Transverberation

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Die Transverberation (vom lateinischen transverberatio, was „Durchbohrung“ bedeutet[1]) ist eine mystische Erfahrung, die im Kontext der katholischen Religiosität als ein Phänomen beschrieben wurde, bei dem die Person, die ein mystisches Einswerden mit Gott (unio mystica) erreicht, ihr Herz (bzw. ihren Körper) von einem übernatürlichen Feuer durchbohrt fühlt. Das bekannteste Beispiel ist die heilige Theresa von Jesus (Teresa von Ávila), deren mystische Verzückung viele Künstler inspiriert hat.

Die Transverberation der heiligen Teresa (Frontalskulptur von Giovanni Lorenzo Bernini)[2]
Die Transverberation der heiligen Teresa (Gemälde von Josefa de Óbidos im Jahr 1672)

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der katholischen Theologie und Spiritualität wird die Transverberation als eine geistliche Gabe betrachtet, die Menschen zuteilwird, die ein mystisches Einswerden mit Gott erreichen, was aus einer „geistigen Wunde im Herzen“ besteht,[3] die als Zeichen der tiefsten Liebe des Mystikers zu Gott gegeben wird.[4]

Teresa von Avila (1515–1582) beschreibt das Phänomen in ihrem autobiografischen Werk Libro de la Vida[5] (Das Buch des Lebens), in dem sie von einer Vision berichtet, die sie um 1562 hatte, als ihr ein Engel erschien und ihr einen feurigen Pfeil in Herz (und Eingeweide) stieß:

«Vía un ángel cabe mí hacia el lado izquierdo en forma corporal, lo que no suelo ver sino por maravilla. [...] No era grande, sino pequeño, hermoso mucho, el rostro tan encendido que parecía de los ángeles muy subidos, que parecen todos se abrasan. Deben ser los que llaman Querubines [...]. Viale en las manos un dardo de oro largo, y al fin de el hierro me parecía tener un poco de fuego. Este me parecía meter por el corazón algunas veces, y que me llegaba a las entrañas. Al sacarle, me parecía las llevaba consigo y me dejaba toda abrasada en amor grande de Dios. (Libro de la Vida. Capítulo XXIX.)[6]»

„Ich sah einen Engel, der mir in leibhaftiger Gestalt zur linken Seite erschien, was mich erstaunte. [...] Er war nicht groß, sondern klein, sehr schön, sein Gesicht so hell, dass er wie einer der erhabenen Engel aussah, die ganz so aussehen, als stünden sie in Flammen. Sie müssen das sein, was sie Cherubim nennen [...]. Ich sah in seinen Händen einen langen goldenen Pfeil, und am Ende des Eisens schien ein kleines Feuer zu züngeln. Einige Male schien es durch mein Herz zu gehen, und einige Male schien es meine Eingeweide zu erreichen. Als er ihn herauszog, schien es mir, als würde er sie mit sich nehmen und mich mit einer großen Liebe zu Gott in Flammen zurücklassen. (Das Buch des Lebens. Kapitel XXIX)“

Die heilige Teresa (mit Cherub en acción). Statue von José Sánchez (19. Jahrhundert. Kloster der Unbeschuhten Karmelitinnen von Sanlúcar la Mayor,[7] Provinz Sevilla, Andalusien, Spanien)

In der christlichen Hagiographie gibt es zahlreiche Beispiele für Transverberation, die oft mit Stigmata in Verbindung gebracht werden. Zu den Persönlichkeiten, bei denen neben Teresa von Ávila eine Transverberation bekannt oder anerkannt ist (von der katholischen Kirche), zählen nach Orlandi (1996:23): Franz von Assisi (1181–1226), Angela von Foligno (1248–1309), Katharina von Siena (1347–1380), Rita von Cascia (ca. 1381–1457), Katharina von Genua (1447–1510), Maria Magdalena von Pazzi (1556–1607), Margareta Maria Alacoque (1647–1690), Veronica Giuliani (1660–1727), Paul vom Kreuz (1694–1775), Therese von Lisieux (1873–1897) und Pater Pio (1887–1968).[8] Am 27. August darf nach päpstlichem Indult von den Unbeschuhten Karmeliten das Fest der Herzensdurchbohrung (transverberatio cordis) der Theresa von Jesus (Teresa von Ávila) gefeiert werden.[9]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Paolo Arrigo Orlandi: I fenomeni fisici del misticismo. Gribaudi. Mailand 1996. ISBN 9788871524306. Online-Teilansicht
  • Pierre Adnès: Transvérberation. In: Dictionnaire de Spiritualité ascétique et mystique: Doctrine et histoire. Band 15. Beauchesne, Paris 1991, Sp. 1174–1184.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Fremdwörtergrundkurs Katholische Theologie (Karl Josef Wallner)
  2. Vgl. die Schilderung der Engelsgestalt von Hanns Heinz Ewers: „ein schöner Knabe, blond, blauäugig, langlockig, etwa 15 Jahre alt [...] das Ideal der Frauen des späteren Mittelalters: wir kennen ihn nur noch als »Cherubin« in Mozarts Figaros Hochzeit! Es ist derselbe schöne, junge Page, der die Heilige Theresa glücklich macht – – wie »himmlisch« glücklich, lehrt uns der wundervolle Marmor Berninis in Santa Maria della Vittoria in Rom, der die Transverberation dieser Heiligen darstellt.“ (Hanns Heinz Ewers, Vorwort zu Memoiren einer Besessenen von Sœur Jeanne - Digitalisat).
  3. vgl. Joan Carroll Cruz: «The doctors and mystical hearts» („The spiritual wounding of the heart, known as transverberation, is explained for us by St John of the Cross, in his Living Flame of Love.“)
  4. Paolo Arrigo Orlandi: I fenomeni fisici del misticismo. Gribaudi, 1996, ISBN 9788871524306. Online-Teilansicht
  5. Worin überwiegend der Reichtum ihrer Gotteserfahrung geschildert wird.
  6. Obras de sta. Teresa de Jesús. Tomo I. editadas y anotadas por el p. Silverio de Santa Teresa. Burgos, España: El Monte Carmelo. 1915. S. 234. Digitalisat
  7. Carmelitas Descalzas (Webseite des Klosters)
  8. I fenomeni fisici del misticismo, herausgegeben von Paolo Arrigo Orlandi. Gribaudi, Milano 1996, S. 23: Capitolo 1: Il fenomeno della stigmatizzazione [Das Phänomen der Stigmatisierung], Abschnitt: La trasverberazione [Die Transverberation]
  9. Teresa von Jesus (von Ávila, »die Große«) - heiligenlexikon.de