Gaia (Raumsonde)

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Gaia (Raumsonde)

Gaia Weltraumteleskop
NSSDC ID 2013-074A
Missions­ziel Sammlung astrometrischer DatenVorlage:Infobox Sonde/Wartung/Missionsziel
Auftrag­geber Europaische Weltraumorganisation ESAVorlage:Infobox Sonde/Wartung/Auftraggeber
Träger­rakete Sojus-ST mit Fregat-OberstufeVorlage:Infobox Sonde/Wartung/Traegerrakete
Startmasse 2030 kgVorlage:Infobox Sonde/Wartung/Startmasse
Instrumente
Vorlage:Infobox Sonde/Wartung/Instrumente

Zwei Teleskope, Komplexe Kamera mit astrometrischem Feld, 2 Photometer, Spektrograph

Verlauf der Mission
Startdatum 19. Dezember 2013, 9:12 UTCVorlage:Infobox Sonde/Wartung/Startdatum
Startrampe Centre Spatial Guyanais, ELSVorlage:Infobox Sonde/Wartung/Startrampe
Vorlage:Infobox Sonde/Wartung/Verlauf Vorlage:ZL-StartVorlage:ZL-MarkeVorlage:ZL-MarkeVorlage:ZL-MarkeVorlage:ZL-MarkeVorlage:ZL-WeiterVorlage:ZL-MarkeVorlage:ZL-MarkeVorlage:ZL-MarkeVorlage:ZL-Pfeil

Gaia ist eine Weltraumsonde der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), die sich auf einer Umlaufbahn um den Sonne-Erde-Lagrange-Punkt L2 befindet. Sie führt eine hochgenaue dreidimensionale optische Durchmusterung des ganzen Himmels durch. Erfasst werden Objekte im Bereich einer Magnitude von 3 bis zu einer Magnitude von 20, weshalb die hellsten Sterne am Nachthimmel wie zum Beispiel Sirius oder Alpha Centauri nicht erfasst werden. Rund ein Prozent der Sterne unserer Milchstraße werden astrometrisch, photometrisch und spektroskopisch mit bisher unerreichter Genauigkeit kartographisch erfasst. Neben der genauen dreidimensionalen Position jedes Objekts wird durch wiederholte Beobachtung auch dessen Bewegungsrichtung bestimmt. Bei Objekten mit einer Magnitude von 16 oder heller wird zusätzlich das Spektrum analysiert, woraus sich Radialgeschwindigkeit, Spektralklasse, Temperatur, tatsächliche Leuchtkraft und weitere Daten ermitteln lassen.

Die Gaia-Mission ist der wissenschaftliche Nachfolger der Hipparcos-Mission der ESA (1989–1993) und soll am Ende bis zu 200 Mal genauer die Positionen bestimmen, 10.000 Mal mehr Objekte untersuchen und 100.000 Mal mehr Daten produzieren als die Vorgängermission.

Der Name Gaia war ein Akronym für „Globales Astrometrisches Interferometer für die Astrophysik“.[1] Er kennzeichnet die ursprünglich für dieses Teleskop geplante Technik der optischen Interferometrie.[2] Der Name wurde beibehalten trotz des im Laufe der Planungen geänderten Messprinzips, jedoch wurde die Schreibweise von GAIA auf Gaia geändert. Der Name ist auch eine Anlehnung an die Erdmuttergöttin Gaia der griechischen Mythologie.

Die ESA bestätigte Gaia im Jahr 2000 als priorisierte Mission und gab 2006 den Bau der Raumsonde in Auftrag. Sonde und Nutzlast wurden von europäischen Unternehmen gebaut. Der Start erfolgte am 19. Dezember 2013. Das ursprünglich geplante Missionsende war für den 25. Juli 2019 vorgesehen, wurde aber vorläufig bis zum Ende des Jahres 2022 verlängert.

Im September 2016 wurde mit Gaia DR1 ein erster vorläufiger Katalog mit mehr als einer Milliarde Sternen veröffentlicht. Der zweite Katalog Gaia DR2 vom 25. April 2018 enthält knapp 1,7 Milliarden Objekte, weitere verbesserte und erweiterte Kataloge sind angekündigt. Alle Daten sind in einer großen Datenbank für die Allgemeinheit zugänglich.

Wissenschaftliche Ziele

Die hochpräzise Vermessung von Himmelsobjekten erfordert eine ungestörte Beobachtung. Beobachtungen von der Erde aus unterliegen vielen Störquellen, beispielsweise Erschütterungen durch Mikrobeben oder Verzerrungen durch die Turbulenzen der Erdatmosphäre, Veränderungen der Messwerte durch Temperaturschwankungen, Luftdruckänderungen, Beobachtungswinkel etc. Nur vom Weltall aus sind Beobachtungen der gewünschten Präzision möglich.[3]

Die Positions- und Parallaxengenauigkeit wird für helle Sterne (bis 15 mag) besser als 25 µas (1 µas = 1 Mikrobogensekunde = 10−6 Bogensekunden) sein und bei den schwächsten Sternen (bei 20 mag) je nach Spektralklasse auf rund 300 µas abfallen.[4] Letzterer Wert ist immer noch besser als die bisher genauesten Messungen an sehr hellen Sternen (500 bis 2000 µas, durchgeführt im Rahmen der Hipparcos-Mission). Außerdem sollen für über eine Milliarde Objekte Helligkeit und Farben mit hoher Genauigkeit gemessen werden. Für die hellsten 100 bis 200 Millionen Sterne bis zu einer Magnitude von 16 soll Gaia zusätzlich gut aufgelöste Spektren liefern, aus denen Radialgeschwindigkeit, Temperatur, Oberflächengravitation und chemische Zusammensetzung bestimmt werden können.[4]

Die Astronomen erwarteten von den Gaia-Messungen die Entdeckung einer Vielzahl bislang unbekannter Himmelsobjekte. Nach Abschätzungen im Vorfeld der Mission sollte Gaia in den folgenden Größenordnungen Objekte finden und mit Daten beschreiben:

Milchstraße

Prinzip der Sternparallaxe: Durch die jährliche Bewegung der Erde um die Sonne verschiebt sich ein naher Stern vor dem entfernten Hintergrund im Halbjahresrhythmus (hier stark übertrieben).

Die Gaia-Mission will den Ursprung und die Entwicklung der Milchstraße aufklären. Dazu soll Gaia mit bis dahin unerreichter Genauigkeit die Positionen, Entfernungen (Parallaxen) und Bewegungen (Eigenbewegungen, Radialgeschwindigkeiten) von ungefähr einer Milliarde aus den über 100 Milliarden Sternen der Milchstraße bestimmen; jeder Stern wird dabei während der nominalen Missionsdauer etwa 70-mal erfasst. Dies sind durchschnittlich 40 Millionen Sternbeobachtungen pro Tag.[10] Aus den Bewegungen der Sterne und deren Abschattung durch Staub- und Gaswolken will man neue Erkenntnisse gewinnen über die Verteilung von stellarer Materie, von interstellarer Materie und Dunkler Materie.[3]

Parallaxen können mit Gaia bis zur 20. Größenklasse bestimmt werden. Für Sterne bis zur 15. Größenklasse können Entfernungen in der Nähe des Zentrums der Milchstraße (8 kpc) noch auf etwa 20 Prozent genau bestimmt werden.

Sternentwicklung

Neben Informationen über die Struktur und Entwicklung der Milchstraße erhofft man sich von diesen Daten neue Erkenntnisse über den inneren Aufbau, die Entstehung und Entwicklung von Sternen. Mittels genauer Positionsdaten und Entfernungen kann die Leuchtkraft der einzelnen Sterne deutlich genauer als bisher bestimmt werden. Die von Gaia gesammelten Messdaten sollen Informationen darüber liefern, wo, wann und wie die Sterne entstanden sind und wie sie ihre Umgebung mit Materie anreichern, wenn sie sterben. Durch Ermitteln von Spektren und Bewegungsrichtungen lassen sich Gruppen von Sternen finden, die ein ähnliches Alter und einen gemeinsamen Ursprung haben.[3]

Veränderliche Sterne

Die wiederholten Messungen erlauben eine computergestützte Erfassung von veränderlichen Sternen wie Cepheiden und RR-Lyrae-Sternen mit zusätzlichen Daten und Spektren. Außerdem werden unerwartete photometrische Veränderungen wie z. B. durch Okkultationen[3] oder durch Supernovae erfasst.

Doppelsterne und Mehrfachsterne

Die Mission soll zahlreiche Doppel- und Mehrfachsterne auflösen und deren Verständnis verbessern. Die Schwingungen von nicht aufgelösten Doppelsternen, die die Parallaxenmessungen und Bewegungsmessungen überlagern, können dazu genutzt werden, solche Systeme aufzuklären. Periodische photometrische Veränderungen werden erfasst und analysiert.[3]

Exoplaneten

Die Beobachtungen erlauben die Erfassung von Exoplaneten mit Massen ähnlich wie Jupiter und mehrjährigen Umlaufzeiten anhand der Bewegungen des Sterns um das gemeinsame Baryzentrum, einschließlich Bestimmung der Massen. Der Übergangsbereich zwischen großen Exoplaneten und braunen Zwergen wird genauer bestimmt.[3]

Sonnensystemobjekte

Gaia erfasst alle Objekte am Himmel, außer solche mit einer sehr hohen scheinbaren Geschwindigkeit von mehr als 15 mas/s. Bewegungen werden vor allem in Scanrichtung erfasst. Starke Bewegungen quer zur Scanrichtung bewirken, dass das Objekt während des Belichtungszeitraums aus dem Scanfenster herauswandert und als fehlerhafte Messung verworfen wird.[11] Da Gaia aber im Verlauf der Mission in unterschiedlichen Richtungen scannt, gibt es die Möglichkeit, dasselbe Objekt in einem günstigeren Winkel zu erfassen. Die vergleichsweise starke Bewegung von Objekten des Sonnensystems (Solar System Objects, SSO) bewirkt, dass sie nicht punktförmig, sondern langgezogen erscheinen.

Hauptgürtelasteroiden

Die Planeten sind zu groß und meistens zu hell, um von Gaia erfasst zu werden. Asteroiden und Kometen sind gut für die Erfassung geeignet, und Gaia wird für viele dieser Objekte sehr präzise Bahndaten ermitteln. Gaia wird auch Objekte finden, die sich weit von der Ebene der Ekliptik oder innerhalb der Erdbahn befinden. Das Gaia-Projekt gibt Meldungen („Science Alerts“) aus, damit die gefundenen Objekte durch erdbasierte Beobachtungen weiterverfolgt werden und genügend Beobachtungen gemacht werden, damit die Bahndaten präzise genug berechnet werden können und die Objekte nicht wieder verloren gehen. Für Objekte, die sich während der Beobachtungsphase gegenseitig nähern, führt Gaia Massenberechnungen durch. Es wird erwartet, dass die meisten gefundenen Objekte Hauptgürtelasteroiden sind.[3]

Erdnahe Objekte

Insgesamt wird die Vermessung von mehreren tausend erdnahen Objekten (Near-Earth Objects, NEOs) erwartet, sowohl Asteroiden als auch Kometen. Da Gaia Objekte von einer anderen Perspektive als von der Erde aus erfasst, können auch manche Objekte vermessen werden, die von der Erde aus kaum beobachtbar sind, weil sie von der Sonne überstrahlt werden. Gaia soll so auch Objekte innerhalb der Erdumlaufbahn finden. Die Vermessung von Bahnstörungen wird die Berechnung der Masse von ungefähr 150 Asteroiden ermöglichen.[12]

Kuipergürtelobjekte

Die meisten Objekte des Kuipergürtels sind zu lichtschwach für die Erfassung, aber die größten Objekte werden gefunden. 2009 waren etwa 800 Objekte im Kuipergürtel bekannt. Transneptunische Objekte und Zentauren sind im Allgemeinen sehr lichtschwach, sodass nur ungefähr 65 davon bekanntermaßen heller als 20 mag und 138 heller als 21 mag sind. Gaia kann entsprechend nur wenige neue dieser Objekte finden, aber auch solche in Richtung der Milchstraße, die schwer zu entdecken sind, oder die eine große Bahnneigung haben und sich fern von der Ekliptik befinden. Gaia erkennt unter diesen auch binäre Objekte.[13]

Lokale Gruppe

Die Lokale Gruppe, die Milchstraße und die Andromedagalaxie sind darin die größten Galaxien

Gaias Auflösungsvermögen genügt, um die hellsten Sterne der Lokalen Gruppe zu erfassen. Eine Reihe von Nachbargalaxien der Milchstraße können auf diese Weise registriert werden, wie die Andromedagalaxie und die Magellanschen Wolken. Für entfernte Zwerggalaxien werden es nur wenige der allerhellsten Sterne sein, für die benachbarten Galaxien Tausende bis Millionen von Sternen. Kugelsternhaufen und Zwerggalaxien wie Fornax, Sculptor, Carina und Sextans werden mit tausenden von Sternen erfasst. Die Interaktion von Galaxien wird erforscht, insbesondere lässt sich erkennen wie die Milchstraße mit den Magellanschen Wolken wechselwirkt. Sogar Sternbewegungen innerhalb von Zwerggalaxien lassen sich erfassen. Alle diese Beobachtungen sind dazu geeignet, den Einfluss von Dunkler Materie auf die Sternbewegungen festzustellen.[3]

Nicht aufgelöste Galaxien und Quasare

Gaia soll Millionen entfernter Galaxien erfassen und von ihnen photometrische Daten gewinnen. Die gefundenen Quasare sollen als Orientierungspunkte für optische und radioastronomische Bezugssysteme dienen.[3]

Astrophysik und Grundlagenforschung

Eine mögliche zeitliche Änderung der Gravitationskonstante G (genauer: ) soll mit einer Genauigkeit von besser als 10−13/Jahr erfasst werden. Die relativistische Lichtablenkung durch die Schwerkraft der Sonne soll mit einer relativen Genauigkeit von rund einem Millionstel gemessen und die Lichtablenkung durch die Schwerkraft der Planeten erstmals direkt nachgewiesen werden.[3]

Gaia könnte auch Informationen über die Verteilung dunkler Materie in der Galaxie liefern, zum Beispiel gibt es Vermutungen (Lisa Randall), dass es eine Konzentration in der galaktischen Ebene geben könnte.[14]

Kosten

Die Kosten für die Gesamtmission von den vorläufigen Studien über Start, Bodenkontrolle und Nutzlast bis zum nominalen Ende der Mission im Juli 2019 werden mit 740 Millionen Euro veranschlagt. Die Sonde selbst kostete 450 Millionen Euro. Nicht enthalten sind Kosten von rund 250 Millionen Euro für das DPAC-Konsortium, das die wissenschaftliche Datenreduktion betreibt. Diese werden von den beteiligten Ländern und Instituten aufgebracht, nicht von der ESA. Mitglieder des DPAC kommen aus 20 europäischen Ländern: Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Slowenien, Spanien, Schweiz, Schweden, Tschechien, Ungarn, Vereinigtes Königreich, außerdem aus Algerien, Brasilien, Israel und den Vereinigten Staaten. Die ESA leistet aber einen bedeutenden Beitrag für DPAC mit der Bereitstellung des zentralen Daten- und Rechenzentrums ESAC in Villafranca del Castillo, bei Madrid.[15]

Industriebeteiligung

Im Februar 2006 beauftragte die ESA die Firma EADS Astrium, heute Teil von Airbus Defence and Space, mit dem Bau von Gaia. Am 11. Mai 2006 wurde der Bauvertrag für Gaia zwischen der ESA und Astrium unterzeichnet.[16]

Für Entwicklung und Bau der Sonde und der Nutzlast wurde Astrium als Generalunternehmen gewählt. Die Nutzlast wurde unter der Verantwortung von Airbus DS in Toulouse gebaut, das mechanische Servicemodul von Airbus DS in Friedrichshafen und das elektrische Servicemodul von Airbus DS in Stevenage. Es gab ungefähr 80 Verträge mit 50 Unternehmen aus 15 europäischen Staaten; drei wurden mit Unternehmen in den USA abgeschlossen. Ungefähr 2500 bis 3000 Menschen waren an dem Projekt beteiligt.[15]

Raumfahrzeug

Schematischer Aufbau der Sonde Gaia mit Versorgungseinheit und Nutzlast (Details unter Instrumente)

Die Sonde besteht aus drei wesentlichen Teilen: Sonnenschild, Versorgungseinheit und Nutzlast. Über dem Sonnenschild befindet sich ein zylindrischer Aufbau der die Versorgungseinheit und die Nutzlast beherbergt.

Sonnenschild

Endmontage 2013, der Sonnen-schild entfaltete sich nach der Abtrennung von der Trägerrakete

Die nahezu kreisförmige Anordnung von Solarzellen und „Sonnenschirm“ beherrscht das hutähnliche äußere Erscheinungsbild von Gaia. Der Sonnenschild besteht aus zwölf breiten Streben, zwischen denen sich beim Entfalten des Schildes 48 dreieckige Flächen aufspannten.[17] Die Sonde ist 3-Achsen-stabilisiert und wird ihre langsame Rotation dazu nutzen, den durch das Gesichtsfeld laufenden Himmel kontinuierlich abzutasten. Nutzlast und Versorgungseinheit liegen während des wissenschaftlichen Betriebs stets im kühlenden Schatten des „Sonnenschirms“. Mit entfaltetem Sonnenschild hat Gaia einen Durchmesser von 10 m.[18]

Gaia ist passiv gekühlt, es gibt keine Radiatoren oder Kühlelemente. Gaia kühlt sich nur durch Wärmeabstrahlung soweit ab, dass sie im Gleichgewicht mit der allgemeinen Umgebungsstrahlung ist. Die durchschnittliche Sonneneinstrahlung beträgt ca. 1361 W/m². Im Oktober 2014 verursachten Sonnenflecken eine messbare Verminderung der Sonnenstrahlung um circa 3 W/m² und eine Abkühlung des Sonnenschilds um 0,15 °C.[19] Jahreszeitliche Veränderungen des Sonnenabstands führen zu einer Veränderung der Sonnenstrahlung um ±3,4 % und zu einer Temperaturänderung von ±1,2 °C; die tägliche Rotation verursacht eine periodische Temperaturänderung von 2 °C im Bereich der Antenne. Am 6. November 2015 verursachte ein Monddurchgang für ungefähr 10 Stunden eine Abkühlung von circa 1,5 °C. Die thermische Trägheit des Systems und die Isolationsmaßnahmen bewirken, dass ein Monddurchgang keine merkliche Auswirkung auf die Temperaturen der Messinstrumente hat.[20]

Versorgungseinheit

Die Versorgungseinheit befindet sich zwischen Sonnenschild und Nutzlast und enthält wesentliche Komponenten wie Antriebseinheiten, Lagekontrolle, Treibstofftanks, Stromversorgung und Verkabelung, Atomuhr, Videoprozessoren, Computer, Datenspeicher und Datenübertragungssystem. Um die Sonde stabil und frei von Vibrationen zu halten, besitzt sie keinerlei bewegliche Teile mit Ausnahme der Ventile für die Triebwerke. Die Komponenten der Versorgungseinheit sind auf einem Rahmen aus kohlefaserverstärktem Kunststoff montiert.[21] Teile der Nutzlast, hauptsächlich die elektronischen Komponenten, benötigen eine gewisse Mindesttemperatur und sind deswegen im Bereich der Versorgungseinheit untergebracht. Die Versorgungseinheit hat 3 m Durchmesser und 1 m Höhe.

Nutzlast

Die Nutzlast hat einen Durchmesser von ungefähr 3 m und eine Höhe von 2 m. Die Spiegel für die Teleskope und die Kamera sind an einer ringförmigen Struktur befestigt, dem „Torus“; alle diese Komponenten zusammen bilden im Wesentlichen die Nutzlast. Der Torus besteht aus dem keramikähnlichen Siliziumcarbid, wurde aus 17 einzelnen Teilen zusammengesetzt und bei 1000 °C mit einem speziellen Material verlötet. Siliziumkarbid ist sehr fest, sehr hart, leicht und hat eine sehr geringe Wärmeausdehnung sowie eine hohe Wärmeleitfähigkeit. Die Nutzlast wird bei einer Temperatur von rund −110 °C betrieben und befindet sich in einem Zelt aus kohlefaserverstärktem Kunststoff und Aluminiumsandwichplatten, das die Temperatur im Inneren möglichst konstant halten soll und zugleich als Schutz der Spiegel und der Kamera gegen Mikrometeoriten dient. Das Zelt hat zwei Öffnungen für die Teleskope.[22]

Stromversorgung

Die Sonnenseite des Sonnenschilds mit den Solarpaneelen

Die Sonde verfügt über 12,8 m² große hocheffiziente Solarpaneele aus Dreischicht-Galliumarsenid-Zellen. 7,3 m² sind fest installiert, 5,5 m² sind am Sonnenschild befestigt und entfalteten sich zusammen mit diesem. Während des Starts waren diese Module hochgeklappt. Für die Startphase und den Anfangsbetrieb wurde ein 60-Ah-Lithium-Ionen-Akkumulator genutzt. Es gibt eine Stromregelung, die dafür sorgt, dass zu keinem Zeitpunkt die maximale Leistungsaufnahme überschritten wird. Da die Sonde dauerhaft im 45°-Winkel zur Sonne betrieben wird, können die Solarmodule im normalen Betrieb nicht ihre volle Leistung erbringen. Gaia weist eine Gesamtleistungsaufnahme von 1720 W auf, wovon die Nutzlast ungefähr 830 W benötigt.[21]

Kommunikation

Alle Kommunikation erfolgt über das X-Band. Es gibt zwei ungerichtete Niedergewinn-Antennen mit einer Übertragungsrate von einigen kbps nur für Telemetriedaten an den entgegengesetzten Seiten der X-Achse. Sie können aus jeder Position senden und empfangen und sind für die Startphase und die Notfallkommunikation, falls aus irgendeinem Grund die Hauptantenne nicht eingesetzt werden kann.

Eine übliche Hochgewinn-Parabolantenne wäre als Hauptantenne für die Datenübertragung zur Erde ungeeignet, da die Drehachse während der Beobachtungsphasen nicht zur Erde zeigt und eine bewegliche Antenne durch Vibrationen die Messergebnisse beeinträchtigen würde. Die wissenschaftlichen Telemetriedaten werden stattdessen durch eine Hochgewinn-Phased-Array-Antenne (PAA) übertragen, die am Boden des Servicemoduls auf der heißen Seite des Sonnenschilds angebracht ist. Die Form entspricht einem hohlen vierzehnseitigen Pyramidenstumpf, die einen Antennengewinn von 16,8 dB erzielt. Jede dieser vierzehn Seitenflächen hat zwei Arrays, die jeweils aus sechs Strahlern bestehen. Betrieben werden diese Strahler mit 28 Solid-State-Verstärkern mit einer Leistung von 59 Watt (≈ 17,7 dBW). Jede dieser Untereinheiten teilt das Signal so auf, dass die Phasenverschiebung aus allen 14 Untereinheiten zusammengesetzt eine entsprechende Gesamtabstrahlung bewirkt. Die gesamte isotrope Abstrahlung ist größer als 32 dBW für den größten Bereich des Abstrahlwinkels von 30 Grad. Das erlaubt eine Datenrate von 8,7 Megabits pro Sekunde für die Übertragung zur Bodenstation.[23] Die Brutto-Datenrate beträgt 10 Megabits pro Sekunde; hiervon wird ein Teil für Fehlerkorrektur gebraucht. Die Antenne wird außerdem für das Nachverfolgen mit den Radioteleskopen der Bodenstationen und für Bahnrekonstruktionsmessungen vom Boden aus genutzt.

Gaia (Raumsonde) (Erde)
Gaia (Raumsonde) (Erde)
New Norcia (DSA 1)
Cebreros (DSA 2)
Malargüe (DSA 3)
Positionen der drei Deep-Space-Antennen (DSA) des ESTRACK-Netzwerks der ESA

Über die Phased-Array-Antenne kann Gaia für ungefähr 8  bis 11 Stunden pro Tag mit jeder der drei Deep-Space-Antennen des ESTRACK-Netzwerks kommunizieren, solange die Sonde im Sichtbereich der Bodenstation ist. Für die Mission wurden im Vorfeld die Empfangskapazitäten der drei 35-Meter-Antennen ausgebaut. Die durchschnittliche Downlinkzeit ist ungefähr 8 bis 14 Stunden täglich; damit nutzt Gaia das Netzwerk von allen Missionen am stärksten.

Triebwerke und Lagekontrolle

Gaia besitzt zwei mal acht chemische Triebwerke mit je 10 Newton Schubkraft, um damit in die Lissajousbahn um L2 eintreten zu können und um periodisch die Bahn zu korrigieren.[24] Diese bilden das Chemical Propulsion Subsystem (CPS) und verwenden die beiden Komponenten Distickstofftetroxid (NTO) und Methylhydrazin (MMH).[25][22]

Der Messbetrieb verlangt eine äußerst präzise Regelung der Lage und der Drehgeschwindigkeit. Zur Feinregelung während des Messbetriebs hat Gaia zwei mal sechs Kaltgasdüsen mit sehr kleinem variablen Schub von 10 bis 150 Mikronewton an Bord. Diese bilden das Micro Propulsion Subsystem (MPS) und verwenden Stickstoff als Druckgas.[24]

Beim Start verfügte die Sonde über ungefähr 400 kg chemische Treibstoffe und zwei Tanks mit jeweils 28,5 kg Stickstoff unter einem Druck von 310 bar.[21]

Zur Lagekontrolle gibt es keinerlei bewegliche Teile wie Reaktionsräder oder Gyroskope. Zur Navigation stehen zwei unabhängige A-STR Sternsensoren[26] im kalten (sonnenabgewandten) Bereich und drei Sonnensensoren im heißen Bereich zur Verfügung, dazu drei redundante Faserkreisel.[22] Die Geschwindigkeiten, mit denen die Sterne über die Fokussierebene wandern, ergeben weitere Daten über die Drehgeschwindigkeit und die Lage im Raum. Im Wissenschaftsbetrieb werden nur die Sternsensoren in Verbindung mit den Daten aus der Kamera zur exakten Lagebestimmung verwendet. Die anderen Sensoren dienen nur der Fehlererkennung und Fehlerkorrektur.

Das System kann unerwartete Lageveränderungen, z. B. durch einen Mikrometeoriteneinschlag, innerhalb sehr kurzer Zeit automatisch kompensieren. Gaia kann dabei automatisch zwischen verschiedenen Formen der Lageregelung und zwischen den beiden Antriebsarten wechseln und dabei den Einsatz von Triebwerken und Treibstoff optimieren.[22]

Instrumente

  • Spiegel von Teleskop 1 (M1, M2, M3)
  • Spiegel von Teleskop 2 (M’1, M’2, M’3)
  • Die Spiegel M4, M’4, M5, M6 sind weggelassen

Andere Komponenten:

  1. Torus, ein Ring aus Siliziumkarbid
  2. Kühlradiator
  3. Elektronik der Fokussierebene
  4. Stickstofftanks
  5. Prismen für das Spektroskop
  6. Treibstofftanks
  7. Startracker
  8. Telekommunikationsteil und Batterien
  9. Hauptantrieb

Zusammengeführter Lichtpfad der Teleskope, Aufbau der Fokussierebene und der Instrumente:
Durch die Rotation der Sonde streichen die Bilder in der Fokussierebene von rechts nach links mit einer Geschwindigkeit von 60 Bogensekunden pro Sekunde.[27]

  1. Einfallendes Licht von Spiegel M3
  2. Einfallendes Licht von Spiegel M’3
  3. Fokussierebene mit Detektoren für das astrometrische Instrument in hellblau, Photometer für blaues Licht in dunkelblau, Photometer für rotes Licht in rot. Spektrometer für Radialgeschwindigkeit (Dopplermessung der Calcium-Linien) in rosa
  4. Spiegel M4 und M’4, die die beiden Lichtwege kombinieren
  5. Spiegel M5
  6. Spiegel M6, der die Fokussierebene beleuchtet
  7. Optik und Prismen für die Ermittlung der Radialgeschwindigkeit (RVS)
  8. Prismen für das blaue (BP) und rote (RP) Photometer

Teleskope

Gaia trägt drei wissenschaftliche Hauptinstrumente, die gemeinsam von zwei Spiegelteleskopen mit weit voneinander getrennten Gesichtsfeldern am Himmel versorgt werden. Die Drei-Spiegel-Korsch-Teleskope sind gebaut als Schiefspiegler[28] und haben keine kreisförmigen, sondern rechteckige, 38 kg schwere konkave Primärspiegel der Größe 145 cm × 50 cm (M1, M’1). Die konvexen Sekundärspiegel (M2, M’2) sind 35 cm × 16 cm groß. Von dort trifft das Licht auf die beiden konkaven Tertiärspiegel (M3, M’3) in der Größe von 65 cm × 28 cm. Diese lenken das Licht auf die beiden flachen Kombinierer-Spiegel M4 und M’4 mit 19 cm × 7 cm, die das Licht beider Teleskope kombinieren und weiterleiten auf M5. Von dort aus gelangt es über M6 auf die Fokussierebene. M5 und M6 sind flach und haben eine Größe von 55 cm × 34 cm.

Alle zehn Spiegel bestehen aus gesintertem Siliziumkarbid und haben eine hochreflektierende, geschützte Silberoberfläche. Die Teleskope haben eine Brennweite von 35 m. Die beiden Sekundärspiegel haben Aktuatoren, die die Spiegel in einem Bereich von 5° bewegen können, diese waren jedoch nur während der Kalibrierungsphase und im Anschluss an eine Heizperiode im Betrieb. Alle Instrumente schauen auf dieselben um 106,5° getrennten Himmelsabschnitte, die von je einem der beiden Teleskope abgebildet werden. Die beiden Gesichtsfelder sind etwa 1,4° × 0,7° groß, überdecken am Himmel also etwa die vierfache Fläche der Sonnen- bzw. Vollmondscheibe.[29]

Die Spiegelrohlinge stammen von Boostec aus Bazet in Frankreich. Gesintertes Siliziumkarbid ergibt beim Schleifen keine glatten Oberflächen; nach dem vorläufigen Schliff wurden die Spiegel deswegen von Schunk Kohlenstofftechnik in Heuchelheim in einem speziellen Prozess mit einer zusätzlichen Lage Siliziumkarbid beschichtet.[30] Siliziumkarbid hat eine Mohs-Härte von 9,6, die nahe an die von Diamant heranreicht; die Endbearbeitung war entsprechend sehr zeitaufwendig. Die Spiegel wurden auf eine Präzision von 10 nm geschliffen, außerdem mussten sich die Spiegel beider Seiten sehr ähnlich sein. Die beiden Primärspiegel wurden von Sagem bei Paris geschliffen, die beiden M2- und M4- sowie M5- und M6-Spiegel wurden von AMOS in Lüttich, Belgien bearbeitet, die beiden M3-Spiegel von Carl Zeiss Optronics in Oberkochen, Deutschland. Die Spiegel wurden schließlich von Sagem mit Silber beschichtet, mit Ausnahme der beiden M3-Spiegel, die von Zeiss fertiggestellt wurden.[29]

Kamera

SM = Skymapper
AF = Astrometric Field
BP = Blue Photometer
RP = Red Photometer
RVS = Radial Velocity Spectrograph
WFS = Wave Front Sensor
BAM = Basic Angle Monitor

Das Licht von beiden Teleskopen fällt auf eine gemeinsame Fokussierebene. Dort werden die Objekte gemeinsam erfasst von einem Feld von insgesamt 106 hochempfindlichen CCD-Detektoren mit einer Abmessung von 6 cm × 4,7 cm und einer Auflösung von je 4500 × 1966 Pixel.[31] Zusammen haben die Sensoren rund eine Milliarde Pixel; das ist die höchstauflösende jemals im Weltraum betriebene Kamera. Die CCDs erfassen Wellenlängen von 330–1050 nm, also zusätzlich einen Bereich im UV und im Infrarot, der über das Wahrnehmungsvermögen von ca. 400–760 nm des menschlichen Auges hinausgeht. Die CCDs sind auf einer 20 kg schweren Platte aus Siliziumkarbid von der Größe 1,0 m × 0,5 m montiert.[32]

Astrometrie

Die beiden Reihen von je 7 Skymapper-CCDs erkennen, welches Objekt von welchem Teleskop stammt. Die Skymapper-CCDs werden komplett ausgelesen, Objekte erkannt, nach Helligkeit klassifiziert und die Größe der Beobachtungsfenster festgelegt. Bereits bei der anfänglichen Verarbeitung der CCD-Daten wird eine starke Datenreduktion vorgenommen, indem schwarze Pixel, nicht punktförmige oder lichtschwache Objekte mit einer Magnitude von höher als 20,7 bei der Weiterbearbeitung ignoriert werden. Die relevanten Objekte werden als Minibild mit einigen umgebenden Pixeln ausgeschnitten, ihre Position vermerkt, mit einem Zeitstempel versehen und einzeln weiterverarbeitet. Jedes so erkannte Objekt muss bei der nächsten Messung im ersten astrometrischen Feld AF1 bestätigt werden. Wird dort kein Objekt an der entsprechenden Stelle erkannt, so wird das Objekt verworfen. Auf diese Weise werden Artefakte durch Weltraumstrahlung und geladene Partikel frühzeitig aussortiert.

Ein Feld von 62 dieser CCD-Detektoren in einem 7×9-Raster registriert die Himmelsobjekte mehrfach. Das Detektorfeld erfasst die Sternpositionen am Himmel mit einer Präzision von teilweise besser als 30 Mikrobogensekunden (μas).[33] Unter Berücksichtigung aller Messungen wird am Ende der Mission für ein Objekt ein Parallaxenfehler erwartet, der z. B. für einen Stern der Klasse M6V mit einer Helligkeit von 15 mag bei 9 μas liegt.[4] Die Genauigkeit soll gegenüber der Vorgängermission Hipparcos um einen Faktor 20 bis 50 höher liegen. (Siehe auch: Abschnitt Probleme.) Über die Messung der Parallaxe lässt sich die Entfernung bestimmen. Durch die mehrfache Vermessung von Sternen während der Lebensdauer der Sonde sind die Winkelgeschwindigkeiten von Sternbewegungen ableitbar.

Das Instrument misst die G-Band-Magnitude im Wellenbereich zwischen 330 und 1050 nm, in dem einerseits die Spiegel reflektieren und andererseits die Sensoren empfindlich sind. Die beobachtete Helligkeit zusammen mit der berechneten Entfernung und der spektroskopisch ermittelten Spektralverschiebung ermöglicht die Bestimmung der tatsächlichen Leuchtkraft eines Objekts.

Zwei CCDs (BAM) dienen der konstanten Messung des Grundwinkels von 106,5° zwischen den beiden Teleskopen. Zwei Laserstrahlen arbeiten dabei als Interferometer. Ein Laser dient dabei als Backup und zur Bestätigung der korrekten Funktion. Für eine exakte Positionsbestimmung ist die Kenntnis von minimalen Abweichungen des Grundwinkels nötig. Die beiden Sensoren wurden außerdem zur Strahlungsmessung herangezogen.[34][35] Die beiden Wave-Front-Sensoren sollen die optische Qualität der beiden Teleskope überwachen und sicherstellen, dass beide Teleskope optimal fokussiert sind.[3]

Photometrie

Gaia verfügt über zwei Fotometer. 14 CCD-Detektoren in zwei Reihen messen Helligkeit und Farben in einem breiten Wellenlängenbereich. Die erste Reihe von sieben CCD-Detektoren für das blaue Photometer (BP) verwendet ein Prisma und deckt den blauen Wellenlängenbereich 330 bis 680 nm ab. Die zweite Reihe von CCD-Detektoren für das rote Photometer (RP) benutzt ein anderes Prisma und deckt den roten Wellenlängenbereich 640 bis 1050 nm ab. Das spektrale Auflösungsvermögen liegt zwischen 15 und 60 und ist extrem niedrig, sodass man hier üblicherweise nicht von „Spektren“ spricht, sondern von Spektrophotometrie.

Die zentrale Aufgabe dieser Photometriemessungen ist es, jeden einzelnen der eine Milliarde von Gaia beobachteten Sterne charakterisieren zu können, d. h., dessen Temperatur, Oberflächengravitation und Metallizität zu messen.[36] Diese Eigenschaften der Sterne sind (neben ihrer Position, Entfernung und Geschwindigkeit) wichtig, um z. B. Rückschlüsse auf die Sternentstehungsgeschichte der Milchstraße zu ziehen. Außerdem kann die Photometrie dazu genutzt werden, Sterne von anderen Himmelsobjekten wie Asteroiden, Galaxien oder Quasaren zu unterscheiden, die ebenfalls von Gaia beobachtet werden. Photometrische Daten sind nötig für eine farbkorrigierte Berechnung der Helligkeit und zur Korrektur der übrigen Messungen. Durch Rot- oder Blauverschiebung des Spektrums kann ein Objekt einen veränderten Helligkeitswert haben, weil dadurch ein Teil des Spektrums außerhalb des Empfindlichkeitsbereichs der Sensoren liegt.

Spektroskopie

Das Radialgeschwindigkeitsspektrometer (RVS) benutzt dasselbe kombinierte Gesichtsfeld wie das astrometrische und das photometrische Instrument. Es arbeitet mit zwölf CCD-Detektoren, die Linienspektren der Sterne aufnehmen, aus denen sich die Geschwindigkeiten der Sterne entlang der Sichtlinie ableiten lassen. Zusammen mit dem Photometer wird eine genaue Klassifikation vieler der beobachteten Objekte möglich sein. Die Messung der Radialgeschwindigkeiten von vielen Sternen ist notwendig zur Erreichung der wissenschaftlichen Ziele der Gaia-Mission. Nur mit solchen gemessenen Radialgeschwindigkeiten lassen sich etwa Modelle des Gravitationspotentials unserer Milchstraße oder der Sternentstehungsgeschichte experimentell einschränken.

Das Radialgeschwindigkeitsspektrometer besitzt mit 11500 ein weitaus höheres spektrales Auflösungsvermögen als die Photometer, deckt jedoch nur einen kleinen Wellenlängenbereich von 845 bis 872 nm ab. In diesem Wellenlängenbereich zeigen Sterne charakteristische Absorptionslinien des sogenannten Calcium-Tripletts. Das hohe Auflösungsvermögen ermöglicht es, die Wellenlängen dieser drei Calcium-Absorptionslinien zu messen, sodass ein Vergleich der Wellenlängen mit Laborwerten erlaubt, die Radialgeschwindigkeit des Sternes über den Doppler-Effekt zu bestimmen.

Möglich ist diese spektroskopische Messung für Objekte, die heller sind als eine Magnitude von 17. Aufgrund des hohen Auflösungsvermögens ist das Radialgeschwindigkeitsspektrometer auf die helleren Sterne beschränkt. Voraussichtlich sind etwa 50 bis 100 Millionen Sterne hell genug für das Radialgeschwindigkeitsspektrometer, wohingegen die Photometrie aufgrund ihrer höheren Empfindlichkeit beinahe alle Objekte mit einer Magnitude < 21 mag messen kann. Dennoch wird Gaias Radialgeschwindigkeitsspektrometer mit vielen Millionen Sternspektren den zurzeit mit Abstand größten Katalog von Sternspektren liefern.

Zur Kalibrierung der Spektrometrie und der Photometrie waren die meisten der bisher üblichen Vergleichssterne ungeeignet, da sie zu hell sind; einige stellten sich inzwischen sogar als Doppelsterne heraus. Für die Mission wurden daher neue lichtschwächere Vergleichssterne gesucht. 1420 Sterne mit gut bekannten Radialgeschwindigkeiten bildeten eine vorläufige Liste von Vergleichssternen. Es ist möglich, dass mit fortschreitender Beobachtung manche davon wieder gestrichen werden. Die endgültige Liste der Vergleichssterne steht erst am Ende der Mission fest.[37]

Sondeneigene Datenverarbeitung

Die Beobachtungen benötigen eine sehr präzise Zeiterfassung; diese wird durch eine bordeigene hochstabile 10-MHz-Rubidium-Atomuhr erreicht. Jede Messung wird mit einem genauen Zeitstempel versehen. Die CCSDS-Standards für die Zeiterfassung wurden eigens für diese Mission in den Picosekundenbereich erweitert. Die Datenverarbeitung erfolgt in einer modularen Architektur, die der Anordnung der Detektoren entspricht. Zur Datenerfassung hat das Datenverarbeitungssystem sieben Videoverarbeitungseinheiten (VPU), eine Einheit für jede Detektorreihe. Jede VPU enthält einen speziellen von Astrium entwickelten Vorprozessor und für den Hauptteil der Verarbeitung ein SCS750 PowerPC Board von Maxwell Technologies aus San Diego, USA.[38] Jedes Board verfügt über drei parallel arbeitende PowerPC-750FX-Prozessoren, deren Rechenergebnisse permanent über eine Logik zur automatischen Fehlerkorrektur verglichen werden. Fehler bedingt durch die Weltraumstrahlung werden automatisch korrigiert und ein fehlerhaft arbeitender Prozessor wird innerhalb von 1 ms neu gestartet, ohne dass laufende Programme beeinträchtigt werden.[39] Jede der sieben VPU hat eine Rechenkapazität von 1000 MIPS.[40] Alle Daten werden ohne Zwischenspeicherung in Echtzeit verarbeitet, und die Sensoren werden synchronisiert in der exakt gleichen Geschwindigkeit ausgelesen, in der die Objekte über die Detektoren wandern. Der Ausfall einer der sieben Videoverarbeitungseinheiten hätte wenig Auswirkung auf die Ergebnisse. Zu Anfang der Mission gab es häufige Resets der VPU, mit einem Update der VPU-Software auf Version 2.8 im April 2015 wurde das Problem behoben.[41]

Für die Speicherung der Ergebnisse gibt es einen gemeinsamen, separat betriebenen 800-Gbit-Solid-State-Massenspeicher.[42] Nach Abzug der Bits für die Reed-Solomon Fehlerkorrektur ergibt sich eine Speicherkapazität von 120 Gigabytes effektiv.[43] Im Durchschnitt werden täglich 40 Millionen Objekte beobachtet, 400 bis 500 Millionen Messungen durchgeführt und 40 GB an Daten produziert. Bei Messungen in der galaktischen Ebene wurden am 28. Februar 2015 sogar 270 Millionen Objekte und 3 Milliarden Messungen registriert.[44] Die sondeneigenen Computersysteme sind die bis dahin leistungsfähigsten, die jemals im Weltall eingesetzt wurden.

Bis zum 31. Dezember 2017, dem 1255. Tag seit dem Beginn der wissenschaftlichen Datensammlung am 25. Juli 2014, wurden 92.655.067.013 Objekte von den Sensoren erfasst, dabei gab es 913.314.231.981 astrometrische Messungen durch die 62 astrometrischen und die 14 Skymapper CCDs. Es gab 184.684.258.820 fotometrische Messungen durch die 14 blauen und roten Photometer CCDs. Das RVS Instrument zur Berechnung der Radialgeschwindigkeit verzeichnete 17.365.253.760 spektroskopische Messungen und 5,797,118,940 Objekte.[45]

Start und Testphase

Die Position des Lagrange-Punktes L2
Flugbahn von Gaia zum Lagrange-Punkt und späterer Lissajous-Orbit um L2

Start

Der Start war für den 20. November 2013 geplant, wurde aus technischen Gründen verschoben und erfolgte am 19. Dezember um 9:12 Uhr UTC[46] mit einer vierstufigen russischen Sojus-ST-Rakete mit Fregat-Oberstufe vom Centre Spatial Guyanais in Französisch-Guayana. Die Startmasse der Sonde war 2030 kg, davon 710 kg für die Nutzlast, 920 kg für das Servicemodul und 400 kg Treibstoffe.[47]

Die Rakete erreichte mit Hilfe der Fregat-Stufe eine Umlaufbahn in einer Höhe von 175 km. Elf Minuten später wurde die Fregat-Stufe erneut gezündet und brachte die Sonde auf eine Transferbahn. 42 Minuten nach dem Abheben wurde die Fregat abgetrennt, und nach knapp 90 Minuten war der Sonnenschild ausgefahren.

Testphase

Am 8. Januar 2014 erreichte Gaia ihren Orbit um den Sonne-Erde-Lagrange-Punkt L2.[48] Der L2-Punkt liegt von der Sonne aus in etwa vierfacher Mondentfernung etwa 1,5 Millionen km hinter der Erde. Dieser gravitative Gleichgewichtspunkt läuft in festem Abstand mit der Erde um die Sonne und ermöglicht einen ungestörteren Blick auf das Weltall, als aus einer niedrigeren Erdumlaufbahn. Gaia nahm eine Lissajous-Bahn mit einem Abstand von 263.000 km × 707.000 km × 370.000 km um L2 ein,[49][50] um so zu gewährleisten, dass sie mindestens sechs Jahre lang nicht in den Halbschatten der Erde eintritt. Letzteres würde die Energieversorgung beeinträchtigen und durch die Wärmeausdehnung der optischen Komponenten bei Temperaturänderungen vorübergehend die Abbildungsqualität verringern.[51] Die Sonde wurde ungefähr ein halbes Jahr lang während der Commissioning-Phase ausgiebig getestet, ebenso die Datenübermittlung, die Datenverarbeitung und die Positionsbestimmung.

Kalibrierung

Die Testphase endete am 18. Juli 2014. Es schloss sich eine Kalibrierungsphase von 28 Tagen an, während der die ekliptischen Pole intensiv vermessen wurden, zugleich begann die Sammlung wissenschaftlicher Daten. In dieser Zeit wurde Gaia im Ecliptic Poles Scan Law Modus (EPSL) betrieben, bei dem die beiden Pole bei jeder Umdrehung zwei Mal vermessen wurden. Für die Vermessung der Pole wurde der Ecliptic Pole Catalogue (EPC, später Gaia Ecliptic Pole Catalogue, GEPC), erstellt. Der GEPC-V.-3.0-Katalog enthält 612.946 Objekte aus einem Feld von jeweils einem Quadratgrad am Nord- und am Südpol. Der nördliche Pol ist relativ sternarm und enthält 164.468 Objekte, während der südliche Pol noch im Bereich der Großen Magellanschen Wolke liegt und 448.478 Objekte umfasst.[52]

Im Anschluss an die Kalibrierung wurden die Messungen auf das ganze Himmelsgebiet ausgeweitet. Seither befindet sich Gaia im Nominal Scanning Law (NSL), im regulären „Scanmodus“. Ungefähr einmal im Monat mussten die Hydrazintriebwerke den Kurs der Sonde korrigieren. Der Abstand zwischen den Korrekturmanövern konnte im Lauf der Zeit auf drei bis vier Monate erweitert werden.[53]

Betrieb

Bodenkontrolle

Kontrollzentrum des ESOC

Die Bodenkontrolle (Mission Operations Centre, MOC) erfolgt vom Europäischen Raumflugkontrollzentrum (ESOC) in Darmstadt aus. Die Bodenkontrolle nutzt ausschließlich die Telemetriedaten und ist zuständig für die Verfolgung der genauen Lage und eventuelle Kurskorrekturen. Sie ist auch zuständig für die Planung und Zuteilung der entsprechenden Downloadkapazitäten des ESTRACK-Netzwerks, in Abwägung mit den Bedürfnissen anderer gleichzeitig laufender Missionen. Die Daten aller drei Antennen laufen bei der Bodenkontrolle zusammen und werden von dort zum Europäischen Weltraumastronomiezentrum (ESAC) weitergeleitet. Das ESOC verarbeitet auch die Daten der Ground-Based-Optical-Tracking-Einheit (GBOT) zur Positionsbestimmung und wird die Rekonstruktion der Sondenposition durchführen, die die Grundlage für die genaue Berechnungen der Objektpositionen bildet.

Wissenschaftlicher Betrieb

Während die Steuerung der Raumsonde und die Kommunikationskontrolle vom ESOC erfolgen, so ist die gesamte wissenschaftliche Kontrolle beim Science Operation Centre (SOC). Alle Auswertungen der Wissenschaftsdaten sowie die wissenschaftlichen Operationen, die Speicherung, Verwaltung und Verteilung der Daten werden unter Verwendung der spanischen Bodenstation in Cebreros und der ESAC in Villafranca ausgeführt.

Beobachtungsstrategie

Gaias Scanmethode

Die Beobachtung erfolgt von einer überwachten Lissajous-Umlaufbahn um den Lagrange-Punkt L2. Während der Beobachtungsphase dreht sich die Sonde kontinuierlich hochpräzise mit gleichbleibender Geschwindigkeit um die eigene Achse, wobei die Rotationsgeschwindigkeit mit der Auslesegeschwindigkeit der Sensoren synchronisiert ist. In sechs Stunden erfasst der Satellit mit seinen beiden Beobachtungsfeldern Objekte in einem schmalen Himmelsstreifen von 360° rechtwinklig zur Rotationsachse. Da die beiden Beobachtungsfelder 106,5° auseinanderliegen, durchzieht ein Objekt beide Beobachtungsfelder nacheinander im Abstand von 106,5 Minuten. Die einzelnen Sensoren werden in einer Zeit von 4,4 Sekunden überstrichen, und diese Zeit ist auch die Belichtungszeit. Die Drehachse zeigt nicht in eine feste Richtung im Raum, sondern wandert sehr langsam in einer Kreisbewegung weiter und beschreibt in 63 Tagen einen Kreis, sodass in der Folge der Beobachtungsstreifen weiterwandert und der gesamte Himmel durchmustert wird. Während der ganzen Beobachtungszeit befindet sich die Sonde mit dem Sonnenschild in Richtung Sonne unter einem Winkel von 45°.[54] Objekte müssen zur Erfassung kleiner als ungefähr 500 bis 600 mas im Durchmesser sein, was die Planeten und einige von ihren Monden sowie einige Asteroiden von der Erfassung ausschließt.

Ground-Based-Optical-Tracking-Einheit

Für genaue Berechnungen muss die Position der Sonde zu jeder Zeit sehr genau bekannt sein, insbesondere muss die Länge der Basislinie für die Parallaxenmessung bekannt sein. Die absolute Geschwindigkeit in Bezug auf das Baryzentrum des Sonnensystems muss bis auf 2,5 mm/s bekannt sein und die absolute Position auf 150 m genau.[55] Eine sehr präzise Messmethode ist das Delta-DOR-Verfahren, das zwei weit auseinanderstehende Antennen benötigt. Delta DOR kann die Position in dieser Entfernung auf 22 Meter genau bestimmen.[56] Es ist aber nicht möglich, für die gesamte Beobachtungszeit zwei der Antennen des ESTRACK-Netzwerks zur Verfügung zu stellen, denn es müssen auch andere Missionen zeitweise auf die Antennen zugreifen, außerdem ist nur ein kleiner Teil des Himmels überlappend von zwei Antennen beobachtbar. Eine Radarmessung alleine von einer Antenne aus ergibt eine Genauigkeit von 2000 m in Position und 10 mm/s in Geschwindigkeit sowie 75 m und 1 mm/s radial.[57]

Dieses Problem wird durch die Ground-Based-Optical-Tracking-Einheit (GBOT) gelöst: Während der gesamten Missionszeit blicken regelmäßig optische Teleskope auf die Sonde und verzeichnen deren Position und den Zeitpunkt, sodass für jeden beliebigen Zeitpunkt die genaue Position der Sonde berechnet werden kann. Dieses Verfahren wurde vor dem Start erfolgreich an der deutlich kleineren WMAP-Sonde und am Planck-Weltraumteleskop getestet, die beide bei L2 operierten.[58] Die Position wird relativ zu den Bezugssternen ausgewertet.[59] Da deren Positionen, Parallaxen und Bewegungen erst nach der Beobachtung und Auswertung genauer bekannt werden, wird die Positionsbestimmung mit verbesserten Daten rekursiv wiederholt: Die genauere Positionsbestimmung der Sonde verbessert wiederum die Genauigkeit der Positionsmessungen der Bezugssterne und so weiter. GBOT kann die Sonde in einer Zeit von fünf bis sieben Tagen während Vollmond nicht beobachten, da der Mond von der Erde aus in dieser Zeit in Richtung L2 steht und Gaia überstrahlt. In dieser Zeit können Delta-DOR-Messungen die Lücken kompensieren, sodass es keine Einbußen in der Datenqualität der Positionsdaten gibt. ESOC wertet sowohl die Ergebnisse der Antennenmessdaten, als auch die Beobachtungen von GBOT zur Bahnrekonstruktion aus.

Eines der Tracking-Teleskope steht im Paranal-Observatorium in Chile
(VST am hinteren Ende des Bergplateaus)

Zu den Tracking-Teleskopen gehören das 2,5-m-VLT-Survey-Teleskop (VST) auf dem Paranal in Chile, das 2-m-Liverpool-Teleskop auf Roque de los Muchachos, La Palma, Spanien, und die 2-m-Teleskope Faulkes-North und -South des Haleakalā-Observatoriums auf Maui Island (Hawaii, USA) bzw. des Siding-Spring-Observatoriums in Australien.[60] Diese Teleskope arbeiten teilweise automatisiert. Einige von ihnen sind auch im „Gaia Follow-up Network for Solar System Objects“ (Gaia-FUN-SSO) an der Verfolgung der Bahnen von neu gefundenen Objekten des Sonnensystems beteiligt.

Treibstoffvorräte und Missionsende

Die mitgeführten Treibstoffe sollen auf jeden Fall über die geplante nominale Missionsdauer von 5 Jahren + ½ Jahr für die Testphase hinausreichen. Die ursprünglich geplante nominale Mission läuft bis 25. Juli 2019. Für den Fall, dass der Eintritt in die Lissajousbahn am Lagrange-Punkt L2 nicht korrekt abgelaufen wäre, hat die Sonde zur Sicherheit zusätzlichen Treibstoff zur nachträglichen Korrektur, um L2 trotzdem erreichen zu können. Die chemischen Treibstoffe könnten somit die Sonde über Jahrzehnte hinaus am L2-Punkt stabilisieren, jedoch wird erwartet, dass die Vorräte an Stickstoff für die Kaltgastriebwerke nur für (10 ± 1) Jahre reichen.[61]

Am 22. November 2017 beschloss das Science Programme Committee (SPC) der ESA den weiteren Betrieb von Gaia über die nominale Missionszeit hinaus bis zum Ende des Jahres 2020. Entsprechend den Regeln für Wissenschaftsmissionen der ESA wurde diese Verlängerung am 20. März 2018 bestätigt.[62] Am 14. November 2018 wurde die weitere Verlängerung bis 2022 bekanntgegeben.[63]

Missionsverlängerungen stehen immer unter dem Vorbehalt der Finanzierung durch die ESA bzw. der Bewilligung des Etats durch die beteiligten Mitglieder.

Nach dem Ende der Mission wird Gaia die Lissajousbahn um den Erde-Sonne-Lagrange-Punkt L2 verlassen und in eine stabile Keplerbahn um die Sonne einschwenken, dies gilt auch für den Fall, dass der Treibstoff aufgebraucht ist oder sich die Sonde nicht mehr steuern lässt.

Technische Grenzen

Begrenzte Rechenkapazität

Sehr dicht bevölkerte Himmelsabschnitte wie benachbarte Galaxien oder die dichtesten Bereiche der Milchstraße wie das Baade’sche Fenster mit sehr vielen Objekten auf kleinem Raum stellen ein Problem für die interne Datenverarbeitung dar. Obwohl die sondeneigenen Recheneinheiten eine hohe Kapazität haben, so ist doch die Zahl der verarbeitbaren Objekte pro Zeiteinheit begrenzt und nicht verarbeitete Daten gehen dabei verloren, wobei hellere Objekte priorisiert werden. Gaia wird diese Regionen jedoch mehrfach mit unterschiedlichen Vorgaben untersuchen und dabei jedes Mal weitere neu entdeckte Objekte aufzeichnen.[64][65] Für die dichtesten Bereiche gibt es eine Begrenzung von 1.050.000 Objekten pro Quadratgrad.[66]

Begrenzte Downlink-Kapazität

Gaia produziert eine variable Menge an Daten, die vom europäischen 35-m-Antennennetz ESTRACK empfangen werden müssen. Von allen Missionen stellt Gaia die höchsten Anforderungen an das Antennennetz. Regionen mit wenigen Sternen verursachen weniger Daten, Regionen mit vielen Sternen produzieren mehr Daten. Die tägliche Auslastung wird vorausgeplant, um die benötigte Antennenzeit optimal zu nutzen. Die ESA erweiterte zwar die Empfangskapazitäten der Anlagen auf bis zu 8,7 Mbit/s, trotzdem reichen alle drei Antennen nicht aus, wenn besonders dicht bevölkerte Abschnitte ausgewertet werden müssen. Zu manchen Zeiten, etwa wenn das Sichtfeld nahe der galaktischen Ebene liegt, überschreitet die Datenmenge sogar die Menge, die von allen drei Stationen gemeinsam empfangen werden kann. Da der Himmel mehrfach durchmustert wird, entscheidet ein intelligentes Datenraster, welche der weniger bedeutsamen Daten gelöscht werden.[61]

Gesättigte Sensoren

Bei Objekten, die heller als eine Magnitude von 3 sind, können die Sensoren keine genauen Werte mehr ausgeben. Die Zahl dieser sehr hellen Objekte ist vergleichsweise klein. Es gibt andere Möglichkeiten, die benötigten Daten für diese Objekte zu gewinnen, sodass der endgültige Sternenkatalog auch für diese Objekte vollständig sein wird. Die Skymapper CCDs sind weniger empfindlich, sodass diese Daten für die Auswertung von hellen Objekten herangezogen werden können.

Schäden an den Sensoren durch Strahlung

Die Sensoren unterliegen einer unvermeidbaren Alterung durch Kosmische Strahlung. Partikel können beim Auftreffen auf die Sensoren dauerhafte Schäden verursachen, die sich durch Hotpixel oder kompletten Ausfall einzelner Pixel oder ganzer Reihen von Pixeln zeigen. Es besteht die Möglichkeit defekte Pixel zu erkennen und von der Datenverarbeitung auszunehmen. Die Werte dieser Pixel werden ignoriert und es besteht genügend Redundanz, so dass während der geplanten Lebensdauer der Sonde die korrekte Funktion beibehalten werden kann. Die meisten Partikel des Sonnenwinds können vom Sonnenschild ferngehalten werden, die verbleibenden Anteile sind hochenergetische galaktische oder extragalaktische Partikel. Entgegen den ursprünglichen Befürchtungen war das Problem in der Realität ungefähr um einen Faktor zehn niedriger als ursprünglich angenommen.

Probleme

Alle Systeme der Sonde funktionieren, und die Qualität der wissenschaftlichen Daten liegt im Rahmen der Erwartungen. Es traten jedoch einige kleinere Störungen und Einschränkungen in für so komplexe Raumfahrtmissionen üblichem Umfang auf.

Streulicht

Kurz nach dem Start wurden von den beteiligten Wissenschaftlern Streulichtprobleme an Gaia entdeckt. Licht der Sonne fand über Umwege einen Weg in die Optik des Teleskops. Nachdem zuerst Eisablagerungen am Rand des Sonnenschildes im Verdacht standen,[67] stellte sich heraus, dass zum einen die im Sonnenschild verarbeiteten Aramid-Fasern den Rand des Schildes an einigen Stellen überragen und hier Lichtstreuung verursachen, zum anderen auch durch Beugung am Rand des Sonnenschildes – und anschließende mehrfache Reflexionen an den Oberflächen der Sonde – Licht in die Teleskop-Öffnungen gelangt.[68] Durch diesen Fehler wird es leichte Beeinträchtigungen der Beobachtung der lichtschwächsten Sterne geben.[69] Insbesondere die Magnitudenmessung der lichtschwächsten Objekte leidet in der Genauigkeit, außerdem werden die Spektralmessungen leicht beeinflusst.

Eis-Kontamination

Kurz nach dem Start wurde entdeckt, dass die Sterne in Gaias Detektoren scheinbar schnell lichtschwächer wurden. Als Ursache wurde rasch ein Niederschlag von Eiskristallen auf den Teleskopspiegeln vermutet. Dies wurde schon nach wenigen Wochen durch die probeweise Aufheizung eines Spiegels bewiesen: Der Lichtverlust verschwand genau bei Erreichen der vorausgesagten Temperatur. Von Februar bis September 2014 wurden die Gaia-Teleskope insgesamt vier Mal aufgeheizt, um den wiederkehrenden Niederschlag zu beseitigen. Es dauerte jedes Mal länger bis zur Wiederkehr, sodass Anfang 2015 die Hoffnung bestand, dass nur noch ein bis zwei weitere Dekontaminations-Kampagnen bis zum vollständigen Erlöschen der Quelle der Kontamination nötig sein werden. Vermutlich ist die Ursache der Kontamination von der Erde mitgebrachte Feuchtigkeit im warmen Versorgungsteil des Raumfahrzeugs.

Dieses Problem bedingt einen zeitweisen Lichtverlust und, während und nach den Aufheizphasen, einen gewissen Verlust an Missionszeit und Gleichmäßigkeit der Himmelsüberdeckung. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Missionsziele wird nicht erwartet.[69]

Sechs-Stunden-Oszillation der Teleskop-Geometrie

Das an Bord befindliche Interferometer zur Kontrolle der sehr wichtigen geometrischen Stabilität der Instrumente zeigte von Beginn an eine periodische Variation des Winkels zwischen den beiden Teleskopen von etwa einer Millibogensekunde. Diese Oszillation ist stets vorhanden, sobald Gaia mit der geplanten 6-Stunden-Periode rotiert. Die Schwingung um eine Millibogensekunde entspricht einer gegenseitigen Verdrehung der beiden Teleskope von nur einigen Nanometern. Sie ist sehr präzise periodisch und streng mit der Orientierung von Gaia relativ zur Sonne verbunden. Die Gaia-Astronomen erwarten, dass der Effekt deshalb sehr genau kalibriert und damit aus den Messungen herausgerechnet werden kann.[69]

Defekte Düse

Bereits in der Testphase zeigte sich, dass sich an den chemischen Triebwerken das Ventil der Düse 3B nicht öffnen lässt. Für den Rest der Mission wurde daraufhin dauerhaft auf die redundante Düse 3A umgeschaltet und die Steuerungssoftware modifiziert. Für diese Düse gibt es nun keine unmittelbare Redundanz mehr. Falls auch 3A ausfallen sollte, können allerdings die übrigen Düsen so eingesetzt werden, dass die Funktion der fehlenden Düse ersetzt wird.[70]

Tracking

Zur exakten Positionsbestimmung wird Gaia während der Beobachtungsphasen regelmäßig mit Teleskopen beobachtet. Als Gaia an ihrer bestimmten Position angekommen war, stellte sich heraus, dass sie von der Erde aus gesehen am unteren Ende des vorberechneten Helligkeitsbereichs war. Gaia war im Wissenschaftsbetrieb mit einer Magnitude zwischen 20 mag und 21,2 mag mehr als zwei Magnituden schwächer als die Sonden WMAP und Planck.[71] Die Ground-Based-Optical-Tracking-Einheit (GBOT), die mit Teleskopen arbeitet, musste die Trackingreihenfolgen ändern und in manchen Fällen andere Teleskope einsetzen. Waren ursprünglich 1- bis 2-Meter-Teleskope eingeplant, so sind jetzt 2- bis 3-Meter-Teleskope im Einsatz. Der neue Plan ermöglicht, dass die Bahn in Zusammenarbeit mit Radioteleskopen zu jeder Zeit rekonstruiert werden kann und alle wissenschaftlichen Ziele erreicht werden können.[69]

Ausfall eines Hauptsenders

Am 18. Februar 2018 wechselte Gaia nach Fehlermeldungen in den Sicherheitsbetrieb und zur Notfallkommunikation mit den Niedergewinn-Antennen. Ursache war der Ausfall von einem der beiden Hauptsender. Der Betrieb wurde daraufhin auf den zweiten Sender umgestellt und die Wissenschaftsmission konnte fortgesetzt werden. Die Ursache für den Senderausfall war bei Bekanntgabe noch ungeklärt.[72]

Data Processing & Analysis Consortium (DPAC)

Die Verarbeitung der Datenmengen durch die erdbasierten Computersysteme war eine Herausforderung. Anders als bei anderen Missionen sind die Rohdaten ohne weitere Behandlung nicht nutzbar. Die ESA musste neue Software entwickeln, damit die gewonnenen Daten am Boden effizient verarbeitet, archiviert und für die Nutzung aufbereitet werden können.

Die Daten vom Antennennetzwerk werden zuerst im ESAC gebündelt und verarbeitet und dann zur wissenschaftlichen Aufbereitung an das „Data Processing & Analysis Consortium“ (DPAC) weitergeleitet, eine in neun Coordination Units (CUs) organisierte Gemeinschaft von Astronomen und Softwarespezialisten, das auch für die Kalibrierung der Sonde zuständig ist. Das Zentrum von DPAC mit der zentralen Bündelung aller Daten befindet sich in Villafranca del Castillo in Spanien und wird von der ESA bereitgestellt und unterhalten. Die Sonde soll während der geplanten fünf Jahre Missionsdauer eine Datenmenge von insgesamt über einem Petabyte produzieren, was der Datenkapazität von 1,5 Millionen CD-ROMs oder 200.000 DVDs entspricht. Die Kosten für die Weiterverarbeitung der Daten werden aus den nationalen Budgets getragen, nicht von der ESA.

Standorte

Die Aufbereitung geschieht an sechs Standorten in verschiedenen Ländern durch ein Team von ungefähr 450 Wissenschaftlern und Entwicklern mit eigenen Datenzentren in Villafranca, Barcelona, Cambridge, Genf, Turin und CNES in Toulouse.[73] Das CNES-Datenzentrum in Toulouse speichert einen kompletten Datensatz aller Gaia-Daten als Sicherheitskopie an einem anderen Ort. Weitere Teams von Wissenschaftlern und Entwicklern entwickeln an verschiedenen Standorten computergestützte Methoden, mit denen sich die Aufgaben der CUs bewältigen lassen. Die einzelnen Standorte haben ihre eigenen Budgets und treffen eigene Entscheidungen, auf welche Weise sie ihre Aufgaben erfüllen und welche Ausstattung sie dazu einsetzen.

Arbeitsgruppen

Die erste Gruppe, CU1, ist zuständig für die Softwareentwicklung und Ausarbeitung der Strategie für die Datenverarbeitung. Die zweite Einheit, CU2, ist zuständig für die Simulationen, die nötig waren, um die Software vor dem Einsatz zu testen und den Umgang damit einzuüben.

Drei Einheiten sind zuständig für die weitere Datenverarbeitung der verschiedenen Detektortypen. CU3 kümmert sich um die astrometrischen Daten, die Position und Bewegungsrichtung von Objekten am Himmel. Für diese Aufgaben wird der größte Teil der Rechenkapazitäten benötigt. CU3 übernimmt den Weg vom Empfang der rohen Telemetriedaten bis hin zur astrometrischen Lösung, ebenso wie eine erste Sichtung des Materials (First Look), und gibt die Science-Alerts aus. CU5 konzentriert sich auf die photometrischen Daten.

Weitere Teams arbeiten an der Auswertung der gewonnenen Daten. CU6 verarbeitet die spektroskopischen Daten und bestimmt daraus Radialgeschwindigkeiten und Zusammensetzungen. Objekte des Sonnensystems, Doppelsterne, Exoplaneten und extragalaktische Objekte werden von CU4 untersucht. Variable Sterne werden von CU7 untersucht, CU8 teilt alle beobachteten Objekte in bestimmte Klassen ein. CU9 hat die Aufgabe, die Daten für die Veröffentlichung zu verifizieren und vorzubereiten sowie die vorläufigen Kataloge und den endgültigen Katalog zu veröffentlichen und die zugehörigen Server zu betreuen.

Datenverarbeitung

Astrometric Global Iterative Solution (AGIS)

Am Anfang der Aufgaben steht die mathematische Prozedur „Astrometric Global Iterative Solution“ (AGIS), die Milliarden von Daten schrittweise zu einer Karte der ganzen Milchstraße und des Universums zusammensetzt. Die Genauigkeit der Daten verbessert sich dabei entsprechend der Zahl der Messungen eines Objekts. Daten von allen möglichen ankommenden Objekten werden mit bereits bekannten Objekten verglichen. Handelt es sich um einen Stern, so wird das Objekt mehrfach an der gleichen Stelle gemessen; andernfalls handelt es sich wahrscheinlich um einen Asteroiden oder Kometen, der seine Position gegenüber den vorherigen Beobachtungen verändert hat. Alle so entdeckten Objekte werden mit den Bahnen von bereits bekannten Asteroiden verglichen. Ergibt sich keine Übereinstimmung, so handelt es sich potentiell um ein neu entdecktes Objekt. Bewegungen von mehr als ~ 1 as/s können bereits durch den Vergleich der unterschiedlichen Ergebnisse aus dem Feld der Astronomiesensoren während einer Erfassung erkannt werden. Die Ergebnisse werden an das Gaia-FUN-SSO-Netzwerk gemeldet, das versucht, die Objekte über einen längeren Zeitraum zu verfolgen, um mehr Bahndaten zu gewinnen und um zu verhindern, dass Objekte wieder verloren gehen.

Initial Gaia Source List (IGSL)

Gaia soll am Ende einen komplett auf eigenen Daten beruhenden Katalog liefern. Für die Anfangsphase wurde jedoch eine Möglichkeit benötigt, um die Gaia-Daten mit den Objekten aus anderen Sternenkatalogen abzugleichen. Zu diesem Zweck wurde ein eigener Katalog von 1.222.598.530 Objekten mit dem Namen The Initial Gaia Source List (IGSL) V. 3.0 aus mehreren früheren Katalogen zusammengestellt.[74] Bisherige Kataloge zur Kalibrierung der Magnituden konnten nicht verwendet werden, da die meisten dieser Objekte für die Erfassung mit Gaia zu hell sind. Aus diesem Grund enthält der Katalog eine Liste von ca. 200 Sternen für die Photometrische Kalibrierung (Gaia Spectrophotometric Standard Star Catalog).

Ergebnisse

Erste Dichtekarte der Objekte vom 3. Juli 2015. Es ist kein Foto, sondern eine Karte, bei der jeder helle Punkt ein gefundenes Objekt ist. Rechts unterhalb der Milchstraße die Sterne der Magellanschen Wolken

Anders als bei der Hipparcos-Mission gibt es keine speziellen Rechte an den Daten. Alle Ergebnisse der Mission sollen in mehreren Schritten veröffentlicht werden, und es sollen keine Beschränkungen in der Nutzung der Daten auferlegt werden. Alle veröffentlichten Daten sind aus dem Gaia Archiv über das Internet abrufbar.[75]

Bereits vor den ersten großen Veröffentlichungen wurden sogenannte Science Alerts für bestimmte Objekte ausgegeben, wenn es einen besonderen Grund gab, dass Astronomen ein bestimmtes Objekt sofort beobachten sollten. Solche Ereignisse sind z. B. Okkultationen, der Beginn einer Supernova, Entdeckung von erdnahen Asteroiden etc. Seit September 2014 beobachtet Gaia Supernovae in anderen Galaxien.[76] Im Juli 2015 wurde eine erste Karte der Sterndichte veröffentlicht.[77] Anfangs waren jährliche Veröffentlichungen geplant, aber ein Abstand von zwei Jahren erwies sich als praktikabler.

Inzwischen ist deutlich geworden, dass die Milchstraße erheblich mehr als die von den Ausgangsmodellen vorhergesagte Milliarde beobachtbare Objekte mit einer Magnitude von 20 oder heller hat.[78] Mit steigender Zahl der Objekte erhöht sich der Rechenbedarf exponentiell, die Rechenmodelle mussten verändert werden und die Veröffentlichungspläne erwiesen sich als zu optimistisch. Die Veröffentlichungen wurden mehrfach nach hinten verschoben.

Indexierung der Objekte

Die in den Gaia-Katalogen enthaltenen Objekte bekommen eine eindeutige Identifikationsnummer (ID). Da die einzelnen Releases untereinander unabhängig sind, können sich diese IDs zwischen den einzelnen Veröffentlichungen ändern. Eine eindeutige Angabe der Objekte ist nur möglich durch Angabe des verwendeten Daten Releases zusammen mit der ID (z. B. Gaia DR2 2123836077760594432).

Gaia Data Release DR1

Am 14. September 2016 wurden mit Gaia DR 1 die ersten noch unvollständigen Datensätze veröffentlicht. Vor der Veröffentlichung mussten Objekte mindestens fünf Beobachtungen haben, sodass in bestimmten Bereichen deutliche Lücken bestehen. Doppelsterne mit einem Abstand von weniger als 4 as sind noch nicht mit optimalem Ergebnis aufgelöst.[79][80] Das Ergebnis von DR 1 ist:[81]

  • Position und G-Band-Magnitude für 1,1 Milliarden Sterne, 400 Millionen davon waren vorher nicht katalogisiert.[78]
  • Position, Magnitude, Parallaxe (Entfernung) und Winkelgeschwindigkeit für mehr als 2 Millionen Sterne unter Verwendung von Tycho-Gaia Astrometric Solution (TGAS). Dabei wurden Positionsdaten aus dem Hipparcos-Katalog und dem Tycho-2-Katalog einbezogen und zusammen mit den Positionen von Gaia für die Berechnung der Winkelgeschwindigkeiten benutzt.
  • Intensitätskurven und spezifische Eigenschaften von ausgewählten veränderlichen Sternen, davon 2595 RR-Lyrae-Sterne und 599 Cepheiden.
  • Position und Magnitude für mehr als 2000 Quasare.[79]

In der benachbarten, 2,4 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie M33 konnte Gaia ungefähr 40.000 der hellsten von den geschätzten 40 Milliarden Sternen dieser Galaxie verzeichnen.[82] Die erste Veröffentlichung mit 1,1 Milliarden Objekten trotz Beobachtungslücken übertraf die Vorhersage von ca. 1 Milliarde Objekten bereits um zehn Prozent.

Gaia Data Release DR2

Der Gaia DR2 Katalog mit Veröffentlichungsdatum 25. April 2018 enthält knapp 1,7 Milliarden Objekte. Circa 350 Millionen Objekte davon haben Position und eine G-Band-Magnitude (zwei Parameter), die übrigen rund 1,3 Mrd. Objekte haben zusätzlich Angaben zur Parallaxe und zur Winkelgeschwindigkeit (fünf Parameter). Für etwa 1,3 Milliarden Objekte gibt es Werte des roten und des blauen Photometers und für 7,2 Millionen Objekte gibt es eine Radialgeschwindigkeit. Enthalten sind 550.000 veränderliche Sterne mit Lichtkurven und ungefähr ebensoviele Quasare, die den Gaia Celestial Reference Frame 2 als Bezugsrahmen bilden. Rund 160 Millionen Objekte haben Werte zur effektiven Temperatur, 87 Millionen haben Werte zu Extinktion und Rotverschiebung, 76 Millionen haben Angaben zu Radius und Leuchtkraft. Zusätzlich sind 14.000 Asteroiden mit Bahndaten enthalten.[83]

Weitere Veröffentlichungen

Der Gaia DR3 Katalog soll in der ersten Hälfte des Jahres 2021 herauskommen.[veraltet] Er soll weiter verbesserte Astrometrie und Photometrie enthalten, außerdem spektroskopische und photometrische Objektklassifikationen für gut auswertbare Objekte. Veröffentlicht werden sollen zudem Kataloge von Objekten, die keine Sterne sind.[84]

Die endgültige Veröffentlichung für die während der nominalen Missionsdauer gewonnenen Daten wurde zu Beginn der Mission gegen Ende des Jahres 2022 angegeben (vorläufig Gaia DR4 genannt), jedoch wurde das vorläufige Veröffentlichungsdatum nach Gaia DR2 aus den offiziellen Webseiten zurückgezogen. In DR 4 sollen alle astrometrischen und photometrischen Daten, alle veränderlichen Sterne, alle Doppel- und Mehrfachsternsysteme, Klassifikationen und diverse astrometrische Daten für Sterne, nicht aufgelöste Doppelsterne, Galaxien und Quasare, eine Liste von Exoplaneten, alle Epochen und Transitdaten für alle Objekte enthalten sein.[84]

Nach der Verlängerung der Mission bis Ende des Jahres 2022 werden die neu hinzugekommenen Daten weitere Veröffentlichungen mit sich bringen. Die letzten Daten sollen ungefähr drei Jahre nachdem Gaia den Betrieb eingestellt hat herauskommen. Die Gaia-Daten sollen für mehr als zehn Jahre die Grundlage für die Forschung bilden.

Trivia

Der immersive Fulldome-Film Milliarden Sonnen – eine Reise durch die Galaxis[85] erzählt die Geschichte der Gaia-Mission. Der in Zusammenarbeit mit ESA entstandene Film wurde in 70 Planetarien weltweit aufgeführt.[86]

Die Deutsche Post brachte am Ausgabetag 7. Dezember 2017 eine Briefmarke Gaia zu 0,45 € heraus.[87][88]

Literatur

Weblinks

Commons: Gaia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Fabian Schmidt: Eine Raumsonde erkundet die Milchstraße. Deutsche Welle, 19. Dezember 2013, abgerufen am 20. Dezember 2013.
  2. Gaia Collaboration, T. Prusti et al.: The Gaia Mission. In: Astronomy & Astrophysics. Band 595, A1, 2016, S. 3, doi:10.1051/0004-6361/201629272 (englisch, aanda.org [PDF]).
  3. a b c d e f g h i j k Gaia Collaboration, T. Prusti et al.: The Gaia Mission. In: Astronomy & Astrophysics. Band 595, A1, 2016, S. 3–5, doi:10.1051/0004-6361/201629272 (englisch, aanda.org [PDF]).
  4. a b c d Gaia – Science Performance. ESA, 1. Juni 2014, abgerufen am 30. Juli 2016 (englisch).
  5. Was ist Gaia? Universität Heidelberg, Zentrum für Astronomie, abgerufen am 11. September 2017.
  6. Objectives. ESA, abgerufen am 19. März 2018 (englisch).
  7. Coryn Bailer-Jones: Isolated Brown Dwarfs. In: Gaia – Taking the Galactic Census. 25. August 2009, S. 5 (englisch, cosmos.esa.int [PDF]).
  8. Vasily Belokurov: Supernovae. In: Gaia – Taking the Galactic Census. 25. August 2009, S. 17 (englisch, cosmos.esa.int [PDF]).
  9. Jean-Francois Claeskens, Alain Smette: Observations of Quasars. In: Gaia – Taking the Galactic Census. 25. August 2009, S. 12 (englisch, cosmos.esa.int [PDF]).
  10. Science objectives. ESA, 14. Juni 2013, abgerufen am 10. September 2017 (englisch).
  11. C. Fabricius, U. Bastian et al.: Gaia Data Release 1; Pre-processing and source list creation. In: Astronomy & Astrophysics. Band 595, A3, 2016, S. 10 (englisch, aanda.org [PDF]).
  12. François Mignard: Minor Planets & Near-Earth Objects. In: Gaia – Taking the Galactic Census. 25. August 2009, S. 9 (englisch, cosmos.esa.int [PDF]).
  13. Jean-Marc Petit: Trans-Neptunian Objects and Centaurs. In: Gaia – Taking the Galactic Census. 25. August 2009, S. 18 (englisch, cosmos.esa.int [PDF]).
  14. Nicola Davis: Dark matter and dinosaurs: meet Lisa Randall, America’s superstar scientist. In: The Guardian. 12. Januar 2016 (darin äußert sich Gerry Gilmore von der Gaia-Mission).
  15. a b ESA (Hrsg.): Media kit for Gaia Data Release 1. SRE-A-COEG-2016-001, September 2016, S. 9 (englisch, sci.esa.int).
  16. ESA selects prime contractor for Gaia astrometry mission. ESA, 11. Mai 2006, abgerufen am 20. Dezember 2013 (englisch).
  17. Sun block for space astrometry. (Memento vom 30. Januar 2012 im Internet Archive) EADS Astrium, 16. Januar 2012 (englisch).
  18. Gaia factsheet. ESA, 28. November 2013, abgerufen am 10. September 2017 (englisch).
  19. Gaia spots a Sunspot. ESA, abgerufen am 2. November 2017 (englisch).
  20. Gaia’s sensors scan a lunar transit. ESA, abgerufen am 2. November 2017 (englisch).
  21. a b c GAIA (Global Astrometric Interferometer for Astrophysics) Mission. eoPortal Directory, abgerufen am 10. September 2017 (englisch).
  22. a b c d Gaia Collaboration, T. Prusti et al.: The Gaia Mission. In: Astronomy & Astrophysics. Band 595, A1, 2016, S. 7, doi:10.1051/0004-6361/201629272 (englisch, aanda.org [PDF]).
  23. #04: Gaia Phased Array Antenna delivered and integrated. ESA, abgerufen am 12. August 2017 (englisch).
  24. a b Günther Glatzel: Gaia aktiviert Messinstrumente. Raumfahrer.net, 2. Januar 2014, abgerufen am 24. Januar 2014.
  25. Service Module. ESA, 14. Juni 2013, abgerufen am 24. Januar 2014.
  26. Franco Boldrini: Leonardo Star Trackers - Flight Experiences and Introduction of SPACESTAR Product on GEO Platforms. 11th ESA Workshop on Avionics, Data, Control and Software Systems, Amsterdam, 17. bis 19. Oktober 2017 (englisch, PDF)
  27. Payload module - Gaia Focal Plane. ESA, 12. Oktober 2013, abgerufen am 12. Dezember 2018 (englisch).
  28. Gaia Collaboration: Gaia Data Release 1; Documentation release 1.2. Hrsg.: European Space Agency and Gaia Data Processing and Analysis Consortium. 18. Dezember 2017, S. 19–20 (gaia.esac.esa.int [PDF]).
  29. a b Gaia mirrors ready to shine. ESA, abgerufen am 13. August 2017 (englisch).
  30. First Gaia mirrors completed. ESA, abgerufen am 13. August 2017 (englisch).
  31. Payload module. ESA, abgerufen am 25. Dezember 2013 (englisch).
  32. The complete Gaia CCD array (flight model). ESA, abgerufen am 20. August 2017 (englisch).
  33. AstroViews 8: Gaia und die Vermessung der Galaxis (Video). Spektrum der Wissenschaften, 3. Januar 2014, abgerufen am 6. Januar 2014.
  34. Cosmic Ray detections on Gaia CCDs - Cosmos. ESA, abgerufen am 1. Dezember 2018 (englisch).
  35. Ralf Kohley: Cosmic rays on BAM CCDs data delivery note. GAIA - DE - TN - ESAC - RKO - 033. Hrsg.: esac. 17. März 2015 (englisch, cosmos.esa.int [PDF]).
  36. C.A.L. Bailer-Jones et al.: The Gaia astrophysical parameters inference system (Apsis). Pre-launch description. In: Astronomy & Astrophysics. Manuscript No. apsis2013, 10. September 2013 (englisch, PDF).
  37. F. Crifo, G. Jasniewicz, C. Soubiran, D. Katz, A. Siebert, L. Veltz, S. Udry: Towards a new full-sky list of radial velocity standard stars. In: Astronomy & Astrophysics. Band 524, A10, 2010, doi:10.1051/0004-6361/201015315 (englisch, aanda.org [PDF]).
  38. SCS750 – Single Board Computer for Space. DDC, Document #: 1004741 | Rev. 8 (englisch, PDF).
  39. Larry Longden, Chad Thibodeau, Robert Hillman, Phil Layton, Michael Dowd: Designing A Single Board Computer For Space Using The Most Advanced Processor and Mitigation Technologies. Maxwell Technologies, White Paper (englisch, PDF).
  40. Gaia video processing unit test model delivered. ESA, abgerufen am 13. August 2017 (englisch).
  41. Gaia Collaboration: Gaia Data Release 1; Documentation release 1.2. Hrsg.: European Space Agency and Gaia Data Processing and Analysis Consortium. 18. Dezember 2017, S. 30 (gaia.esac.esa.int [PDF]).
  42. Payload Module - Data Handling. ESA, abgerufen am 6. August 2017 (englisch).
  43. Gaia Collaboration, T. Prusti et al.: The Gaia Mission. In: Astronomy & Astrophysics. Band 595, A1, 2016, S. 13, doi:10.1051/0004-6361/201629272 (englisch, aanda.org [PDF]).
  44. Programms in Progress - Gaia. In: ESA Communications Department (Hrsg.): ESA Bulletin. Nr. 162, April 2015, S. 49 (englisch, esa.int).
  45. Gaia Mission Status Numbers. ESA, abgerufen am 31. Dezember 2017 (englisch). Diese Seite wird mehrmals täglich mit neuen Zahlen aktualisiert.
  46. Arianespace successfully launches the Gaia scientific satellite. Arianespace, 19. Dezember 2013, abgerufen am 23. Februar 2016 (englisch).
  47. Gaia factsheet. ESA, 28. November 2013, abgerufen am 17. Oktober 2017 (englisch).
  48. Gaia enters its operational orbit. ESA, 8. Januar 2014, abgerufen am 8. Januar 2014 (englisch).
  49. Günter Glatzel: Gaia hat Zielorbit erreicht. Raumfahrer.net, 8. Januar 2014, abgerufen am 24. Januar 2014.
  50. The flight dynamics expertise behind Gaia’s critical manoeuvre. Gaia Blog (ESA), 7. Januar 2014, abgerufen am 24. Januar 2014.
  51. François Mignard: Gaia – Taking the Galactic Census. The L2 Orbit. (PDF) ESA, 25. August 2009, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 4. März 2016; abgerufen am 20. Dezember 2013 (englisch).
  52. Gaia Collaboration: Gaia Data Release 1; Documentation release 1.1. Hrsg.: European Space Agency and Gaia Data Processing and Analysis Consortium. 17. Februar 2017, S. 78–87 (gaia.esac.esa.int [PDF]).
  53. Gaia Collaboration: Gaia Data Release 1; Documentation release 1.2. Hrsg.: European Space Agency and Gaia Data Processing and Analysis Consortium. 18. Dezember 2017, S. 31 (gaia.esac.esa.int [PDF]).
  54. Scanning Law. ESA, abgerufen am 6. August 2017 (englisch).
  55. Martin Altmann et al.: GBOT – Ground Based Optical Tracking of the Gaia satellite. In: SPIE Astronomical Telescopes + Instrumentation. 2014, S. 2 (englisch, [1] obspm.fr] [PDF]).
  56. ESA (Hrsg.): Media kit for Gaia Data Release 1. SRE-A-COEG-2016-001, September 2016, S. 22 (englisch, esa.int).
  57. Martin Altmann et al.: Ground Based Optical Tracking of Gaia. In: Proceedings of Gaia Follow-up Network for Solar System Objects (Workshop held at IMCCE-Paris Observatory 2010. November 29 – December 1). S. 27 (englisch, gaiafunsso.imcce.fr [PDF]).
  58. NASA’s WMAP poses for ESA’s Gaia. ESA, abgerufen am 13. August 2017 (englisch).
  59. Die Bezugssterne (attitude stars) sind einzeln stehende helle Sterne. Sie sind für die ersten Berechnungen mit ihren bisher bekannten Positionen im Attitude Star Catalog verzeichnet, der Teil der Initial Gaia Source List (IGSL) ist.
  60. Gaia Collaboration: Gaia Data Release 1; Documentation release 1.1. Hrsg.: European Space Agency, Gaia Data Processing and Analysis Consortium. S. 162 (gaia.esac.esa.int [PDF]).
  61. a b Gaia Collaboration, T. Prusti et al.: The Gaia Mission. In: Astronomy & Astrophysics. Band 595, A1, 2016, S. 18, doi:10.1051/0004-6361/201629272 (englisch, aanda.org [PDF]).
  62. Green light for continued operations of ESA science missions. ESA, abgerufen am 31. Dezember 2017 (englisch).
  63. Extended life for ESA's science missions. ESA, abgerufen am 29. November 2018 (englisch).
  64. Gaia’s snapshot of another galaxy. ESA, abgerufen am 5. August 2017 (englisch).
  65. J. H. J. de Bruijne, M. Allen, S. Azaz, A. Krone-Martins, T. Prod’homme, D. Hestroffer: Detecting stars, galaxies, and asteroids with Gaia. In: Astronomy & Astrophysics. Band 576, A74, 2015, doi:10.1051/0004-6361/201424018 (englisch, aanda.org [PDF]).
  66. Gaia Collaboration, T. Prusti et al.: The Gaia Mission. In: Astronomy & Astrophysics. Band 595, A1, 2016, S. 11, doi:10.1051/0004-6361/201629272 (englisch, aanda.org [PDF]).
  67. Stefan Jordan: Den Himmelsvermesser Gaia plagen kleine Pannen. In: Spektrum.de. 4. Februar 2014, abgerufen am 12. Dezember 2018.
  68. A. Mora et al.: Gaia: focus, straylight and basic angle. In: Proceedings of the SPIE. Band 9904, Nr. 99042D, 2016, doi:10.1117/12.2230763 (englisch, PDF).
  69. a b c d Commissioning review: Gaia ready to start routine operations. ESA, abgerufen am 13. August 2017 (englisch).
  70. Gaia Collaboration, T. Prusti et al.: The Gaia Mission. In: Astronomy & Astrophysics. Band 595, A1, 2016, S. 15, doi:10.1051/0004-6361/201629272 (englisch, aanda.org [PDF]).
  71. Martin Altmann et al.: GBOT – Ground Based Optical Tracking of the Gaia satellite. In: SPIE Astronomical Telescopes + Instrumentation. 2014, S. 6 (englisch, [2] obspm.fr] [PDF]).
  72. Gaia status update: safe mode and recovery. ESA, abgerufen am 12. April 2018 (englisch).
  73. The DPAC Consortium. ESA, abgerufen am 13. August 2017 (englisch).
  74. R. L. Smart: The Initial Gaia Source List and the Attitude Star Catalog GAIA-C3-TN-OATO-RLS-004-02. Hrsg.: Gaia DPAC Data Processing & Analysis Consortium. 17. Oktober 2013 (dms.cosmos.esa.int).
  75. Gaia Archive. ESA, abgerufen am 13. April 2018.
  76. Gaia discovers its first supernova. ESA, abgerufen am 12. Dezember 2018.
  77. Counting stars with Gaia - Annotated Image. In: sci.esa.int/gaia. ESA, abgerufen am 16. Juli 2015.
  78. a b Davide Castelvecchi: Detailed map shows Milky Way is bigger than we thought. Nature News, 14. September 2016, abgerufen am 16. September 2016 (englisch).
  79. a b Gaia Data Release 1 (Gaia DR1). ESA, abgerufen am 6. August 2017 (englisch).
  80. Gaia’s billion-star map hints at treasures to come. ESA, 14. September 2016, abgerufen am 12. Dezember 2018 (englisch).
  81. Gaia Collaboration: Gaia Data Release 1; Summary of the astrometric, photometric, and survey properties. In: Astronomy & Astrophysics. Band 595, A2, 2016, doi:10.1051/0004-6361/201629512 (englisch, aanda.org [PDF]).
  82. An extragalactic star-forming region. ESA, abgerufen am 13. April 2018 (englisch).
  83. Gaia Data Release 2 (Gaia DR2). ESA, abgerufen am 11. Februar 2018 (englisch).
  84. a b Data Release scenario. ESA, 2017, abgerufen am 4. September 2017 (englisch).
  85. Journey to a Billion Suns. Stargarten, Adam Majorosi, 2014, abgerufen am 12. Dezember 2018.
  86. Journey to a Billion Suns has been shown at these places world-wide. planetariumshow.eu, abgerufen am 23. November 2016.
  87. Gaia, Briefmarke zu 0,45 €. Deutsche Post AG, abgerufen am 12. Dezember 2018.
  88. Release of a German Gaia stamp. ESA, 8. Dezember 2017, abgerufen am 12. Dezember 2018 (englisch).