Rathaus (Lutherstadt Wittenberg)

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Rathaus

Das Rathaus der Lutherstadt Wittenberg befindet sich im Herzen der Altstadt am Marktplatz.

Geschichte

Mit dem Aufblühen der Stadt zur Reformationszeit setzte ein Ansteigen der Bevölkerung Wittenbergs ein. Daher reichte das alte ursprüngliche Rathaus den gegebenen Anforderungen nicht mehr aus, so dass ab 1521 die Vorbereitungen und ab 1523 mit dem stufenweisen Aufbau des Rathauses bis 1541 begonnen wurde.

Seine deutlich gegliederte Fassade weist die Merkmale dreier Stielepochen auf. Während vor allem die Gardinenfenster der ersten beiden Geschosse noch spätgotisch geprägt sind, künden Zwerchgiebel und Gesimsleisten von der eigentlichen Entstehungszeit, der Renaissance. 1573 machten Mangelerscheinungen beim Bau einen weiteren Umbau nötig. Dabei wurde das heutige Eingangsportal mit seinem üppigen Dekor und der Glockenturm mit der Sünderglocke hinzugefügt.

Ab diesem Zeitpunkt erfolgten von hier aus die Rechtssprüche, die nach den Vorschriften der hohen Gerichtsbarkeit von 1441 unter freien Himmel verkündet wurden und unter den Insignien der Gerichtsbarkeit stattfanden. Vermutlich diente vorher die Ritterfigur an der Stadtkirche als Roland der gleichen Funktion. Vor dem Rathausportal fand manch Aufsehen erregende Hinrichtung statt. Zeugnisse einer abgeschlagenen Hand der Kindesmörderin Susanne Zimmermann befinden sich im Fundus der städtischen Sammlungen der Lutherstadt Wittenberg. Noch heute sind Reste des Schafotts vor dem Rathaus im Marktplatzboden zu entdecken. Nach der Vollstreckung eines Urteils wurde dann die Sünderglocke geläutet, die weithin dieses Ereignis verkündete. Zuvor hatte vermutlich die Südturmglocke (1422) der Stadtkirche diese Funktion erfüllt. Letztmalig läutete diese am 9. Mai 1834, als der Fleischergeselle Ernst Wollkopf wegen Mordes vor den Toren der Stadt gerädert wurde.

Neben kommunalen diente das Rathaus auch kommerziellen Zwecken. Am westlichem Ende des Kellergeschosses befand sich der Ratskeller, östlich davon bestanden zwei Gefängnisse. Das westliche Erdgeschoss war die Wohnung des Kellerwirts. Im Norden waren die Spritzenkammer, die Mehlwaage, weitere Gefängnisse, die Marktmeisterwohnung und die Ratswaage untergebracht. In der Gebäudemitte lag der Tonnengewölbte „Caspar”, ein Gefängnis mit Folterkammer, östlich davon war die Salz-Schank-Stube eingerichtet. Das erste Obergeschoss diente vornehmlich der Repräsentation. Ratsarchiv und Ratssitzungsstube befanden sich im Westen, den östlichen Teil dieses Geschosses füllte der große Bürgersaal, in dem Tuchmacher und Schuster ihre Waren feilboten. Im großen Saale des zweiten Geschosses hielten die Kürschner feil. Sie waren dem Fiskus am nächsten, denn neben ihnen fanden sich die Steuerstube, die Akzisestube und die Stadtschreiberei. Auf dem Dachboden lagerte Getreide aus den Steuerabgaben der Ratsdörfer.

Nachdem das Rathaus 1760 als Lazarett gedient hatte, musste es wieder instandgesetzt werden, was 1768 erfolgte. 1926 bis 1928 wurde dar gesamte innere Kern neu ausgebaut. So konnte mit Hilfe der Denkmalpflege der originale Eindruck aus dem 16. Jahrhundert erhalten bleiben.