Dmitri Alexandrowitsch Prigow

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Dmitri Prigow 2005

Dmitri Alexandrowitsch Prigow (russisch Дмитрий Александрович Пригов, wiss. Transliteration Dmitrij Aleksandrovič Prigov; * 5. November 1940 in Moskau; † 16. Juli 2007 ebenda) war ein russischer Künstler.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Prigow studierte in den 1960er Jahren Bildhauerei am Stroganow-Kunstinstitut in Moskau. Danach arbeitete er für die städtische Architekturverwaltung[1] und gestaltete Skulpturen für öffentliche Parks.[2] Nach intensiver Auseinandersetzung mit visueller und konkreter Poesie schrieb er eigene Gedichte, Dramen und Essays. Zahlreiche seiner Gedichte zirkulierten im Samisdat und im Tamisdat. Prigow veranstaltete Musikperformances mit Jazz- und Rockmusikern und galt manchen als Leitfigur des neuen russischen Konzeptualismus.[2]

Wegen seiner „An die Bürger“ gerichteten literarischen Aufrufe wurde er 1986 auf offener Straße vom KGB aufgegriffen und zwangsweise in eine psychiatrische Anstalt verbracht; Proteste prominenter Dichter (u. a. von Bella Achatowna Achmadulina) sowie aus dem Ausland führten jedoch nach kurzer Zeit zu seiner Entlassung.[1][2]

1987 nahm Prigow an der Documenta 8 in Kassel teil. 1989 hatte er erste Einzelausstellungen in der Struve Gallery in Chicago und in der St. Louis Gallery of Contemporary Art. 1990 erhielt er ein DAAD-Stipendium für einen einjährigen Aufenthalt in Berlin, während dessen er das Werk Poet ohne Persönlichkeit verfasste.[3]

1993 wurde Prigow mit dem Alexander-Puschkin-Preis der Alfred Toepfer Stiftung F. V. S. ausgezeichnet,[4] 1998 erhielt er den Preis der Internationalen Biennale der Papierkunst, Düren und 2000 den Pasternak-Preis.[5]

Am 16. Juli 2007 starb Prigow an den Folgen eines Herzinfarkts in Moskau.[4]

Trivia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Prigow spielte mehrere kleine Rollen in Filmen, u. a. einen Schriftsteller in Pawel Semjonowitsch Lungins Taxi Blues (1990).

Am 15. Juli 2018 demonstrierte Pussy Riot nach der Pause des Fußball-WM-Finals zur Unterstützung politischer Gefangener auf dem Spielfeld. Die Gruppe erinnerte dabei an Prigows 11. Todestag und bezog sich auf seine Gedichte über den Moskauer Milizionär.[6]

Bibliographie (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Poet ohne Persönlichkeit. Aus dem Russischen von Peter Urban. Literarisches Colloquium Berlin, Berlin 1991, ISBN 3-926178-22-1.
  • Der Milizionär und die Anderen. Gedichte und Alphabete. Nachdichtungen von Günter Hirt und Sascha Wonders. Reclam-Verlag, Leipzig 1992, ISBN 3-379-01421-4.
  • Lebt in Moskau! Aus dem Russischen von Erich Klein und Susanne Macht. Folio Verlag, Wien 2003, ISBN 3-85256-234-1.
  • Moskau-Japan und zurück. non-fiction. Aus dem Russischen von Christiane Körner. Folio Verlag, Wien 2007, ISBN 978-3-85256-360-2.
  • Katja chinesisch : eine fremde Erzählung, aus dem Russischen und mit einem Nachwort von Christiane Körner, erste Auflage, deutsche Erstausgabe, Berlin : Suhrkamp Verlag, 2022, ISBN 978-3-518-22542-4

Ausstellungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelausstellungen
  • 2014 Dmitri Prigow. Von der Renaissance bis zum Konzeptualismus und weiter, Tretjakow-Galerie, Moskau
  • 2011 Dmitri Prigow: Dmitri Prigow, Eremitage im Rahmen der 54. Biennale di Venezia
  • 2008 Arbeiter der Kunst, Galerie Sandmann, Berlin
  • 2008 Bürger! Vergeßt bitte nicht! im Moskauer Museum für Moderne Kunst
  • 2005 Phantom Installations, White Space Gallery, London
  • 2005 Zitate aus verschiedenen Kontexten, Ulitsa O.G.I. Galerie, Moskau
  • 2004 Monster und... Galerie Sandmann, Berlin
  • 2003 In the Presence of a Stranger, KulturKontakt-Austria-Pavillon Piroschkarev, Wiener Museumsquartier
  • 2002 Phantom Installations, University Art Gallery, Pittsburgh
  • 2001 Malewitschs Vagina Russisches Museum, Sankt Petersburg
  • 1999 Pulsierendes Schwarz, ifa-galerie, Berlin
  • 1999 Die Menschen mit einem dritten Auge, Krings-Ernst Galerie, Köln
  • 1998 Courageous Teddy Bear, Centro Arte Contemporanea Spazio Umano, Mailand
  • 1998 Series, Velta Galerie, Moskau
  • 1996 Monstropologie, Krings-Ernst Galerie, Köln
  • 1996 Russisches Tibet, Wewerka Pavillon, Münster
  • 1994 Computer in einer russischen Familie, M. Guelman Galerie, Moskau
  • 1993 Der Schlaf der Walküren gebiert schlafende Ungeheuer, Kunst-Werke Berlin
  • 1991 Berichte über das heilige sowjetische Rußland, Krings-Ernst Galerie, Köln
  • 1991 100 Möglichkeiten. Installationen für eine Putzfrau und einen Klempner, Inter Art Agentur für Kunst, Berlin
  • 1989 Dmitry Prigov, St. Louis Gallery of Contemporary Art, St. Louis
  • 1988 Boris Orlov, Dmitry Prigov, Struve Gallery, Chicago
Gruppenausstellungen

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Brigitte Obermayr (Hrsg.): Jenseits der Parodie: Dmitrij A. Prigovs Werk als neues poetisches Paradigma. Kubon & Sagner, Wien/ München/ Berlin 2013, ISBN 978-3-86688-149-5.
  • Ewgenij Alexandrowitsch Dobrenko u. a. (Hrsg.): Неканонический классик: Дмитрий Александрович Пригов (1940–2007). Novoe literaturnoe obozrenie, Moskau 2010, ISBN 978-5-86793-748-5.
  • Stephan Küpper: Autorstrategien im Moskauer Konzeptualismus : Il'ja Kabakov, Lev Rubinštejn, Dmitrij A. Prigov. Peter Lang, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-631-36055-X.
  • Barbara Barsch, Ev Fischer: Dmitri Prigov. Katalog der Ausstellung in der Ifa-Galerie Berlin, 29. Januar bis 21. März 1999. Institut für Auslandsbeziehungen, Berlin 1999.
  • Städtisches Museum Mülheim an der Ruhr, Ludwig Museum Budapest, Musée d’Art Moderne Saint-Etienne (Hrsg.): Dmitrij Prigow, Arbeiten 1975–1995. Städtisches Museum, Mülheim an der Ruhr 1995.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Dmitri Prigow: Das Allround-Talent auf: aktuell.ru (3. Oktober 2003), abgerufen am 24. August 2015.
  2. a b c Sophia Kishkovsky: Dmitri Prigov, 66, Poet Who Challenged Soviet Authority, Dies. auf: nytimes.com, 20. Juli 2007, abgerufen am 24. August 2015 (englisch).
  3. Eintrag zu Prigow, Dmitri (Memento des Originals vom 23. September 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.berliner-kuenstlerprogramm.de beim Berliner Künstlerprogramm des DAAD.
  4. a b Porträt: Dmitri Alexandrowitsch Prigow (Memento des Originals vom 24. September 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.folioverlag.com auf: folioverlag.com, abgerufen am 24. August 2015.
  5. Pat Binder: Dmitri Prigov. In: 29 x Foto/Graphik. Katalog. S. 105 (PDF) auf: pat-binder.de, abgerufen am 24. August 2015.
  6. Philipp Kohl: Die zwei Körper des Polizisten. In: DIE WELT. 17. Juli 2018 (welt.de [abgerufen am 18. Juli 2018]).