„Justaucorps“ – Versionsunterschied

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== 1680 - 1700 ==
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Die nächste Wandlung, erstreckte sich wesentlich auf das Ganze, es einheitlicher umprägend.
Die nächste Wandlung, erstreckte sich wesentlich auf das Ganze, es einheitlicher umprägend.
Sie, die sich etwa seit dem Beginn der achtziger Jahre durchgängiger vollzog, bestand einerseits in Verengung und Verlängerung der Ärmel zunächst bis tief unter die Armbiege und dann bis knapp vor dem Handgelenk, mit Beibehalt des schmalen, aber überweiten Umschlags. Andererseits, bei fast gänzlicher Versteifung, zog man die Taille zusammen und erweiterte den Schoß (spreizende Erweiterung), vor allem an den Vorderteilen ganz bedeutend und legte diese Stoffmassen an jeder Seite in zwei bis drei große, in der Taillenhöhe gefasste Falten, die man durch Aufnähen eines Knopfes noch fester zusammenhielt. Vorder- und Hinterteile des Schoßes wurden nicht zusammengenäht, sondern nur durch mehrere Stiche fest verbunden, so dass an jeder Seite ein langer Schlitz offen blieb, durch den man an der linken Seite den Degen steckte, ohne den der Kavalier unvollkommen wäre.
Sie, die sich etwa seit dem Beginn der achtziger Jahre durchgängiger vollzog, bestand einerseits in Verengung und Verlängerung der Ärmel zunächst bis tief unter die Armbiege und dann bis knapp vor dem Handgelenk, mit Beibehalt des schmalen, aber überweiten Umschlags. Andererseits, bei fast gänzlicher Versteifung, zog man die Taille zusammen und erweiterte den Schoß (spreizende Erweiterung). Hiermit verband sich ein Überladen mit Zierrathen von [[Goldstickerei]], Tressen, Borten u. s. w., zu welchem Zwecke jetzt auch die Taschen immer breitere mit Knopflöchern besetzte Überklappen erhielten, was denn die Versteifung noch vermehrte. Die Knöpfe aber brachte man nur zur Zierde an. Die Schulterschleifen verloren sich.
Hiermit verband sich ein Überladen mit Zierrathen von [[Goldstickerei]], Tressen, Borten u. s. w., zu welchem Zwecke jetzt auch die Taschen immer breitere mit Knopflöchern besetzte Überklappen erhielten, was denn die Versteifung noch vermehrte. Die Knöpfe aber brachte man nur zur Zierde an. Die Schulterschleifen verloren sich.


In solcher, von der anfänglichen Form durchaus verschiedenen Gestaltung, verblieb der Rock bis um die Mitte der neunziger Jahre im Allgemeinen, von da an er bis 1700 (unter Fortdauer seines Grundschnitts) mehrentheils in Stoff und Ausstattung, sowie auch dadurch, dass man ihn fortan gemeinigleich nur vor der Taille schloss, wieder einiges an Leichtigkeit gewann.
In solcher, von der anfänglichen Form durchaus verschiedenen Gestaltung, verblieb der Rock bis um die Mitte der neunziger Jahre im Allgemeinen, von da an er bis 1700 (unter Fortdauer seines Grundschnitts) mehrentheils in Stoff und Ausstattung, sowie auch dadurch, dass man ihn fortan gemeinigleich nur vor der Taille schloss, wieder einiges an Leichtigkeit gewann.

Version vom 24. November 2010, 20:36 Uhr

Ludwig XIV. mit Hofstaat

Als Justaucorps (engl. coat) wird ein Herren-Kleidungsstück und die allgemeine Hauptoberbekleidung des Mannes des späten 17. und frühen 18. Jahrhunderts bezeichnet.

Entstehung

Links: Früher Justaucorps mit Rheingrafenhose

Mit Aufkommen der stehenden Heere wurde unter dem Kriegsminister Ludwig XIV., François-Michel Le Tellier, marquis de Louvois, für die Soldaten ein Soldatenrock entworfen, der auch von den meist adeligen Offizieren getragen wurde. Ludwig XIV. beliebte, wenn er sich bei den Truppen befand, einen Ärmelrock[1][2][3][4] (Hongreline?[5][6], Kasack?[7][8]) überzuziehen, der abgesehen von der Ausstattung von dem Soldatenrock („Souquenille“) , wesentlich nur darin verschieden war, dass er nicht zum Zuknöpfen war, vielmehr zu Langfalten geordnet vorn herab weit auseinander stand. Noch bis um die Mitte der fünfziger Jahre kam dies nur höchst selten vor. Während seines Aufenthaltes beim Heer in den Niederlanden (1654 - 1659) jedoch und auch danach, als er sich häufiger an die Spitze der Truppen stellte, gewöhnte er sich an diesen Rock. Er machte ihn dadurch, indem er ihn gleichfalls zum Knöpfrock gestaltete, etwa seit 1664 zu allgemeiner Modetracht.
So, vorläufig mit Beibehalt der kurzen, etwa ellenbogenlangen Schulterärmel, trug man ihn über einer knappen Jacke, gleichfalls als Wams, „Pourpoint“ bezeichnet, ohne diese vorerst zu ändern. Die längeren Ärmel schlug man vorerst ebenfalls zu einem Aufschlag um[9]. Auch in Behandlung der Hemdärmel, ihrer Aufbauschung usw., wurde kein Wechsel vorgenommen, höchstens, dass man sie noch reicher mit Bändern und Spitzenwerk ausstattete. Dahingegen verdrängte er, sofern er bis zu den Knien reichte und den Unterleib manchmal völlig bedeckte, das gefaltete Schurzröckchen bis gegen die siebziger Jahre fast gänzlich, sodass die weite Kniehose (vaste rheingrave), die man beibehielt, völlig zum Vorschein kam.
Auch sonst bekam der Rock insgesamt einen körpernahen Schnitt (ohne Taille[10]), wodurch er zum „Justaucorps“ wurde. Außerdem wurde er meist der Länge nach, besonders auf den Nähten, mit schmäleren oder breiteren, oft reich gestickten Streifen besetzt, manchmal vorn auf jeder Seite unterhalb mit einer ebenso reich umrandeten, horizontal eingeschnittenen ungewöhnlich tiefen, nur wenig oberhalb des Saumes liegenden Tasche versehen, und auf einer oder beiden Schultern mit einem Bündel von Bändern geschmückt. Auch pflegte man ihn gleich anfänglich, wiederum ganz nach soldatischer Weise, um die Hüften mit einer breiten, langen Schärpe zu umgürten (um ihn auch zusammenzuhalten[11]), diese weitbauschig zu verschleifen, und ihre mit Kanten verzierten Enden ziemlich lang herabhängen zu lassen.

Nachdem der „Justaucorps“ zu einem Hauptbekleidungsstück geworden war, machte sich die Veränderungssucht auch vorzugsweise an ihm geltend, selbst auch das Übrige nun ihm unterwerfend. Noch bis gegen Ablauf der siebziger Jahre begnügte man sich allerdings nur Einzelheiten zu verändern. Diese waren, abgesehen von mannigfachen Schwankungen in der verzierenden Ausstattung durch Knopfwerk, Bortenbesatz und dergleichen, hauptsächlich die, dass man die Ärmel, gleichwie an den früheren Knopfröcken, bis zur Mitte des Unterarms ausdehnte, von der Armbiege an umschlug, und was eben jetzt erst aufkam, diesen Umschlag längs am Rande ziemlich breit mit Gold bestickte oder mit breiter Tresse umzog, und der auch in Stoff und Farbe aus anderem, als dem Obermaterial sein konnte. Außerdem passte man den Rock als solchen, nunmehr auch dem Schnitte nach, dem Körper noch enger an, so dass sich die Taille durch leichte Einbiegung kennzeichnete.

1680 - 1700

Die nächste Wandlung, erstreckte sich wesentlich auf das Ganze, es einheitlicher umprägend. Sie, die sich etwa seit dem Beginn der achtziger Jahre durchgängiger vollzog, bestand einerseits in Verengung und Verlängerung der Ärmel zunächst bis tief unter die Armbiege und dann bis knapp vor dem Handgelenk, mit Beibehalt des schmalen, aber überweiten Umschlags. Andererseits, bei fast gänzlicher Versteifung, zog man die Taille zusammen und erweiterte den Schoß (spreizende Erweiterung). Hiermit verband sich ein Überladen mit Zierrathen von Goldstickerei, Tressen, Borten u. s. w., zu welchem Zwecke jetzt auch die Taschen immer breitere mit Knopflöchern besetzte Überklappen erhielten, was denn die Versteifung noch vermehrte. Die Knöpfe aber brachte man nur zur Zierde an. Die Schulterschleifen verloren sich.

In solcher, von der anfänglichen Form durchaus verschiedenen Gestaltung, verblieb der Rock bis um die Mitte der neunziger Jahre im Allgemeinen, von da an er bis 1700 (unter Fortdauer seines Grundschnitts) mehrentheils in Stoff und Ausstattung, sowie auch dadurch, dass man ihn fortan gemeinigleich nur vor der Taille schloss, wieder einiges an Leichtigkeit gewann.

1700 - 1750

Mann im Justaucorps (rechts im Bild), 1720

Die Bekleidung wurde zum Ende der Regierung Ludwigs XIV. wieder faltenloser. Der Rock („justaucorps“), während der Regentschaft üblicherweise sehr weit offen getragen, wurde dem Schnitt nach, nun als habit à la française, weniger weit geöffnet und bisweilen von der Taille aufwärts zum Teil oder ganz geknöpft. Alle Formen des Anzuges wurden feiner und graziler.

Einerseits gerade abfallend mit geringer Einziehung der Taille, ließen ihn andererseits Stutzer und solche, die als vornehm (modisch) gelten wollten, in Nachahmung der weiblichen Kleidung die Schöße des Rocks und der Weste mit eingenähtem Fischbein, Wachstuch, Crin (Rosshaar) oder Papier oder sonstigem derben Stoff weit auseinander, glockenförmig aussteifen, sodass die Schöße von den Hüften weg seitlich ebenso abstanden wie der Reifrock von der Taille der Damen, welche Form sich bis zum Ausgang der vierziger Jahre, mit nur geringer Verminderung der Weite, forterhielt. Im Übrigen blieb der Justaucorps wie zuvor ohne Kragen.

Am Ende der Entwicklung steht der Frack mit vollends nach hinten gewanderten, rudimentären Schößen.

Im 20. Jahrhundert bezeichnet Habit allgemein die Amtstracht und das klerikale Gewand.

Galerie Justaucorps

Galerie Habit

Einzelnachweise

  1. H. Weiss: Kostümkunde., 1872, S. 1004.
  2. E. Nienholdt: Kostümkunde., 1961, S. 74.
  3. A. Bönsch: Formengeschichte europäischer Kleidung., 2001, S. 137.
  4. G. Krause, G. Lenning: Kleine Kostümkunde., 1998, S. 74.
  5. I. Loschek: Reclams Mode- und Kostümlexikon., 2005, S. 283.
  6. F. Boucher: A history of costume in the west., 1987, S. 258.
  7. C. Köhler bearb. von E. von Sichart: Praktische Kostümkunde., 1926, S. 330.
  8. N. Waugh: The Cut of Men's Clothes., 1964, S. 16.
  9. N. Bradfield: Historical costumes of England., 1997, S. 101.
  10. H. Weiss: Kostümkunde., 1872, S. 1005.
  11. E. Nienholdt: Kostümkunde., 1961, S. 75.

Literatur

  • Ingrid Loschek: Reclams Mode- und Kostümlexikon. 5. Auflage. Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart 2005, ISBN 3-15-010577-3.
Commons: Justaucorps – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien