Möbelfabrik Hermann Scheidemantel

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Scheidemantelsche Fabrik
Scheidemantelsches Wohnhaus in der Brucknerstraße 29
Grabmal von Hermann Scheidemantel und seiner Familie auf dem Historischen Friedhof Weimar

Die Möbelfabrik Hermann Scheidemantel oder Scheidemantelsche Fabrik in der Schwanseestraße 41 in Weimar ist eine historische Fabrikanlage des Großherzoglich-Weimarischen Hoftischlermeisters Hermann Scheidemantel (geb. 24. März 1833 in Weimar; gest. 2. August 1910 in Weimar)[1].

Hermann Scheidemantel war nicht der erste Hoftischlermeister seiner Familie in Weimar. Schon Mitte des 19. Jahrhunderts betrieb der Hoftischlermeister Andreas Scheidemantel (ca. 1802–ca. 1870) eine Werkstatt in der Wagnergasse, die dann dessen Sohn, der Hofkunsttischlermeister Hermann Scheidemantel übernahm. Im Jahre 1894 eröffnete der Kunsttischlermeister Friedrich Scheidemantel (1867–1933), Sohn von Hermann Scheidemantel, ein Geschäft mit ständiger Ausstellung in der Schillerstraße 14, wobei er dann mit der Verlegung der Fabrik in die Schwanseestraße 41 diese wesentlich erweiterte. Das erfolgte 1899.[2]

Hermann Scheidemantels Firma vollzog auch den Innenausbau des Nietzsche-Archivs nach den Entwürfen Henry van de Veldes.[3] Überhaupt war diese Zusammenarbeit beiden Seiten förderlich. Es entwickelte sich ein hochwertiger Innenausbau. Die Firma von Hermann Scheidemantel wurde in den Erinnerungen van de Veldes mehrfach erwähnt.[4] Scheidemantel wurde von van de Velde auch sehr geschätzt, was u. a. folgendes belegt: In den Erinnerungen meines Lebens schreibt dieser: „Es zeigte sich rasch, daß Scheidemantel[5] ein kultivierter, seinem Beruf leidenschaftlich ergebener Kunsthandwerker war, dessen Vorfahren seit weiß Gott wie langer Zeit sich im gleichen Beruf betätigt hatten. Als ich nach Weimar kam, beschäftigte er etwa zwanzig Arbeiter. Bald darauf waren es mehr als doppelt so viele. Er erkannte, daß Hugo Westberg ein vorzüglicher Fachmann war. Als dritter im Bunde saß ich oft auf einem Haufen Bretter in der Werkstatt und leitete die Arbeit in Richtung auf die Ziele, die ich mir zu erreichen vorgenommen hatte. So kam es, daß Scheidemantel alle meine während der Weimarer Jahre entworfenen Möbel ausführte. Seine Hingabe und seine Gewissenhaftigkeit wirkten beispielhaft auf die anderen Kunsthandwerker des Großherzogtums, die mit mir zusammenarbeiteten.“ Demnach hatte Scheidemantel alle von van de Velde in Weimar entworfenen Möbel hergestellt![6]

Die Firma exportierte nach Großbritannien und den Niederlanden. Um 1900 war seine Firma die einzige in Weimar, die die Tätigkeit nicht einstellte.[7] Sein Schwiegersohn Karl Schneider, der Innenarchitekt war, übernahm 1908 die Firma und entwickelte mit dem Schüler van de Veldes Thilo Schoder die Modelle weiter. Dessen Sohn Karl Friedrich Schneider wiederum übernahm 1950 die Leitung der Firma, der von 1958 bis 1972 zur Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH) Raumgestaltung umgewandelt wurde, und danach in Volkseigentum überging. Später nach der Wende war die WIA Weimarer Innenausstatter GmbH darin eingezogen.[8]

Hermann Scheidemantel war Vater des Goethe-Forschers Eduard Scheidemantel und des Opernsängers Karl Scheidemantel. Das Wohnhaus der Scheidemantelschen Fabrik befand sich in der Brucknerstraße 29. Sein Grab befindet sich auf dem Historischen Friedhof Weimar.

Das Gebäude in der Schwanseestraße 41 steht auf der Liste der Kulturdenkmale in Weimar. Das gilt auch für das Scheidemantelsche Wohnhaus in der Brucknerstraße 29.[9]

Hinweis: Hermann Scheidemantel ist nicht zu verwechseln mit dem Germanisten und Autor Hermann Scheidemantel.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Koordinaten: 50° 59′ 2,5″ N, 11° 18′ 58,5″ O

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Grabstellen-Informationen über Hermann Scheidemantel beim Historischen Friedhof in Weimar
  2. Gitta Günther, Lothar Wallraf (Hrsg.): Geschichte der Stadt Weimar, 2., durchgesehene Auflage, 909 Seiten mit 275 zum Teil farbigen Illustrationen, hrsg. im Auftr. des Rates der Stadt Weimar, Weimar: Böhlau, 1976, S. 409.
  3. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 7. Dezember 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.verlagvopelius.de Volker Wahl: „Das neue Weimar“ – zwei Texte von Hans Rosenhagen und Max von Münchhausen 1903/04, in: Weimar – Jena : Die große Stadt 6/1 (2013) S. 60–80. Hier S. 79 Anm. 46.
  4. Henry van de Velde: Geschichte meines Lebens, Bron 2008.
  5. Van de Velde meint wahrscheinlich Friedrich Scheidemantel.
  6. Henry van de Velde: Geschichte meines Lebens, S. 206, Bron 2008.
  7. Art. Industrieentwicklung, in: Gitta Günther, Wolfram Huschke, Walter Steiner (Hrsg.): Weimar. Lexikon zur Stadtgeschichte. Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1998, S. 223 f. Hier S. 223.
  8. Art. Möbelfabrik Hermann Scheidemantel, in: Gitta Günther, Wolfram Huschke, Walter Steiner (Hrsg.): Weimar. Lexikon zur Stadtgeschichte. Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1998, S. 308.
  9. Denkmalliste Weimar Stand 2019 (Memento des Originals vom 12. Mai 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/stadt.weimar.de
  10. Einem Stellengesuch 1944 zufolge wurde eine Fachkraft, pädag. befähigt, die elektroundfunktechnische Schulung bzw. die Ausbildung für die Meisterschule zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung vorzunehmen bzw. Kriegsversehrte im Rundfunkmechanikerhandwerk umzuschulen, gesucht. Dieses sollte sich in der Schwanseestraße 41 vollziehen.