seib (Hrsg.): Luther mit dem Schwan. Tod und Verklärung eines großen Mannes. Verlag Schelzky & Jeep, Berlin 1996, ISBN 3-89541-120-5, (Ausstellungskatalog).
  • Ummo Lübben: Wetterschwäne auf lutherischen Kirchen zwischen Ems und Jade. SKN Druck und Verlag, Norden 2010, ISBN 978-3-939870-35-7.
  • Brage Bei der Wieden: Luther und der Schwan. In: Brage Bei der Wieden: Mensch und Schwan – Kulturhistorische Perspektiven zur Wahrnehmung von Tieren. transcript Verlag, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8376-2877-7, S. 180 ff.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: „Lutherschwäne auf Kirchtürmen“ – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Arthur Henkel und Albrecht Schöne: Emblemata, Stuttgart 1967, S. 2107.
  2. Manfred Lurker: Wörterbuch der Symbole, Stuttgart 5. Aufl., 1992.
  3. Gerd Heinz-Mohr: Lexikon der Symbole, 1971, S. 260–261.
  4. Arthur Henkel und Albrecht Schöne: Emblemata, Stuttgart 1967, Sp. 813–818.
  5. Das Lutherbild, abgerufen am 22. März 2017.
  6. a b c d Luther-Symbole, abgerufen am 18. März 2017.
  7. Martin Luther: Glosse auf das vermeinte kaiserliche Edikt [1531]. In: D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe. Bd. 30. Böhlau, Weimar 1910, S. 387.
  8. Friedrich Goethe: Schwäne als Wetterfahnen auf lutherischen Kirchen in Ostfriesland, Oldenburg und anderswo. In: Luther mit dem Schwan – Tod und Verklärung eines grossen Mannes; Katalog zur Ausstellung in der Lutherhalle Wittenberg anlässlich des 450. Todestages von Martin Luther, Hrsg.: Lutherhalle Wittenberg in Verbindung mit Gerhard Seib, Verlag Schelzky & Jeep, Berlin 1996, ISBN 978-3895411205, S. 70–79.
  9. Nielsen, Jörg: IN OSTFRIESLAND GRÜSSEN WETTER-HAHN UND LUTHER-SCHWAN. In: landeskirche-hannovers.de. 21. Juli 2011, abgerufen am 9. März 2020.
  10. Ein Wetterschwan als Wahrzeichen, abgerufen am 18. März 2017.
  11. Lutherhalle Wittenberg in Verbindung mit Gerhard Seib (Hrsg.): Luther mit dem Schwan. Tod und Verklärung eines großen Mannes. Verlag Schelzky & Jeep, Berlin 1996, S. 78.
  12. Ein Schwan ziert den Kirchturm der Wittmunder Kirche, abgerufen am 18. März 2017.
  13. a b Der Schwan auf den Kirchtürmen in Schwanewede und Svaneke ist sowohl Symbol für Martin Luther als auch Zeichen für den jeweiligen Ortsnamen.
  14. Die Lutherkirche in Amsterdam von Willem Koekkoek, abgerufen am 20. März 2017.
  15. Sprengel Ostfriesland-Ems, abgerufen am 18. März 2017.
  16. Wetterschwan statt Wetterhahn (Memento vom 7. August 2016 im Internet Archive), abgerufen am 18. März 2017.
  17. Lutherschwan ziert die Kirchturmspitze, abgerufen am 16. März 2017.
  18. Der Schwan auf der Friedenskirche in Berndorf ist sowohl Symbol für Martin Luther als auch Hinweis auf den Schwan im Wappen einstiger Patronatsherren, der Herren/Grafen von Giech.
  19. Kurze Geschichte der ev.-luth. Kirchengemeinde Bloherfelde, abgerufen am 16. März 2017.
  20. Die Geschichte des Schwans, abgerufen am 16. März 2017.
  21. Kirche bekommt einen Wetterschwan auf die Spitze, abgerufen am 18. März 2017.
  22. a b c Der Hahn auf dem Dach, abgerufen am 20. März 2017.
  23. Ev. Kirche Wesel-Büderich, abgerufen am 20. März 2017.
  24. Geschichte der Kirche Büderich (Memento vom 20. März 2017 im Internet Archive), abgerufen am 19. Mai 2019.
  25. a b Der Schwan auf dem Kirchturm in Cäciliengroden, abgerufen am 16. März 2017.
  26. a b c d e f g h i j Kirchtürme tragen einen goldenen Wetterschwan. In: Gemeindebrief der Ev.-luth. Gemeinden Lingen, September-Oktober-November 2011, S. 2 (Memento vom 10. Januar 2017 im Internet Archive), abgerufen am 16. März 2017.
  27. Die Kirche in Nierswalde, abgerufen am 17. März 2017.
  28. a b Schwan als „Wappentier“ Luthers, abgerufen am 18. März 2017.
  29. Die Ostkirche Pfalzdorf, abgerufen am 17. März 2017.
  30. Gottfried Kiesow: Architekturführer Ostfriesland. Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn 2010, ISBN 978-3-86795-021-3, S. 79.
  31. Die St.-Elisabeth-Kirche in Hude, abgerufen am 17. März 2017.
  32. Geschichte der Lutherkirche in Leer (Memento des Originals vom 18. März 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/lutherkirche-leer.de, abgerufen am 17. März 2017.
  33. Der Schwan auf dem Turm der Lutherkirche in Pirmasens ist sowohl Symbol für Martin Luther als auch für die Grafschaft Hanau-Lichtenberg.
  34. Die Kirche in Rhaude, abgerufen am 19. Mai 2019.
  35. Kirche zu Ribbeck – Bildergalerie, abgerufen am 18. März 2017.
  36. Die evangelische St. Georgskirche zu Schermbeck, abgerufen am 18. März 2017.
  37. Mittelpunkt des Ortes war und ist die Kirche., abgerufen am 21. März 2017.
  38. Evangelische Kirchengemeinde Stolberg – Vogelsangkirche, abgerufen am 17. März 2017.
  39. Ev.-luth. Kirchengemeinde Voslapp – „St. Martin“, abgerufen am 17. März 2017.
  40. Der Wetterschwan auf dem Dach der St.-Martin-Kirche, abgerufen am 18. März 2017.
  41. Ein Gemeindezentrum für Wallinghausen (Memento vom 20. März 2017 im Internet Archive), abgerufen am 19. März 2017.
  42. Die St. Marienkirche in Waren, abgerufen am 18. März 2017.
  43. Lutherschwäne als Wetterfahnen, abgerufen am 20. März 2017.
  44. Ein Hahn oder ein Schwan? (Memento vom 22. März 2017 im Internet Archive), abgerufen am 21. März 2017 (niederländisch).
  45. Kirche Stadskanaal, abgerufen am 20. März 2017.
  46. Lutherische Kirche Utrecht, abgerufen am 20. März 2017.
  47. Kirche von Zuidwolde, abgerufen am 20. März 2017.