Sächsische Kanzleisprache

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Die sächsische Kanzleisprache (auch Meißner Kanzleideutsch), nicht zu verwechseln mit der (nieder-)sächsischen Sprache, entwickelte sich im Zeitalter des deutschen Humanismus. Sie bildete eine Voraussetzung für ein den Dialekten übergeordnetes allgemeines Standarddeutsch,[1] wie es Martin Luther in seiner Bibelübersetzung von 1522 verwirklichte. Die sächsische Kanzleisprache – und somit auch das daraus entstandene Standarddeutsch – ist eine Ausgleichssprache auf der Grundlage spätmittelalterlicher ostmitteldeutscher und ostoberdeutscher Dialekte.

Der Verfall der mittelhochdeutschen höfischen Dichtung bedeutete ein vorläufiges Ende der gemeinsprachlichen Bestrebungen.[2] In Mittel- und Oberdeutschland bestanden nach dem Untergang der Sprache des Rittertums über den Mundarten stehende, nur bedingt einheitliche landschaftliche Verkehrs- und Geschäftssprachen, insbesondere die Sprachen der fürstlichen und städtischen Kanzleien.[3]

Somit trifft die Ansicht, dass die sächsische Kanzleisprache durch den Einfluss der Prager Kanzlei Karls IV. unter deren Leiter Johannes von Neumarkt geprägt wurde – und somit auch die werdende neuhochdeutsche Sprache – nur in sehr beschränktem Maße zu. Die Prager Kanzleisprache war auf Prag und einige innerböhmische Städte begrenzt.

Der gewaltige Einfluss der Bibelübersetzung Luthers auf die deutsche Schriftsprache beruht zum einen darauf, dass Luther in der Mundart seiner mitteldeutschen Heimat aufgewachsen war, die sprachgeografisch zwischen den nord- und süddeutschen Dialekten eine Mittlerstelle einnimmt. Die Vertrautheit Luthers mit dem Sprachgebrauch der sächsischen Kanzlei[4] bildete einen weiteren vereinheitlichenden Faktor bei der Schaffung der neuhochdeutschen Schriftsprache.

Die Orthographie der sächsischen Kanzleisprache breitete sich schnell in den mittel- und niederdeutschen Regionen aus, während man im oberdeutschen Süden im 16. Jahrhundert in der Maximilianischen Kanzleisprache schrieb, aus der sich noch im 17. Jahrhundert die oberdeutsche Schreibsprache entwickelte, die im Süden erst ab etwa 1750 von den neuhochdeutschen Formen verdrängt wurden.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Heinrich Bach: Die thüringisch-sächsische Kanzleisprache bis 1325. 2 Bände, Kopenhagen 1937–1943 (Nachdruck 1972).
  • Hermann Glaser, Jakob Lehmann, Arno Lubos: Wege der deutschen Literatur. Eine geschichtliche Darstellung. Ullstein Buch 323.
  • Adolf Bach: Geschichte der deutschen Sprache. 8. Auflage. Quelle & Meyer, Heidelberg 1965.
  • Martin Luther: Tischreden. Weimarer Ausgabe.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Adolf Bach: Geschichte der deutschen Sprache §173,174 Bedeut. der Kanzleisprache: „Neben den Kanzleisprachen und der Sprache der Schriften Luthers blieb deren obersächs. Heimatraum für die Ausrichtung der werdenden nhd. Gemeinsprache auf lange von Wichtigkeit….Das Meißnische gab die Richtschnur ab für das gesprochene, mehr noch für das geschriebene Deutsch.“
  2. Adolf Bach: Geschichte der deutschen Sprache §121 (§110)
  3. §122
  4. Martin Luther: Tischreden. Weimarer Ausgabe, Kap. 70: „Ich habe keine gewisse, sonderliche, eigene Sprache im deutschen, sondern brauche der gemeinen deutschen Sprache, dass mich beide, Ober- und Niederländer, verstehen mögen. Ich rede nach der sächsischen Kanzlei, welcher nachfolgen alle Fürsten und Könige in Deutschland. […] Darum ist sie auch die gemeinste deutsche Sprache. Kaiser Maximilian und Kurfürst Friedrich, Herzog von Sachsen, haben im ganzen römischen Reiche die deutschen Sprachen also in eine gewisse Sprache gezogen.“