„Karmette“ – Versionsunterschied

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=== Miserere ===
=== Miserere ===
Die abschließenden Laudes fährt fort mit Psalmen und einem [[Canticum (Bibel)|Canticum]] mit den dazugehörenden Antiphonen.
Die abschließenden Laudes fährt fort mit Psalmen und einem [[Canticum (Bibel)|Canticum]] mit den dazugehörenden Antiphonen.
Der erste Psalm der Laudes war vorkonziliar an allen 3 Tagen, heute nur am Karfreitag der 50. Psalm. Die Vertonung des [[Miserere_(Allegri)|Miserere von von Allegri]] wirkt besonders durch den Kontrast zur vorausgehenden Gregorianik und Psalmodie
Der erste Psalm der Laudes war vorkonziliar an allen 3 Tagen, heute nur am Karfreitag der 50. Psalm. Die Vertonung des [[Miserere (Allegri)|Miserere von Allegri]] wirkt besonders durch den Kontrast zur vorausgehenden Gregorianik und Psalmodie.


=== Christus factus est ===
=== Christus factus est ===

Version vom 22. März 2018, 18:58 Uhr

„Christus ward gehorsam bis zum Tode, ja bis zum Tod am Kreuze.“ (Phil 2,8 EU)
Antiphon in den Karmetten.

Karmette, auch Trauermette, älter auch Tenebrae, ist die Bezeichnung der Matutin des kirchlichen Stundengebets an den drei Kartagen Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag.

Bezeichnung

Tenebrae-Leuchter im Mainzer Dom
Klagelieder des Jeremia, Anfang der ersten Lesung der ersten Nokturn am Gründonnerstag
Vinea mea, drittes Responsorium der ersten Nokturn am Karfreitag

Das Wort Mette kommt – wie auch Matutin – vom lateinischen (hora) matutina „Morgenstunde“. Die Karmetten werden auch Tenebrae (von lat. ‚Dunkelheit‘, wörtlich ‚Schatten‘), Finstermette oder „düstere Mette“ genannt. Der Name leitet sich womöglich ab aus dem Anfang des fünften Responsoriums am Karfreitag Tenebrae factae sunt oder den Evangelien des Tages ab, siehe: (Mt 27,45 VUL) / (Mk 15,33 VUL) / (Lk 23,44 VUL). Die Karmetten fanden in der dunklen, schmucklosen Kirche statt; nach der Messfeier am Abend des Gründonnerstag wurden alle Kerzen, Blumen und Decken von den Altären entfernt. So sollte die Todesangst Jesu am Ölberg, seine Entblößung und das Geschehen der Passion reflektiert werden.

Die Karmetten werden geprägt von begleitenden Bräuchen (so das Stampfen bzw. das rituelle Schlagen oder Klopfen auf Kirchenbänke des Zeremonienmeisters am Ende der Feier, das Löschen der Kerzen im Verlauf der Mette) und durch eine reichhaltige, musikalische Bearbeitung (zum Beispiel gesungene Lesungen in der 1. Nokturn oder dem Miserere von Allegri)

Regional wurde diese Feier auch als sogenannte Pumper- oder auch Rumpelmette am jeweiligen Vorabend begangen. Mit der Neuordnung der Feier der Karwoche durch Papst Pius XII. wurde die Gestalt der Tenebrae geändert, und sie wurden auf den Vormittag der Kartage verlegt.

Liturgie

Vorkonziliare Form

Vor der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils war die Feier der Trauermetten durch die Dreizahl geprägt: In drei aufeinander folgenden Nächten versammelte man sich zum Gesang der Mette, die aus je drei Nokturnen bestand. Jede Nokturn hatte neben dem still gebeteten Vaterunser drei variable Elemente: Psalm, Lesung, Responsorium. Jedes dieser drei Elemente kam in jeder Nokturn dreimal vor: drei Psalmen, drei Lesungen und drei Responsorien.[1]

Im Liber Usualis wird folgender Ablauf angegeben:

Vorkonziliare Form nach dem Liber Usualis Gründonnerstag Karfreitag Karsamstag
1.Nokturn
1.Psalm +1 Ps 69 EU PsEU PsEU
2.Psalm +2 Ps 70 EU Ps 22 EU Ps 15 EU
3.Psalm +3 Ps 71 EU Ps 27 EU Ps 26 EU
1.Lesung + Responsorium 4 Klgl 1,1–5 [1] Klgl 2,8–11 EU Klgl 3,22–30 EU
2.Lesung + Responsorium 5 Klgl 1,6–9 EU Klgl 2,12–15 EU Klgl 4,1–6 EU
3.Lesung + Responsorium 6 Klgl 1,10–14 EU Klgl 3,1–9 EU Klgl 5,1–11 EU
Pater noster (still)
2.Nokturn
1.Psalm +7 Ps 72 EU Ps 38 EU Ps 23 EU
2.Psalm +8 Ps 73 EU Ps 40 EU Ps 27 EU
3.Psalm +9 Ps 74 EU Ps 54 EU Ps 30 EU
1.Lesung + Responsorium 10 Augustinus (1) Augustinus (4) Augustinus (7)
2.Lesung + Responsorium 11 Augustinus (2) Augustinus (5) Augustinus (8)
3.Lesung + Responsorium 12 Augustinus (3) Augustinus (6) Augustinus (9)
Pater noster (still)
3.Nokturn
1.Psalm +13 Ps 75 EU Ps 59 EU Ps 54 EU
2.Psalm +14 Ps 76 EU Ps 88 EU Ps 76 EU
3.Psalm +15 Ps 77 EU Ps 77 EU Ps 88 EU
1.Lesung + Responsorium 16 1 Kor 11,17-22 EU Heb 9,11-14 EU Heb 4,11-15 EU
2.Lesung + Responsorium 17 1 Kor 11,23-26 EU Heb 9,15-18 EU Heb 4,11-15 EU
3.Lesung + Responsorium 18 1 Kor 11,27-34 EU Heb 9,19-22 EU Heb 4,11-15 EU
Pater noster (still)
Laudes
1.Psalm +19 Ps 51 EU Ps 51 EU Ps 51 EU
2.Psalm +20 Ps 90 EU Ps 143 EU Ps 92 EU
3.Psalm +21 Ps 36 EU Ps 85 EU Ps 64 EU
AT Lesung + Responsorium 22 Ex 15,1-19 EU Hab 3,2-19 EU Jes 38,10-20 EU
Lob Psalm +23 Ps 147 EU Ps 147 EU Ps 150 EU
Canticum NT+ Responsorium 24 Lk 1,68-79 EU Lk 1,68-79 EU Lk 1,68-79 EU
Antiphon: Christus factus est =„Christus war für uns gehorsam bis zum Tod“= Phil 2,8-9 EU).

Bezüglich der dazugehörigen Antiphone sei auf eine Auflistung der Diskussionsseite verwiesen

Nachkonziliare Formen

Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil ist eine Vielfalt von Abläufen entstanden, die vorkonziliare, nachkonziliare und benediktinisch-monastische Elemente mit Brauchtum und Traditionen kombiniert.

Exemplarisch für ein nachkonziliare Form sei hier der Ablauf nach dem geltenden Stundenbuch beschrieben. Hier wird die Vigil, früher Matutin, aus der Lesehore entwickelt, indem 3 Cantica und ein Evangelientext der Lesehore angefügt werden.

"Mette - Text-Gerüst" Gründonnerstag Karfreitag Karsamstag
Invitatorium Ps 95 EU Ps 24 EU Ps 67 EU
Hymnus "Preise Zunge"
1.Psalm Ps 69,2-13 EU Ps 2,6–9 EU PsEU
2.Psalm Ps 69,14-22 EU Ps 22,2-23 EU Ps 16 EU
3.Psalm Ps 69,30-37 EU Ps 38 EU Ps 24 EU
1.Lesung + Responsorium Jer 15,10-21 EU Jer 16,1-15 EU Jer 20,7-18 EU
2.Lesung + Responsorium Ephräm d. Syrer Leo d. Große Meliton von Sardes
Canticum 1: an allen Tage gleich Jer 14,17b -21 EU Jer 14,17b -21 EU Jer 14,17b -21 EU
Canticum 2: an allen Tage gleich Ez 36,24-28 EU Ez 36,24-28 EU Ez 36,24-28 EU
Canticum 3: an allen Tage gleich Klgl 5,1-7.15-15-17.19-21 EU Klgl 5,1-7.15-15-17.19-21 EU Klgl 5,1-7.15-15-17.19-21 EU
Evangelium: Joh 13,1-15 EU Mt 27,1-2.11-56 EU / Mk 15,1-41 EU / Lk 23,1-49 EU Mt 27,57-61 EU / Mk 15,42-47 EU / Lk 23,50-56 EU
LAUDES
1.Psalm Ps 80 EU Ps 51 EU Ps 64 EU
Canticum Jer 12,1-6 EU Hab 3,2-4.13a.15-19 EU Jes 38,10-war.14cd.17-20 EU
2.Psalm Ps 81 EU Ps 147,12-20 EU Ps 150 EU
Lesung Heb 2,9b-10 EU Jes 52,13-15 EU Hos 6,12 EU
Responsorium/Antiphon: Responsorium vom Tage Christus factus est =„Christus war für uns gehorsam bis zum Tod“= Phil 2,8-9 EU).
Benedictus - Preces - Vater unser - Oratio


Brauchtum

Lamentationes - Klagelieder des Jeremia

Die Lesungen der ersten Nokturn an jedem der drei Kartage waren den Klageliedern des Propheten Jeremia (Lamentationes) entnommen:

Dritte Lesung, Karsamstag, Klagelieder Jeremias 5,1-11, Tonus peregrinus im Gregorianischen Gesang

Die Klagelieder des Propheten Jeremia werden meist gesungen: im Originaltext wurden die Abschnitte mit hebräischen Buchstaben bezeichnet: die ihnen unterlegte Melodie wird als "liturgischer Seufzer" gedeutet. Der Text wird im Tonus peregrinus gesungen. Die Abschnitte münden stets in den Ruf: Jerusalem[2], Jerusalem, convertere ad Dominum Deum tuum („Jerusalem, Jerusalem, kehr um zum Herrn, deinem Gott“).

Miserere

Die abschließenden Laudes fährt fort mit Psalmen und einem Canticum mit den dazugehörenden Antiphonen. Der erste Psalm der Laudes war vorkonziliar an allen 3 Tagen, heute nur am Karfreitag der 50. Psalm. Die Vertonung des Miserere von Allegri wirkt besonders durch den Kontrast zur vorausgehenden Gregorianik und Psalmodie.

Christus factus est

Der anschließenden Kurzlesung folgt statt des üblichen Responsoriums die feierliche Antiphon Christus factus est („Christus war für uns gehorsam bis zum Tod“, Phil 2,8-9 EU).

Teilweise wurde der Text täglich um einen Halbsatz erweitert:(Gründonnerstag:) Christus ward für uns gehorsam bis zum Tod, (Karfreitag:)bis zum Tod am Kreuze.(Karsamstag:) Daher hat ihn Gott [über alle] erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen.

Kerzenleuchter

Traditionsgemäß befinden sich während der Karmette ein Lichtrechen (Tenebrae-Leuchter) oder zwei symmetrisch angeordnete Leuchter auf dem Altar oder im Chorraum, die jeweils sieben ansteigend angeordnete Kerzen tragen und somit ein Dreieck bilden. Die vierzehn Kerzen gelten als Symbole für die elf Apostel und die drei Marien: Maria Kleophae, Maria Salome und Maria von Magdala. Zusätzlich kann noch eine weitere, meist größere Kerze in der Mitte als Symbol für Christus brennen. Zu Beginn des Gottesdienstes brennen alle Kerzen. Nach jeder Antiphon oder Lesung wird eine Kerze gelöscht. Am Schluss des Gottesdienstes brennt gegebenenfalls nur noch die Christuskerze, diese kann am Karsamstag als Zeichen für den im Grab liegenden Christus ebenfalls gelöscht werden.

Aktuelle Musikalische Quellen

Vor allem an Kathedralkirchen werden am Morgen des Gründonnerstags, des Karfreitags und des Karsamstags die Karmetten mit der Gemeinde gefeiert; die Gesänge und Texte sind meist dem Münsterschwarzacher Antiphonale entnommen.[3] Darüber hinaus enthalten auch der Diözesanteil der Diözese Rottenburg-Stuttgart des Gotteslobes und das Münchener Kantorale entsprechende Texte und Vorschläge für den liturgischen Ablauf.

Kompositionen

Die Tenebrae sind in der Geschichte der Kirchenmusik vielfach vertont worden. Es gibt Kompositionen entweder nur der Klagelieder-Lesungen oder auch der Responsorien; zu den letzteren gehören Werke von Carlo Gesualdo und Marc-Antoine Charpentier. Heute am bekanntesten sind die Fassungen von Tomás Luis de Victoria und François Couperin (von diesem sind nur die ersten drei Nokturn erhalten). Auch das Miserere von Gregorio Allegri entstand für die Feier der Tenebrae als Vertonung des ersten Psalms der Laudes.

Der Text der Klagelieder wird unterschiedlich auf die jeweiligen Tage bzw. Nokturnen verteilt:[4]

Gregorianischer Gesang (Mittelalter)
(zum Beispiel im Liber Usualis)
1. Tag 1:1-5 1:6-9 1:10-15
2. Tag 2:8-11 2:12-15 3:1-9
3. Tag 3:22-30 4:1-6 5:1-11
Carpentras (1539)
1. Tag 1:1-4 1:5,4:1-2 1:11-13
2. Tag 2:8-10 2:11,1:14-15 4:10-12
3. Tag 3:22-29 1:8-9,2:17 5:1-7
Orlando di Lasso (1584)
1. Tag 1:1-3 1:7-9 1:12-14
2. Tag 2:8-10 2:13-15 3:1-9
3. Tag 3:22-30 4:1-3 5:1-6
Marc-Antoine Charpentier (Ende 17. Jahrhundert)
1. Tag 1:1-5 1:6-9 1:10-14
2. Tag 2:8-11 2:12-15 3:1-9
3. Tag 3:22-30 4:1-6 5:1-11
Jan Dismas Zelenka (1722)
1. Tag 1:1-5 1:6-9 (fehlt)
2. Tag 2:8-11 2:12-15 (fehlt)
3. Tag 3:22-30 4:1-6 (fehlt)

Literatur

  • Rhabanus Erbacher, Roman Hofer, Godehard Joppich: Benediktinisches Antiphonale, Sonderband: Gründonnerstag bis Ostersonntag; Vier-Türme-Verlag, Münsterschwarzach; ISBN 978-3-87868-233-2
  • Trauermetten in der Karwoche, Auszug aus dem Antiphonale zum Stundengebet, herausgegeben von den Liturgischen Instituten Trier - Salzburg - Zürich, in Zusammenarbeit mit den Mönchen der Abtei Münsterschwarzach; Verlag Herder, Freiburg, Basel, Wien; Vier-Türme-Verlag, Münsterschwarzach, 1980; ISBN 3-451-18973-9
  • Pius Parsch: Der Frühgottesdienst in der Karwoche; Volksliturgisches Apostolat, Klosterneuburg, 1938

Weblinks

Einzelnachweise

  1. J. Grabinski: Über die Trauermetten der Kartage.
  2. mit Jerusalem ist hier (siehe Vierfacher Schriftsinn) nicht die Stadt Jerusalem, sondern die Kirche und die einzelne Seele gemeint
  3. Antiphonale zum Stundengebet, Seite 299 ff., Vier-Türme-Verlag, Münsterschwarzach, 7. Auflage 1996
  4. The Genre of the Lamentations bei medieval.org (englisch)