„Erich Kosiol“ – Versionsunterschied

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'''Erich Kosiol''' (* [[18. Februar]] [[1899]] in [[Köln]]<ref name=":0">{{Literatur |Autor= |Titel=Organisation und Rechnungswesen. Festschrift für Erich Kosiol zu seinem 65. Geburtstag |Hrsg=Erwin Grochla |Verlag=Duncker und Humblot |Datum=1964 |Seiten=3–4 |Online=https://books.google.com/books?id=0XfUMOigHjMC&pg=PA4 |Abruf=2022-07-31}}</ref>; † [[7. September]] [[1990]] in [[Salzburg]]<ref name="mantel748" />) war ein [[Lehrstuhl|Ordinarius]] für [[Betriebswirtschaftslehre]], der als einer der einflussreichsten Nachkriegs-Betriebswirte gilt.<ref name="mantel748" /> Seine Schwerpunkte waren die Bereiche Organisation und Rechnungswesen. Er entwickelte die „[[Pagatorik|pagatorische Bilanzauffassung]]“.<ref>{{Literatur |Autor= |Titel=Kosiol, Erich |Hrsg=Walther Busse von Colbe, Bernhard Pellens |Sammelwerk=Lexikon des Rechnungswesens : Handbuch der Bilanzierung und Prüfung, der Erlös-, Finanz-, Investitions- und Kostenrechnung |Verlag=De Gruyter |ISBN=978-3-486-79554-7 |Seiten=438 |Online= |Abruf=}}</ref>
'''Erich Kosiol''' (* [[18. Februar]] [[1899]] in [[Köln]]<ref name=":0">{{Literatur |Autor= |Titel=Organisation und Rechnungswesen. Festschrift für Erich Kosiol zu seinem 65. Geburtstag |Hrsg=Erwin Grochla |Verlag=Duncker und Humblot |Datum=1964 |Seiten=3–4 |Online=https://books.google.com/books?id=0XfUMOigHjMC&pg=PA4 |Abruf=2022-07-31}}</ref>; † [[7. September]] [[1990]] in [[Salzburg]]<ref name="mantel748" />) war ein [[Lehrstuhl|Ordinarius]] für [[Betriebswirtschaftslehre]], der als einer der einflussreichsten Nachkriegs-Betriebswirte gilt.<ref name="mantel748" />Seine Schwerpunkte waren die Bereiche Organisation und Rechnungswesen. Er entwickelte die „[[Pagatorik|pagatorische Bilanzauffassung]]“.<ref>{{Literatur |Autor= |Titel=Kosiol, Erich |Hrsg=Walther Busse von Colbe, Bernhard Pellens |Sammelwerk=Lexikon des Rechnungswesens : Handbuch der Bilanzierung und Prüfung, der Erlös-, Finanz-, Investitions- und Kostenrechnung |Verlag=De Gruyter |ISBN=978-3-486-79554-7 |Seiten=438 |Online= |Abruf=}}</ref>


== Leben ==
== Leben ==
Erich Kosiol machte 1917 Abitur und war im Anschluss Soldat im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]], wo er mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet wurde<ref name="mantel748" />. Ab 1919 studierte er in Bonn Mathematik, Naturwissenschaften und Philosophie<ref name=":0" /> und promovierte am 26. Mai 1922 mit einer mathematischen Dissertation zu den ''Grundlagen der Kinematik im hyperbolischen Raum'' bei [[Hans Beck (Mathematiker)|Hans Beck]]<ref>{{Internetquelle |url=https://www.mathgenealogy.org/id.php?id=65354 |titel=Erich Kosiol - The Mathematics Genealogy Project |werk=mathgenealogy.org |hrsg=Department of Mathematics North Dakota State University, American Mathematical Society |abruf=2022-07-31}}</ref> an der [[Universität Bonn]] zum Dr. phil.<ref>{{Literatur |Autor=Renate Tobies |Titel=Dissertationen in Mathematik, WS 1907/08 bis WS 1944/45 |Datum=2000 |Seiten=38 |Online=https://www.mathematik.de/images/Mathematik/Dissertationen_1907-45_TOBIES.pdf |Abruf=2022-07-31}}</ref><ref name=":1">{{Literatur |Autor=Josef Löffelholz |Titel=Repetitorium der Betriebswirtschaftslehre |Auflage=4. überarbeitete und erweiterte Auflage |Ort=Wiesbaden |Datum=1971 |ISBN=978-3-322-83508-6 |Seiten=853 |Online=https://books.google.com/books?id=8x_PBgAAQBAJ&pg=PA853 |Abruf=2022-07-31}}</ref> Ab 1922 studierte er zusätzlich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften bei bei [[Eugen Schmalenbach]], [[Rudolf Seyffert]] und [[Ernst Walb]] und legte im Jahr 1924 seine kaufmännische Diplomprüfung („Theorie der Lohnstruktur“, veröffentlicht 1928<ref>{{Literatur |Autor=Erich Kosiol |Titel=Theorie der Lohnstruktur |Nummer= |Verlag=C. E. Poeschel |Ort=Stuttgart |Datum=1928 |Reihe=Betriebswirtschaftliche Abhandlungen |NummerReihe=Bd. 9 |Online=https://d-nb.info/580438430 |Abruf=2022-07-31}}</ref>) ab. Zwischen 1924 und 1926 war er zunächst in der Privatwirtschaft tätig,<ref name=":1" /> danach wissenschaftlicher Assistent am Seminar für Handelsbetriebslehre und ab 1928 Direktorialassistent und stellvertretender Direktor des neu gegründeten Einzelhandelsinstituts der [[Universität Köln]] unter [[Rudolf Seyffert]].<ref name=":1" /><ref name=":0" />
Erich Kosiol machte 1917 Abitur und war im Anschluss Soldat im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]], wo er mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet wurde<ref name="mantel748" />. Ab 1919 studierte er in Bonn Mathematik, Naturwissenschaften und Philosophie<ref name=":0" />und promovierte am 26. Mai 1922 mit einer mathematischen Dissertation zu den ''Grundlagen der Kinematik im hyperbolischen Raum'' bei [[Hans Beck (Mathematiker)|Hans Beck]]<ref>{{Internetquelle |url=https://www.mathgenealogy.org/id.php?id=65354 |titel=Erich Kosiol - The Mathematics Genealogy Project |werk=mathgenealogy.org |hrsg=Department of Mathematics North Dakota State University, American Mathematical Society |abruf=2022-07-31}}</ref> an der [[Universität Bonn]] zum Dr. phil.<ref>{{Literatur |Autor=Renate Tobies |Titel=Dissertationen in Mathematik, WS 1907/08 bis WS 1944/45 |Datum=2000 |Seiten=38 |Online=https://www.mathematik.de/images/Mathematik/Dissertationen_1907-45_TOBIES.pdf |Abruf=2022-07-31}}</ref><ref name=":1">{{Literatur |Autor=Josef Löffelholz |Titel=Repetitorium der Betriebswirtschaftslehre |Auflage=4. überarbeitete und erweiterte Auflage |Ort=Wiesbaden |Datum=1971 |ISBN=978-3-322-83508-6 |Seiten=853 |Online=https://books.google.com/books?id=8x_PBgAAQBAJ&pg=PA853 |Abruf=2022-07-31}}</ref> Ab 1922 studierte er zusätzlich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften bei bei [[Eugen Schmalenbach]], [[Rudolf Seyffert]] und [[Ernst Walb]] und legte im Jahr 1924 seine kaufmännische Diplomprüfung („Theorie der Lohnstruktur“, veröffentlicht 1928<ref>{{Literatur |Autor=Erich Kosiol |Titel=Theorie der Lohnstruktur |Nummer= |Verlag=C. E. Poeschel |Ort=Stuttgart |Datum=1928 |Reihe=Betriebswirtschaftliche Abhandlungen |NummerReihe=Bd. 9 |Online=https://d-nb.info/580438430 |Abruf=2022-07-31}}</ref>) ab. Zwischen 1924 und 1926 war er zunächst in der Privatwirtschaft tätig,<ref name=":1" />danach wissenschaftlicher Assistent am Seminar für Handelsbetriebslehre und ab 1928 Direktorialassistent und stellvertretender Direktor des neu gegründeten Einzelhandelsinstituts der [[Universität Köln]] unter Rudolf Seyffert.<ref name=":1" /><ref name=":0" />


Im Jahr 1931 wurde an der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fakultät der [[Universität zu Köln]] mit der Arbeit ''Kalkulation und Kostengestaltung im Warenhandel unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Handels-Enquète'' habilitiert und erhielt die [[Lehrberechtigung]].<ref name=":0" />
Im Jahr 1931 wurde an der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fakultät der [[Universität zu Köln]] mit der Arbeit ''Kalkulation und Kostengestaltung im Warenhandel unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Handels-Enquète'' habilitiert und erhielt die [[Lehrberechtigung]].<ref name=":0" />


Seit 1933 war Kosiol Mitglied der [[NSDAP]] (Mitgliedsnummer 2.226.835), außerdem in der [[Sturmabteilung|SA]] und anderen NS-Organisationen.<ref name="mantel748">{{Literatur |Autor=Peter Mantel |Titel=Hindenburg-Hochschule Nürnberg |Sammelwerk=Betriebswirtschaftslehre und Nationalsozialismus. Eine institutionen- und personengeschichtliche Studie |Verlag=Gabler |Ort=Wiesbaden |Datum=2010 |ISBN=978-3-8349-8515-6 |Seiten=748f}}</ref>
Seit 1933 war Kosiol Mitglied der [[NSDAP]] (Mitgliedsnummer 2.226.835), außerdem in der [[Sturmabteilung|SA]] und anderen NS-Organisationen.<ref name="mantel748">{{Literatur |Autor=Peter Mantel |Titel=Hindenburg-Hochschule Nürnberg |Sammelwerk=Betriebswirtschaftslehre und Nationalsozialismus. Eine institutionen- und personengeschichtliche Studie |Verlag=Gabler |Ort=Wiesbaden |Datum=2010 |ISBN=978-3-8349-8515-6 |Seiten=748f}}</ref>


Nach seiner Habilitation war er in Köln als [[Privatdozent]] und ab 1936&nbsp;–&nbsp;nach kleinere Problemen wegen einer früheren [[Deutsche Demokratische Partei|DDP-Mitgliedschaft]]&nbsp;– mit einem Lehrauftrag für Exportwesen tätig, ab April 1937 als nicht-beamteter, außerordentlicher Professor.<ref name="mantel748" />
Nach seiner Habilitation war er in Köln als [[Privatdozent]] und ab 1936&nbsp;–&nbsp;nach kleinere Problemen wegen einer früheren [[Deutsche Demokratische Partei|DDP-Mitgliedschaft]]&nbsp;– mit einem Lehrauftrag für Exportwesen tätig, ab April 1937 als nicht-beamteter, außerordentlicher Professor.<ref name="mantel748" />


Nach Lehrstuhlvertretungen an der [[Universität Breslau]] (1938)<ref name=":0" /> und an der [[Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Nürnberg|Hindenburg-Hochschule]] in [[Nürnberg]] (Sommersemester 1939) berief man ihn dort zum Wintersemester 1939 auf das dort neugeschaffene betriebswirtschaftliche Ordinariat. Er sei daraufhin auch für das Rektorenamt in Nürnberg im Gespräch gewesen, wozu es jedoch nicht kam.<ref>{{Literatur |Autor=Peter Mantel |Titel=Hindenburg-Hochschule Nürnberg |Sammelwerk=Betriebswirtschaftslehre und Nationalsozialismus. Eine institutionen- und personengeschichtliche Studie |Verlag=Gabler |Ort=Wiesbaden |Datum=2010 |ISBN=978-3-8349-8515-6 |Seiten=256f |Online=https://books.google.com/books?id=1M8JTCTH_YAC&pg=PA256 |Abruf=2022-07-31}}</ref> Von 1943 bis 1945 war er erneut Kriegsteilnehmer.<ref name="mantel748" />
Nach Lehrstuhlvertretungen an der [[Universität Breslau]] (1938)<ref name=":0" />und an der [[Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Nürnberg|Hindenburg-Hochschule]] in [[Nürnberg]] (Sommersemester 1939) berief man ihn dort zum Wintersemester 1939 auf das dort neugeschaffene betriebswirtschaftliche Ordinariat. Er sei daraufhin auch für das Rektorenamt in Nürnberg im Gespräch gewesen, wozu es jedoch nicht kam.<ref>{{Literatur |Autor=Peter Mantel |Titel=Hindenburg-Hochschule Nürnberg |Sammelwerk=Betriebswirtschaftslehre und Nationalsozialismus. Eine institutionen- und personengeschichtliche Studie |Verlag=Gabler |Ort=Wiesbaden |Datum=2010 |ISBN=978-3-8349-8515-6 |Seiten=256f |Online=https://books.google.com/books?id=1M8JTCTH_YAC&pg=PA256 |Abruf=2022-07-31}}</ref> Von 1943 bis 1945 war er erneut Kriegsteilnehmer.<ref name="mantel748" />


Im August 1945 wurde Kosiol von seinem Amt suspendiert, war seiner Aussage nach Anfang 1946 in einer Nürnberger Baufirma beschäftigt und bemühte sich im Rahmen seines [[Entnazifizierung|Entnazifizierungsverfahren]] um seine Rehabilitierung, indem er sich als Antifaschist und „aktiver Widerstandskämpfer“ darzustellen versuchte, was Befremden erweckte.<ref name="mantel748" /> Er wurde schließlich im Oktober 1947 als [[Mitläufer]] eingestuft, einer möglichen Wiedereinstellung in Nürnberg „in einer einstweilen unverbindlichen Form“ kam eine Berufung nach Berlin zuvor, die wegen Kosiols politischen Belastung zunächst vorläufig war.<ref name="mantel472">{{Literatur |Autor=Peter Mantel |Titel=Hindenburg-Hochschule Nürnberg |Sammelwerk=Betriebswirtschaftslehre und Nationalsozialismus. Eine institutionen- und personengeschichtliche Studie |Verlag=Gabler |Ort=Wiesbaden |Datum=2010 |ISBN=978-3-8349-8515-6 |Seiten=472f |Online=https://books.google.com/books?id=1M8JTCTH_YAC&pg=PA472 |Abruf=2022-07-31}}</ref><ref name="mantel748" />
Im August 1945 wurde Kosiol von seinem Amt suspendiert, war seiner Aussage nach Anfang 1946 in einer Nürnberger Baufirma beschäftigt und bemühte sich im Rahmen seines [[Entnazifizierung]]sverfahren um seine Rehabilitierung, indem er sich als Antifaschist und „aktiver Widerstandskämpfer“ darzustellen versuchte, was Befremden erweckte.<ref name="mantel748" />Er wurde schließlich im Oktober 1947 als [[Mitläufer]] eingestuft, einer möglichen Wiedereinstellung in Nürnberg „in einer einstweilen unverbindlichen Form“ kam eine Berufung nach Berlin zuvor, die wegen Kosiols politischen Belastung zunächst vorläufig war.<ref name="mantel472">{{Literatur |Autor=Peter Mantel |Titel=Hindenburg-Hochschule Nürnberg |Sammelwerk=Betriebswirtschaftslehre und Nationalsozialismus. Eine institutionen- und personengeschichtliche Studie |Verlag=Gabler |Ort=Wiesbaden |Datum=2010 |ISBN=978-3-8349-8515-6 |Seiten=472f |Online=https://books.google.com/books?id=1M8JTCTH_YAC&pg=PA472 |Abruf=2022-07-31}}</ref><ref name="mantel748" />


Ab 1948&nbsp;–&nbsp;mit Gründung des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaft&nbsp;– lehrte und forschte er bis zu seiner [[Emeritierung]] 1967 an der [[Freie Universität Berlin|Freien Universität in Berlin]]. Daneben war er dort Direktor des Instituts für Industrieforschung und der Betriebswirtschaftlichen Bibliothek.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.wiwiss.fu-berlin.de/fachbereich/geschichte/index.html |titel=Geschichte des Fachbereichs |werk=wiwiss.fu-berlin.de |hrsg=Fachbereich Wirtschaftswissenschaft an der Freien Universität Berlin |datum=2007-05-12 |sprache=de |abruf=2022-07-31}}</ref> 1962 bis 1963 hatte er eine Gastprofessur an der [[Universität Kōbe|Universität Kobe]] in Japan inne.<ref name="mantel748" />
Ab 1948&nbsp;–&nbsp;mit Gründung des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaft&nbsp;– lehrte und forschte er bis zu seiner [[Emeritierung]] 1967 an der [[Freie Universität Berlin|Freien Universität in Berlin]]. Daneben war er dort Direktor des Instituts für Industrieforschung und der Betriebswirtschaftlichen Bibliothek.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.wiwiss.fu-berlin.de/fachbereich/geschichte/index.html |titel=Geschichte des Fachbereichs |werk=wiwiss.fu-berlin.de |hrsg=Fachbereich Wirtschaftswissenschaft an der Freien Universität Berlin |datum=2007-05-12 |sprache=de |abruf=2022-07-31}}</ref> 1962 bis 1963 hatte er eine Gastprofessur an der [[Universität Kōbe|Universität Kobe]] in Japan inne.<ref name="mantel748" />

Version vom 31. Juli 2022, 21:43 Uhr

Erich Kosiol (* 18. Februar 1899 in Köln[1]; † 7. September 1990 in Salzburg[2]) war ein Ordinarius für Betriebswirtschaftslehre, der als einer der einflussreichsten Nachkriegs-Betriebswirte gilt.[2]Seine Schwerpunkte waren die Bereiche Organisation und Rechnungswesen. Er entwickelte die „pagatorische Bilanzauffassung“.[3]

Leben

Erich Kosiol machte 1917 Abitur und war im Anschluss Soldat im Ersten Weltkrieg, wo er mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet wurde[2]. Ab 1919 studierte er in Bonn Mathematik, Naturwissenschaften und Philosophie[1]und promovierte am 26. Mai 1922 mit einer mathematischen Dissertation zu den Grundlagen der Kinematik im hyperbolischen Raum bei Hans Beck[4] an der Universität Bonn zum Dr. phil.[5][6] Ab 1922 studierte er zusätzlich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften bei bei Eugen Schmalenbach, Rudolf Seyffert und Ernst Walb und legte im Jahr 1924 seine kaufmännische Diplomprüfung („Theorie der Lohnstruktur“, veröffentlicht 1928[7]) ab. Zwischen 1924 und 1926 war er zunächst in der Privatwirtschaft tätig,[6]danach wissenschaftlicher Assistent am Seminar für Handelsbetriebslehre und ab 1928 Direktorialassistent und stellvertretender Direktor des neu gegründeten Einzelhandelsinstituts der Universität Köln unter Rudolf Seyffert.[6][1]

Im Jahr 1931 wurde an der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln mit der Arbeit Kalkulation und Kostengestaltung im Warenhandel unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Handels-Enquète habilitiert und erhielt die Lehrberechtigung.[1]

Seit 1933 war Kosiol Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnummer 2.226.835), außerdem in der SA und anderen NS-Organisationen.[2]

Nach seiner Habilitation war er in Köln als Privatdozent und ab 1936 – nach kleinere Problemen wegen einer früheren DDP-Mitgliedschaft – mit einem Lehrauftrag für Exportwesen tätig, ab April 1937 als nicht-beamteter, außerordentlicher Professor.[2]

Nach Lehrstuhlvertretungen an der Universität Breslau (1938)[1]und an der Hindenburg-Hochschule in Nürnberg (Sommersemester 1939) berief man ihn dort zum Wintersemester 1939 auf das dort neugeschaffene betriebswirtschaftliche Ordinariat. Er sei daraufhin auch für das Rektorenamt in Nürnberg im Gespräch gewesen, wozu es jedoch nicht kam.[8] Von 1943 bis 1945 war er erneut Kriegsteilnehmer.[2]

Im August 1945 wurde Kosiol von seinem Amt suspendiert, war seiner Aussage nach Anfang 1946 in einer Nürnberger Baufirma beschäftigt und bemühte sich im Rahmen seines Entnazifizierungsverfahren um seine Rehabilitierung, indem er sich als Antifaschist und „aktiver Widerstandskämpfer“ darzustellen versuchte, was Befremden erweckte.[2]Er wurde schließlich im Oktober 1947 als Mitläufer eingestuft, einer möglichen Wiedereinstellung in Nürnberg „in einer einstweilen unverbindlichen Form“ kam eine Berufung nach Berlin zuvor, die wegen Kosiols politischen Belastung zunächst vorläufig war.[9][2]

Ab 1948 – mit Gründung des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaft – lehrte und forschte er bis zu seiner Emeritierung 1967 an der Freien Universität in Berlin. Daneben war er dort Direktor des Instituts für Industrieforschung und der Betriebswirtschaftlichen Bibliothek.[10] 1962 bis 1963 hatte er eine Gastprofessur an der Universität Kobe in Japan inne.[2]

Forschungsschwerpunkte

Seine Forschungsschwerpunkte waren u. a. die Betriebswirtschaftliche Organisationslehre und das Rechnungswesen. Bekannt sind vor allem seine Werke zur „pagatorischen Bilanz“ und zur Kostenrechnung.

Auszeichnungen

  • 1962: Ehrendoktorwürde der Universität Wien[11]
  • 1963: Ehrendoktorwürde der Universität zu Köln[11]

Schriften (Auswahl)

  • Theorie der Lohnstruktur. 1928
  • Finanzmathematik. 1938
  • Betriebsbuchhaltung und Kontenrahmen. 1940
  • Kalkulatorische Buchhaltung. 1950
  • Warenkalkulation in Handel und Industrie. 1953
  • Leistungsgerechte Entlohnung. 1962
  • Kostenrechnung. 1964
  • Die Unternehmung als wirtschaftliches Aktionszentrum. 1966
  • Bausteine der Betriebswirtschaftslehre, 2 Bände. 1973
  • Organisation der Unternehmung. 2. Auflage 1976
  • Kosten- und Leistungsrechnung. 1979

Weblinks

Literatur

  • Erwin Grochla (Hrsg.): Organisation und Rechnungswesen. Festschrift für Erich Kosiol zu seinem 65. Geburtstag. Duncker und Humblot, 1964.
  • Jürgen Wild (Hrsg.): Unternehmungsführung; Festschrift für Erich Kosiol zu seinem 75. Geburtstag,. Duncker & Humblot, Berlin 1974, ISBN 3-428-03068-0.

Einzelnachweise

  1. a b c d e Erwin Grochla (Hrsg.): Organisation und Rechnungswesen. Festschrift für Erich Kosiol zu seinem 65. Geburtstag. Duncker und Humblot, 1964, S. 3–4 (google.com [abgerufen am 31. Juli 2022]).
  2. a b c d e f g h i Peter Mantel: Hindenburg-Hochschule Nürnberg. In: Betriebswirtschaftslehre und Nationalsozialismus. Eine institutionen- und personengeschichtliche Studie. Gabler, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-8349-8515-6, S. 748 f.
  3. Kosiol, Erich. In: Walther Busse von Colbe, Bernhard Pellens (Hrsg.): Lexikon des Rechnungswesens : Handbuch der Bilanzierung und Prüfung, der Erlös-, Finanz-, Investitions- und Kostenrechnung. De Gruyter, ISBN 978-3-486-79554-7, S. 438.
  4. Erich Kosiol - The Mathematics Genealogy Project. In: mathgenealogy.org. Department of Mathematics North Dakota State University, American Mathematical Society, abgerufen am 31. Juli 2022.
  5. Renate Tobies: Dissertationen in Mathematik, WS 1907/08 bis WS 1944/45. 2000, S. 38 (mathematik.de [PDF; abgerufen am 31. Juli 2022]).
  6. a b c Josef Löffelholz: Repetitorium der Betriebswirtschaftslehre. 4. überarbeitete und erweiterte Auflage. Wiesbaden 1971, ISBN 978-3-322-83508-6, S. 853 (google.com [abgerufen am 31. Juli 2022]).
  7. Erich Kosiol: Theorie der Lohnstruktur (= Betriebswirtschaftliche Abhandlungen. Bd. 9). C. E. Poeschel, Stuttgart 1928 (d-nb.info [abgerufen am 31. Juli 2022]).
  8. Peter Mantel: Hindenburg-Hochschule Nürnberg. In: Betriebswirtschaftslehre und Nationalsozialismus. Eine institutionen- und personengeschichtliche Studie. Gabler, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-8349-8515-6, S. 256 f. (google.com [abgerufen am 31. Juli 2022]).
  9. Peter Mantel: Hindenburg-Hochschule Nürnberg. In: Betriebswirtschaftslehre und Nationalsozialismus. Eine institutionen- und personengeschichtliche Studie. Gabler, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-8349-8515-6, S. 472 f. (google.com [abgerufen am 31. Juli 2022]).
  10. Geschichte des Fachbereichs. In: wiwiss.fu-berlin.de. Fachbereich Wirtschaftswissenschaft an der Freien Universität Berlin, 12. Mai 2007, abgerufen am 31. Juli 2022.
  11. a b Ein neues Ehrendoktorat für Erich Kosiol. In: Management International. Band 3, Nr. 5, 1963, ISSN 0942-8771, S. 2–2, JSTOR:40225936.