„Freies Geleit“ – Versionsunterschied

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'''Freies Geleit''' (oder '''sicheres Geleit''') bezeichnet eine Zusage an eine bestimmte [[Person]], nicht belästigt, angegriffen oder verhaftet zu werden.
'''Freies Geleit''' (oder '''sicheres Geleit''') bezeichnet eine Zusage an eine bestimmte [[Person]], nicht belästigt, angegriffen oder verhaftet zu werden.
[[File:Safe conduct July 1522.jpg|thumb|Im Juli 1522 während des [[Wiener Neustädter Blutgericht|Wiener Neustädter Blutgerichts]] ausgestellte Zusicherung freien Geleits durch [[Ferdinand I. (HRR)|Erzherzog Ferdinand von Österreich]]]]

== Strafprozessrecht ==
== Strafprozessrecht ==
Im [[Strafprozessrecht (Deutschland)|Strafprozessrecht]] bezeichnet „sicheres Geleit“ die Zusage eines [[Gericht]]s an einen [[Beschuldigter|Beschuldigten]], ihn im Zugriffsbereich der Justizorgane nicht in [[Gewahrsam]] zu nehmen. Eine solche Zusage soll wichtige [[Zeuge]]n eines Verfahrens, die sich im Ausland aufhalten, zur Einreise und Aussage bewegen. In Deutschland bildet {{§|295|stpo|juris}} [[Strafprozessordnung (Deutschland)|StPO]] die Rechtsgrundlage für eine solche Zusage, in Österreich § 197 [[Strafprozeßordnung_1975|StPO]].
Im [[Strafprozessrecht (Deutschland)|Strafprozessrecht]] bezeichnet „sicheres Geleit“ die Zusage eines [[Gericht]]s an einen [[Beschuldigter|Beschuldigten]], ihn im Zugriffsbereich der Justizorgane nicht in [[Gewahrsam]] zu nehmen. Eine solche Zusage soll wichtige [[Zeuge]]n eines Verfahrens, die sich im Ausland aufhalten, zur Einreise und Aussage bewegen. In Deutschland bildet {{§|295|stpo|juris}} [[Strafprozessordnung (Deutschland)|StPO]] die Rechtsgrundlage für eine solche Zusage, in Österreich § 197 [[Strafprozeßordnung_1975|StPO]], in der Schweiz Art. 204 [[Strafprozessordnung_(Schweiz)|StPO]].


Auch in [[völkerrecht]]lichen Vereinbarungen über die Rechtshilfe in Strafsachen gibt es häufig Bestimmungen, deren Zweck es ist, bei der Überstellung eines Zeugen vom In- ins Ausland oder bei seiner Ladung zu einer Vernehmung im Ausland zu gewährleisten, dass er im Ausland nicht wegen einer früheren Tat verfolgt wird. Sie können als Ausdruck einer jedenfalls begrenzten Anerkennung des Rechts auf freies Geleit verstanden werden.<ref>BGH, Urteil vom 24. Februar 1988, Az. 3 StR 476/87, [https://www.jurion.de/urteile/bgh/1988-02-24/3-str-476_87 Volltext].</ref>
Auch in [[völkerrecht]]lichen Vereinbarungen über die Rechtshilfe in Strafsachen gibt es häufig Bestimmungen, deren Zweck es ist, bei der Überstellung eines Zeugen vom In- ins Ausland oder bei seiner Ladung zu einer Vernehmung im Ausland zu gewährleisten, dass er im Ausland nicht wegen einer früheren Tat verfolgt wird. Sie können als Ausdruck einer jedenfalls begrenzten Anerkennung des Rechts auf freies Geleit verstanden werden.<ref>BGH, Urteil vom 24. Februar 1988, Az. 3 StR 476/87, [https://www.jurion.de/urteile/bgh/1988-02-24/3-str-476_87 Volltext].</ref>
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Freies Geleit bezeichnet ferner die Situation in Zeiten internationaler Konflikte oder [[Krieg]]e, in der eine Partei des Konflikts einer gegnerischen Person ein Dokument ausstellt, das der Person die Durchquerung des Gebiets erlaubt, ohne Belästigungen oder Angriffe auf Leib und Leben befürchten zu müssen.<ref>Meyers Konversationslexikon: [http://www.retrobibliothek.de/retrobib/seite.html?id=106524#Geleit ''Geleit''], Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, 4. Auflage, 1885–1892.</ref>
Freies Geleit bezeichnet ferner die Situation in Zeiten internationaler Konflikte oder [[Krieg]]e, in der eine Partei des Konflikts einer gegnerischen Person ein Dokument ausstellt, das der Person die Durchquerung des Gebiets erlaubt, ohne Belästigungen oder Angriffe auf Leib und Leben befürchten zu müssen.<ref>Meyers Konversationslexikon: [http://www.retrobibliothek.de/retrobib/seite.html?id=106524#Geleit ''Geleit''], Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, 4. Auflage, 1885–1892.</ref>


Ein Beispiel für solches freies Geleit ist die [[Reise Lenins im plombierten Wagen]] während des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]] im April 1917: Als Bürger [[Russland]]s, das im [[Krieg]]szustand mit [[Deutsches Kaiserreich|Deutschland]] war, durfte er Deutschland auf dem Weg nach Russland durchqueren, da sich die deutsche Regierung davon eine Destabilisierung Russlands versprach.<ref>[http://www.chroniknet.de/daly_de.0.html?year=1917&month=3&day=23 ''Was war am 23. März 1917''] auf chroniknet.de</ref><ref>{{Der Spiegel|ID=13523700|Titel=Leo am Zug|Autor=|Jahr=1987|Nr=32|Seiten=}}</ref>
Ein Beispiel für solches freies Geleit ist die [[Reise Lenins im plombierten Wagen]] während des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]] im April 1917: Als Bürger [[Russisches Kaiserreich|Russlands]], das im [[Krieg]]szustand mit dem [[Deutsches Kaiserreich|Deutschen Reich]] war, durfte er es auf dem Weg nach Russland durchqueren, da sich die deutsche Regierung davon eine Destabilisierung Russlands versprach.<ref>[http://www.chroniknet.de/daly_de.0.html?year=1917&month=3&day=23 ''Was war am 23. März 1917''] auf chroniknet.de</ref><ref>{{Der Spiegel|ID=13523700|Titel=Leo am Zug|Autor=|Jahr=1987|Nr=32|Seiten=}}</ref>


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Geleitrecht]] (Rechtsgeschichte)
* [[Geleitrecht]] (Rechtsgeschichte)
* [[Gesetz über befristete Freistellung von der deutschen Gerichtsbarkeit]]
* [[Gesetz über befristete Freistellung von der deutschen Gerichtsbarkeit]]
* [[Diplomatie#Diplomatische_Immunität|Diplomatische Immunität]]


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Aktuelle Version vom 18. Januar 2023, 02:54 Uhr

Freies Geleit (oder sicheres Geleit) bezeichnet eine Zusage an eine bestimmte Person, nicht belästigt, angegriffen oder verhaftet zu werden.

Im Juli 1522 während des Wiener Neustädter Blutgerichts ausgestellte Zusicherung freien Geleits durch Erzherzog Ferdinand von Österreich

Strafprozessrecht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Strafprozessrecht bezeichnet „sicheres Geleit“ die Zusage eines Gerichts an einen Beschuldigten, ihn im Zugriffsbereich der Justizorgane nicht in Gewahrsam zu nehmen. Eine solche Zusage soll wichtige Zeugen eines Verfahrens, die sich im Ausland aufhalten, zur Einreise und Aussage bewegen. In Deutschland bildet § 295 StPO die Rechtsgrundlage für eine solche Zusage, in Österreich § 197 StPO, in der Schweiz Art. 204 StPO.

Auch in völkerrechtlichen Vereinbarungen über die Rechtshilfe in Strafsachen gibt es häufig Bestimmungen, deren Zweck es ist, bei der Überstellung eines Zeugen vom In- ins Ausland oder bei seiner Ladung zu einer Vernehmung im Ausland zu gewährleisten, dass er im Ausland nicht wegen einer früheren Tat verfolgt wird. Sie können als Ausdruck einer jedenfalls begrenzten Anerkennung des Rechts auf freies Geleit verstanden werden.[1]

Kriegsvölkerrecht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Freies Geleit bezeichnet ferner die Situation in Zeiten internationaler Konflikte oder Kriege, in der eine Partei des Konflikts einer gegnerischen Person ein Dokument ausstellt, das der Person die Durchquerung des Gebiets erlaubt, ohne Belästigungen oder Angriffe auf Leib und Leben befürchten zu müssen.[2]

Ein Beispiel für solches freies Geleit ist die Reise Lenins im plombierten Wagen während des Ersten Weltkrieges im April 1917: Als Bürger Russlands, das im Kriegszustand mit dem Deutschen Reich war, durfte er es auf dem Weg nach Russland durchqueren, da sich die deutsche Regierung davon eine Destabilisierung Russlands versprach.[3][4]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. BGH, Urteil vom 24. Februar 1988, Az. 3 StR 476/87, Volltext.
  2. Meyers Konversationslexikon: Geleit, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, 4. Auflage, 1885–1892.
  3. Was war am 23. März 1917 auf chroniknet.de
  4. Leo am Zug. In: Der Spiegel. Nr. 32, 1987 (online).