Bugonie

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Aristaios und die Bugonie (1517)

Bugonie (aus altgriechisch βοῦς boús [buːs] „Rind“, auch transkribiert als bús, und γονεία goneía „Erzeugung“) bezeichnet die in der Antike, im Mittelalter und noch in der Frühen Neuzeit verbreitete sagenhafte Vorstellung, dass aus dem verwesenden Körper eines toten Stieres ein Bienenvolk und auch andere Insekten von selbst entstehen würden. Wurzel dieses weit verbreiteten Aberglaubens war wohl einerseits die Beobachtung, dass Kadaver oft von an Bienenlarven erinnernden Maden zersetzt wurden, andererseits die, dass Kadaver oft von der Mistbiene umschwirrt wurden, die der Honigbiene sehr ähnelt. Vermutlich stammt dieser Aberglaube aus Persien und hielt dann über Ägypten Einzug in die Welt der klassischen Antike. Im 16./17. Jahrhundert lässt sich ein ähnlicher Glaube auch in China beobachten.

Quellen lateinischer Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben Plinius dem Älteren[1] und Varro[2] sind auch Vergil[3] und Ovid[4] bekannte Gewährsleute für den Ablauf der Bugonie. Die ausgefeilteste Variante sieht vor, dass ein mindestens zweijähriges Rind erstickt oder mit Knüppelschlägen getötet wird, wonach anschließend dessen Eingeweide mit Schlägen von stumpfen Gegenständen zu zertrümmern sind. Der Bauch des Tieres darf allerdings nicht verletzt werden, da daraus das neue Bienenvolk entstehen soll. Das Tier wird dann in einer eigens dafür errichteten Kammer liegen gelassen, bis sich aus den verwesenden Eingeweiden die Bienen entwickelt hätten.

Vor allem für Vergils Werk Georgica ist die Bugonie als Beispiel für das Entstehen von etwas Neuem aus etwas Totem von besonderer Bedeutung. Für ihn dient es als Analogon zur Herrschaft des römischen Kaisers Augustus, der die neue Staatsordnung des Prinzipats auch aus dem Untergang der Republik begründet hat. Auch Ovid beschreibt die Entstehung aus dem Stier in seinen Metamorphosen, und in seinem Werk Fasti preist er den Stier, der „Tausenden Leben gab im Tod“. Über die auch von Varro genannten „geflügelten Rinder“ gibt es unzählige Meinungen.

Zusätzlich gibt es Gerüchte von Schlangen, die aus Menschen kriechen, von Käfern, die aus Eseln krabbeln, oder auch von Hornissen, die Kriegsrössern entfliegen sollen. Diese Erzählungen nennen Experten Prokreationshypothesen.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eckard Lefèvre: Die laudes Galli in Vergils Georgica. In: Wiener Studien. 99 = NF Nr. 20, 1986, S. 183–192 (Online).
  • P. Vergilius Maro: Georgica. Band 2: . Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Manfred Erren. Winter, Heidelberg 2003, ISBN 3-8253-1386-7, S. 892–904.
  • Nadja Kosuch: Tierseuchen und ihre Bekämpfung an der Mittelweser im Spiegel Nienburger Quellen (17. bis 19. Jahrhundert). Tenea, Berlin 2004, ISBN 3-86504-102-7 (tiho-hannover.de [PDF; 7,3 MB] Zugleich: Hannover, Tierärztliche Hochschule, Dissertation, 2004).
  • Adalbert Merx: Der Honig im Cadaver des Löwen. In: Protestantische Kirchenzeitung für das evangelische Deutschland, Jg. 33 (1887), Sp. 391.
  • Carl Robert Osten-Sacken: On the Oxen-born Bees of the Ancients (Bugonia) and their Relation to Eristalis Tenax, a Two-Winged Insect. Hörning, Heidelberg 1894 (online).
  • Tobias Lemkuhl: Die Bugonie. In: Berliner Zeitung, vom 25. August 2004.
  • Christian Zgoll: Die Phänomenologie der Metamorphose. Verwandlungen und Verwandtes in der augusteischen Dichtung (= Classica Monacensia. Band 28). Narr, Tübingen 2004, ISBN 3-8233-6025-6, S. 238 (Zugleich: München, Universität, Dissertation, 2002).
  • Wolfgang Speyer: Frühes Christentum im antiken Strahlungsfeld (= Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament. Bd. 213). Band 3. Mohr Siebeck, Tübingen 2007, ISBN 978-3-16-149264-8, S. 41.

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Plinius, Naturalis historia 11, 70.
  2. Varro, De re rustica 2, 5, 5.
  3. Vergil, Georgica 4, 312 ff.
  4. Ovid, Fasti 1, 375 ff.