Jonathan Paul

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Jonathan Alexander Benjamin Paul (* 12. Mai 1853 in Gartz (Oder); † 25. April 1931 in Lauter/Sachsen) war evangelischer Pfarrer, Zeltmissionar, Publizist und Liederdichter.

Leben und Leistungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Paul entstammte einem konservativen Elternhaus und war Sohn eines Pastors. Bereits in seinem Elternhaus machte er Bekanntschaft mit dem Erweckungsprediger Gustav Knak, der ihn beeinflusste. Paul besuchte das Marienstiftsgymnasium in Stettin, danach studierte er Theologie an der Universität Greifswald und der Universität Leipzig.

Nach seinem Studium war Paul zunächst Rektor und Hilfspastor im Kirchsprengel Nörenberg in Pommern. 1889 wurde er als Pastor nach Ravenstein in Pommern versetzt. Dort machte er die Bekanntschaft mit Johannes Knak, dem Sohn von Gustav Knak. Am 17. Juni 1890 erlebte er seine „Erweckung“. Dieses Heiligungserlebnis bezeichnete er als Geisttaufe, ein Terminus, der in der angelsächsischen Heiligungsbewegung bereits geläufig war. Theologisch scheint Paul jedoch stärker von Gerhard Tersteegen und damit vom Pietismus beeinflusst gewesen zu sein. In seinem Hauptwerk Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen legte er sein Verständnis von Geistestaufe systematisch dar. Darin beschreibt er in drei Stufen, wie sich der Gläubige das in Christus vollbrachte Heil aneignet. Bewusst stellte sich Paul mit seiner Erfahrung in die Tradition von Dwight Lyman Moody und Charles Grandison Finney. Im Gegensatz zu diesen verstand er sie aber nicht als von der Wiedergeburt zu unterscheidende Erfahrung, sondern als Oberbegriff, in dem alle Erfahrung des Geistes im Leben des Gläubigen zusammengefasst wird. Als Pfarrer von Ravenstein gründete Paul in jener Zeit auch die Zeitschrift Die Heiligung und publizierte diese bis 1919.

1899 begann Paul seinen evangelistischen Reisedienst und siedelte in diesem Zusammenhang nach Berlin-Steglitz über. Als Evangelist war er ein begehrter Redner in Missionszelten und auf großen Glaubenskonferenzen. Durch seine häufigen Aufenthalte in Mülheim an der Ruhr war er an einer bedeutsamen geistlichen Erweckungsbewegung beteiligt. Mit Jakob Vetter, einem anderen Evangelisten der Deutschen Zeltmission, kam es zur Zusammenarbeit und freundschaftlichen Verbindung. Paul unterstützte Vetter bei dessen Arbeit und wurde dabei ebenfalls zu einem Pionier der Deutschen Zeltmission.

Durch seinen Dienst entstanden einige christliche Organisationen, so die Berufsmissionen Konferenz christlicher Eisenbahner und Verband gläubiger Kaufleute und Fabrikanten. Mehrere Jahre war Paul Vorsitzender des EC-Verbandes und Vorstandsmitglied des Gnadauer Gemeinschaftsverbandes. Diese Verantwortung legte er nach Herausgabe der Berliner Erklärung von 1909 nieder.

In der auf private Initiative entstandenen Berliner Erklärung wurde Paul wegen seiner „Lehre vom reinen Herzen“ auch von zahlreichen Vertretern des Gnadauer Gemeinschaftsverbandes angegriffen. Sie deuteten Pauls Äußerungen dahingehend, als sei es den „im Geiste Wiedergeborenen“ schon in diesem Leben möglich, Sündlosigkeit zu erlangen. Paul selbst fühlte sich missverstanden. Daher merkte er in seiner Zeitschrift Die Heiligung vom September 1919 an: „Darum möchte ich noch die Bitte aussprechen, das Gesagte nicht als eine Lehre aufzunehmen, sondern als das, was es ist, ein Zeugnis von dem, was mir Jesu Sterben und Auferstehen gebracht hat.“

Dennoch war die Wirkung dieser sehr persönlichen Aussage problematisch. Hatte Paul sie als einen Bericht seiner individuellen Erfahrung gemeint, so wurde sie gerade durch die schriftliche Veröffentlichung und die damit verbundene weite Verbreitung als ein Dogma empfunden, dem man nicht folgen konnte.

Mit den Jahren empfand Paul selbst diese Problematik und korrigierte missverständliche Aussagen. Die sogenannte „Paul’sche Lehre“ war indessen durch die Berliner Erklärung zu einem Begriff geworden. Diese Lehre, so warf man Paul vor, habe dazu beigetragen, dass „so ein beklagenswerter Riss innerhalb der Gemeinde Gottes entstanden ist“. Dieser Vorwurf verletzte Paul tief. Zeit seines Lebens versuchte er, den entstandenen Graben zu überwinden, und lehnte für die sich nach der Berliner Erklärung konstituierende deutsche Pfingstbewegung institutionalisierende Prozesse ab.

Doch erst 1996 wurden in der Kasseler Erklärung erste Brücken zwischen der Gemeinschaftsbewegung (Gnadauer Verband) und der Pfingstbewegung gebaut. Seit der Gemeinsamen Erklärung des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes und des Mülheimer Verbands Freikirchlich-Evangelischer Gemeinden zur „Berliner Erklärung“ von 1909 im Januar 2009[1] gilt der Konflikt als überwunden.

Der 1913 von Paul begründete Christliche Gemeinschaftsverband Mülheim/Ruhr litt viele Jahrzehnte unter der Ablehnung Pauls. Er konnte erst in den letzten Jahren des 20. Jahrhunderts aus der von ihm empfundenen „Verurteilung“ heraustreten. 1998 formulierte der Verband sein neues Selbstverständnis als „evangelikal-charismatische Freikirche“ und untermauerte dieses mit dem neuen Namen Mülheimer Verband Freikirchlich-Evangelischer Gemeinden.

1919 stellte Paul das Erscheinen der Zeitschrift Die Heiligung ein und gründete als Nachfolger Das Lied des Lammes. Diese erschien zehn Jahre und wurde 1929 vom Periodikum Heilzeugnisse abgelöst. Paul betreute diese Zeitschrift bis an sein Lebensende.

Im Alter von 77 Jahren starb Jonathan Paul am 25. April 1931 in Lauter, Sachsen.

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • In Jesu Händen. Beiträge zu 2. Mose 15,26. Missionsbuchhandlung, Niedenstein 1990, ISBN 3-923649-19-3.
  • Schon hier selig. Ein Wegweiser zum wahren Glück. Missionsbuchhandlung, Niedenstein 1991, ISBN 3-923649-17-7.
  • Wie kommst Du zur Ruhe? Ein Wegweiser von der Rechtfertigung zur Heiligung. Missionsbuchhandlung, Niedenstein 1990, ISBN 3-923649-18-5.
  • Ein volles Pfingsten. Verlag für entschiedenes Christentum, Basel 1904 (1933 in der 9. Auflage)
  • Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen. Ein Zeugnis von der Taufe mit dem Heiligen Geist und Feuer. Verlag der Zeltmission Berlin-Steglitz, 1923, herausgegeben von Heinrich Vietheer.
  • Die Taufe in ihrem Vollsinn. Ein Zeugnis für die Einheit der Kinder Gottes zur Erbauung des Leibes Christi. Missionsgesellschaft, Mülheim an der Ruhr 1930.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Paul Fleisch: Die Geschichte der Pfingstbewegung in Deutschland. Francke, Marburg/Lahn 1983, ISBN 3-88224-287-6.
  • Paul Fleisch: Die Heiligungsbewegung. Brunnen-Verlag, Gießen 2003, ISBN 3-7655-9479-2.
  • Ernst Giese: Jonathan Paul, ein Knecht Jesu Christi. Leben und Werk. Missionsbuchhandlung, Altdorf 1965.
  • Christian Krust: 50 Jahre Deutsche Pfingstbewegung Mülheimer Richtung. Missionsbuchhandlung, Altdorf 1958.

Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. https://web.archive.org/web/20160331083802/http://www.ead.de/nachrichten/nachrichten/einzelansicht/browse/1/article/gemeinsame-erklaerung-des-evangelischen-gnadauer-gemeinschaftsverbandes-und-des-muelheimer-verbandes.html?tx_ttnews