„Urstromtal“ – Versionsunterschied

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Ḋ'''Urstromtäler''' nennt man breite [[Tal]]niederungen in [[Mitteleuropa]], die in den [[Eiszeiten]] beziehungsweise in den einzelnen Stadien einer Eiszeit am Rande des skandinavischen [[Inlandeis]]es oder der alpinen [[Vergletscherung]] gebildet wurden und durch das mehr oder weniger eisrandparallele Abfließen der [[Schmelzwasser]] entstanden sind. Sie zählen zur [[Glaziale Serie|Glazialen Serie]].


== Entstehung und Aufbau ==
[[Datei:SchnittUTal.jpg|mini|hochkant=1.5|Schnitt durch ein Urstromtal]]
Wichtig bei der Entstehung der Urstromtäler ist die allgemeine von Süden nach Norden gerichtete [[Abdachung|Abwärtsneigung]] der Landschaft im [[Norddeutsches Tiefland|norddeutschen Tiefland]] und in [[Polen]]. Das von [[Skandinavien]] kommende Inlandeis stieß gegen ein ansteigendes Gelände vor. Die Schmelzwässer konnted nur wenige bis wenige dutzend Meter hoch. Die bohle und die Ränder eines Urstromtales können durch jüngere Prozesse, insbesondere durch das Austauen von [[Toteis]]blöcken oder das Aufwehen von [[Düne]]n stark verändert werden. In der [[Holozän|Nacheiszeit]] sind viele Urstromtäler aufgrund ihrer tiefen Lage und des damit verbundenen hohen Grundwasserstandes [[Moor|vermoort]].

== Urstromtäler in Mitteleuropa ==
[[Datei:Urstromtäler Norddeutschlands.jpg|mini|hochkant=1.5|Saale- und Weichselzeitliche Urstromtäler Mitteleuropas<ref>"Die Urstromtäler Norddeutschlands, die Endmoränen und Fundorte der Glacialschrammen", [[Felix Wahnschaffe (Geologe)|Felix Wahnschaffe]], in Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14., Leipzig, 1908</ref>]]
In Mitteleuropa finden sich mehrere Urstromtäler aus verschiedenen Perioden:
* [[Breslau-Magdeburg-Bremer Urstromtal]]: verläuft durch das südliche [[Polen]] und [[Deutschland]], entstand in der [[Saaleeiszeit]]
* [[Glogau-Baruther Urstromtal]]: verläuft nördlich des Breslau-Magdeburg-Bremer Urstromtals durch das südliche Polen und Deutschland, entstand in der [[Weichseleiszeit]]
* [[Warschau-Berliner Urstromtal]]: verläuft durch das zentrale Polen und Deutschland, entstand in der Weichseleiszeit
* [[Thorn-Eberswalder Urstromtal]]: verläuft durch das nördliche Polen und Deutschland; entstand in der Weichseleiszeit
* Als [[Elbe-Urstromtal]] wird das [[Elbe|Elbtal]] ab der Höhe von [[Genthin]] bis zur Elbmündung bei [[Cuxhaven]] bezeichnet. Die Schmelzwässer der drei vorgenannten weichselzeitlichen Urstromtäler flossen nacheinander durch dieses Tal in Richtung Nordseebecken.
* [[Mecklenburgisch-Vorpommersches Grenztal]]: verläuft nördlich des Thorn-Eberswalder Urstromtales durch das nördliche Polen und die Täler von Unterer [[Peene]], [[Trebel]] und [[Recknitz]] bis nach [[Ribnitz-Damgarten]]<ref>[https://www.bfn.de/landschaften/steckbriefe/landschaft/show/72400.html?tx_lsprofile_pi1%5Bbundesland%5D=16&tx_lsprofile_pi1%5BbackPid%5D=13857&cHash=2310d988ee72e9bd9e839b5a8dc7aa91 Landschaftssteckbrief 72400] Mecklenburgisch-Vorpommersches Grenztal (Recknitz- Trebel- Peene- und Tollenseniederung), Bundesamt für Naturschutz, 2012, Auf: bfn.de</ref>
* Umstritten ist die Bezeichnung Rheinurstromtal für das [[Rhein]]tal von [[Düsseldorf]] bis zur Mündung in die Nordsee. Der Rhein diente zwar als Abfluss der Schmelzwässer während der Saaleeiszeit. Die Anlage des Tales ist deutlich älter und durch junge [[Tektonik]] entstanden.
* In alpinen Vereisungsgebieten wurden die Schotter-Terrassen im Urstromtal der Donau im Laufe von Jahrhunderten bei extremen Hochwasser-Ereignissen durch Verlagerungen des Flussbettes vielfältig umgestaltet.<ref>[https://www.wwa-in.bayern.de/fluesse_seen/massnahmen/mass05/hist/ Historische Entwicklung der Donau], Wasserwirtschaftsamt Bayern, abgerufen am 21. April 2016</ref> Ihre großen Zuflüsse aus den [[Alpen]] verlaufen in weiten Teilen noch in deren Urstromtälern und bilden die typischen Terrassen.

Teilabschnitte der Haupttäler haben zum Teil eigene Namen erhalten. Das [[Lausitzer Urstromtal]] und das [[Aller-Urstromtal]] sind Abschnitte des Breslau-Magdeburg-Bremer Urstromtales. [[Baruther Urstromtal|Baruther]], Berliner und Eberswalder Urstromtal sind geläufige Kurzbezeichnungen für die betreffenden Urstromtalabschnitte in [[Brandenburg]]. Zusätzlich zu den großen Haupttälern existieren zahlreiche kleinere [[Urstromtalung]]en. Ihr Erscheinungsbild gleicht zunächst den großen Urstromtälern. Sie sind aber wesentlich kürzer und es fehlt der Bezug zu einem Sander und einer [[Endmoräne]].

== Besonderheiten bei Urstromtälern ==
Urstromtäler dürfen nicht mit den [[Glaziale Rinne|glazialen Rinnen]] (Tunneltal) verwechselt werden. Letztere entstanden unter und nicht vor dem Eis. Außerdem verlaufen die meisten glazialen Rinnen von Nord nach Süd. Die Hauptrichtung der Urstromtäler ist von Ost nach West gerichtet. Urstromtäler werden nur abschnittsweise von Flüssen durchflossen, da die meisten auf kürzerem Wege das Meer erreichen können, wie im Falle von [[Oder]] und [[Weichsel]]. Die linienhaften [[Senke (Geowissenschaften)|Senken]] der Urstromtäler zwischen den Flüssen wurden wegen ihres geringen Gefälles für den Kanalbau genutzt, so zum Beispiel für den [[Elbe-Havel-Kanal]] oder den [[Oder-Havel-Kanal]].

Da die [[Abdachung]] der Landschaft in [[Nordamerika]] und auf der [[Russische Tafel|Russischen Tafel]] nach Süden gerichtet ist, kam es dort während des Eiszeitalters nicht zur Ausbildung von Urstromtälern. Der [[Mississippi River]] und seine Nebenflüsse haben die Schmelzwässer des nordamerikanischen Inlandeises abgeführt. In Osteuropa flossen die Schmelzwässer über die Flussgebiete von [[Dnepr]], [[Don (Asowsches Meer)|Don]] und [[Wolga]] ab.

Urstromtäler, ob sandig oder vermoort, stellten im [[Mittelalter]] erhebliche Verkehrshindernisse dar. Daher bündelten sich die [[Handelsstraße|Handelswege]] an Engstellen, an denen man das Tal vergleichsweise gut überqueren konnte. Die Engstellen waren ein bevorzugter Ort für Stadtgründungen und Burganlagen. Beispiele in Brandenburg sind [[Berlin]], [[Fürstenwalde/Spree|Fürstenwalde]], [[Luckenwalde]] und [[Baruth/Mark]] sowie in Niedersachsen [[Vorsfelde]] und das [[Wolfsburg (Schloss)|Schloss Wolfsburg]].

== Literatur ==
* Herbert Liedtke: ''Die nordischen Vereisungen in Mitteleuropa'' (= ''Forschungen zur deutschen Landeskunde.'' 204). 2., erweiterte Auflage. Zentralausschuß für Deutsche Landeskunde, Trier 1981, ISBN 3-88143-020-2.
* Herbert Liedtke, [[Joachim Marcinek]] (Hrsg.): ''Physische Geographie Deutschlands''. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage. Klett-Perthes, Gotha u. a. 2002, ISBN 3-623-00860-5.
* ''Führer zur Geologie von Berlin und Brandenburg.'' Nr. 2: [[Johannes Herbert Schroeder|Johannes H. Schroeder]] (Hrsg.): ''Bad Freienwalde – Parsteiner See.'' 2. verbesserte Auflage. Selbstverlag Geowissenschaftler in Berlin und Brandenburg e.V., Berlin 1994, ISBN 3-928651-03-X.
* ''Führer zur Geologie von Berlin und Brandenburg.'' Nr. 5: Johannes H. Schroeder (Hrsg.): ''Nordwestlicher Barnim – Eberswalder Urstromtal – Naturpark Barnim.'' Selbstverlag Geowissenschaftler in Berlin und Brandenburg e.V., Berlin 2004, ISBN 3-928651-06-4.
* ''Führer zur Geologie von Berlin und Brandenburg.'' Nr. 9: Johannes H. Schroeder, Fritz Brose (Hrsg.): ''Oderbruch – Märkische Schweiz – Östlicher Barnim.'' Selbstverlag Geowissenschaftler in Berlin und Brandenburg e.V., Berlin 2003, ISBN 3-928651-11-0.

== Einzelnachweise ==
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Version vom 26. April 2021, 11:34 Uhr