Messparodie

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Eine Messparodie war eine mittelalterliche Form, die Texte der heiligen Messe leichtfertig-frivol zur Parodie zu verfremden und in Narrenmessen bei „Narrenfesten“ (lat. Festa stultorum, franz. Fêtes du fous) zu vollziehen. Eine bekanntere Form solcher Parodien war die sogenannte Eselsmesse Anfang Januar.

Die Texte der Messe, vom Stufengebet bis zum Ite, missa est, wurden nachgeahmt und ins Komische gewendet, zum Teil blasphemisch umgeformt. Ausgenommen war allerdings der Messkanon mit der Wandlung, möglicherweise aus Scheu oder aber, weil der leise gesprochene Text des Kanons unbekannt war. Erste Zeugnisse datieren aus dem 13. Jahrhundert, zahlreich waren Messparodien im 15./16. Jahrhundert, danach wurden sie zum Teil unterdrückt und verschwanden.

Ein Element war der Rollentausch: Angehörige der niederen Weihen wie die Subdiakone übernahmen für einen Tag die Rolle von Bischöfen und Priestern, persiflierten sie und trieben Schabernack mit den Riten, indem sie etwa anstelle des Asperges den Zelebranten mit Wasser übergossen.[1] Nicht selten wurde in dichterisch kunstvoller Art auch Kritik an bestehenden Verhältnissen in Kloster und Kirche zum Ausdruck gebracht. Die Verfasser stammten in den meisten Fällen aus dem innerkirchlichen Bereich.[2]

Thematisch konnten die Messparodien variieren. Eine „Säufer- oder Spielermesse“ (Missa potatorum et lusorum) begann etwa mit Introibo ad altare Bacchi („Ich will hintreten zum Altar des [Weingottes] Bacchus“ statt „zum Altare Gottes“, Introibo ad altare Dei im Stufengebet) und endete statt mit Ite, missa estDeo gratias mit Ite bursa vacuaReo gratias („Geht, der Beutel ist leer“ – „Dank sei dem Angeklagten“).

Es gab „Spielmessen“, am häufigsten waren die „Eselsmessen“. Auch gegen andere gerichtete Messparodien kamen vor, etwa gegen die Anhänger von John Wyclif und Jan Hus (Missa contra Hussitas) oder – als vereinzelte Spätform noch im 18. Jahrhundert – als Messa della defonta compagnia Loiolitica gegen den Jesuitenorden gerichtet.[3]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Paul Lehmann: Die Parodie im Mittelalter. Mit 24 ausgewählten parodistischen Texten. 2. Auflage. Hiersemann, Stuttgart 1963 (Erstausgabe: Drei Masken, München 1922 – archive.org).
  • Paul Lehmann (Hrsg.): Parodistische Texte. Beispiele zur lateinischen Parodie im Mittelalter. Drei Masken, München 1923.
  • Hans Bernhard Meyer: Eucharistie. Geschichte, Theologie, Pastoral (= Gottesdienst der Kirche. Handbuch der Liturgiewissenschaft, Teil 4). Pustet, Regensburg 1989, ISBN 3-7917-1200-4, S. 229–231.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hansjörg Auf der Maur: Feiern im Rhythmus der Zeit I. Herrenfeste in Woche und Jahr (= Gottesdienst der Kirche. Handbuch der Liturgiewissenschaft, Teil 5). Pustet, Regensburg 1983, ISBN 3-7917-0788-4, S. 173.
  2. Michael B. Merz: Gebetsformen der Liturgie. In: Rupert Berger u. a. (Hrsg.): Gestalt des Gottesdienstes. Sprachliche und nichtsprachliche Ausdrucksformen (= Gottesdienst der Kirche. Handbuch der Liturgiewissenschaft, Teil 3). Pustet, Regensburg 1987, ISBN 3-7917-1045-1, S. 97–130, hier S. 129 f.
  3. Beispiele bei: Paul Lehmann (Hrsg.): Parodistische Texte. Beispiele zur lateinischen Parodie im Mittelalter. München 1923, S. 59–67 (missa potatorum), S. 42–48, 68 f. (missa contra Hussitas), zitiert bei: Hans Bernhard Meyer: Eucharistie. Geschichte, Theologie, Pastoral. Pustet, Regensburg 1989, ISBN 3-7917-1200-4, S. 230.