„Obstipation“ – Versionsunterschied

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Als '''Obstipation''' oder '''Verstopfung''', auch '''Stuhlverstopfung''', wird eine erschwerte und unvollständige [[Defäkation|Darmentleerung]] mit verminderter Häufigkeit (beim Menschen weniger als dreimal wöchentlich) bezeichnet.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.pschyrembel.de/Obstipation/K0FK0 |titel=Pschyrembel Online |sprache=de |abruf=2023-01-09}}</ref> Der Begriff '''Konstipation''' wird meist gleichbedeutend verwendet. Etwa 20 % der Bewohner Deutschlands leiden zumindest gelegentlich unter Verstopfung, davon etwa 75 % Frauen.<ref>J. F. Erckenbrecht: ''Epidemiologie der Obstipation.'' In: ''Zeitschrift für Gastroenterologie.'' Supplement 1, 2000, S. 3–5.</ref> Im Alter betrifft eine Verstopfung ca. 26 % der Männer über 84 Jahren und 34 % der Frauen.<ref>D. Harari: ''Constipation.'' In: ''Hazzards Geriatric Medicin.'' 6. Auflage. 2009, Kapitel 93.</ref>
Als '''Obstipation''' oder '''Verstopfung''', auch '''Stuhlverstopfung''', wird eine erschwerte und unvollständige [[Defäkation|Darmentleerung]] mit verminderter Häufigkeit bezeichnet.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.pschyrembel.de/Obstipation/K0FK0 |titel=Pschyrembel Online |sprache=de |abruf=2023-01-09}}</ref> Der Begriff '''Konstipation''' wird meist gleichbedeutend verwendet. Das Krankheitsbild ist in der Humanmedizin wie in der Tiermedizin gleichermaßen von Bedeutung. In diesem Artikel soll die Obstipation beim Menschen behandelt werden. Etwa 20 % der Bewohner Deutschlands leiden zumindest gelegentlich unter Verstopfung, davon etwa 75 % Frauen.<ref>J. F. Erckenbrecht: ''Epidemiologie der Obstipation.'' In: ''Zeitschrift für Gastroenterologie'', Supplement 1, 2000, S. 3–5.</ref> Im Alter betrifft eine Verstopfung ca. 26 % der Männer über 84 Jahren und 34 % der Frauen.<ref>D. Harari: ''Constipation.'' In: ''Hazzards Geriatric Medicin.'' 6. Auflage. 2009, Kapitel 93.</ref>


== Wortherkunft ==
== Wortherkunft ==
Das Wort ''Obstipation'',<ref>Vgl. ''Pschyrembel Klinisches Wörterbuch.'' Begründet von [[Willibald Pschyrembel]]. Bearbeitet von der Wörterbuchredaktion des Verlags. 255. Auflage. De Gruyter, Berlin 1986, ISBN 978-3-11-018534-8, S. 1195 (''Obstipation'', von lateinisch ''stipare'' „stopfen“; synonym mit Konstipation und Obstructio alvi; Stuhlverstopfung, verzögerte Kotentleerung).</ref> lateinisch ''obstipatio'' („Gedrängtsein“, „Aufhäufung“), kommt von lateinisch ''{{lang|la|ob}}'', „zu (... hin)“, „wegen“, „entgegen“, und (wie ''Konstipation'', lateinisch ''constipatio'' „Gedränge“, von ''constipare'' „zusammendrängen“<ref>[[Edwin Habel]]: ''Mittellateinisches Glossar.'' (2. Auflage 1959) Mit einer Einführung von [[Heinz-Dieter Heimann]] hrsg. von Friedrich Göbel, Paderborn 1989 (= ''Uni-Taschenbücher.'' Band 1551), S.&nbsp;82.</ref>) von ''{{lang|la|stipare}}'' „zusammendrängen“, „gedrängt vollstopfen“, „zusammenpressen“, „zusammenhäufen“, „drängen“.<ref>[[Alois Walde]]: ''Lateinisches etymologisches Wörterbuch.'' 3. Auflage. (neubearbeitet von [[Johann Baptist Hofmann]]). 2 Bände. Carl Winter’s Universitätsbuchhandlung, Heidelberg 1938–1954 (= ''Indogermanische Bibliothek.'' Erste Abteilung, II. Reihe, 1), ergänzt um einen Registerband von Elsbeth Berger, 1956; Neudrucke ebenda. Band 2 (''M–Z''), S. 192–193 und 593.</ref><ref>[[Edwin Habel]]: ''Mittellateinisches Glossar.'' (2. Auflage 1959) Mit einer Einführung von [[Heinz-Dieter Heimann]] hrsg. von Friedrich Göbel, Paderborn 1989 (= ''Uni-Taschenbücher.'' Band 1551), S. 258 (''ob'') und 379 (''stipare'').</ref><ref>Vgl. auch [http://www.zeno.org/Georges-1913/A/ob?hl=obhttp://www.zeno.org/Georges-1913/A/ob?hl=ob Georges (1913), zu ''ob''] und [http://www.zeno.org/Georges-1913/A/stipo?hl=stipo Georges (1913), zu ''stipare''].</ref>
Das Wort ''Obstipation'',<ref>''Pschyrembel Klinisches Wörterbuch.'' Begründet von [[Willibald Pschyrembel]]. Bearbeitet von der Wörterbuchredaktion des Verlags. 255. Auflage. De Gruyter, Berlin 1986, ISBN 978-3-11-018534-8, S. 1195 (''Obstipation'', von lateinisch ''stipare'' „stopfen“; synonym mit Konstipation und Obstructio alvi; Stuhlverstopfung, verzögerte Kotentleerung).</ref> lateinisch ''obstipatio'' („Gedrängtsein“, „Aufhäufung“), kommt von lateinisch ''{{lang|la|ob}}'', „zu (…&nbsp;hin)“, „wegen“, „entgegen“, und (wie ''Konstipation'', lateinisch ''constipatio'' „Gedränge“, von ''constipare'' „zusammendrängen“<ref>[[Edwin Habel]]: ''Mittellateinisches Glossar''. 2. Auflage. Mit einer Einführung von [[Heinz-Dieter Heimann]] hrsg. von Friedrich Göbel. Paderborn 1989, S.&nbsp;82 (= ''Uni-Taschenbücher.'' Band 1551).</ref>) von ''{{lang|la|stipare}}'' „zusammendrängen“, „gedrängt vollstopfen“, „zusammenpressen“, „zusammenhäufen“, „drängen“.<ref>[[Alois Walde]]: ''Lateinisches etymologisches Wörterbuch.'' 3. Auflage (neubearbeitet von [[Johann Baptist Hofmann]]). 2 Bände. Carl Winter’s Universitätsbuchhandlung, Heidelberg 1938–1954 (= ''Indogermanische Bibliothek.'' Erste Abteilung, II. Reihe, 1), ergänzt um einen Registerband von Elsbeth Berger, 1956; Neudrucke ebenda. Band 2 (''M–Z''), S. 192–193 und 593<!-- Sodele, und auf welche Ausgabe, „1938–1954, 1956, Neudrucke“ beziehen sich jetzt die Seitenzahlen „S. 192–193 und 593“ ????? Einfach nur die eine Ausgabe benennen, die konkret referenziert wurde; wir sind kein Bibliothekskatalog, der sämtliche jemals gedruckten Auflagen aufzählen muss. -->.</ref><ref>[[Edwin Habel]]: ''Mittellateinisches Glossar.'' (2. Auflage 1959) Mit einer Einführung von [[Heinz-Dieter Heimann]] hrsg. von Friedrich Göbel. Paderborn 1989, S. 258 (''ob'') und 379 (''stipare'') (= ''Uni-Taschenbücher'', Band 1551).</ref><ref>{{Georges-1913-Latein |Lemma=ob |Band=2 |Spalte=1236 |SpalteBis=1237 |zenoID=20002522063}} {{Georges-1913-Latein |Lemma=stipo |Band=2 |Spalte=2804 |SpalteBis=2805 |Kommentar=zu ''stipare'' |zenoID=20002662361}}</ref>


== Historisches ==
== Historisches ==
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== Normale Funktion der Darmpassage ==
== Normale Funktion der Darmpassage ==
Eine vollständige [[Verdauung]] vom Kauen und Schlucken bis zum [[Stuhlgang]] unterliegt zeitlich starken Schwankungen und dauert normalerweise acht Stunden bis drei Tage.<ref name="krammer">H. Krammer, C. Kolac, U. Köhler, Stephan C. Bischoff: ''Tabuthema Obstipation: Welche Rolle spielen Lebensgewohnheiten, Ernährung, Prä- und Probiotika sowie Laxantien.'' In: ''Aktuel Ernaehr Med.'' 34, 2009, S. 38–49. [[doi:10.1055/s-2008-1067563]]</ref> Diese sogenannte Transitzeit hängt von verschiedenen Faktoren ab. Neben Veranlagung, Stress und Trinkmenge wird sie auch durch die Aufnahme von [[Ballaststoff]]en bestimmt. Dabei bewirkt eine vermehrte Zufuhr von Ballaststoffen eine Verkürzung der Transitzeit.<ref>{{Internetquelle |autor=Heinrich Kasper |url=https://www.aerzteblatt.de/archiv/138656/Die-Bedeutung-der-Ballaststoffe-fuer-die-Behandlung-gastroenterologischer-Erkrankungen |titel=Die Bedeutung der Ballaststoffe für die Behandlung gastroenterologischer Erkrankungen |werk=Dtsch Arztebl 1982; 79(12): A-47 |hrsg=Deutscher Ärzteverlag GmbH, Redaktion Deutsches Ärzteblatt |datum=1982-03-26 |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>
Eine vollständige [[Verdauung]] vom Kauen und Schlucken bis zum [[Stuhlgang]] unterliegt zeitlich starken Schwankungen und dauert normalerweise acht Stunden bis drei Tage.<ref>H. Krammer, C. Kolac, U. Köhler, Stephan C. Bischoff: ''Tabuthema Obstipation: Welche Rolle spielen Lebensgewohnheiten, Ernährung, Prä- und Probiotika sowie Laxantien.'' In: ''Aktuel Ernaehr Med.'', 34, 2009, S. 38–49. [[doi:10.1055/s-2008-1067563]]</ref> Diese sogenannte Transitzeit hängt von verschiedenen Faktoren ab. Neben Veranlagung, Stress und Trinkmenge wird sie auch durch die Aufnahme von [[Ballaststoff]]en bestimmt. Dabei bewirkt eine vermehrte Zufuhr von Ballaststoffen eine Verkürzung der Transitzeit.<ref>{{Literatur |Autor=Heinrich Kasper |Titel=Die Bedeutung der Ballaststoffe für die Behandlung gastroenterologischer Erkrankungen |Sammelwerk=[[Deutsches Ärzteblatt]] |Band=79(12) |Datum=1982-03-26 |Seiten=A-47 |Sprache=de |Online=https://www.aerzteblatt.de/archiv/138656/Die-Bedeutung-der-Ballaststoffe-fuer-die-Behandlung-gastroenterologischer-Erkrankungen |Abruf=2023-01-06}}</ref>


Die Stuhlentleerung regelt sich dabei über einen [[Reflex]], der jedoch willentlich unterdrückt werden kann. Auslöser für den Reflex ist die Füllung des [[Mastdarm]]s. Erst bei ausreichender Füllung wird der Reflex ausgelöst, die Muskulatur in der Wand des Mastdarms erzeugt eine erhöhte Spannung, der Stuhldrang entsteht und signalisiert, dass eine Darmentleerung angebracht wäre.
Die Stuhlentleerung regelt sich dabei über einen [[Reflex]], der jedoch willentlich unterdrückt werden kann. Auslöser für den [[Defäkationsreflex]] ist die Füllung des [[Mastdarm]]s. Erst bei ausreichender Füllung wird der Reflex ausgelöst, die Muskulatur in der Wand des Mastdarms erzeugt eine erhöhte Spannung, der Stuhldrang entsteht und signalisiert, dass eine Darmentleerung angebracht wäre.

{{Hauptartikel|Defäkationsreflex}}Die Menge des abgesetzten Stuhls wird stark durch die Ernährung beeinflusst. Sie schwankt zwischen durchschnittlich 100&nbsp;g pro 24&nbsp;Stunden bei ballststoffarmer Ernährung bis zu 350&nbsp;g pro 24&nbsp;Stunden bei Vegetariern.<ref>{{Internetquelle |autor=Paul Georg Lankisch |url=https://www.aerzteblatt.de/app/print.asp?id=50066 |titel=Leitsymptom Diarrhö |werk=Dtsch Arztebl 2006; 103(5): A 261–9 |hrsg=Deutsches Ärzteblatt |datum=2005-05-10 |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>
Die Menge des abgesetzten Stuhls wird stark durch die Ernährung beeinflusst. Sie schwankt zwischen durchschnittlich 100&nbsp;g pro 24&nbsp;Stunden bei ballaststoffarmer Ernährung bis zu 350&nbsp;g pro 24&nbsp;Stunden bei Vegetariern.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Georg Lankisch |Titel=Leitsymptom Diarrhö |Sammelwerk=[[Deutsches Ärzteblatt]] |Band=103(5) |Datum=2005-05-10 |Seiten=A 261–269 |Sprache=de |Online=https://www.aerzteblatt.de/app/print.asp?id=50066 |Abruf=2023-01-06}}</ref>


== Formen ==
== Formen ==
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* Schmerzen beim Stuhlgang (z.&nbsp;B. bei einer [[Analfissur]])
* Schmerzen beim Stuhlgang (z.&nbsp;B. bei einer [[Analfissur]])
* Änderung der Lebensgewohnheiten (z.&nbsp;B. bei einer Reise)
* Änderung der Lebensgewohnheiten (z.&nbsp;B. bei einer Reise)
* [[Darmverschluss]] (Ileus)<ref name=":4">{{Literatur |Autor=Walter Siegenthaler |Titel=Siegenthalers Differenzialdiagnose |Verlag=Thieme |Datum=2005 |DOI=10.1055/b-0034-72273 |Kapitel=Gastrointestinale Symptome: 28 Obstipation |Seiten=840}}</ref>
* [[Darmverschluss]] (Ileus)<ref name="Siegenthaler">{{Literatur |Autor=Walter Siegenthaler |Titel=Siegenthalers Differenzialdiagnose |Verlag=Thieme |Datum=2005 |Kapitel=Gastrointestinale Symptome: 28 Obstipation |Seiten=840 |DOI=10.1055/b-0034-72273}}</ref>


Der Darmverschluss ist die wichtigste [[Differentialdiagnose]] bei der akuten Obstipation, weil es sich dabei um eine Erkrankung handelt, die einer sofortigen Abklärung und Behandlung bedarf. Treten zusätzlich zu den Verstopfungsbeschwerden Symptome wie
Der Darmverschluss ist die wichtigste [[Differentialdiagnose]] bei der akuten Obstipation, weil es sich dabei um eine Erkrankung handelt, die einer sofortigen Abklärung und Behandlung bedarf. Treten zusätzlich zu den Verstopfungsbeschwerden Symptome wie
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* [[Schock (Medizin)|Schock]]
* [[Schock (Medizin)|Schock]]


auf, können diese Beschwerden auf einen [[Darmverschluss]] (Ileus) zurückzuführen sein. Diese Patienten müssen sofort ärztlich betreut werden, bisweilen ist eine sofortige operative Behandlung notwendig.<ref name=":5">{{Internetquelle |autor=Tim O. Vilz |url=https://www.aerzteblatt.de/archiv/192554/Ileus-beim-Erwachsenen |titel=Ileus beim Erwachsenen |werk=Dtsch Arztebl Int 2017; 114: 508–518.[[DOI:10.3238/arztebl.2017.0508]] |hrsg=Deutscher Ärzteverlag GmbH, Redaktion Deutsches Ärzteblatt |datum=2017-07-24 |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>
auf, können diese Beschwerden auf einen [[Darmverschluss]] (Ileus) zurückzuführen sein. Diese Patienten müssen sofort ärztlich betreut werden, bisweilen ist eine sofortige operative Behandlung notwendig.<ref name="Vilz">{{Literatur |Autor=Tim O. Vilz |Titel=Ileus beim Erwachsenen |Sammelwerk=[[Deutsches Ärzteblatt]] International |Band=114 |Datum=2017-07-24 |Seiten=508–518 |Sprache=de |Online=https://www.aerzteblatt.de/archiv/192554/Ileus-beim-Erwachsenen |Abruf=2023-01-06 |DOI=10.3238/arztebl.2017.0508}}</ref>


Die '''Reiseobstipation''' ist eine akute funktionelle Obstipation. Es liegen also keine ursächlichen Grunderkrankungen vor. Der Körper ist mit der neuen Situation nicht vertraut und reagiert mit einer vorübergehenden Darmträgheit. Ursachen einer Reiseobstipation können sein:
{{Anker|Reiseobstipation}}Die '''Reiseobstipation''' ist eine akute funktionelle Obstipation. Es liegen also keine ursächlichen Grunderkrankungen vor. Der Körper ist mit der neuen Situation nicht vertraut und reagiert mit einer vorübergehenden Darmträgheit. Ursachen einer Reiseobstipation können sein:


* ungewohnte Nahrungsmittel und [[Gewürz]]e
* ungewohnte Nahrungsmittel und [[Gewürz]]e
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=== Chronische Obstipation ===
=== Chronische Obstipation ===
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[[Datei:Handlungsschema chronische Obstipation.jpg|mini|Handlungsschema chronische Obstipation<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.&nbsp;V. |datum=2022-04 |seiten=1543 |format=PDF; 1,6 MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>]]

==== Definition und Häufigkeit ====
==== Definition und Häufigkeit ====
Von chronischer Obstipation spricht man, wenn zwei der u.g. Kriterien an mindesten 12 Wochen innerhalb der letzten sechs Monate aufgetreten sind (Rom-IV-Kriterien)<ref name=":1">{{Internetquelle |url=https://theromefoundation.org/rome-iv/rome-iv-criteria/ |titel=Rome IV Criteria |werk= |hrsg=Rome Foundation |datum=2016-01-16 |sprache=en-US |abruf=2023-01-08}}</ref>:
Von chronischer Obstipation spricht man, wenn zwei der u.g. Kriterien an mindestens 12 Wochen innerhalb der letzten sechs Monate aufgetreten sind (Rom-IV-Kriterien)<ref name="Rome4">{{Internetquelle |url=https://theromefoundation.org/rome-iv/rome-iv-criteria/ |titel=Rome IV Criteria |werk= |hrsg=Rome Foundation |datum=2016-01-16 |sprache=en-US |abruf=2023-01-08}}</ref>:


* Starkes Pressen bei mind. 25 % der Defäkationen
* Starkes Pressen bei mind. 25 % der Defäkationen
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Dabei darf kaum weicher, ungeformter Stuhl (außer mit Abführmitteln) und kein Reizdarmsyndrom vorliegen.
Dabei darf kaum weicher, ungeformter Stuhl (außer mit Abführmitteln) und kein Reizdarmsyndrom vorliegen.


In Europa kann von einer Häufigkeit des Auftretens ([[Prävalenz]]) von 15 % der Allgemeinbevölkerung ausgegangen werden. Gruppen mit deutlich erhöhter Prävalenz sind Frauen und ältere Menschen.<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen
In Europa kann von einer Häufigkeit des Auftretens ([[Prävalenz]]) von 15 % der Allgemeinbevölkerung ausgegangen werden. Gruppen mit deutlich erhöhter Prävalenz sind Frauen und ältere Menschen.<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.&nbsp;V. |datum=2022-04 |seiten=1534 |format=PDF; 1,6 MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>
Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e. V. |datum=2022-04 |seiten=1534 |format=PDF, 1,6MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>


Entsprechend ihrer Ursachen wird die chronische Verstopfung in drei Gruppen eingeteilt, die ''kologene'' Obstipation, die ''anorektale'' Obstipation und die ''idiopathische'' Obstipation, bei der keine eindeutige körperliche Ursache gefunden wird.
Entsprechend ihrer Ursachen wird die chronische Verstopfung in drei Gruppen eingeteilt, die ''kologene'' Obstipation, die ''anorektale'' Obstipation und die ''idiopathische'' Obstipation, bei der keine eindeutige körperliche Ursache gefunden wird.


==== Diagnostik ====
==== Diagnostik ====
Die Basisdiagnostik der chronischen Obstipation umfasst eine gründliche Befragung ([[Anamnese]]) mit besonderer Beachtung von Begleitsymptomen, Begleiterkrankungen und eventueller Medikamenteneinnahme. Die übliche Menge, Häufigkeit und Konsistenz des Stuhlgangs soll erfragt werden. Dabei dient die Zuhilfenahme der [[Bristol-Stuhlformen-Skala]] der Abschätzung der Transitzeit. Die körperliche Untersuchung beinhaltet die Inspektion des Darmausgangs und die Prüfung der Spannung des Schließmuskels mit dem Finger. Dabei soll der Patient auch den Schließmuskel willentlich zukneifen und drücken wie beim Stuhlgang. Wenn der Patient über häufige Bauchschmerzen im Berichtszeitraum klagt, muss an ein [[Reizdarmsyndrom]] gedacht werden. Wenn keine Warnsymptome bestehen, ist keine weitere apparative Diagnostik erforderlich.<ref name=":6">{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen
Die Basisdiagnostik der chronischen Obstipation umfasst eine gründliche Befragung ([[Anamnese]]) mit besonderer Beachtung von Begleitsymptomen, Begleiterkrankungen und eventueller Medikamenteneinnahme. Die übliche Menge, Häufigkeit und Konsistenz des Stuhlgangs soll erfragt werden. Dabei dient die Zuhilfenahme der [[Bristol-Stuhlformen-Skala]] der Abschätzung der Transitzeit. Die körperliche Untersuchung beinhaltet die Inspektion des Darmausgangs und die Prüfung der Spannung des Schließmuskels mit dem Finger. Dabei soll der Patient auch den Schließmuskel willentlich zukneifen und drücken wie beim Stuhlgang. Wenn der Patient über häufige Bauchschmerzen im Berichtszeitraum klagt, muss an ein [[Reizdarmsyndrom]] gedacht werden. Wenn keine Warnsymptome bestehen, ist keine weitere apparative Diagnostik erforderlich.<ref name="S2kLeitlinie-1538">{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.&nbsp;V. |datum=2022-04 |seiten=1538 |format=PDF; 1,6 MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>
Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e. V. |datum=2022-04 |seiten=1538 |format=PDF, 1,6MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>


==== Kologene Obstipation ====
==== Kologene Obstipation ====
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* Verknüpfungen von faserarmer Kost, geringer Trinkmenge, mangelnder Bewegung und Unterdrückung des Stuhldrangs mit Obstipation sind nicht belegt
* Verknüpfungen von faserarmer Kost, geringer Trinkmenge, mangelnder Bewegung und Unterdrückung des Stuhldrangs mit Obstipation sind nicht belegt
* Bewegungsstörungen des Darms aufgrund von Fehlfunktionen von Nerven und Muskeln<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-018l-S3I_Intestinale-Motilitaetsstierungen_2022-03.pdf |titel=Update S3-Leitlinie Intestinale Motilitätsstörungen: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie. Gemeinsame Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie und Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen
* Bewegungsstörungen des Darms aufgrund von Fehlfunktionen von Nerven und Muskeln<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-018l-S3I_Intestinale-Motilitaetsstierungen_2022-03.pdf |titel=Update S3-Leitlinie Intestinale Motilitätsstörungen: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie. Gemeinsame Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie und Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.&nbsp;V. |datum=2021-06 |seiten=198 |format=PDF; 5 MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>
Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e. V. |datum=2021-06 |seiten=198 |format=PDF, 4,9MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>
* [[Polyneuropathie]]<ref>{{Internetquelle |autor=Dieter Heuß et al. |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/030-067l_S1_Diagnostik-Polyneuropathien_2020-04.pdf |titel=Diagnostik bei Polyneuropathien - S1-Leitlinie |hrsg=Kommission Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie - Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.&nbsp;V. |datum=2019-03 |seiten=14 |format=PDF |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>
* [[Polyneuropathie]]<ref>{{Internetquelle |autor=Dieter Heuß et al. |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/030-067l_S1_Diagnostik-Polyneuropathien_2020-04.pdf |titel=Diagnostik bei Polyneuropathien - S1-Leitlinie |hrsg=Kommission Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie -Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen
* Passagehindernisse im Darm wie Narben, Verwachsungen<ref name="S2kLeitlinie-1536">{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.&nbsp;V. |datum=2022-04 |seiten=1536 |format=PDF; 1,6 MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>
* [[Multiple Sklerose]]<ref name="S2kLeitlinie-1536" />
Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e. V. |datum=2019-03 |seiten=14 |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>
* [[Parkinson-Krankheit|Morbus Parkinson]]<ref name="S2kLeitlinie-1536" />
⚫
* Passagehindernisse im Darm wie Narben, Verwachsungen<ref name=":2">{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen
⚫
* [[Querschnittlähmung]]<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/179-004 |titel=S2k-Leitlinie Neurogene Darmfunktionsstörung bei Querschnittlähmung |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.&nbsp;V. |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>
Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e. V. |datum=2022-04 |seiten=1536 |format=PDF, 1,6MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>
* [[Multiple Sklerose]]<ref name=":2" />
* [[Sklerodermie]] (Erkrankung des Gefäß- und Bindegewebes)<ref name="S2kLeitlinie-1536" />
* [[Parkinson-Krankheit|Morbus Parkinson]]<ref name=":2" />
* muskuläre Störungen und [[Bindegewebserkrankung]]en<ref name="S2kLeitlinie-1536" />
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* hormonelle Einflüsse, z.&nbsp;B. bei Schilddrüsenunterfunktion ([[Hypothyreose]])<ref name="S2kLeitlinie-1536" />
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* [[Querschnittlähmung]]<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/179-004 |titel=S2k-Leitlinie Neurogene Darmfunktionsstörung bei Querschnittlähmung |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen
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* Nebenwirkungen von Medikamenten: Mittel gegen psychische Erkrankungen ([[Psychopharmakon|Psychopharmaka]]), [[Schlafmittel]], [[Beruhigungsmittel]], kalziumhaltige Magensäurebinder (Aluminiumsulfat), [[Opiat]]e (z.&nbsp;B. [[Morphin]]), Eisenpräparate, entwässernde Medikamente ([[Diuretika]]), [[Antihypertensiva]], Antiparkinsonmedikamente, [[Antikonvulsivum|Antiepileptika]], [[Anticholinergika]] (bei [[Harninkontinenz]])<ref name="S2kLeitlinie-1536" />
Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e. V. |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>
* [[Sklerodermie]] (Erkrankung des Gefäß- und Bindegewebes)<ref name=":2" />
* muskuläre Störungen und [[Bindegewebserkrankung]]en<ref name=":2" />
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* hormonelle Einflüsse, z.&nbsp;B. bei Schilddrüsenunterfunktion ([[Hypothyreose]])<ref name=":2" />
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* Nebenwirkungen von Medikamenten: Mittel gegen psychische Erkrankungen ([[Psychopharmakon|Psychopharmaka]]), [[Schlafmittel]], [[Beruhigungsmittel]], kalziumhaltige Magensäurebinder (Aluminiumsulfat), [[Opiat]]e (z.&nbsp;B. [[Morphin]]), Eisenpräparate, entwässernde Medikamente ([[Diuretika]]), [[Antihypertensiva]], Antiparkinsonmedikamente, [[Antikonvulsivum|Antiepileptika]], [[Anticholinergika]] (bei [[Harninkontinenz]])<ref name=":2" />


==== Anorektale Obstipation ====
==== Anorektale Obstipation ====
Die anorektale Obstipation ist eine Form der chronischen Verstopfung, die auf Veränderungen oder Störungen im Bereich des [[Enddarm]]s und des [[Anus|Afters]] zurückgeführt wird. Es handelt sich also um Stuhlentleerungsstörungen im engeren Sinn (Störung der [[Defäkation]], Outlet-Obstipation). Zu den Ursachen zählen:
Die anorektale Obstipation ist eine Form der chronischen Verstopfung, die auf Veränderungen oder Störungen im Bereich des [[Enddarm]]s und des [[Anus|Afters]] zurückgeführt wird. Es handelt sich also um Stuhlentleerungsstörungen im engeren Sinn (Störung der [[Defäkation]], Outlet-Obstipation). Zu den Ursachen zählen:


* Verengung des Darmausgangs ''(Analstenose z.B. durch [[Analkrebs]] oder Narbenbildung bei weiderkehrender [[Analfissur]])''
* Verengung des Darmausgangs ''(Analstenose z.&nbsp;B. durch [[Analkrebs]] oder Narbenbildung bei wiederkehrender [[Analfissur]])''
* Herausrutschen eines Teils des Mastdarmgewebes aus dem After ''([[Rektumprolaps]], [[Analprolaps]])''
* Herausrutschen eines Teils des Mastdarmgewebes aus dem After ''([[Rektumprolaps]], [[Analprolaps]])''
* Aussackung des Enddarms ''([[Rektozele]])''
* Aussackung des Enddarms ''([[Rektozele]])''
* angeborene Verdickung des inneren [[Schließmuskel]]s (Sphincter internus)
* angeborene Verdickung des inneren [[Schließmuskel]]s (Sphincter internus)
* gestörte Motorik von Enddarm (Rektum) und After (wie beim M. [[Hirschsprung-Krankheit|Hirschsprung]])
* gestörte Motorik von Enddarm (Rektum) und After (wie beim M. [[Hirschsprung-Krankheit|Hirschsprung]])
* gestörte Koordination der inneren und äußeren Schließmuskeln ([[Dyschezie]])<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen
* gestörte Koordination der inneren und äußeren Schließmuskeln ([[Dyschezie]])<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.&nbsp;V. |datum=2022-04 |seiten=1536 |format=PDF; 1,6 MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>
Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e. V. |datum=2022-04 |seiten=1536 |format=PDF, 1,6MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>


==== Funktionelle Obstipation ====
==== Funktionelle Obstipation ====
Der Begriff der [[Funktionelle Syndrome|funktionellen]] oder [[idiopathisch]]en Obstipation beschreibt die Situation, dass bei einer chronischen Obstipation keine krankhaften organischen Veränderungen gefunden werden können. Die Definition entspricht ebenso den Rom-IV-Kriterien.<ref name=":1" /> Da die Feststellung einer funktionellen Störung immer eine Ausschlussdiagnostik voraussetzt, unterscheiden sich die diagnostischen Maßnahmen nicht von denen der Obstipation bei organischen Ursachen.
Der Begriff der [[Funktionelle Syndrome|funktionellen]] oder [[idiopathisch]]en Obstipation beschreibt die Situation, dass bei einer chronischen Obstipation keine krankhaften organischen Veränderungen gefunden werden können. Die Definition entspricht ebenso den Rom-IV-Kriterien.<ref name="Rome4" /> Da die Feststellung einer funktionellen Störung immer eine Ausschlussdiagnostik voraussetzt, unterscheiden sich die diagnostischen Maßnahmen nicht von denen der Obstipation bei organischen Ursachen.


==== Obstipation bei Kindern ====
==== Obstipation bei Kindern ====
Die chronische Obstipation bei Kindern ist zu über 90 % funktionell bedingt, organische Ursachen sind selten. Häufig sind es unangenehme Erfahrungen im Zusammenhang mit der [[Defäkation]], die die Kinder dazu bringen, den Stuhlgang zu unterdrücken. Das können schmerzhafte Defäkationen in der Vergangenheit sein oder als unpassend empfundene Rahmenbedingungen (z.&nbsp;B. mangelhafter Zustand von Toiletten in Schulgebäuden). Wird der Darminhalt zu lange zurückgehalten, kommt es zur Bildung harter Stuhlballen. Dazwischen kann sich flüssiger Darminhalt befinden, der sogar aus dem Darmausgang austritt. Oft wird dann fälschlicherweise ein [[Einkoten]] als eigenes Problem vermutet. Bei Schwierigkeiten mit der Darmentleerung sollen Kinder an einen gleichmäßigen [[Tagesrhythmus]] gewöhnt und zum Toilettengang zu bestimmten Uhrzeiten motiviert werden.<ref name=":3">{{Internetquelle |autor=Martin Claßen et al. |url=https://www.aerzteblatt.de/pdf.asp?id=227963 |titel=Obstipation bei Kindern und Jugendlichen |werk=Dtsch Arztebl Int 2022; 119: 697–708|hrsg=Deutsches Ärzteblatt |datum=2022-10-14 |sprache=de |abruf=2023-01-09}}[[DOI:10.3238/arztebl.m2022.0309]]</ref>
Die chronische Obstipation bei Kindern ist zu über 90 % funktionell bedingt, organische Ursachen sind selten. Häufig sind es unangenehme Erfahrungen im Zusammenhang mit der [[Defäkation]], die die Kinder dazu bringen, den Stuhlgang zu unterdrücken. Das können schmerzhafte Defäkationen in der Vergangenheit sein oder als unpassend empfundene Rahmenbedingungen (z.&nbsp;B. mangelhafter Zustand von Toiletten in Schulgebäuden). Wird der Darminhalt zu lange zurückgehalten, kommt es zur Bildung harter Stuhlballen. Dazwischen kann sich flüssiger Darminhalt befinden, der sogar aus dem Darmausgang austritt. Oft wird dann fälschlicherweise ein [[Einkoten]] als eigenes Problem vermutet. Bei Schwierigkeiten mit der Darmentleerung sollen Kinder an einen gleichmäßigen [[Tagesrhythmus]] gewöhnt und zum Toilettengang zu bestimmten Uhrzeiten motiviert werden.<ref name="KindernJugendlichen">{{Literatur |Autor=Martin Claßen et al. |Titel=Obstipation bei Kindern und Jugendlichen |Sammelwerk=[[Deutsches Ärzteblatt]] International |Band=119 |Datum=2022-10-14 |Seiten=697–708 |Sprache=de |Online=https://www.aerzteblatt.de/pdf.asp?id=227963 |Format=PDF |KBytes= |Abruf=2023-01-06 |DOI=10.3238/arztebl.m2022.0309}}</ref>


== Pseudo-Obstipation ==
== Pseudo-Obstipation ==
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In der Vergangenheit wurden zahlreiche Folgeerkrankungen der Verstopfung vermutet, die [[Evidenzbasierte Medizin|Evidenz]] für solche Annahmen ist jedoch gering. Insbesondere lässt sich die Annahme, Obstipation sei eine Ursache für folgende Erkrankungen '''nicht''' belegen:
In der Vergangenheit wurden zahlreiche Folgeerkrankungen der Verstopfung vermutet, die [[Evidenzbasierte Medizin|Evidenz]] für solche Annahmen ist jedoch gering. Insbesondere lässt sich die Annahme, Obstipation sei eine Ursache für folgende Erkrankungen '''nicht''' belegen:


* [[Analfissur]]<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/081-010l_S3_Analfissur_2020-05.pdf |titel=S3-Leitlinie: Analfissur |titelerg=AWMF-Registriernummer: 081-010 |werk=coloproctology 2020 · 42:90–196 |hrsg=Springer Medizin Verlag |datum=2020 |seiten=95 |format=PDF, 5,9MB |sprache=de |archiv-url= |abruf=2023-01-09}}</ref>
* [[Analfissur]]<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/081-010l_S3_Analfissur_2020-05.pdf |titel=S3-Leitlinie: Analfissur |titelerg=AWMF-Registriernummer: 081-010 |werk=coloproctology 2020 · 42:90–196 |hrsg=Springer Medizin Verlag |datum=2020 |seiten=95 |format=PDF; 6 MB |sprache=de |archiv-url= |abruf=2023-01-09}}</ref>
* [[Hämorrhoiden]]<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/081-007l_S3__Hämorrhoidalleiden_2019-07_01.pdf |titel=S3-Leitlinie - Hämorrhoidalleiden |hrsg=Deutsche Gesellschaft für Koloproktologie (DGK) |seiten=46 |format=PDF, 2,7MB |sprache=de |abruf=2023-01-09}}</ref>
* [[Hämorrhoiden]]<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/081-007l_S3__Hämorrhoidalleiden_2019-07_01.pdf |titel=S3-Leitlinie - Hämorrhoidalleiden |hrsg=Deutsche Gesellschaft für Koloproktologie (DGK) |seiten=46 |format=PDF; 2,7 MB |sprache=de |abruf=2023-01-09}}</ref>
* [[Divertikulitis]]<ref>{{Internetquelle |autor=Ludger Leifeld et al. |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-020l_S3_Divertikelkrankheit-Divertikulitis_2022-05.pdf |titel=S3-Leitlinie Divertikelkrankheit/Divertikulitis |hrsg=Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, AWMF |datum=2021-11 |seiten=619 |sprache=de |abruf=2023-01-09}}</ref>
* [[Divertikulitis]]<ref>{{Internetquelle |autor=Ludger Leifeld et al. |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-020l_S3_Divertikelkrankheit-Divertikulitis_2022-05.pdf |titel=S3-Leitlinie Divertikelkrankheit/Divertikulitis |hrsg=Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, AWMF |datum=2021-11 |seiten=619 |format=PDF |sprache=de |abruf=2023-01-09}}</ref>
Für diese Erkrankungen gelten bestimmte Aspekte der Obstipation als Ursache jedoch als gesichert:
Für diese Erkrankungen gelten bestimmte Aspekte der Obstipation als Ursache jedoch als gesichert:
* [[Gebärmuttersenkung|Senkung]] im Bereich des Beckenbodens bei Frauen ([[Gebärmutter]], [[Harnblase]], [[Enddarm]])<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/015-006l_S2e_Descensus_genitalis-Diagnostik-Therapie_2016-11-abgelaufen.pdf |titel=S2-Leitlinie Diagnostik und Therapie des weiblichen Descensus genitalis |hrsg=Gesellschaften für Gynäkologie und Geburtshilfe Deutschlands, Österreichs und der Schweiz |datum=2016-04 |seiten=43 |format=PDF, 3,4MB |sprache=de |abruf=2023-01-09}}</ref>
* [[Gebärmuttersenkung|Senkung]] im Bereich des Beckenbodens bei Frauen ([[Gebärmutter]], [[Harnblase]], [[Enddarm]])<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/015-006l_S2e_Descensus_genitalis-Diagnostik-Therapie_2016-11-abgelaufen.pdf |titel=S2-Leitlinie Diagnostik und Therapie des weiblichen Descensus genitalis |hrsg=Gesellschaften für Gynäkologie und Geburtshilfe Deutschlands, Österreichs und der Schweiz |datum=2016-04 |seiten=43 |format=PDF; 3,4 MB |sprache=de |abruf=2023-01-09}}</ref>
* Entstehung eines [[Rektumprolaps]]<ref>{{Internetquelle |autor=Christian Gingert , Franc Hetzer |url=https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/a-0587-6702 |titel=Therapielexikon Gastroenterologie Und Hepatologie |hrsg=Thieme |datum=2018 |sprache=de |abruf=2023-01-09}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.hopkinsmedicine.org/health/conditions-and-diseases/rectal-prolapse |titel=Rectal Prolapse |hrsg=Johns Hopkins School of Medicine |datum=2019-11-19 |sprache=en |abruf=2023-01-09}}</ref>
* Entstehung eines [[Rektumprolaps]]<ref>{{Internetquelle |autor=Christian Gingert, Franc Hetzer |url=https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/a-0587-6702 |titel=Therapielexikon Gastroenterologie Und Hepatologie |hrsg=Thieme |datum=2018 |sprache=de |abruf=2023-01-09}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.hopkinsmedicine.org/health/conditions-and-diseases/rectal-prolapse |titel=Rectal Prolapse |hrsg=Johns Hopkins School of Medicine |datum=2019-11-19 |sprache=en |abruf=2023-01-09}}</ref>
* Perianalthrombose<ref>{{Internetquelle |autor=H. Mllitz, V. Wienert |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/081-002.pdf |titel=Analthrombose |werk=Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Koloproktologie |hrsg=AWMF, Deutschen Gesellschaft für Koloproktologie |datum=2002-12 |format=PDF, 159KB |sprache=de |abruf=2023-01-09}}</ref>
* Perianalthrombose<ref>{{Internetquelle |autor=H. Mllitz, V. Wienert |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/081-002.pdf |titel=Analthrombose |werk=Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Koloproktologie |hrsg=AWMF, Deutschen Gesellschaft für Koloproktologie |datum=2002-12 |format=PDF; 159 kB |sprache=de |abruf=2023-01-09}}</ref>
* Entstehung vermeintlicher [[Stuhlinkontinenz]] oder [[Enkopresis]] bei Kindern<ref name=":3" />
* Entstehung vermeintlicher [[Stuhlinkontinenz]] oder [[Enkopresis]] bei Kindern<ref name="KindernJugendlichen" />


== Behandlung ==
== Behandlung ==
Eine einheitliche Behandlung kann es angesichts der unterschiedlichen Formen und Ursachen nicht geben. Häufig ist die Obstipation lediglich Symptom einer Grunderkrankung. Von der akuten Obstipation wegen eines mechanischen Darmverschlusses über die chronische slow-transit-Obstipation wegen einer neuro-muskulären Dysfunktion bis hin zur rein funktionellen Obstipation ist es ein weites Feld. Vor jeder Behandlung muss eine Diagnostik stehen, die für die in der [[Anamnese]] erhobenen Daten angemessen ist.<ref name=":4" /><ref name=":5" /><ref name=":6" />
Eine einheitliche Behandlung kann es angesichts der unterschiedlichen Formen und Ursachen nicht geben. Häufig ist die Obstipation lediglich Symptom einer Grunderkrankung. Von der akuten Obstipation wegen eines mechanischen Darmverschlusses über die chronische slow-transit-Obstipation wegen einer neuro-muskulären Dysfunktion bis hin zur rein funktionellen Obstipation ist es ein weites Feld. Vor jeder Behandlung muss eine Diagnostik stehen, die für die in der [[Anamnese]] erhobenen Daten angemessen ist.<ref name="Siegenthaler" /><ref name="Vilz" /><ref name="S2kLeitlinie-1538" />


=== Konservative Behandlung der chronischen Obstipation ===
=== Konservative Behandlung der chronischen Obstipation ===
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==== Allgemeine Empfehlungen ====
==== Allgemeine Empfehlungen ====


* Auf eine ausreichende Trinkmenge von 1,5 bis 2 Litern täglich sollte geachtet werden.<ref name=":7">{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen
* Auf eine ausreichende Trinkmenge von 1,5 bis 2 Litern täglich sollte geachtet werden.<ref name="S2kLeitlinie-1540">{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.&nbsp;V. |datum=2022-04 |seiten=1540 |format=PDF; 1,6 MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>
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* Körperliche Inaktivität sollte vermieden werden. Besonders adipöse Personen profitieren von einem angemessenen Bewegungsprogramm.<ref name="S2kLeitlinie-1540" />
Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e. V. |datum=2022-04 |seiten=1540 |format=PDF, 1,6MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>
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* Das Unterdrücken des Stuhldrangs sollte nach Möglichkeit vermieden werden.<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.&nbsp;V. |datum=2022-04 |seiten=1541 |format=PDF; 1,6 MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>

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* Körperliche Inaktivität sollte vermieden werden. Besonders adipöse Personen profitieren von einem angemessenen Bewegungsprogramm.<ref name=":7" />

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* Das Unterdrücken des Stuhldrangs sollte nach Möglichkeit vermieden werden.<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen
Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e. V. |datum=2022-04 |seiten=1541 |format=PDF, 1,6MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>


==== Ernährung ====
==== Ernährung ====
Eine Aufnahme von 30 g [[Ballaststoff]]en pro Tag sollte angestrebt werden. Eine Steigerung der Aufnahme von Ballaststoffen führt neben anderen vorteilhaften Auswirkungen auf die Gesundheit, zu einer Beschleunigung der Darmpassage (Verkürzung der Transitzeit). Ein bevorzugter Verzehr von Gemüse, Obst und Produkten aus Vollkorngetreide ist daher zu empfehlen. Ballaststoffe führen durch mikrobielle Vergärung im Darm auch zur Bildung von Darmgasen. Kann das Ausmaß des [[Meteorismus]] nicht toleriert werden, sind zunächst andere Maßnahmen zu bevorzugen.<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen
Eine Aufnahme von 30 g [[Ballaststoff]]en pro Tag sollte angestrebt werden. Eine Steigerung der Aufnahme von Ballaststoffen führt neben anderen vorteilhaften Auswirkungen auf die Gesundheit, zu einer Beschleunigung der Darmpassage (Verkürzung der Transitzeit). Ein bevorzugter Verzehr von Gemüse, Obst und Produkten aus Vollkorngetreide ist daher zu empfehlen. Ballaststoffe führen durch mikrobielle Vergärung im Darm auch zur Bildung von Darmgasen. Kann das Ausmaß des [[Meteorismus]] nicht toleriert werden, sind zunächst andere Maßnahmen zu bevorzugen.<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.&nbsp;V. |datum=2022-04 |seiten=1544–1545 |format=PDF; 1,6 MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>
Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e. V. |datum=2022-04 |seiten=1544–1545 |format=PDF, 1,6MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>


==== Beeinflussung der Darmflora ====
==== Beeinflussung der Darmflora ====


Zur Beeinflussung der [[Darmflora]], auch [[Mikrobiom]] des Darms genannt, werden verschiedene Strategien verfolgt. Beim Einsatz von [[Probiotika]] werden [[Mikroorganismen]] verabreicht, die dem Körper einen gesundheitlichen Nutzen bringen sollen. [[Präbiotika]] sind Nährstoffe, die selektiv bestimmte Bestandteile des Mikrobioms fördern sollen. [[Synbiotika]] sind Produkte, die beide vorgenannten Bestandteile enthalten. Die Datenlage zu dieser Produktkategorie ist teilweise widersprüchlich. Therapieversuche sind manchmal erfolgreich. Bei Erfolglosigkeit sollte der Therapieversuch nach 4–6 Wochen beendet werden.<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen
Zur Beeinflussung der [[Darmflora]], auch [[Mikrobiom]] des Darms genannt, werden verschiedene Strategien verfolgt. Beim Einsatz von [[Probiotika]] werden [[Mikroorganismen]] verabreicht, die dem Körper einen gesundheitlichen Nutzen bringen sollen. [[Präbiotika]] sind Nährstoffe, die selektiv bestimmte Bestandteile des Mikrobioms fördern sollen. [[Synbiotika]] sind Produkte, die beide vorgenannten Bestandteile enthalten. Die Datenlage zu dieser Produktkategorie ist teilweise widersprüchlich. Therapieversuche sind manchmal erfolgreich. Bei Erfolglosigkeit sollte der Therapieversuch nach 4–6 Wochen beendet werden.<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.&nbsp;V. |datum=2022-04 |seiten=1546–1547 |format=PDF; 1,6 MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>
Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e. V. |datum=2022-04 |seiten=1546–1547 |format=PDF, 1,6MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>


==== Medikamentöse Therapie ====
==== Medikamentöse Therapie ====
Abführmittel (Laxantien) können eingesetzt werden, wenn die Maßnahmen der Veränderung des Lebensstils und der Ernährung keinen ausreichenden Erfolg zeigten. [[Macrogol]], [[Bisacodyl]] und [[Natriumpicosulfat]] sind Arzneimittel der ersten Wahl. Sie können auch in der Schwangerschaft eingesetzt werden, Macrogol auch bei Kindern.<ref name=":3" /> [[Lactulose]], [[Lactit]]ol, [[Sorbit]] und [[Lactose]] (letztere nur bei Überschreiten der Verdauungskapazität) sind ebenfalls geeignet. Da sie jedoch teilweise vergoren werden, sorgen sie wie Ballaststoffe häufig für unerwünschte Gasbildung. Laxantien, die auf der osmotischen Wirkung von Salzen beruhen, sind wegen möglicher Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln nicht zu empfehlen. Die genannten Mittel sorgen für eine Verkürzung der Transitzeit. Zur Erleichterung der Stuhlentleerung bei der anorektalen Obstipation sind bisacodylhaltige oder CO<sub>2</sub>-freisetzende Zäpfchen geeignet, ebenso die [[Einlauf (Medizin)|transanale Irrigation (Einlauf)]].<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen
Abführmittel (Laxantien) können eingesetzt werden, wenn die Maßnahmen der Veränderung des Lebensstils und der Ernährung keinen ausreichenden Erfolg zeigten. [[Macrogol]], [[Bisacodyl]] und [[Natriumpicosulfat]] sind Arzneimittel der ersten Wahl. Sie können auch in der Schwangerschaft eingesetzt werden, Macrogol auch bei Kindern.<ref name="KindernJugendlichen" /> [[Lactulose]], [[Lactit]]ol, [[Sorbit]] und [[Lactose]] (letztere nur bei Überschreiten der Verdauungskapazität) sind ebenfalls geeignet. Da sie jedoch teilweise vergoren werden, sorgen sie wie Ballaststoffe häufig für unerwünschte Gasbildung. Laxantien, die auf der osmotischen Wirkung von Salzen beruhen, sind wegen möglicher Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln nicht zu empfehlen. Die genannten Mittel sorgen für eine Verkürzung der Transitzeit. Zur Erleichterung der Stuhlentleerung bei der anorektalen Obstipation sind bisacodylhaltige oder CO<sub>2</sub>-freisetzende Zäpfchen geeignet, ebenso die [[Einlauf (Medizin)|transanale Irrigation (Einlauf)]].<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.&nbsp;V. |datum=2022-04 |seiten=1547–1550 |format=PDF; 1,6 MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>
Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e. V. |datum=2022-04 |seiten=1547–1550 |format=PDF, 1,6MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>


==== Biofeedback ====
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Es gibt Belege über die vorteilhafte Wirkung von Biofeedback bei Patienten mit einer Fehlfunktion des Beckenbodens. Hierbei erhält der Patient über eine anale Sonde optische Rückmeldungen über die Koordination der Schließmuskelfunktion. Farbige Leuchtdioden zeigen dabei die Anspannung oder Entspannung des Schließmuskelapparates an. Biofeedback ist auch für Kinder geeignet.<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen
Es gibt Belege über die vorteilhafte Wirkung von Biofeedback bei Patienten mit einer Fehlfunktion des Beckenbodens. Hierbei erhält der Patient über eine anale Sonde optische Rückmeldungen über die Koordination der Schließmuskelfunktion. Farbige Leuchtdioden zeigen dabei die Anspannung oder Entspannung des Schließmuskelapparates an. Biofeedback ist auch für Kinder geeignet.<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.&nbsp;V. |datum=2022-04 |seiten=1551 |format=PDF; 1,6 MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>
Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e. V. |datum=2022-04 |seiten=1551 |format=PDF, 1,6MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>


==== Opioid-induzierte Obstipation ====
==== Opioid-induzierte Obstipation ====
Dieser Begriff bezeichnet den Sonderfall einer Nebenwirkung von bestimmten Schmerzmitteln, die zu der Gruppe der [[Opioide]] gehören. Opioide führen zu verminderten Darmbewegungen ([[Peristaltik]]) und zu einer Verminderung der Sekretion der Darmschleimhaut. Beides resultiert in einer Verlängerung der Transitzeit und einer Verhärtung des Darminhalts. Da die Verstopfung bei der Anwendung von Opioiden fast schon einer regelmäßige Begleiterscheinung ist, muss bei ihrer Anwendung der Einsatz stuhlgangfördernder Maßnahmen gleich mitgedacht werden. Die oben genannten allgemeinen Maßnahmen sind auch hier angebracht. Die Aufnahme von Ballaststoffen muss mit besonderer Vorsicht erfolgen, da hier die damit verbundene Gasentwicklung besonders nachteilig ist. Die Medikamente zur Verkürzung der Transitzeit sollten frühzeitig eingesetzt werden. Sind diese nicht ausreichend wirksam, sollen sogenannte [[Opioidantagonist]]en zu Einsatz kommen. Diese heben die Wirkung der Opioide teilweise wieder auf.<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen
Dieser Begriff bezeichnet den Sonderfall einer Nebenwirkung von bestimmten Schmerzmitteln, die zu der Gruppe der [[Opioide]] gehören. Opioide führen zu verminderten Darmbewegungen ([[Peristaltik]]) und zu einer Verminderung der Sekretion der Darmschleimhaut. Beides resultiert in einer Verlängerung der Transitzeit und einer Verhärtung des Darminhalts. Da die Verstopfung bei der Anwendung von Opioiden fast schon eine regelmäßige Begleiterscheinung ist, muss bei ihrer Anwendung der Einsatz stuhlgangfördernder Maßnahmen gleich mitgedacht werden. Die oben genannten allgemeinen Maßnahmen sind auch hier angebracht. Die Aufnahme von Ballaststoffen muss mit besonderer Vorsicht erfolgen, da hier die damit verbundene Gasentwicklung besonders nachteilig ist. Die Medikamente zur Verkürzung der Transitzeit sollten frühzeitig eingesetzt werden. Sind diese nicht ausreichend wirksam, sollen sogenannte [[Opioidantagonist]]en zum Einsatz kommen. Diese heben die Wirkung der Opioide teilweise wieder auf.<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.&nbsp;V. |datum=2022-04 |seiten=1555–1558 |format=PDF; 1,6 MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>
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=== Operative Behandlung ===
=== Operative Behandlung ===
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* Kolektomie mit ileorektaler Anastomose (Entfernung des Dickdarms mit direktem Anschluss des Dünndarms an den Enddarm) zur Behandlung der slow-transit Obstipation. Bis zu 30 % der Patienten erleiden Komplikationen in zeitlichen Zusammenhang mit der Operation, bis zu 15 % erleiden später einen Darmverschluss, bis zu 50 % leiden danach immer noch unter einer Obstipation. Die Indikation ist mit größter Zurückhaltung und nur bei hohem Leidensdruck zu stellen.
* Kolektomie mit ileorektaler Anastomose (Entfernung des Dickdarms mit direktem Anschluss des Dünndarms an den Enddarm) zur Behandlung der slow-transit Obstipation. Bis zu 30 % der Patienten erleiden Komplikationen in zeitlichen Zusammenhang mit der Operation, bis zu 15 % erleiden später einen Darmverschluss, bis zu 50 % leiden danach immer noch unter einer Obstipation. Die Indikation ist mit größter Zurückhaltung und nur bei hohem Leidensdruck zu stellen.
* Transanale Resektion bei ano-rektaler Obstipation: Stellen Hindernisse wie ein [[Rektumprolaps]] oder eine [[Rektozele]] ein Defäkationshindernis dar, kommt diese Methode in Frage. Die Erfolgsrate liegt bei 80 %, die perioperativen Komplikationen bei bis zu 22 %. Schwerwiegende Ereignisse wie [[Sepsis]], Blutung oder [[Anastomoseninsuffizienz|Anostomoseninsuffizienz]] (Undichtigkeit der Darmnaht) treten mit 2 % auf.
* Transanale Resektion bei ano-rektaler Obstipation: Stellen Hindernisse wie ein [[Rektumprolaps]] oder eine [[Rektozele]] ein Defäkationshindernis dar, kommt diese Methode in Frage. Die Erfolgsrate liegt bei 80 %, die perioperativen Komplikationen bei bis zu 22 %. Schwerwiegende Ereignisse wie [[Sepsis]], Blutung oder [[Anastomoseninsuffizienz|Anostomoseninsuffizienz]] (Undichtigkeit der Darmnaht) treten mit 2 % auf.
* Abdominelle Rektopexie (Befestigung des Enddarms): Sie verhindert den Vorfall des Enddarms beim Stuhlgang. Die am häufigsten durchgeführte Variante ist die Einlage eines Netzes im Rahmen einer [[Bauchspiegelung]]. Bis zu 91 % der Patienten berichten über eine Besserung der Beschwerden 1 Jahr nach der Operation. Perioperative Komplikationen treten in bis zu 15 % der Fälle auf, schwerwiegende Komplikationen in bis zu 4 % der Fälle.<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen
* Abdominelle Rektopexie (Befestigung des Enddarms): Sie verhindert den Vorfall des Enddarms beim Stuhlgang. Die am häufigsten durchgeführte Variante ist die Einlage eines Netzes im Rahmen einer [[Bauchspiegelung]]. Bis zu 91 % der Patienten berichten über eine Besserung der Beschwerden 1 Jahr nach der Operation. Perioperative Komplikationen treten in bis zu 15 % der Fälle auf, schwerwiegende Komplikationen in bis zu 4 % der Fälle.<ref>{{Internetquelle |url=https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-019l_S2k_Chronische_Obstipation_2022-11.pdf |titel=Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) |hrsg=Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.&nbsp;V. |datum=2022-04 |seiten=1558–1560 |format=PDF; 1,6 MB |sprache=de |abruf=2023-01-06}}</ref>
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== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Carl Ernst Bock]]: Die Verstopfung, in: [[Die Gartenlaube]], Heft 1, S. 8–9, 1855.<ref>[[Carl Ernst Bock]]: Bausteine zu einer naturgemäßen Selbstheillehre – [[:s:Die Verstopfung|Die Verstopfung]], in: [[Die Gartenlaube]], Heft 1, S. 8–9, 1855.</ref>
* {{Gartenlaube |Wikisource=Die Verstopfung |Autor=[[Carl Ernst Bock]] |Jahr=1855 |Heft=1 |Seite=8–9 |Kommentar=Bausteine zu einer naturgemäßen Selbstheillehre}}
* Stefan Müller-Lissner: [https://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?src=heft&id=65073 ''Obstipation – Pathophysiologie, Diagnose und Therapie.''] 2010. [[doi:10.3238/arztebl.2010.0424]]
* Stefan Müller-Lissner: [https://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?src=heft&id=65073 ''Obstipation – Pathophysiologie, Diagnose und Therapie''.] In: [[Deutsches Ärzteblatt]], 2010. [[doi:10.3238/arztebl.2010.0424]]
* Christoph Röll: ''Obstipation als Beratungsanlass in der hausärztlichen Praxis – eine praxisepidemiologische QuerschnittstudieDatensatz.'' Ulm 2012, {{DNB|1028568029}} ([[Dissertation]] [[Universität Ulm]], Medizinische Fakultät, 2012, [http://vts.uni-ulm.de/docs/2012/8282/vts_8282_12152.pdf online] PDF, kostenfrei, 366&nbsp;kB)
* Christoph Röll: ''Obstipation als Beratungsanlass in der hausärztlichen Praxis – eine praxisepidemiologische QuerschnittstudieDatensatz.'' [[Dissertation]], [[Universität Ulm]], Medizinische Fakultät, 2012; {{DNB|1028568029}}, [http://vts.uni-ulm.de/docs/2012/8282/vts_8282_12152.pdf uni-ulm.de] (PDF; 366&nbsp;kB).
* [[Giulia Enders]]: ''Darm mit Charme: alles über ein unterschätztes Organ.'' Illustriert von Jill Enders. Ullstein, Berlin 2014, ISBN 978-3-550-08041-8.
* [[Giulia Enders]]: ''Darm mit Charme: alles über ein unterschätztes Organ.'' Illustriert von Jill Enders. Ullstein, Berlin 2014, ISBN 978-3-550-08041-8.
* Julia Seiderer-Nack: ''Was passiert im Darm? Neues Wissen für mehr Darmgesundheit, Darmbarriere, Bauchhirn, Immunsystem und die richtige Ernährung.'' Südwest, München 2014, ISBN 978-3-517-08959-1.
* Julia Seiderer-Nack: ''Was passiert im Darm? Neues Wissen für mehr Darmgesundheit, Darmbarriere, Bauchhirn, Immunsystem und die richtige Ernährung.'' Südwest, München 2014, ISBN 978-3-517-08959-1.
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* [http://www.krank-gesund.de/infos/Vorübergehende_Verstopfung Was der Arzt bei Verstopfung wissen muss]
* [http://www.krank-gesund.de/infos/Vorübergehende_Verstopfung Was der Arzt bei Verstopfung wissen muss.] krank-gesund.de
* [http://www.reizdarm.net/verstopfung/verstopfung.htm Hilfreiche Informationen zu Verstopfungs-Ursachen, Diagnose und Therapie]
* [http://www.reizdarm.net/verstopfung/verstopfung.htm Hilfreiche Informationen zu Verstopfungs-Ursachen, Diagnose und Therapie.] reizdarm.net
* Stefan Müller Lissner: [https://www.aerzteblatt.de/archiv/65073 Obstipation – Pathophysiologie, Diagnose und Therapie].
* Stefan Müller Lissner: [https://www.aerzteblatt.de/archiv/65073 Obstipation – Pathophysiologie, Diagnose und Therapie.] aerzteblatt.de


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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Aktuelle Version vom 29. Dezember 2023, 22:55 Uhr

Klassifikation nach ICD-10
K59.0 Obstipation
ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Klassifikation nach ICD-11
13 Krankheiten des Verdauungssystems → Funktionelle Magen-Darm-Störungen
DB32 Motilitätsstörungen des Dickdarms
DB32.1 Slow-Transit-Obstipation
DD91.1 Funktionelle Obstipation
DD92 Funktionelle anorektale Störung
DD92.2 Funktionelle Störung der Defäkation
DD93 Funktionelle Störungen der Verdauung bei Säuglingen, Kleinkindern oder Kindern
ICD-11: Englisch • Deutsch (Entwurf)

Als Obstipation oder Verstopfung, auch Stuhlverstopfung, wird eine erschwerte und unvollständige Darmentleerung mit verminderter Häufigkeit bezeichnet.[1] Der Begriff Konstipation wird meist gleichbedeutend verwendet. Das Krankheitsbild ist in der Humanmedizin wie in der Tiermedizin gleichermaßen von Bedeutung. In diesem Artikel soll die Obstipation beim Menschen behandelt werden. Etwa 20 % der Bewohner Deutschlands leiden zumindest gelegentlich unter Verstopfung, davon etwa 75 % Frauen.[2] Im Alter betrifft eine Verstopfung ca. 26 % der Männer über 84 Jahren und 34 % der Frauen.[3]

Wortherkunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Wort Obstipation,[4] lateinisch obstipatio („Gedrängtsein“, „Aufhäufung“), kommt von lateinisch ob, „zu (… hin)“, „wegen“, „entgegen“, und (wie Konstipation, lateinisch constipatio „Gedränge“, von constipare „zusammendrängen“[5]) von stipare „zusammendrängen“, „gedrängt vollstopfen“, „zusammenpressen“, „zusammenhäufen“, „drängen“.[6][7][8]

Historisches[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits im alten Ägypten und im Mittelalter wurden nachweislich Verdauungsstörungen beschrieben. In medizinischen Schriften aus jenen Zeiten sowie in Literatur und Kunst finden sich zahlreiche Hinweise auf Obstipation.

Normale Funktion der Darmpassage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine vollständige Verdauung vom Kauen und Schlucken bis zum Stuhlgang unterliegt zeitlich starken Schwankungen und dauert normalerweise acht Stunden bis drei Tage.[9] Diese sogenannte Transitzeit hängt von verschiedenen Faktoren ab. Neben Veranlagung, Stress und Trinkmenge wird sie auch durch die Aufnahme von Ballaststoffen bestimmt. Dabei bewirkt eine vermehrte Zufuhr von Ballaststoffen eine Verkürzung der Transitzeit.[10]

Die Stuhlentleerung regelt sich dabei über einen Reflex, der jedoch willentlich unterdrückt werden kann. Auslöser für den Defäkationsreflex ist die Füllung des Mastdarms. Erst bei ausreichender Füllung wird der Reflex ausgelöst, die Muskulatur in der Wand des Mastdarms erzeugt eine erhöhte Spannung, der Stuhldrang entsteht und signalisiert, dass eine Darmentleerung angebracht wäre.

Die Menge des abgesetzten Stuhls wird stark durch die Ernährung beeinflusst. Sie schwankt zwischen durchschnittlich 100 g pro 24 Stunden bei ballaststoffarmer Ernährung bis zu 350 g pro 24 Stunden bei Vegetariern.[11]

Formen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Akute Obstipation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jede plötzlich einsetzende Störung der Stuhlentleerung muss als akute Obstipation bezeichnet werden. Sie ist immer abklärungsbedürftig. Ursachen für eine akute Obstipation können sein:

  • Nebenwirkung von Medikamenten (z. B. Opiate)
  • Schmerzen beim Stuhlgang (z. B. bei einer Analfissur)
  • Änderung der Lebensgewohnheiten (z. B. bei einer Reise)
  • Darmverschluss (Ileus)[12]

Der Darmverschluss ist die wichtigste Differentialdiagnose bei der akuten Obstipation, weil es sich dabei um eine Erkrankung handelt, die einer sofortigen Abklärung und Behandlung bedarf. Treten zusätzlich zu den Verstopfungsbeschwerden Symptome wie

auf, können diese Beschwerden auf einen Darmverschluss (Ileus) zurückzuführen sein. Diese Patienten müssen sofort ärztlich betreut werden, bisweilen ist eine sofortige operative Behandlung notwendig.[13]

Die Reiseobstipation ist eine akute funktionelle Obstipation. Es liegen also keine ursächlichen Grunderkrankungen vor. Der Körper ist mit der neuen Situation nicht vertraut und reagiert mit einer vorübergehenden Darmträgheit. Ursachen einer Reiseobstipation können sein:

  • ungewohnte Nahrungsmittel und Gewürze
  • Flüssigkeitsmangel bedingt durch hohe Temperaturen und trockene Luft
  • Zeitumstellung bei Fernreisen
  • ungewohnter Alltagsablauf

Chronische Obstipation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Handlungsschema chronische Obstipation[14]

Definition und Häufigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von chronischer Obstipation spricht man, wenn zwei der u.g. Kriterien an mindestens 12 Wochen innerhalb der letzten sechs Monate aufgetreten sind (Rom-IV-Kriterien)[15]:

  • Starkes Pressen bei mind. 25 % der Defäkationen
  • Klumpiger, harter Stuhlgang bei mind. 25 % der Defäkationen
  • Gefühl der unvollständigen Entleerung bei mind. 25 % der Defäkationen
  • Gefühl, dass die Stuhlpassage blockiert ist bei mind. 25 % der Defäkationen
  • Manuelle Hilfe zur Erleichterung der Entleerung bei mind. 25 % der Defäkationen
  • Weniger als drei Entleerungen pro Woche

Dabei darf kaum weicher, ungeformter Stuhl (außer mit Abführmitteln) und kein Reizdarmsyndrom vorliegen.

In Europa kann von einer Häufigkeit des Auftretens (Prävalenz) von 15 % der Allgemeinbevölkerung ausgegangen werden. Gruppen mit deutlich erhöhter Prävalenz sind Frauen und ältere Menschen.[16]

Entsprechend ihrer Ursachen wird die chronische Verstopfung in drei Gruppen eingeteilt, die kologene Obstipation, die anorektale Obstipation und die idiopathische Obstipation, bei der keine eindeutige körperliche Ursache gefunden wird.

Diagnostik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Basisdiagnostik der chronischen Obstipation umfasst eine gründliche Befragung (Anamnese) mit besonderer Beachtung von Begleitsymptomen, Begleiterkrankungen und eventueller Medikamenteneinnahme. Die übliche Menge, Häufigkeit und Konsistenz des Stuhlgangs soll erfragt werden. Dabei dient die Zuhilfenahme der Bristol-Stuhlformen-Skala der Abschätzung der Transitzeit. Die körperliche Untersuchung beinhaltet die Inspektion des Darmausgangs und die Prüfung der Spannung des Schließmuskels mit dem Finger. Dabei soll der Patient auch den Schließmuskel willentlich zukneifen und drücken wie beim Stuhlgang. Wenn der Patient über häufige Bauchschmerzen im Berichtszeitraum klagt, muss an ein Reizdarmsyndrom gedacht werden. Wenn keine Warnsymptome bestehen, ist keine weitere apparative Diagnostik erforderlich.[17]

Kologene Obstipation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die kologene Obstipation ist eine Form der chronischen Verstopfung, die auch unter dem Begriff Slow-transit-Obstipation bekannt ist. Durch mangelnde Beweglichkeit des Darms wird der Darminhalt nur langsam vorwärts bewegt. Da dem Darminhalt ständig Wasser entzogen wird, entsteht harter Stuhl. Die Ausscheidung kann dadurch um bis zu zwei Wochen verzögert sein. Folgende Ursachen kommen in Frage:

Anorektale Obstipation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die anorektale Obstipation ist eine Form der chronischen Verstopfung, die auf Veränderungen oder Störungen im Bereich des Enddarms und des Afters zurückgeführt wird. Es handelt sich also um Stuhlentleerungsstörungen im engeren Sinn (Störung der Defäkation, Outlet-Obstipation). Zu den Ursachen zählen:

  • Verengung des Darmausgangs (Analstenose z. B. durch Analkrebs oder Narbenbildung bei wiederkehrender Analfissur)
  • Herausrutschen eines Teils des Mastdarmgewebes aus dem After (Rektumprolaps, Analprolaps)
  • Aussackung des Enddarms (Rektozele)
  • angeborene Verdickung des inneren Schließmuskels (Sphincter internus)
  • gestörte Motorik von Enddarm (Rektum) und After (wie beim M. Hirschsprung)
  • gestörte Koordination der inneren und äußeren Schließmuskeln (Dyschezie)[22]

Funktionelle Obstipation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Begriff der funktionellen oder idiopathischen Obstipation beschreibt die Situation, dass bei einer chronischen Obstipation keine krankhaften organischen Veränderungen gefunden werden können. Die Definition entspricht ebenso den Rom-IV-Kriterien.[15] Da die Feststellung einer funktionellen Störung immer eine Ausschlussdiagnostik voraussetzt, unterscheiden sich die diagnostischen Maßnahmen nicht von denen der Obstipation bei organischen Ursachen.

Obstipation bei Kindern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die chronische Obstipation bei Kindern ist zu über 90 % funktionell bedingt, organische Ursachen sind selten. Häufig sind es unangenehme Erfahrungen im Zusammenhang mit der Defäkation, die die Kinder dazu bringen, den Stuhlgang zu unterdrücken. Das können schmerzhafte Defäkationen in der Vergangenheit sein oder als unpassend empfundene Rahmenbedingungen (z. B. mangelhafter Zustand von Toiletten in Schulgebäuden). Wird der Darminhalt zu lange zurückgehalten, kommt es zur Bildung harter Stuhlballen. Dazwischen kann sich flüssiger Darminhalt befinden, der sogar aus dem Darmausgang austritt. Oft wird dann fälschlicherweise ein Einkoten als eigenes Problem vermutet. Bei Schwierigkeiten mit der Darmentleerung sollen Kinder an einen gleichmäßigen Tagesrhythmus gewöhnt und zum Toilettengang zu bestimmten Uhrzeiten motiviert werden.[23]

Pseudo-Obstipation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wenn der Darm entleert ist, kann es einige Tage dauern, bis wieder normaler Stuhlgang auftritt. Es handelt sich dabei um einen natürlichen Vorgang und nicht um eine Verstopfung. Die Einnahme eines Abführmittels ist unnötig. Gründe für eine solche Darmentleerung können in einer Ernährungsumstellung, wie bei einer Diät oder einer vorangegangenen Fastenkur, liegen. Andere Gründe sind heftiger Durchfall oder Missbrauch von Abführmitteln, aber auch die vorhergehende Entleerung bei Darmuntersuchungen, wie der Koloskopie

Ein mit Verstopfung Behafteter. Von Franz Xaver Messerschmidt, 1775, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg

Gesundheitliche Folgen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Vergangenheit wurden zahlreiche Folgeerkrankungen der Verstopfung vermutet, die Evidenz für solche Annahmen ist jedoch gering. Insbesondere lässt sich die Annahme, Obstipation sei eine Ursache für folgende Erkrankungen nicht belegen:

Für diese Erkrankungen gelten bestimmte Aspekte der Obstipation als Ursache jedoch als gesichert:

Behandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine einheitliche Behandlung kann es angesichts der unterschiedlichen Formen und Ursachen nicht geben. Häufig ist die Obstipation lediglich Symptom einer Grunderkrankung. Von der akuten Obstipation wegen eines mechanischen Darmverschlusses über die chronische slow-transit-Obstipation wegen einer neuro-muskulären Dysfunktion bis hin zur rein funktionellen Obstipation ist es ein weites Feld. Vor jeder Behandlung muss eine Diagnostik stehen, die für die in der Anamnese erhobenen Daten angemessen ist.[12][13][17]

Konservative Behandlung der chronischen Obstipation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Allgemeine Empfehlungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Auf eine ausreichende Trinkmenge von 1,5 bis 2 Litern täglich sollte geachtet werden.[31]
  • Körperliche Inaktivität sollte vermieden werden. Besonders adipöse Personen profitieren von einem angemessenen Bewegungsprogramm.[31]
  • Das Unterdrücken des Stuhldrangs sollte nach Möglichkeit vermieden werden.[32]

Ernährung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Aufnahme von 30 g Ballaststoffen pro Tag sollte angestrebt werden. Eine Steigerung der Aufnahme von Ballaststoffen führt neben anderen vorteilhaften Auswirkungen auf die Gesundheit, zu einer Beschleunigung der Darmpassage (Verkürzung der Transitzeit). Ein bevorzugter Verzehr von Gemüse, Obst und Produkten aus Vollkorngetreide ist daher zu empfehlen. Ballaststoffe führen durch mikrobielle Vergärung im Darm auch zur Bildung von Darmgasen. Kann das Ausmaß des Meteorismus nicht toleriert werden, sind zunächst andere Maßnahmen zu bevorzugen.[33]

Beeinflussung der Darmflora[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur Beeinflussung der Darmflora, auch Mikrobiom des Darms genannt, werden verschiedene Strategien verfolgt. Beim Einsatz von Probiotika werden Mikroorganismen verabreicht, die dem Körper einen gesundheitlichen Nutzen bringen sollen. Präbiotika sind Nährstoffe, die selektiv bestimmte Bestandteile des Mikrobioms fördern sollen. Synbiotika sind Produkte, die beide vorgenannten Bestandteile enthalten. Die Datenlage zu dieser Produktkategorie ist teilweise widersprüchlich. Therapieversuche sind manchmal erfolgreich. Bei Erfolglosigkeit sollte der Therapieversuch nach 4–6 Wochen beendet werden.[34]

Medikamentöse Therapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Abführmittel (Laxantien) können eingesetzt werden, wenn die Maßnahmen der Veränderung des Lebensstils und der Ernährung keinen ausreichenden Erfolg zeigten. Macrogol, Bisacodyl und Natriumpicosulfat sind Arzneimittel der ersten Wahl. Sie können auch in der Schwangerschaft eingesetzt werden, Macrogol auch bei Kindern.[23] Lactulose, Lactitol, Sorbit und Lactose (letztere nur bei Überschreiten der Verdauungskapazität) sind ebenfalls geeignet. Da sie jedoch teilweise vergoren werden, sorgen sie wie Ballaststoffe häufig für unerwünschte Gasbildung. Laxantien, die auf der osmotischen Wirkung von Salzen beruhen, sind wegen möglicher Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln nicht zu empfehlen. Die genannten Mittel sorgen für eine Verkürzung der Transitzeit. Zur Erleichterung der Stuhlentleerung bei der anorektalen Obstipation sind bisacodylhaltige oder CO2-freisetzende Zäpfchen geeignet, ebenso die transanale Irrigation (Einlauf).[35]

Biofeedback[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es gibt Belege über die vorteilhafte Wirkung von Biofeedback bei Patienten mit einer Fehlfunktion des Beckenbodens. Hierbei erhält der Patient über eine anale Sonde optische Rückmeldungen über die Koordination der Schließmuskelfunktion. Farbige Leuchtdioden zeigen dabei die Anspannung oder Entspannung des Schließmuskelapparates an. Biofeedback ist auch für Kinder geeignet.[36]

Opioid-induzierte Obstipation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dieser Begriff bezeichnet den Sonderfall einer Nebenwirkung von bestimmten Schmerzmitteln, die zu der Gruppe der Opioide gehören. Opioide führen zu verminderten Darmbewegungen (Peristaltik) und zu einer Verminderung der Sekretion der Darmschleimhaut. Beides resultiert in einer Verlängerung der Transitzeit und einer Verhärtung des Darminhalts. Da die Verstopfung bei der Anwendung von Opioiden fast schon eine regelmäßige Begleiterscheinung ist, muss bei ihrer Anwendung der Einsatz stuhlgangfördernder Maßnahmen gleich mitgedacht werden. Die oben genannten allgemeinen Maßnahmen sind auch hier angebracht. Die Aufnahme von Ballaststoffen muss mit besonderer Vorsicht erfolgen, da hier die damit verbundene Gasentwicklung besonders nachteilig ist. Die Medikamente zur Verkürzung der Transitzeit sollten frühzeitig eingesetzt werden. Sind diese nicht ausreichend wirksam, sollen sogenannte Opioidantagonisten zum Einsatz kommen. Diese heben die Wirkung der Opioide teilweise wieder auf.[37]

Operative Behandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die folgenden Behandlungsmethoden sollen nur angewandt werden, wenn alle anderen Behandlungsversuche fehlgeschlagen sind und die Lebensqualität durch die Obstipation deutlich beeinträchtigt wird. Folgende Maßnahmen werden praktiziert:

  • Kolektomie mit ileorektaler Anastomose (Entfernung des Dickdarms mit direktem Anschluss des Dünndarms an den Enddarm) zur Behandlung der slow-transit Obstipation. Bis zu 30 % der Patienten erleiden Komplikationen in zeitlichen Zusammenhang mit der Operation, bis zu 15 % erleiden später einen Darmverschluss, bis zu 50 % leiden danach immer noch unter einer Obstipation. Die Indikation ist mit größter Zurückhaltung und nur bei hohem Leidensdruck zu stellen.
  • Transanale Resektion bei ano-rektaler Obstipation: Stellen Hindernisse wie ein Rektumprolaps oder eine Rektozele ein Defäkationshindernis dar, kommt diese Methode in Frage. Die Erfolgsrate liegt bei 80 %, die perioperativen Komplikationen bei bis zu 22 %. Schwerwiegende Ereignisse wie Sepsis, Blutung oder Anostomoseninsuffizienz (Undichtigkeit der Darmnaht) treten mit 2 % auf.
  • Abdominelle Rektopexie (Befestigung des Enddarms): Sie verhindert den Vorfall des Enddarms beim Stuhlgang. Die am häufigsten durchgeführte Variante ist die Einlage eines Netzes im Rahmen einer Bauchspiegelung. Bis zu 91 % der Patienten berichten über eine Besserung der Beschwerden 1 Jahr nach der Operation. Perioperative Komplikationen treten in bis zu 15 % der Fälle auf, schwerwiegende Komplikationen in bis zu 4 % der Fälle.[38]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiktionary: Obstipation – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Verstopfung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. ↑ Pschyrembel Online. Abgerufen am 9. Januar 2023.
  2. ↑ J. F. Erckenbrecht: Epidemiologie der Obstipation. In: Zeitschrift für Gastroenterologie, Supplement 1, 2000, S. 3–5.
  3. ↑ D. Harari: Constipation. In: Hazzards Geriatric Medicin. 6. Auflage. 2009, Kapitel 93.
  4. ↑ Pschyrembel Klinisches Wörterbuch. Begründet von Willibald Pschyrembel. Bearbeitet von der Wörterbuchredaktion des Verlags. 255. Auflage. De Gruyter, Berlin 1986, ISBN 978-3-11-018534-8, S. 1195 (Obstipation, von lateinisch stipare „stopfen“; synonym mit Konstipation und Obstructio alvi; Stuhlverstopfung, verzögerte Kotentleerung).
  5. ↑ Edwin Habel: Mittellateinisches Glossar. 2. Auflage. Mit einer Einführung von Heinz-Dieter Heimann hrsg. von Friedrich Göbel. Paderborn 1989, S. 82 (= Uni-Taschenbücher. Band 1551).
  6. ↑ Alois Walde: Lateinisches etymologisches Wörterbuch. 3. Auflage (neubearbeitet von Johann Baptist Hofmann). 2 Bände. Carl Winter’s Universitätsbuchhandlung, Heidelberg 1938–1954 (= Indogermanische Bibliothek. Erste Abteilung, II. Reihe, 1), ergänzt um einen Registerband von Elsbeth Berger, 1956; Neudrucke ebenda. Band 2 (M–Z), S. 192–193 und 593.
  7. ↑ Edwin Habel: Mittellateinisches Glossar. (2. Auflage 1959) Mit einer Einführung von Heinz-Dieter Heimann hrsg. von Friedrich Göbel. Paderborn 1989, S. 258 (ob) und 379 (stipare) (= Uni-Taschenbücher, Band 1551).
  8. ↑ Karl Ernst Georges: ob. In: Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch. 8., verbesserte und vermehrte Auflage. Band 2. Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1918, Sp. 1236–1237 (Digitalisat. zeno.org). Karl Ernst Georges: stipo. In: Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch. 8., verbesserte und vermehrte Auflage. Band 2. Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1918, Sp. 2804–2805 (Digitalisat. zeno.org – zu stipare).
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  10. ↑ Heinrich Kasper: Die Bedeutung der Ballaststoffe für die Behandlung gastroenterologischer Erkrankungen. In: Deutsches Ärzteblatt. Band 79(12), 26. März 1982, S. A-47 (aerzteblatt.de [abgerufen am 6. Januar 2023]).
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