„Sodomie“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Sodom Monreal.jpg|mini|Die Zerstörung von Sodom (Mosaik, 12. Jahrhundert)]]
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Der Begriff '''Sodomie''' (vom neulateinischen ''Sodomia'') leitet sich von der biblischen Stadt ''Sodom'' ab. Sodom als Inbegriff für „sündige Stadt“, steckt hinter fast allen biblischen Nennungen. Ein Beispiel von vielen: ''„Aber die Leute zu Sodom waren böse und sündigten sehr wider den HERRN.“ {{Bibel|Genesis|13|13}}. Was'' das sündhafte Verhalten ist, wird an den meisten Stellen nicht ausdrücklich genannt. Angelehnt an die biblische [[Sodom und Gomorra|Sodom-Überlieferung]] wurde ab dem Mittelalter bis in die frühe Neuzeit damit jegliche sexuelle Handlung beschrieben, die nicht der Fortpflanzung dient. Abhängig von der vorherrschenden [[Sexualmoral]] der jeweiligen Zeit und [[Kultur]] wurden und werden Formen der Sodomie unter Strafe gestellt. Während in anderen Sprachen die von ''Sodomia'' abgeleiteten Begriffe heute hauptsächlich den [[Analverkehr]] bezeichnen, steht Sodomie im modernen deutschen Sprachgebrauch hauptsächlich für sexuelle Praktiken mit Tieren ([[Zoophilie]]; lat.: ''Sodomia bestialis'').
Der Begriff '''Sodomie''' (vom neulateinischen ''Sodomia'') leitet sich von der biblischen Stadt ''Sodom'' ab. Sodom als Inbegriff für „sündige Stadt“, steckt hinter fast allen biblischen Nennungen. Ein Beispiel von vielen: ''„Aber die Leute zu Sodom waren böse und sündigten sehr wider den HERRN.“ {{Bibel|Genesis|13|13}}. Was'' das sündhafte Verhalten ist, wird an den meisten Stellen nicht ausdrücklich genannt. Angelehnt an die biblische [[Sodom und Gomorra|Sodom-Überlieferung]] wurde ab dem Mittelalter bis in die frühe Neuzeit damit jegliche sexuelle Handlung beschrieben, die nicht der Fortpflanzung dient. Abhängig von der vorherrschenden [[Sexualmoral]] der jeweiligen Zeit und [[Kultur]] wurden und werden Formen der Sodomie unter Strafe gestellt. Während in anderen Sprachen die von ''Sodomia'' abgeleiteten Begriffe heute hauptsächlich den [[Analverkehr]] bezeichnen, steht Sodomie im modernen deutschen Sprachgebrauch hauptsächlich für sexuelle Praktiken mit Tieren ([[Zoophilie]]; lat.: ''Sodomia bestialis'').
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== Begriffsgeschichte im Deutschen ==
== Begriffsgeschichte im Deutschen ==
Die Geschichte des Begriffes ''Sodomie'' im Deutschen ist durch eine starke [[Bedeutungsverengung]] gekennzeichnet. Während Sodomie heute nur noch sexuelle Handlungen mit Tieren bezeichnet, stand der Begriff im christlichen [[Mittelalter]] und der [[Frühe Neuzeit|frühen Neuzeit]] noch für eine ganze Reihe von sexuellen Praktiken, die kirchenrechtlich, da sie nicht der Fortpflanzung dienten, als widernatürlich bzw. [[Sexuelle Perversion|pervers]] angesehen wurden.
Die Geschichte des Begriffes ''Sodomie'' im Deutschen ist durch eine starke [[Bedeutungsverengung]] gekennzeichnet. Während Sodomie heute nur noch sexuelle Handlungen mit Tieren bezeichnet, stand der Begriff im christlichen [[Mittelalter]] und der [[Frühe Neuzeit|frühen Neuzeit]] noch für eine ganze Reihe von sexuellen Praktiken, die kirchenrechtlich, da sie nicht der Fortpflanzung dienten, als widernatürlich bzw. [[Sexuelle Perversion|pervers]] angesehen wurden.
: „… die sich im unbesonnen Übermut vornehmen, mit einer [[Juden|Jüdin]], einer [[Sarazenen|Sarazenin]] oder einem wilden Tier zu verkehren oder sonst etwas gegen die Natur gerichtetes …“ ([[Konzil von Arles (1275)|Konzil von Arles]] 1275)<ref>Norbert Schnitzler: ''Contra naturam – Sexuelle Devianz und christlich-jüdische Koexistenz im Mittelalter.'' In: Ludger Grenzmann, [[Thomas Haye]], Nikolaus Henkel, [[Thomas Kaufmann (Kirchenhistoriker)|Thomas Kaufmann]] (Hrsg.): ''Wechselseitige Wahrnehmung der Religionen im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit.'' Band 1: ''Konzeptionelle Grundfragen und Fallstudien. (Heiden, Barbaren, Juden).'' (= ''Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen.'' NF 4). De Gruyter, Berlin u. a. 2009, ISBN 978-3-11-021352-2, S. 251–281, hier [http://books.google.de/books?id=VLx2K9rxfC0C&pg=PA260&lpg=PA260&dq=Sodomie+Jüdin,+einer+Sarazenin+oder+einem+wilden+Tier+zu+verkehren&source=bl&ots=PbJ-eNx9Zn&sig=SAtrKbB4-ITaTf-FGjmI9_zUekY&hl=de&sa=X&ei=yKY-VPLaE6e6ygOj4IKACg&ved=0CCcQ6AEwAQ#v=onepage&q=Sodomie%20Jüdin,%20einer%20Sarazenin%20oder%20einem%20wilden%20Tier%20zu%20verkehren&f=false S. 260].</ref>
: „… die sich im unbesonnen Übermut vornehmen, mit einer [[Juden|Jüdin]], einer [[Sarazenen|Sarazenin]] oder einem wilden Tier zu verkehren oder sonst etwas gegen die Natur gerichtetes …“ ([[Konzil von Arles (1275)|Konzil von Arles]] 1275)<ref>Norbert Schnitzler: ''Contra naturam – Sexuelle Devianz und christlich-jüdische Koexistenz im Mittelalter.'' In: Ludger Grenzmann, [[Thomas Haye]], Nikolaus Henkel, [[Thomas Kaufmann (Kirchenhistoriker)|Thomas Kaufmann]] (Hrsg.): ''Wechselseitige Wahrnehmung der Religionen im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit.'' Band 1: ''Konzeptionelle Grundfragen und Fallstudien. (Heiden, Barbaren, Juden).'' (= ''Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen.'' NF 4). De Gruyter, Berlin u.&nbsp;a. 2009, ISBN 978-3-11-021352-2, S. 251–281, hier [http://books.google.de/books?id=VLx2K9rxfC0C&pg=PA260&lpg=PA260&dq=Sodomie+Jüdin,+einer+Sarazenin+oder+einem+wilden+Tier+zu+verkehren&source=bl&ots=PbJ-eNx9Zn&sig=SAtrKbB4-ITaTf-FGjmI9_zUekY&hl=de&sa=X&ei=yKY-VPLaE6e6ygOj4IKACg&ved=0CCcQ6AEwAQ#v=onepage&q=Sodomie%20Jüdin,%20einer%20Sarazenin%20oder%20einem%20wilden%20Tier%20zu%20verkehren&f=false S. 260].</ref>
Im Mittelalter und der frühen Neuzeit wurden [[Sodomiterverfolgung|''Sodomiten'' strafrechtlich verfolgt]] und mit dem [[Todesstrafe|Tode]] bestraft. Auch neuzeitliche Strafrechtskodifikationen von der [[Constitutio Criminalis Carolina]] (§ 116) bis zum [[Reichsstrafgesetzbuch]] ([[§ 175]]) erfassten homosexuelle Beziehungen zwischen Männern und sexuelle Beziehungen zu Tieren regelmäßig in ein und demselben Paragraphen. Im Zuge der Ent[[tabu]]isierung der Sexualität sind die ursprünglichen weiteren Bedeutungen des Wortes bis auf den sexuellen Kontakt zu Tieren allmählich verloren gegangen. Als wissenschaftlicher Begriff für sexuelle Handlungen mit bzw. sexuelle Attraktion zu Tieren hat sich mittlerweile die Bezeichnung [[Zoophilie]] durchgesetzt.
Im Mittelalter und der frühen Neuzeit wurden [[Sodomiterverfolgung|''Sodomiten'' strafrechtlich verfolgt]] und mit dem [[Todesstrafe|Tode]] bestraft. Auch neuzeitliche Strafrechtskodifikationen von der [[Constitutio Criminalis Carolina]] (§&nbsp;116) bis zum [[Reichsstrafgesetzbuch]] ([[§&nbsp;175]]) erfassten homosexuelle Beziehungen zwischen Männern und sexuelle Beziehungen zu Tieren regelmäßig in ein und demselben Paragraphen. Im Zuge der Ent[[tabu]]isierung der Sexualität sind die ursprünglichen weiteren Bedeutungen des Wortes bis auf den sexuellen Kontakt zu Tieren allmählich verloren gegangen. Als wissenschaftlicher Begriff für sexuelle Handlungen mit bzw. sexuelle Attraktion zu Tieren hat sich mittlerweile die Bezeichnung [[Zoophilie]] durchgesetzt.


Das aus dem Französischen übernommene deutsche Verb ''sodomisieren'' taucht erst um die Jahrhundertwende auf, wird sehr selten verwendet und ist im Duden als „bildungssprachlich“ gekennzeichnet.<ref>''Duden. Das Grosse Wörterbuch der deutschen Sprache. In 6 Bänden.'' Band 5: ''O – So.'' Bibliographisches Institut, Mannheim u. a. 1980, ISBN 3-411-01359-1, S. 2416.</ref> Am häufigsten ist es in fremdsprachig beeinflussten Texten für Analverkehr zu finden, viel seltener für Zoophilie.
Das aus dem Französischen übernommene deutsche Verb ''sodomisieren'' taucht erst um die Jahrhundertwende auf, wird sehr selten verwendet und ist im Duden als „bildungssprachlich“ gekennzeichnet.<ref>''Duden. Das Grosse Wörterbuch der deutschen Sprache. In 6 Bänden.'' Band 5: ''O – So.'' Bibliographisches Institut, Mannheim u.&nbsp;a. 1980, ISBN 3-411-01359-1, S. 2416.</ref> Am häufigsten ist es in fremdsprachig beeinflussten Texten für Analverkehr zu finden, viel seltener für Zoophilie.


== In anderen Sprachen ==
== In anderen Sprachen ==
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== ''Kultursodomie'' nach Sigusch ==
== ''Kultursodomie'' nach Sigusch ==
2005 führte der [[Sexualwissenschaft]]ler [[Volkmar Sigusch]] in seinem Buch ''Neosexualitäten'' den Begriff der „Kultursodomie“ ein, um die Bedeutung von Mensch-Tier-Beziehungen im Sinne einer „Neoallianz“ bzw. einer Liebes- und Lebensbeziehung in den reichen Ländern des Westens zu betonen.<ref>[[Volkmar Sigusch]]: ''Kultursodomie als Neoallianz.'' In: Volkmar Sigusch: ''Neosexualitäten. Über den kulturellen Wandel von Liebe und Perversion.'' Campus-Verlag, Frankfurt am Main u. a. 2005, ISBN 3-593-37724-1, S. 56–74.</ref>
2005 führte der [[Sexualwissenschaft]]ler [[Volkmar Sigusch]] in seinem Buch ''Neosexualitäten'' den Begriff der „Kultursodomie“ ein, um die Bedeutung von Mensch-Tier-Beziehungen im Sinne einer „Neoallianz“ bzw. einer Liebes- und Lebensbeziehung in den reichen Ländern des Westens zu betonen.<ref>[[Volkmar Sigusch]]: ''Kultursodomie als Neoallianz.'' In: Volkmar Sigusch: ''Neosexualitäten. Über den kulturellen Wandel von Liebe und Perversion.'' Campus-Verlag, Frankfurt am Main u.&nbsp;a. 2005, ISBN 3-593-37724-1, S. 56–74.</ref>


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
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* Stefanie Krings: ''Sodomie am Bodensee. Vom gesellschaftlichen Umgang mit sexueller Abartigkeit in spätem Mittelalter und früher Neuzeit auf St. Galler Quellengrundlage.'' In: ''[[Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung]].'' Heft 113, 1995, {{ISSN|0342-2070}}, S. 1–46, [http://www.bodenseebibliotheken.eu/page?vgeb-j1995-t-A001 (Digitalisat)].
* Stefanie Krings: ''Sodomie am Bodensee. Vom gesellschaftlichen Umgang mit sexueller Abartigkeit in spätem Mittelalter und früher Neuzeit auf St. Galler Quellengrundlage.'' In: ''[[Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung]].'' Heft 113, 1995, {{ISSN|0342-2070}}, S. 1–46, [http://www.bodenseebibliotheken.eu/page?vgeb-j1995-t-A001 (Digitalisat)].
* [[Julius Rosenbaum (Mediziner)|Julius Rosenbaum]]: ''Geschichte der Lustseuche im Altertume nebst ausführlichen Untersuchungen über den Venus- und Phalluskultus, Bordelle, Νοῦσος ϑήλεια der Skythen, Paederastie und andere geschlechtliche Ausschweifungen der Alten als ''Beiträge zur richtigen Erklärung ihrer Schriften'' dargestellt.'' [1839]. 7. Auflage. H. Barsdorf, Berlin 1904, S. 274–277 (''Sodomie'').
* [[Julius Rosenbaum (Mediziner)|Julius Rosenbaum]]: ''Geschichte der Lustseuche im Altertume nebst ausführlichen Untersuchungen über den Venus- und Phalluskultus, Bordelle, Νοῦσος ϑήλεια der Skythen, Paederastie und andere geschlechtliche Ausschweifungen der Alten als ''Beiträge zur richtigen Erklärung ihrer Schriften'' dargestellt.'' [1839]. 7. Auflage. H. Barsdorf, Berlin 1904, S. 274–277 (''Sodomie'').
* Dominik Lang: ''Sodomie und Strafrecht: Geschichte der Strafbarkeit des Geschlechtsverkehrs mit Tieren'' (= ''Europäische Hochschulschriften'', Reihe 2: ''Rechtswissenschaft'', Band 4750, {{ISSN|0531-7312}}), Lang, Frankfurt am Main, / Berlin / Bern / Bruxelles / New York, NY / Oxford / Wien 2009, ISBN 978-3-631-58343-2 (Dissertation Universität Tübingen 2008, 266 Seiten, 21 cm, [http://d-nb.info/992683696/04 Inhaltsverzeichnis]).
* Dominik Lang: ''Sodomie und Strafrecht: Geschichte der Strafbarkeit des Geschlechtsverkehrs mit Tieren'' (= ''Europäische Hochschulschriften'', Reihe 2: ''Rechtswissenschaft'', Band 4750, {{ISSN|0531-7312}}), Lang, Frankfurt am Main, / Berlin / Bern / Bruxelles / New York, NY / Oxford / Wien 2009, ISBN 978-3-631-58343-2 (Dissertation Universität Tübingen 2008, 266 Seiten, 21&nbsp;cm, [http://d-nb.info/992683696/04 Inhaltsverzeichnis]).


== Weblinks ==
== Weblinks ==

Version vom 27. September 2020, 14:26 Uhr

Die Zerstörung von Sodom (Mosaik, 12. Jahrhundert)

Der Begriff Sodomie (vom neulateinischen Sodomia) leitet sich von der biblischen Stadt Sodom ab. Sodom als Inbegriff für „sündige Stadt“, steckt hinter fast allen biblischen Nennungen. Ein Beispiel von vielen: „Aber die Leute zu Sodom waren böse und sündigten sehr wider den HERRN.“ (Genesis 13,13 EU). Was das sündhafte Verhalten ist, wird an den meisten Stellen nicht ausdrücklich genannt. Angelehnt an die biblische Sodom-Überlieferung wurde ab dem Mittelalter bis in die frühe Neuzeit damit jegliche sexuelle Handlung beschrieben, die nicht der Fortpflanzung dient. Abhängig von der vorherrschenden Sexualmoral der jeweiligen Zeit und Kultur wurden und werden Formen der Sodomie unter Strafe gestellt. Während in anderen Sprachen die von Sodomia abgeleiteten Begriffe heute hauptsächlich den Analverkehr bezeichnen, steht Sodomie im modernen deutschen Sprachgebrauch hauptsächlich für sexuelle Praktiken mit Tieren (Zoophilie; lat.: Sodomia bestialis).

Begriffsgeschichte im Deutschen

Die Geschichte des Begriffes Sodomie im Deutschen ist durch eine starke Bedeutungsverengung gekennzeichnet. Während Sodomie heute nur noch sexuelle Handlungen mit Tieren bezeichnet, stand der Begriff im christlichen Mittelalter und der frühen Neuzeit noch für eine ganze Reihe von sexuellen Praktiken, die kirchenrechtlich, da sie nicht der Fortpflanzung dienten, als widernatürlich bzw. pervers angesehen wurden.

„… die sich im unbesonnen Übermut vornehmen, mit einer Jüdin, einer Sarazenin oder einem wilden Tier zu verkehren oder sonst etwas gegen die Natur gerichtetes …“ (Konzil von Arles 1275)[1]

Im Mittelalter und der frühen Neuzeit wurden Sodomiten strafrechtlich verfolgt und mit dem Tode bestraft. Auch neuzeitliche Strafrechtskodifikationen von der Constitutio Criminalis Carolina (§ 116) bis zum Reichsstrafgesetzbuch (§ 175) erfassten homosexuelle Beziehungen zwischen Männern und sexuelle Beziehungen zu Tieren regelmäßig in ein und demselben Paragraphen. Im Zuge der Enttabuisierung der Sexualität sind die ursprünglichen weiteren Bedeutungen des Wortes bis auf den sexuellen Kontakt zu Tieren allmählich verloren gegangen. Als wissenschaftlicher Begriff für sexuelle Handlungen mit bzw. sexuelle Attraktion zu Tieren hat sich mittlerweile die Bezeichnung Zoophilie durchgesetzt.

Das aus dem Französischen übernommene deutsche Verb sodomisieren taucht erst um die Jahrhundertwende auf, wird sehr selten verwendet und ist im Duden als „bildungssprachlich“ gekennzeichnet.[2] Am häufigsten ist es in fremdsprachig beeinflussten Texten für Analverkehr zu finden, viel seltener für Zoophilie.

In anderen Sprachen

Im Französischen versteht man unter sodomie jegliche Penetration des Anus im sexuellen Kontext und auch das Verb sodomiser ist gebräuchlich. Geschlechtlichen Kontakt mit Tieren bezeichnet man im Französischen als zoophilie.

Auch im Englischen wird mit sodomy gewöhnlich der Analverkehr zwischen zwei Männern oder zwischen Mann und Frau bezeichnet, und auch das Verb to sodomize ist üblich. Jedoch kann die Bedeutung auch Sexualpraktiken wie Oralverkehr umfassen, d. h. jede sexuelle Handlung, die nicht heterosexueller vaginaler Geschlechtsverkehr ist. Für den Verkehr mit Tieren steht im Englischen eher der Begriff bestiality (von lat. bestia: „Tier, Bestie“).

Kultursodomie nach Sigusch

2005 führte der Sexualwissenschaftler Volkmar Sigusch in seinem Buch Neosexualitäten den Begriff der „Kultursodomie“ ein, um die Bedeutung von Mensch-Tier-Beziehungen im Sinne einer „Neoallianz“ bzw. einer Liebes- und Lebensbeziehung in den reichen Ländern des Westens zu betonen.[3]

Siehe auch

Literatur

  • Susanne Hehenberger: Unkeusch wider die Natur. Sodomieprozesse im frühneuzeitlichen Österreich. Löcker, Wien 2006, ISBN 3-85409-430-2.
  • Stefanie Krings: Sodomie am Bodensee. Vom gesellschaftlichen Umgang mit sexueller Abartigkeit in spätem Mittelalter und früher Neuzeit auf St. Galler Quellengrundlage. In: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung. Heft 113, 1995, ISSN 0342-2070, S. 1–46, (Digitalisat).
  • Julius Rosenbaum: Geschichte der Lustseuche im Altertume nebst ausführlichen Untersuchungen über den Venus- und Phalluskultus, Bordelle, Νοῦσος ϑήλεια der Skythen, Paederastie und andere geschlechtliche Ausschweifungen der Alten als Beiträge zur richtigen Erklärung ihrer Schriften dargestellt. [1839]. 7. Auflage. H. Barsdorf, Berlin 1904, S. 274–277 (Sodomie).
  • Dominik Lang: Sodomie und Strafrecht: Geschichte der Strafbarkeit des Geschlechtsverkehrs mit Tieren (= Europäische Hochschulschriften, Reihe 2: Rechtswissenschaft, Band 4750, ISSN 0531-7312), Lang, Frankfurt am Main, / Berlin / Bern / Bruxelles / New York, NY / Oxford / Wien 2009, ISBN 978-3-631-58343-2 (Dissertation Universität Tübingen 2008, 266 Seiten, 21 cm, Inhaltsverzeichnis).

Weblinks

Wiktionary: Sodomie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Norbert Schnitzler: Contra naturam – Sexuelle Devianz und christlich-jüdische Koexistenz im Mittelalter. In: Ludger Grenzmann, Thomas Haye, Nikolaus Henkel, Thomas Kaufmann (Hrsg.): Wechselseitige Wahrnehmung der Religionen im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit. Band 1: Konzeptionelle Grundfragen und Fallstudien. (Heiden, Barbaren, Juden). (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. NF 4). De Gruyter, Berlin u. a. 2009, ISBN 978-3-11-021352-2, S. 251–281, hier S. 260.
  2. Duden. Das Grosse Wörterbuch der deutschen Sprache. In 6 Bänden. Band 5: O – So. Bibliographisches Institut, Mannheim u. a. 1980, ISBN 3-411-01359-1, S. 2416.
  3. Volkmar Sigusch: Kultursodomie als Neoallianz. In: Volkmar Sigusch: Neosexualitäten. Über den kulturellen Wandel von Liebe und Perversion. Campus-Verlag, Frankfurt am Main u. a. 2005, ISBN 3-593-37724-1, S. 56–74.