„Theobald Billicanus“ – Versionsunterschied

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'''Theobald Billicanus''' ''auch Diepold Gerlacher'' ( * um [[1493]] in [[Billigheim-Ingenheim|Billigheim]] † [[8. August]] [[1554]] in [[Marburg]] ) war ein deutscher Theologe, Jurist und Reformator.
'''Theobald Billicanus''', auch '''Theobald Gerlacher''' oder '''Diepold Gerlacher''' (* um 1493 in [[Billigheim (Billigheim-Ingenheim)|Billigheim]]; † [[8. August]] [[1554]] in [[Marburg]]), war ein deutscher Theologe, Jurist und Reformator.


==Leben & Wirken==
== Leben und Wirken ==
===Entwicklungsweg===
=== Entwicklungsweg ===
Billicanus wurde als Sohn eines Webers geboren. Er immatrikuliert am 5. September [[1510]] an der [[Universität Heidelberg]] und studierte zusammen mit [[Philipp Melanchthon]], [[Martin Bucer]] [[Johannes Brenz]] und [[Johann Schwebel]].
Gerlacher wurde als Sohn eines Webers geboren. Er wurde am 5. September 1510 an der [[Universität Heidelberg]] immatrikuliert und studierte zusammen mit [[Philipp Melanchthon]], [[Martin Bucer]], [[Johannes Brenz]] und [[Johann Schwebel]]. Am 29. Mai 1512 wurde er Baccalaureus und am 18. Oktober 1515 erwarb er den akademischen Grad eines [[Magister]]s. Während dieser Zeit latinisierte er seinen Namen (nach seiner Geburtsstadt) zu Theobald Billicanus (kurz Billican) und baute eine lang anhaltende Freundschaft zu Melanchthon auf. Nach dem Abschluss seiner Studien blieb er als Lehrer für [[Dialektik]] an der [[Artistenfakultät|artistischen Fakultät]] in [[Heidelberg]] und avancierte 1517 zum [[Dekan (Hochschule)|Dekan]], 1520 zum Vorsteher des Artistenkollegiums.


Als [[Martin Luther]] 1517 seine [[95 Thesen]] veröffentlichte, fand am 26. April 1518 die [[Heidelberger Disputation]] über die Grundlagen seiner Forderungen an der Universität statt, die auf Billicanus entscheidenden Eindruck machte. Daher begab er sich mit seinen oben genannten Studienkollegen nach [[Lutherstadt Wittenberg|Wittenberg]], um sich die Ansichten Luthers näher erläutern zu lassen. Fortan widmete sich Billicanus dem Studium der Theologie und schloss dieses als [[Lizenziat|Licentiat]] ab.
Am 29. Mai [[1512]] wurde er Baccalaureus und am 18. Oktober [[1515]] erwarb er sich den akademischen Grad eines [[Magister]]s. Während dieser Zeit latinisierte er seinen Gelehrtennamen nach seiner Geburtsstadt zu Theobald Billicanus (kurz Billican) und baute eine lang anhaltende Freundschaft zu Melanchthon auf. Nach dem Abschluss seiner Studien, blieb er als Lehrer für Dialektik an der artistischen Fakultät in [[Heidelberg]] und avancierte [[1520]] zum Vorsteher des Artistenkollegiums.


Zunächst wurde er mit [[Johannes Brenz]] Prediger an der Heidelberger [[Heiliggeistkirche (Heidelberg)|Heiliggeistkirche]] und predigte das Evangelium in Luthers Sinn. Deshalb wurde ihnen Ketzerei vorgeworfen; um Nachstellungen des Kurfürsten [[Ludwig V. (Pfalz)|Ludwig V. von der Pfalz]] zu entgehen, verließen beide Heidelberg. Billicanus wurde Prediger in [[Weil der Stadt|Weil]]. Auch dort vertrat er den reformatorischen Gedanken, kritisierte die katholische Kirche und musste wiederum seinen Kirchenposten verlassen.
Als [[Martin Luther]] [[1517]] seine [[95 Thesen]] veröffentlichte, fand am [[26. April]] [[1518]] die [[Heidelberger Disputation]] über die Grundlagen seiner Forderungen an der Universität statt, die auf Billicanus entscheidenden Eindruck hinterließ. Daher begab er sich mit seinen oben genannten Studienkollegen nach [[Lutherstadt Wittenberg|Wittenberg]] um sich die Ansichten Luthers näher erläutern zu lassen. Fortan widmete sich Billicanus dem Studium der Theologie und schloss dasselbe als Licentiat ab.
Zunächst wurde er mit [[Johannes Brenz]] Prediger an der Heidelberger Heiliggeistkirche und verkündete gemäß der Heiligen Schrift seine Predigten, im lutherischen Sinne. Deshalb wurde ihnen [[1522]] Ketzerei vorgeworfen und um Nachstellungen des Kurfürsten [[Ludwig V. (Pfalz)|Ludwig V. von der Pfalz]] zu entgehen, verließen beide Heidelberg. Billicanus wurde Prediger in [[Weil der Stadt|Weil]]. Auch hier vertrat er den reformistischen Gedanken, kritisierte die katholische Kirche und musste wiederum seinen Kirchenposten verlassen.


===Nördlinger Zeit===
=== Nördlinger Zeit ===
Der Rat von [[Nördlingen]] bot ihm am 31. Oktober [[1522]] einen Vertrag als Seelsorger für 10 Jahre an. Hier begann Billicanus, nach anfänglicher Zurückhaltung, das Schul- und Kirchenwesen weiter reformistisch umzugestalten. Er führte die Predigt in deutscher Sprache ein, vollzog das [[Abendmahl]] in beiderlei Gestalt und verfasste [[1525]] eine Kirchenordnung für Nördlingen (''Renovatio ecclesiae Nordlingiacensis''). Des Weiteren stand er mit den Reformatoren in [[Lutherstadt Wittenberg|Wittenberg]], [[Zürich]], [[Basel]] und [[Augsburg]] im Briefwechsel und schwankte theologisch zwischen den Auffassungen.
Der Rat von [[Nördlingen]] bot ihm am 31. Oktober 1522 einen Vertrag als Seelsorger für zehn Jahre an. Dort begann Billicanus, nach anfänglicher Zurückhaltung, das Schul- und Kirchenwesen weiter reformatorisch umzugestalten. Er führte die Predigt in deutscher Sprache ein, vollzog das [[Eucharistie|Abendmahl]] in beiderlei Gestalt und verfasste 1525 eine Kirchenordnung für Nördlingen ''(Renovatio ecclesiae Nordlingiacensis)''. Des Weiteren stand er mit den Reformatoren in [[Lutherstadt Wittenberg|Wittenberg]], [[Zürich]], [[Basel]] und [[Augsburg]] im Briefwechsel und schwankte theologisch zwischen den Auffassungen.


Dennoch vertrat er standhaft den Grundgedanken der Reformation. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Billicanus während der Bauernkriegsbewegung näher an seiner Gemeinde war und sich dadurch aktiv an den Entscheidungsprozessen der Bauern als Schiedsrichter beteiligte. Durch [[Andreas Bodenstein]] beeinflusst, vertrat er in seiner Kirchenordnung das symbolische Verständnis des Abendmahls und musste sich deswegen rechtfertigen.
Dennoch vertrat er standhaft den Grundgedanken der Reformation. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Billicanus während der [[Bauernkrieg]]sbewegung näher an seiner Gemeinde war und sich dadurch aktiv an den Entscheidungsprozessen der Bauern als Schiedsrichter beteiligte. Durch [[Andreas Bodenstein]] beeinflusst, vertrat er in seiner Kirchenordnung das symbolische Verständnis des Abendmahls und musste sich deswegen rechtfertigen.


Dagegen war er in der Sakramentsfrage sehr weitherzig. Obwohl er für die Lutherische Auffassung weiterhin vertrat entfremdete er sich im Laufe der Auseinandersetzungen den Lutheranern immer mehr. Als er [[1529]] sich an die Heidelberger Universität wendet, um zum Doktor der Theologie zu promovieren, verleugnet er sein reformistisches Bekenntnis und erklärt sich dem römisch katholischen Glauben zugehörig. Jedoch wurde das Bekenntnis nicht ernst genommen und sein Promotionsbegehren abgelehnt. Daraufhin wendet er sich an Melanchthon um in Wittenberg zu promovieren. Dieser lehnte dies jedoch ab.
Dagegen war er in der Sakramentsfrage sehr weitherzig. Obwohl er für die lutherische Auffassung weiterhin vertrat, entfremdete er sich im Laufe der Auseinandersetzungen den Lutheranern immer mehr. Als er sich 1529 an die Heidelberger Universität wandte, um zum Doktor der Theologie zu [[Promotion (Doktor)|promovieren]], verleugnete er sein reformatorisches Bekenntnis und erklärte sich dem römisch-katholischen Glauben zugehörig. Jedoch wurde das Bekenntnis nicht ernst genommen und sein Promotionsbegehren abgelehnt. Daraufhin wandte er sich an Melanchthon, um in Wittenberg zu promovieren. Dieser lehnte das jedoch ab.


In der Folge erregte sich die Nördlinger Gemeinde über das Bekenntnis Billicans. Da dieser aber an seiner reformierten Kirchenordnung festhielt, konnte er die aufgebrachten beruhigen. Obwohl ihn der Rat der Stadt Nördlingen [[1532]] seinem Vertrag für weitere fünf Jahre verlängerte, bat im Frühjahr 1535 Billican die Stadt Nördlingen ihn zu entlassen. Diesem Entlassungsgesuch wurde am 19. Mai [[1535]] durch den Rat stattgegeben.
In der Folge erregte sich die Nördlinger Gemeinde über das Bekenntnis Billicans. Da dieser aber an seiner reformierten Kirchenordnung festhielt, konnte er die Aufgebrachten beruhigen. Obwohl der Rat der Stadt Nördlingen 1532 seinen Vertrag für weitere fünf Jahre verlängerte, bat Billican im Frühjahr 1535 um seine Entlassung. Dem Entlassungsgesuch wurde am 19. Mai 1535 durch den Rat stattgegeben.


===Nachnördlinger Zeit===
=== Nachnördlinger Zeit ===
Er studierte ab [[1535]] in [[Heidelberg]] Jura, promovierte zum Lizentiaten, wodurch er die Erlaubnis zu juristischen Vorlesungen erhielt, wurde [[1539]] Vorsteher der Realistenburse und bewarb sich sogar [[1543]] um eine Professur. Als [[1544]] [[Friedrich II. (Pfalz)|Friedrich II.]] Kurfürst der Pfalz wurde, wurde Billican abgesetzt, eingekerkert und ausgewiesen, weil er Günstling einer in fürstliche Ungnade gefallenen Mätresse war.
Er studierte ab 1535 in [[Heidelberg]] zunächst informell Jura, promovierte zum [[Lizenziat]]en, wodurch er die Erlaubnis zu juristischen Vorlesungen erhielt, wurde 1539 Vorsteher der Realistenburse und bewarb sich sogar 1543 um eine Professur. An seine alte Position in Heidelberg anzuknüpfen gelang ihm allerdings nicht. Als 1544 [[Friedrich II. (Pfalz)|Friedrich II.]] Kurfürst der Pfalz wurde, wurde Billican abgesetzt, eingekerkert und ausgewiesen, weil er Günstling einer in fürstliche Ungnade gefallenen Mätresse war.


Deshalb flüchtete er nach Marburg, wo er zum Doktor beider Rechte promovierte und als Professor für Rhetorik und Geschichte zum Rektor der Universität wurde. [[1547]]/[[1548|48]] beriet er den Pfalzgrafen [[Ottheinrich (Pfalz)|Ottheinrich]] bei seinen Reformationsanfängen in [[Neuburg an der Donau|Neuburg]]. Als [[1550]] an der evangelischen Universität Marburg noch ein katholisches "Spionageangebot" an Billicanus bekannt wurde, ist er aus allen Ämtern und Würden entlassen worden. Am [[8. August]] 1554 verstarb der begabte Theologe aus dem südpfälzischen Billigheim in Marburg/Hessen.
Deshalb flüchtete er nach Marburg, wo er 1546 zum [[Doctor iuris utriusque|Doktor beider Rechte]] promoviert wurde und 1548 eine Professur an der Juristischen Fakultät erhielt. Im selben Jahr amtierte er auch als [[Liste der Rektoren und Präsidenten der Philipps-Universität Marburg|Rektor der Universität]]. 1547/48 beriet er den Pfalzgrafen [[Ottheinrich]] bei seinen Reformationsanfängen in [[Neuburg an der Donau|Neuburg]]. Als 1550 an der evangelischen [[Universität Marburg]] noch ein katholisches „Spionageangebot“ an Billicanus bekannt wurde, wurde er aus der Professur für Geschichte, die er inzwischen innehatte, entlassen.


== Werkauswahl ==
==Schlussbetrachtung==
* Von der Mess Gemein Schlußred, gepredigt zu Nördlingen, 1524
Er trat für alte Bräuche ein, meinte aber sonst, die Confessio Augustana in seinem Sinne auslegen zu können. Als Pädagoge setzte er sich intensiv für die finanziellen und sozialen Belange seiner Schüler und Studenten ein und hat sich dadurch manche Verdienste erworben. Aufgrund seiner unklaren Mittelstellung, die mehr katholisch als evangelisch war, hat er die Reformation in Nördlingen eher gehemmt. Vollständig wurde diese erst durch Kaspar Löner durchgeführt. Deshalb hat der einst vielversprechende und hochbegabte, aber zu ehrgeizige Mann kaum beachtlichen Einfluss auf die Reformation ausgeübt.
* Komm. z. Propheten Micha, 1524

* Renovatio ecclesiae Nordlingiacensis, 1525
==Werke==
* De verbis coenae dominicae et opinionum varietate, 1526
* Von der Meß. Gemeine Schlußreden, gepredigt zu Nördlingen 1524
* De partium orationis inflexionibus, 1526
* Komm. z. Propheten Micha, 1524;
* Renovatio ecclesiae Nordlingiacensis, 1525
* De verbis coenae dominicae et opinionum varietate, 1526
* De partium orationis inflexionibus, 1526
* Apologia de commento revocationis per aemulos vulgato, 1539
* Apologia de commento revocationis per aemulos vulgato, 1539


==Literatur==
== Literatur ==
* Gerhard Simon: ''Humanismus und Konfession: Theobald Billican, Leben u. Werk.'' Berlin, New York: de Gruyter 1980 ISBN 3-11-007862-7
* Gerhard Simon: ''Humanismus und Konfession. Theobald Billican, Leben und Werk.'' de Gruyter, Berlin und New York 1980, ISBN 3-11-007862-7
* Gerhard Simon: ''Die Nördlinger Reformation unter Theobald Billican.'' In: ''Lutherjahrbuch.'' Jahrgang 52, 1981, S. 131–137.
* [[Neue Deutsche Biographie]] Band 2 Seite 238
* [[Herbert Jaumann]]: ''Handbuch Gelehrtenkultur der frühen Neuzeit.'' Walter de Gruyter, 2004, ISBN 3-11-016069-2, S. 102–103.
* Realenzyklopädie für protestantische Theologie und Kirche Band 3, Seite 232
* {{Literatur |Titel=Bilicanus, Theobald |Hrsg=[[Heinz Scheible]] |Sammelwerk=Melanchthons Briefwechsel |Band=Bd. 11, Personen A–E |Ort=Stuttgart–Bad Cannstatt |Datum=2003 |Seiten=160}}
* Robert Supperich: Reformatorenlexikon Verlagshaus Gerd Mohn Gütersloh 1984, ISBN 3-579-00123-X
* [[Robert Stupperich]]: ''Reformatorenlexikon.'' Verlagshaus Gerd Mohn Gütersloh 1984, ISBN 3-579-00123-X
* {{RE3|3|232|237|Billicanus, Theobaldus (Gernolt oder Gerlacher)|[[Theodor Kolde]]}}
* {{NDB|2|238|238|Billicanus, Theobald|Richard Newald|118510894}}
* {{BBKL|archiveurl=https://web.archive.org/web/20070613091034/http://www.bautz.de/bbkl/b/billicanus_t.shtml |autor=[[Friedrich Wilhelm Bautz]]|artikel=Billicanus, Theobald|band=1|spalte=589–591}}
* {{ADB|2|638|639|Billicanus, Theobald|[[Julius von Hartmann (Historiker)|Julius Hartmann]]|ADB:Billicanus, Theobald}}


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* {{DNB-Portal|118510894}}
* {{BBKL|http://www.bautz.de/bbkl/b/billicanus_t.shtml}}
* {{DDB|Person|118510894}}
* [[Allgemeine Deutsche Biographie|ADB]] [http://mdz.bib-bvb.de/digbib/lexika/adb/images/adb002/@ebt-link?target=idmatch(entityref,adb0020640) Band 2 Seite 638]
* [http://opacplus.bsb-muenchen.de/search?pnd=118510894 Literatur im Katalog der Bayerischen Staatsbibliothek]
* [https://professorenkatalog.online.uni-marburg.de/de/pkat/idrec?id=9163 Billican Billicanus im Marburger Professorenkatalog online]
* {{RPPD Vw|nr=-ps00385}}

{{Normdaten|TYP=p|GND=118510894|LCCN=n/80/129986|VIAF=54939371}}


[[Kategorie:Mann|Billicanus, Theobald]]
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[[Kategorie:Deutscher|Billicanus, Theobald]]
[[Kategorie:Lutherischer Theologe (16. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Lutherischer Theologe (16. Jahrhundert)|Billicanus, Theobald]]
[[Kategorie:Rechtswissenschaftler (16. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Römisch-katholischer Theologe (16. Jahrhundert)|Billicanus, Theobald]]
[[Kategorie:Lutherischer Geistlicher (16. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Person der Reformation|Billicanus, Theobald]]
[[Kategorie:Reformator]]
[[Kategorie:Reformator|Billicanus, Theobald]]
[[Kategorie:Person um Martin Luther]]
[[Kategorie:Jurist in der frühen Neuzeit|Billicanus, Theobald]]
[[Kategorie:Jurist in der Frühen Neuzeit]]
[[Kategorie:Geboren 1493|Billicanus, Theobald]]
[[Kategorie:Rektor der Philipps-Universität Marburg]]
[[Kategorie:Gestorben 1554|Billicanus, Theobald]]
[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Landkreis Südliche Weinstraße|Billicanus, Theobald]]
[[Kategorie:Geboren im 15. Jahrhundert]]
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Aktuelle Version vom 5. Februar 2024, 14:16 Uhr

Theobald Billicanus, auch Theobald Gerlacher oder Diepold Gerlacher (* um 1493 in Billigheim; † 8. August 1554 in Marburg), war ein deutscher Theologe, Jurist und Reformator.

Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Entwicklungsweg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gerlacher wurde als Sohn eines Webers geboren. Er wurde am 5. September 1510 an der Universität Heidelberg immatrikuliert und studierte zusammen mit Philipp Melanchthon, Martin Bucer, Johannes Brenz und Johann Schwebel. Am 29. Mai 1512 wurde er Baccalaureus und am 18. Oktober 1515 erwarb er den akademischen Grad eines Magisters. Während dieser Zeit latinisierte er seinen Namen (nach seiner Geburtsstadt) zu Theobald Billicanus (kurz Billican) und baute eine lang anhaltende Freundschaft zu Melanchthon auf. Nach dem Abschluss seiner Studien blieb er als Lehrer für Dialektik an der artistischen Fakultät in Heidelberg und avancierte 1517 zum Dekan, 1520 zum Vorsteher des Artistenkollegiums.

Als Martin Luther 1517 seine 95 Thesen veröffentlichte, fand am 26. April 1518 die Heidelberger Disputation über die Grundlagen seiner Forderungen an der Universität statt, die auf Billicanus entscheidenden Eindruck machte. Daher begab er sich mit seinen oben genannten Studienkollegen nach Wittenberg, um sich die Ansichten Luthers näher erläutern zu lassen. Fortan widmete sich Billicanus dem Studium der Theologie und schloss dieses als Licentiat ab.

Zunächst wurde er mit Johannes Brenz Prediger an der Heidelberger Heiliggeistkirche und predigte das Evangelium in Luthers Sinn. Deshalb wurde ihnen Ketzerei vorgeworfen; um Nachstellungen des Kurfürsten Ludwig V. von der Pfalz zu entgehen, verließen beide Heidelberg. Billicanus wurde Prediger in Weil. Auch dort vertrat er den reformatorischen Gedanken, kritisierte die katholische Kirche und musste wiederum seinen Kirchenposten verlassen.

Nördlinger Zeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Rat von Nördlingen bot ihm am 31. Oktober 1522 einen Vertrag als Seelsorger für zehn Jahre an. Dort begann Billicanus, nach anfänglicher Zurückhaltung, das Schul- und Kirchenwesen weiter reformatorisch umzugestalten. Er führte die Predigt in deutscher Sprache ein, vollzog das Abendmahl in beiderlei Gestalt und verfasste 1525 eine Kirchenordnung für Nördlingen (Renovatio ecclesiae Nordlingiacensis). Des Weiteren stand er mit den Reformatoren in Wittenberg, Zürich, Basel und Augsburg im Briefwechsel und schwankte theologisch zwischen den Auffassungen.

Dennoch vertrat er standhaft den Grundgedanken der Reformation. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Billicanus während der Bauernkriegsbewegung näher an seiner Gemeinde war und sich dadurch aktiv an den Entscheidungsprozessen der Bauern als Schiedsrichter beteiligte. Durch Andreas Bodenstein beeinflusst, vertrat er in seiner Kirchenordnung das symbolische Verständnis des Abendmahls und musste sich deswegen rechtfertigen.

Dagegen war er in der Sakramentsfrage sehr weitherzig. Obwohl er für die lutherische Auffassung weiterhin vertrat, entfremdete er sich im Laufe der Auseinandersetzungen den Lutheranern immer mehr. Als er sich 1529 an die Heidelberger Universität wandte, um zum Doktor der Theologie zu promovieren, verleugnete er sein reformatorisches Bekenntnis und erklärte sich dem römisch-katholischen Glauben zugehörig. Jedoch wurde das Bekenntnis nicht ernst genommen und sein Promotionsbegehren abgelehnt. Daraufhin wandte er sich an Melanchthon, um in Wittenberg zu promovieren. Dieser lehnte das jedoch ab.

In der Folge erregte sich die Nördlinger Gemeinde über das Bekenntnis Billicans. Da dieser aber an seiner reformierten Kirchenordnung festhielt, konnte er die Aufgebrachten beruhigen. Obwohl der Rat der Stadt Nördlingen 1532 seinen Vertrag für weitere fünf Jahre verlängerte, bat Billican im Frühjahr 1535 um seine Entlassung. Dem Entlassungsgesuch wurde am 19. Mai 1535 durch den Rat stattgegeben.

Nachnördlinger Zeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Er studierte ab 1535 in Heidelberg zunächst informell Jura, promovierte zum Lizenziaten, wodurch er die Erlaubnis zu juristischen Vorlesungen erhielt, wurde 1539 Vorsteher der Realistenburse und bewarb sich sogar 1543 um eine Professur. An seine alte Position in Heidelberg anzuknüpfen gelang ihm allerdings nicht. Als 1544 Friedrich II. Kurfürst der Pfalz wurde, wurde Billican abgesetzt, eingekerkert und ausgewiesen, weil er Günstling einer in fürstliche Ungnade gefallenen Mätresse war.

Deshalb flüchtete er nach Marburg, wo er 1546 zum Doktor beider Rechte promoviert wurde und 1548 eine Professur an der Juristischen Fakultät erhielt. Im selben Jahr amtierte er auch als Rektor der Universität. 1547/48 beriet er den Pfalzgrafen Ottheinrich bei seinen Reformationsanfängen in Neuburg. Als 1550 an der evangelischen Universität Marburg noch ein katholisches „Spionageangebot“ an Billicanus bekannt wurde, wurde er aus der Professur für Geschichte, die er inzwischen innehatte, entlassen.

Werkauswahl[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Von der Mess Gemein Schlußred, gepredigt zu Nördlingen, 1524
  • Komm. z. Propheten Micha, 1524
  • Renovatio ecclesiae Nordlingiacensis, 1525
  • De verbis coenae dominicae et opinionum varietate, 1526
  • De partium orationis inflexionibus, 1526
  • Apologia de commento revocationis per aemulos vulgato, 1539

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]