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Paolo Conte

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Paolo Conte bei einem Konzert in der Berliner Philharmonie

Paolo Conte (* 6. Januar 1937 im norditalienischen Asti) ist ein weltbekannter italienischer Chansonsänger, Jazzmusiker und Komponist. Der gelernte Rechtsanwalt mit Doktortitel hatte außerdem bereits Ausstellungen in eigener Druckgrafik und Malerei.

Biographie

Kindheit, Jugend und danach

Kazoo

Als Sohn eines Notars begeistert sich Paolo Conte schon in seiner Jugend für den Jazz. Sein Vater ist Hobbypianist und Fan des damals verbotenem Jazz. Zu Paolos ersten musikalischen Eindrücken gehören Duke Ellington und Fats Waller. Er lernt Piano, Vibraphon und das Kazoo zu spielen. Um seinem Vater bei der Arbeit als Notar zu helfen, verzichtet er auf eine musikalische Karriere und beschließt Jura zu studieren. Während des Jurastudiums, das er mit einer Doktorarbeit abschließt, spielt er in diversen Jazz-Combos und auf Kreuzfahrtschiffen, zunächst als Vibraphonist. Nach dem Tod des Vaters übernimmt er dessen Anwaltskanzlei. 1960 nimmt Conte an einem Jazzwettbewerb für Italien in Oslo teil und erreicht den dritten Platz.

Zeit als Liederschreiber

1964 beginnt er, gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Giorgio, Eigenes zu komponieren und aufzuschreiben, zunächst ohne Texte, später auch mit. Der kommerzielle Durchbruch erfolgt, als Adriano Celentano von ihm geschriebene Lieder interpretiert, darunter La coppia più bella del mondo und Azzurro, das schnell zum Klassiker auch außerhalb Italiens avanciert. Er schreibt weitere erfolgreiche Lieder, die unter anderem von Patty Pravo (Tripoli '69), Enzo Jannacci (Messico e nuvole) und Bruno Lauzi (Onda su onda und Genova per noi) interpretiert werden.

Conte als Sänger

Der Erfolg bringt seine Plattenfirma auf die Idee, die Aufnahmen, die Conte eigentlich nur macht, um seinen Interpreten die Lieder zu vermitteln, als eigenes Album herauszubringen. Im Italien der 70er Jahre werden Liederschreiber, die selbst singen (sog. Cantautori), immer beliebter. Dies bestärkt Conte darin, trotz seiner etwas rauhen Stimme selbst zu singen. 1974 bringt er sein Debütalbum Paolo Conte heraus. Auf dem einfach gehaltenen Album singt Conte erstmals seine Klassiker Onda su Onda und das von seinem Bruder Giorgio geschriebene Lied Una giornata al mare. Der nationale Durchbruch als Sänger gelingt ihm jedoch erst 1979 mit dem Album Un gelato al limon. Auf seinem Album Paris Milonga (1981) erscheint das Lied Via con me das schon bald zum Jazzklassiker wird.

Tourneen durch Europa

Seine Vorliebe für Frankreich und dessen Hauptstadt Paris, das er immer wieder in seinen Liedern erwähnt, führt dort in den 1980ern und 1990ern zu ausverkauften Sälen en Masse. So schafft er es, bei fünf aufeinander folgenden Tourneen in Frankreich den Saal des legendären Chansontempels Olympia in Paris insgesamt drei Wochen lang voll zu bekommen. Aus diesen Jahren stammt auch sein erstes Live-Album Concerti (1985), auf dem die hervorragende Gitarrenbegleitung Jimmy Villotti zu hören ist, dem er im darauffolgendem Album Aguaplano (1987) das Lied Jimmy, ballando widmet.
Aus dem Jahr 1989 gibt es ein publiziertes Live-Konzert-Video Paolo Conte - Nel Cuore Di Amsterdam (= im Herzen von Amsterdam), das seine Combo im Royal Theâtre Carré zeigt. Contes Liveauftritte sind minimalistisch arrangiert, mit subtiler Selbstinszenierung und von hervorragender musikalischer Qualität. Conte selbst ist dem Publikum sehr dankbar, geht gerne auf Tournee, und traut ihm zu, seine manchmal enigmatischen Texte zu verstehen.
Seine Tourneen führen ihn außerdem mehrfach nach Kanada, Spanien, Griechenland, Belgien, in die Niederlande, das Vereinigte Königreich und die Schweiz, nach Österreich und natürlich auch Deutschland. In den USA erfüllt sich sein Wunsch, im New Yorker Jazzheiligtum, dem historischen Blue Note Club, einen 2-nächtigen Auftritt zu arrangieren.

Razmataz und aktuelle Projekte

Im Jahr 2000 verwirklicht er einen alten Plan und schreibt mit Razmataz ein Musical, das seine Sicht des frühen 20. Jahrhunderts illustriert, als das Gesellschaftspublikum in Europa erstmals mit "Schwarzer Musik" aus den USA in Berührung kommt. Das Stück spielt in Paris. Die Uraufführung von Razmataz erfolgt am 17./18. November in der Londoner Barbican Hall, danach wird es auch in Mailand, Rom, den USA und Kanada aufgeführt. Conte kombiniert in Razmataz Elemente des Theaters, des Hörspiels und der Oper, die Geschichte wird auch über eine Videoinstallation mit 1800 von Contes Zeichnungen und Gemälden illustriert. Conte selber bezeichnet das Stück als "illustriertes Hörspiel". Zu dem hohem musikalischem und personellem Aufwand gehören Opernsänger/innen, ein Streichquartett, ein Klavier-Duo, sowie die Philharmonischen bzw. Sinfonie-Orchester von Turin und Pesaro. Von den Kritikern wird das ambitionierte Projekt hoch gelobt. Das Musikhörspiel wurde auch als DVD produziert.
Das 2003er Album "Reveries" (= Tagträumereien) erscheint auf dem prestigeträchtigen Label Nonesuch (Ry Cooder, Bill Frisell u.a.) und zielt auch ein wenig auf die Eroberung des anspruchsvolleren Sektors des US-amerikanischen Markts. Sein letztes Album Elegia (2004) konzentriert das Arrangement hauptsächlich auf das Klavier und seine Stimme, wobei melancholische Stücke im Vordergrund stehen.

Sonstiges über Conte

Paolo Conte schrieb die Musik zum Film Scherzo del destino in agguato dietro l'angolo come un brigante da strada (1983) von Lina Wertmüller. Weitere seiner Lieder wurden in etlichen Filmen verwendet, vor allem das bekannte Via con me, das unter anderen auch von Roberto Benigni interpretiert wurde.
Es gibt ein anderes Lied von Benigni, in dem dieser gesteht, in Contes Frau Egle Conte verliebt zu sein: Mi piace la moglie di Paolo Conte (2002).
Am 14. April 2005 wurde Conte zum Ehrenbürger der Stadt Genua ernannt, über die er das nicht nur dort bekannte und beliebte Lied Genova per noi geschrieben hatte.

Neben der professionellen Musik hat Conte seit 2000 in London fast ein Dutzend Ausstellungen mit eigener Druckgrafik und Malerei ausgerichtet. Auch in seiner Malerei pflegt Conte, wie in der Musik einen gewissen Anachronismus: Seine Bilder sind inspiriert vom Dadaismus, Futurismus und der Avantgarde-Kunst des frühen 20.Jahrhunderts. Seine Bilder sind über die offizielle Homepage zu kaufen.

Der Bruder des Musikers, Giorgio Conte (*1941), der vor allem im Ausland weit weniger bekannt ist als Paolo, beendete 1993 ebenfalls seine Karriere als Anwalt und arbeitet seitdem wie der berühmte Bruder ausschließlich als Musiker und Chansonnier.

Sein Begleit-Jazzorchester

Seine Begleitmusiker auf den oft ausgedehnten Tourneen umfassen ein kleines Jazzorchester und sind von ihm "handverlesen", oft junge Talente. Zuletzt laut seiner Webseite:

Einordnung

Seine Lieder sind eine eigenständige Mischung aus Chanson, Jazz und Tango. Zu seinen musikalischen Einflüssen gehören der Jazzmusiker Sidney Bechet aus New-Orleans und dessen Saxophoneinlagen, die Gitarrenlegende Django Reinhardt in seinen Arrangements, die Bandoneonbegleitung des Tangomusikers und Komponisten Astor Piazzolla, die Vermischung von Jazz und Chanson in Kurt Weills musikalischer Verarbeitung der Texte Bertolt Brechts und die zirkusartige Akkordeonmusik Nino Rotas, der die Musik zu Federico Fellinis Filmen geschrieben hat. Das italienische und amerikanische Kino gehört neben dem Jazz zu seinen weiteren Inspirationsquellen. Manche seiner Lieder waren populär und einfach verständlich genug, um auch als Schlager in den nationalen Charts erfolgreich zu sein. Seine ausgefeilten, bildhaften Texte erzählen von Städten, Liebschaften oder Menschen, mal in einem melancholischen mal einem lakonischem Tonfall, fast immer begleitet von pointierter Ironie. Conte singt auch auf Spanisch, Französisch und Englisch, obwohl er gelegentlich von sich behauptete, diese Sprachen nicht zu beherrschen. Seine Tätigkeit als Rechtsanwalt hat der manchmal von Boulevardschreibern als "Chansons singender Anwalt" geschmähte Conte seit langem aufgegeben.

Azzurro

Das Lied Azzurro, das Conte zusammen mit Vito Pallavicini für Adriano Celentano schrieb, gehört neben Via con me und sotto le stelle del Jazz wohl zu seinen bekanntesten Werken. Der Text handelt von der Liebe, der Einsamkeit und vom Sommer in der Stadt. Viele italienische Sänger haben das Lied interpretiert, neben Celentano auch Mina, Gianni Morandi und Fiorello. Es gibt auch deutsche Interpretationen von Peter Rubin und den Toten Hosen. Außerdem gibt es einen durch das Lied inspirierten gleichnamigen Film (Azzurro). Typisch für Conte ist, wie er in dem Lied einfache Melodien und ein eingängiges, aber ungewöhnliches Arrangement, in diesem Fall einer Marschmusik, mit einer alltäglichen Geschichte kombiniert, die in einer einprägsamen und poetischen Bildsprache erzählt wird. Andererseits kann man Contes Bandbreite keinesfalls auf dieses Lied reduzieren. Conte selber nahm das Lied erst nach 10-jähriger Solokarriere 1985 auf dem Album Concerti auf.

Cerco l'estate tutto l'anno

E all'improvviso eccola qua
Lei è partita per le spiagge
E sono solo quaggiù in città
Sento fischiare sopra i tetti
Un aeroplano che se ne va.

Azzurro
Il pomeriggio è troppo azzurro
E lungo per me
Mi accorgo di non avere più risorse
Senza di te
E allora io quasi quasi prendo il treno       
E vengo, vengo da te
Ma il treno dei desideri
Nei miei pensieri all'incontrario va.

...
















Ich suche den Sommer das ganze Jahr

Und plötzlich ist er da
Sie ist weggefahren zum Strand
Und ich bin allein hier in der Stadt
Über den Dächern höre ich ein Pfeifen
Ein Flugzeug das verschwindet.

Himmelsblau
Der Nachmittag ist so himmelsblau
Und zu lang für mich
Ich merke dass ich keine Kraft mehr habe
Ohne dich
Also nehme ich beinahe fast den Zug
Und komme komme zu dir
Aber der Zug der Wünsche
Geht in meinen Gedanken in die Gegenrichtung.

Alles scheint wie damals als ich im Andachtsraum war
Mit soviel Sonne vor so vielen Jahren
Diese einsamen Sonntage
Als ich durch Höfe spazierte
Jetzt langweile ich mich noch mehr
Nicht einmal ein Priester ist da für ein Schwätzchen.

Himmelsblau...

Ich suche ein bisschen Afrika im Garten
Zwischen dem Oleander und dem Baobab
Wie ich es als Kind getan habe
Aber hier sind Leute, ich kann nicht mehr
Sie gießen meine Rosen
Der Löwe ist nicht da, wer weiß wo er sein mag.

Himmelsblau...

Diskographie

  • Elegia (2004)
  • Reveries (2003)
  • Razmataz (2000)
  • Tournee 2 (1998)
  • The Best of Paolo Conte (1998)
  • Una Faccia In Prestito (1995)
  • Tournee live (1993)
  • 900 (Novecento) (1992)
  • Parole D'Amore Scritte A Macchina (1990)
  • Paolo Conte live (1988)
  • Aguaoplano(1987)
  • Concerti - live(1985)
  • Paolo Conte (1984)
  • Appunti Di Viaggio (1982)
  • Paris Milonga (1981)
  • Un Gelato Al Limon (1979)
  • Paolo Conte (1975)
  • Paolo Conte (1974)

Auszeichnungen

  • 1999, 24 März, „Cavaliere di Gran Croce“ in Italien
  • 2001, 5. Mai, „Chevalier dans l'Ordre des Arts et Lettres“ in Frankreich
  • 2002 mit dem „Pannunzio 2002“ in Turin
  • 2003, 9. April, Ehrendoktorwürde der „Università Degli Studi di Macerata“
  • 2005, 14. April, Ehrenbürger der Stadt Genua

Literatur und andere Medien

  • „Sämtliche Texte“, Hofheim: Wolke Verlag, 1989
  • Malfatto, Monique „Paolo Conte“, Paris: Seghers, 1989, ISBN 2-232-10203-3 (In der Serie Poésie et chansons), 222 S. (franz.)
  • „Le parole“, Turin: Allemandi, 1991 (ital.)
  • Caselli, Roberto: „Paolo Conte“, Rom: Ed. Riunti, 2002 (ital.)
  • „Parole e canzoni“ / hrsg. von Vinzenzo Mollica, Turin: Einaudi, 2003. ISBN 88-06-16569-0 (Videokassette mit Begleitheft, ital.)

Weblinks