„Moral“ – Versionsunterschied

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{{Begriffsklärungshinweis}}
'''Moral''' (frz.: ''moral'', v. lat.: ''moralis'' die Sitten betreffend; (lat.:''mos'' Sitte; Plural ''mores'') beschreibt
Als '''Moral''' wird der Teil der Handlungskonventionen bzw. -regeln bezeichnet, deren Befolgung im zwischenmenschlichen Miteinander als „gut“/„richtig“ und deren Nichtbefolgung als „böse“/„falsch“ bewertet wird.


== Begriffsgeschichte ==
#die Gesamtheit der sittlichen [[Norm]]en, [[Werte]], Grundsätze, die das zwischenmenschliche Verhalten einer menschlichen Gesellschaft regulieren und von ihrem überwiegenden Teil als verbindlich akzeptiert oder zumindest hingenommen werden. (''herrschende Moral; bürgerliche Moral'')
Der deutsche Ausdruck „Moral“ geht über das französische ''morale'' auf das lateinische ''moralis'' (die Sitte betreffend; lateinisch: ''mos, mores'' Sitte, Sitten) zurück, das im von [[Marcus Tullius Cicero|Cicero]] neugeprägten Ausdruck ''philosophia moralis'' als Übersetzung von ''êthikê'' ([[Ethik]]) verwendet wird.<ref>Cicero: ''De fato'' 1; [[Historisches Wörterbuch der Philosophie]]: ''Moral, moralisch, Moralphilosophie'', Band 6, S. 149.</ref>
#das sittliche Empfinden / Verhalten eines Einzelnen, bzw. einer Gruppe. (''hohe Moral; niedere Moral'')
#in der [[Philosophie]] ([[Immanuel Kant]]) die Lehre vom sittlichen Verhalten des Menschen (häufiger [[Ethik]] genannt)
#in der [[Literatur]] die Nutzanwendung z.B. einer Erzählung (''"Moral von der Geschichte"'')


Moral beschrieb ursprünglich vor allem, wie Menschen ''faktisch'' handeln und welches Handeln in bestimmten Situationen erwartet bzw. für richtig gehalten wird. Dieser deskriptive Bedeutungsaspekt einer Moral wird auch als [[Sittlichkeit]] oder [[Ethos]] bezeichnet und umfasst „regulierende Urteile und geregelte Verhaltensweisen“, ohne dass die rationale oder moraltheoretische Rechtfertigung derselben beurteilt oder bewertet wird. Eine solche Beurteilung wird als „Reflexionstheorie der Moral“ oder „Ethik“ bezeichnet.<ref>So beispielsweise [[Dietmar Mieth]]: ''Was wollen wir können? Ethik im Zeitalter der Biotechnik.'' Freiburg im Breisgau 2002, S. 55 und in vielen anderen Publikationen.</ref>
Der Gegensatz zwischen Moral und [[Ethik]] besteht darin, dass die faktische Moral teilweise emotionale Ursprünge hat (Ekel, Hass, Angst) sowie kultur- und gesellschaftsabhängig ist, die Ethik hingegen mit Logik auf "absoluten" Maßstäben aufzubauen versucht. Ethik kann auch als das Nachdenken über Moral verstanden werden.


== Wissenschaften der Moral ==
Siehe auch [[Sitte]].
Moral ist Gegenstand diverser [[Wissenschaft]]en:


* [[Ethik]] ist eine Disziplin der [[Philosophie]], die moralische Prinzipien, Werte, [[Tugend]]en, Geltungsansprüche, Forderungen, Begründungen etc. untersucht und oft auch formuliert und begründet.
Das Wort ''Moral'' ist ein sog. [[Singularetantum]]: ein Wort, zu dem kein Plural existiert.
* [[Metaethik]] untersucht die [[Metaphysik|metaphysischen]], [[Erkenntnistheorie|erkenntnistheoretischen]], [[Semantik|semantischen]] und [[Psychologie|psychologischen]] Voraussetzungen und Implikationen moralischen Denkens, Sprechens und Handelns.<ref>So die Kurzcharakteristik von {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/metaethics/|Metaethics|Geoff Sayre-McCord|2007}}.</ref>
* [[Moraltheologie]] und [[Theologische Ethik]] betrachten die Beziehungen zwischen Moral und Religion.
* [[Moralpsychologie]] untersucht, welche moralischen Meinungen, Handlungsweisen und [[Emotion]]en Individuen zeigen; [[Motivationspsychologie]] versucht, die Neigungen dazu zu erklären.
* Moral im Kontext sozialer Einheiten oder Organisationen ist einer der Gegenstände der [[Sozialwissenschaft|Gesellschaftswissenschaften]].
* Auch [[Politikwissenschaft]] oder [[Wirtschaft|Ökonomie]] können normativ verstanden werden und so moralische Wissenschaften sein, die Handlungen intrinsischen Wert beimessen.


=== Moral als Aspekt der menschlichen Natur ===
==Zitat==
Als soziales Wesen erfährt der Mensch von Geburt an im Normalfall Liebe, die Bereitschaft zum Verzicht und zur Fürsorge. Ohne diese Eigenschaften wäre ein dauerhaftes Zusammenleben in [[Gemeinschaft]]en nicht möglich. Sie haben sich im Laufe der [[Evolution]] entwickelt und die Veranlagung dazu liegt demnach in den Genen. Der Biologe [[Hans Mohr]] drückt es folgendermaßen aus: {{"|Wir brauchen moralisches Verhalten nicht zu lernen – es ist eine angeborene Disposition, die uns befähigt, das moralisch Richtige zu treffen.|ref=<ref>[[Ina Wunn]]: ''Die Evolution der Religionen.'' Habilitationsschrift, Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften der Universität Hannover, 2004. [http://edok01.tib.uni-hannover.de/edoks/e01dh04/473535297.pdf online] (PDF; 2,8&nbsp;MB)</ref>}} Die konkreten Moralvorstellungen eines Menschen sind jedoch kulturell überprägt: Sie äußern sich etwa in der [[Goldene Regel|„goldenen Regel“]], in religiösen Handlungsvorschriften (etwa die [[Zehn Gebote]] im Judentum und Christentum, die [[Fünf Silas]] im Buddhismus oder die [[Traumzeit]]-Mythologie der australischen Aborigines<ref>Sibylle Kästner: ''Jagende Sammlerinnen und sammelnde Jägerinnen: Wie australische Aborigines-Frauen Tiere erbeuten.'' LIT Verlag, Münster 2012, ISBN 978-3-643-10903-3, S. 124.</ref>) oder in den [[Rechtsnorm]]en der modernen Staaten. Trotz der moralischen Veranlagung können [[Erziehung]] und [[Ideologie|ideologische]] [[Manipulation]] selbst [[Destruktivität|destruktive]] Verhaltensweisen zum angeblich [[Das Gute|„Guten“]] erheben, die den eingangs genannten Eigenschaften komplett widersprechen.


=== Moral und Recht ===
*''Man wird moralisch, sobald man unglücklich ist.'' – [[Marcel Proust]] (''Im Schatten der jungen Mädchen'', ISBN 3-51857875-8, S. 203)
Es ist eine der Grundfragen der [[Rechtsphilosophie]], in welchem Verhältnis [[Recht]] und Moral zueinander stehen. In vielerlei Hinsicht stimmen Moral und Recht (z.&nbsp;B. das Tötungsverbot) überein. Die Frage, wie es z.&nbsp;B. um moralisch verwerfliche Gesetze steht, wurde seit der Antike (siehe [[Naturrecht]]) und in der jüngeren Geschichte besonders intensiv in der deutschen Nachkriegszeit diskutiert. Nennenswert sind hierbei insbesondere die [[Radbruchsche Formel]] zum Verhältnis von Recht und Ungerechtigkeit, die [[Gehorsamsverweigerung]] und die Frage, ob Deserteure amnestiert werden sollten (siehe [[Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege]]).


=== Deskriptiver Moralbegriff ===
Hallo an alle... *g*
In ''deskriptiver'' Verwendung beschreibt „Moral“ eine Handlungsregelung, die für eine Gesellschaft, soziale Gruppe oder ein Individuum leitend ist<ref>Gert 2005.</ref> oder „die in einer konkreten Gemeinschaft eingelebten oder von einer Person internalisierten Verhaltensregeln“.<ref>Werner 2005.</ref> Dies wird je nach Theorieansatz unterschiedlich präzisiert, etwa als „Gesamtheit der sozial repräsentierten und im Persönlichkeitssystem der Individuen verankerten regelbezogenen Handlungsorientierungen und wechselseitigen Verhaltenserwartungen oder als eine näher bestimmte Teilklasse“ derselben.<ref>Bernard Gert: ''Die moralischen Regeln: Eine neue rationale Begründung der Moral.'' Suhrkamp, Frankfurt am Main 1983/1966, S. 27 ff., hier zit. n. Werner 2005; ähnlich [[Martin Honecker (Theologe)|Martin Honecker]]: ''Einführung in die theologische Ethik.'' Berlin/ New York 1990, 4: „die Gesamtheit akzeptierter und durch Tradition stabilisierter Verhaltensnormen einer Gesellschaft oder Gruppe“</ref> [[Niklas Luhmann|Luhmann]] definiert, „rein empirisch gemeint“: „Eine Kommunikation nimmt moralische Qualität an, wenn und soweit sie menschliche Achtung oder Missachtung zum Ausdruck bringt“.<ref>N. Luhmann: ''Ethik als Reflexionstheorie der Moral.'' In: N. Luhmann: ''Gesellschaftsstruktur und Semantik.'' Band 3, Frankfurt am Main 1993, S. 360 ff.</ref> In diesem deskriptiven Sinne werden auch „moralisch“ oder „sittlich“ schlicht deskriptiv im Sinne von „zur Moral gehörig“, nicht normativ im Sinne von „moralisch gut“ gebraucht.<ref name="frankena">[[William K. Frankena]]: ''Analytische Ethik.'' München 1994, S. 22 f.</ref> „Moral“ bezeichnet dann etwa „ein Unternehmen der Gesellschaft“ zur „Lenkung des einzelnen und kleinerer Gruppen“.<ref name="frankena" /> Derartigen deskriptiven Redeweisen entsprechen alltagssprachliche Formeln wie „herrschende Moral“, „bürgerliche Moral“ oder „sozialistische Moral“. Der Psychologe [[Jonathan Haidt]] hat folgende Definition vorgeschlagen: ''„Moralische Systeme sind ineinandergreifende Zusammenstellungen von Werten, Tugenden, Normen, Gebräuchen, Identitäten, Institutionen, Technologien und entwickelten psychischen Mechanismen, die zusammenwirken, um Selbstsucht zu unterdrücken oder zu regulieren und soziales Zusammenleben zu ermöglichen.“''<ref>J. Haidt: ''Morality.'' In: S. T. Fiske, D. T. Gilbert, G. Lindzey (Hrsg.): ''Handbook of Social Psychology.'' 5. Auflage. Band 2, Wiley, Hoboken, N.J. 2010, S. 797–832.</ref>
[[Kategorie:Ethik]]


=== Postkonventionelle Moral ===
[[da:Moral]]
Die Überwindung der Orientierung moralischer Urteile an den jeweils herrschenden [[Konvention]]en oder durch positives Recht gesetzten Normen einerseits, an rein subjektiven Gewissensentscheidungen andererseits strebt die [[Postkonventionalismus|postkonventionelle]] Moral an, die moralische Urteile insbesondere im Fall [[Ethisches Dilemma|ethischer Dilemmata]] auf rationale [[Diskurs]]e gründen will.
[[en:Morality]]

[[es:Moral]]
== Begründung von Moral ==
[[et:Moraal]]
Die [[Ethik]] sieht es als eine zentrale Aufgabe, Moral begründen und damit auf eine wissenschaftliche Grundlage stellen zu können. Damit könnten in der Vorstellung der Philosophen fehlerhafte oder schlechte Moralvorstellungen zugunsten wünschenswerter Moralbegriffe abgewehrt werden. Lange galt der [[Kategorischer Imperativ|Kategorische Imperativ]] von [[Immanuel Kant]] als Standardbegründung von Moral und gleichzeitig als Grundlage der [[Deontologische Ethik|deontologischen Ethik]].
[[fr:Morale]]

[[pl:Moralność]]
[[Arthur Schopenhauer]] kritisiert diesen Begründungsversuch als realitätsfern. Als eine der ersten kritischen Abhandlungen zur Begründung der Moral gilt daher seine Preisschrift „Über die Grundlage der Moral“, die er 1840 im Auftrag der Königlich Norwegischen Societät der Wissenschaften anfertigte. Einen Preis gewann Schopenhauer damit nicht, denn die Grundlage der Moral schien mit dieser Schrift ferner denn je. Am Ende hält Schopenhauer die Suche nach einer Moralbegründung für unzulässig: „Wer sagt euch, daß es Gesetze giebt, denen unser Handeln sich unterwerfen soll?“.<ref>Arthur Schopenhauer: ''Über die Grundlage der Moral'', Zürich 1977 [1840], S. 160</ref> Auch [[Friedrich Nietzsche]] zweifelt an der Existenz einer Moralbegründung und schlägt stattdessen eine Rangordnung vor: „Die einmal angenommene Rangordnung der Güter, je nachdem ein niedriger, höherer, höchster Egoismus das eine oder das andere will, entscheidet jetzt über das Moralisch-sein oder Unmoralisch-sein“.<ref>Friedrich Nietzsche: „Menschliches Allzumenschliches“ [1880], in; Friedrich Nietzsche: Gesammelte Werke, Bindlach 2005, S. 211</ref> Matthias Wühle kritisiert moderne Moralbegründungen als assoziativ und verwendet dafür das Beispiel des Aachener Friedenspreises, der 2013 an Schulen verliehen wurde, die sich gegen Unterrichtsbesuche der Bundeswehr aussprachen.<ref>Nikolas Fischer: Ehrung für Schulen ohne Bundeswehr. Deutsche Welle, 31. August 2013. https://www.dw.com/de/ehrung-f%C3%BCr-schulen-ohne-bundeswehr/a-17056173</ref> Die Rechtfertigung dieses moralischen Urteils läge dabei ausschließlich in der Assoziation Bundeswehr – Krieg – Schule begründet, so Wühle.<ref>Matthias Wühle: ''Die Moral der Märkte'', Wiesbaden 2017, S. 61ff</ref>
[[zh:道德]]

== {{Anker|Hypermoral}}Hypermoral ==
In seinem 1969 veröffentlichten Werk ''[[Moral und Hypermoral]]'' hat der Philosoph [[Arnold Gehlen]] eine pluralistische Ethik entworfen und zeitkritisch Tendenzen der Gesellschaft beschrieben, die er als ''hypermoralisch'' bezeichnet. Er kritisierte, dass Hypermoral sich ungebührlich an Privatem und Innerlichem (im Extremfall: an [[Gedankenverbrechen]]) festbeiße, während Missstände gleichzeitig vernachlässigt werden, die auch außerhalb des Persönlichen und Gedanklichen existieren, wo ihnen gesellschaftliche Institutionen wie Politik oder Rechtssystem entgegenwirken könnten. [[Odo Marquard]] hat Gehlens Gedanken 1986 in seinem Aufsatz ''Entlastungen'' weitergeführt und schrieb von „Übertribunalisierung“.

Im politischen Diskurs der Gegenwart wird über „Hypermoral“ erneut nachgedacht, etwa im Hinblick auf Debatten um „[[Mikroaggression]]“, die 2016 an Hochschulen in den Vereinigten Staaten geführt wurden,<ref>[http://www.zeit.de/2016/03/diskriminierung-universitaeten-usa-kulturelle-aneignung-minderheiten-studenten-protest/komplettansicht ''Die Debatten-Polizei.''] In: ''Die Zeit.'' 28. Januar 2016.</ref> aber auch in Deutschland, etwa im Streit um die [[Politische Korrektheit|politisch korrekte]] Mediendarstellung von Straftaten Angehöriger ethnischer oder religiöser Minderheiten.<ref>[http://www.zeit.de/2016/04/deutschland-wirtschaft-linke-diskurs-mitte-rechte ''Der Verlust der Mitte.''] In: ''Die Zeit.'' 4. Februar 2016.</ref> Im gesellschaftspolitischen Diskurs wird gesteigertes moralisierendes Agieren als „[[Moralismus]]“ bezeichnet und negativ konnotiert. Der [[Philosoph]] [[Alexander Grau (Journalist)|Alexander Grau]] erkennt 2018 überdies einen „Moralismus mit totalitären Zügen“ und nennt einen solchen: „[[Hypermoralismus]]“: ''„Der Hypermoralismus ist ja nicht politisch neutral, sondern wir kennen ihn vor allem eigentlich aus dem linken oder linksliberalen Lager. Er ist der Versuch, die Gesellschaft anhand linker Ordnungsvorstellungen und eines weitestgehend links konnotierten Menschenbildes auszurichten und hat seine Wurzeln in der 68er-Bewegung und in der kulturellen Hegemonie, die in einigen Teilen der Gesellschaft zumindest dieser Linksliberalismus inzwischen erlangt hat.“''<ref>Christian Röther: [https://www.deutschlandfunk.de/moralismus-debatte-hype-um-die-hypermoral.886.de.html?dram%3Aarticle_id=422221 ''Moralismus-Debatte. Hype um die Hypermoral.''] In: ''[[Deutschlandfunk]].'' 10. August 2018.</ref>

Der Begriff der Hypermoral wird als zugehörig zum Vokabular der [[Neue Rechte|Neuen Rechten]] gezählt. Die [[Frankfurter Allgemeine Zeitung|FAZ]] beschreibt, dass der Begriff der Aushebelung des Universalitätsanspruchs „nicht nur“ der Menschenrechte dient.<ref>{{Literatur |Titel=Sprache von Pegida und AfD: Das Wörterbuch der Neuesten Rechten |Sammelwerk=FAZ.NET |ISSN=0174-4909 |Online=https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/aus-welchen-woertern-afd-und-pegida-kampfbegriffe-machen-14157466.html |Abruf=2021-08-13}}</ref> Der Begriff wird häufig dazu verwendet, [[Progressivismus|progressive]] und [[Politische Linke|linke]], aber auch viele [[Ethik|ethische]] Positionen zu diskreditieren. Darunter fallen Aspekte wie [[Klimaschutz]], [[Tiergerechtigkeit|Tierwohl]], [[Flüchtling]]shilfe, [[Antirassismus]], [[Antifaschismus]], [[LGBT|LGBTQIA-Rechte]] und [[Feminismus]].<ref>{{Internetquelle |autor=Bernd Ulrich |url=https://www.zeit.de/2018/37/moral-hypermoral-ideologiekritik-arnold-gehlen/komplettansicht |titel=Weniger Moral, mehr Politik! |werk=ZEIT Online |datum=05.09.2018 |abruf=2021-08-13}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.derstandard.de/story/2000074503394/feminismus-zum-fuerchten |titel=Feminismus zum Fürchten |sprache=de-AT |abruf=2021-08-13}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.youtube.com/watch?v=oXtF3VCGKY8 |titel=Linksgrüne Hypermoral - Jürgen Braun - AfD-Fraktion im Bundestag |sprache=de-DE |abruf=2021-08-13}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.pw-portal.de/rechtspopulismus-und-medien/41047-konservative-kulturkritik-und-die-politik-der-spaltung-ueber-hypermoral-und-sprachliche-verwirrspiele |titel=Konservative Kulturkritik und die Politik der Spaltung. Über Hypermora |sprache=de-de |abruf=2021-08-13}}</ref>

== Moralische Entwicklung der Menschheit ==
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass das moralische Verhalten zumindest über die vergangenen siebzig Jahre weitgehend unverändert blieb. Dies widerspricht Umfragen, in denen sich die Befragten um einen moralischen Verfall sorgen.

Adam Mastroianni, Psychologe an der [[Columbia University]] und [[Daniel Gilbert (Psychologe)|Daniel Gilbert]] untersuchten Studien aus 60 Ländern, die in einem Abstand von mindestens 10 Jahren wiederholt wurden. Es zeigte sich, dass die Mehrheit der Befragten zu allen Zeiten annahmen, dass ihre Mitmenschen weniger moralisch seien als in der Vergangenheit. Daraus schlossen die Autoren, dass es keine tatsächliche Verschlechterung gab. Für die verbreitete Einschätzung eines Niedergangs werden bekannte psychologische Effekte aufgeführt. Mastroianni hält die Illusion eines moralischen Verfalls für gefährlich, wenn sie Auswirkungen auf Wahlentscheidungen hat.<ref>{{Internetquelle |autor=Mariana Lenharo |url=http://www.spektrum.de/news/geht-es-mit-der-moral-wirklich-abwaerts/2154273 |titel=Geht es mit der Moral wirklich abwärts? |hrsg=[[Spektrum]] |datum=2023-06-27 |abruf=2023-06-28 |abruf-verborgen=ja |sprache=de}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Adam M. Mastroianni & Daniel T. Gilbert |url=https://www.nature.com/articles/s41586-023-06137-x |titel=The illusion of moral decline |hrsg=[[Nature]] |datum=2023-06-07 |abruf=2023-06-23 |abruf-verborgen=ja |sprache=en}}</ref>

== Siehe auch ==
* [[Demoralisierung]]
* [[Doppelmoral]]
* [[Welfarismus]]

== Literatur ==
* {{Literatur |Autor=[[Patricia Churchland]] |Titel=Braintrust |TitelErg=What Neuroscience Tells Us About Morality |Verlag=[[Princeton University Press]] |Ort=Princeton |Datum=2011 |ISBN=978-0-691-13703-2}}
* Matthias Drescher: ''Die Zukunft unserer Moral. Wie die Nächstenliebe entstanden ist und wieso sie den christlichen Glauben überlebt.'' Tectum Verlag, Baden-Baden 2019, ISBN 978-3-8288-4275-5.
* {{Literatur |Autor=[[Rainer Erlinger]] |Titel=Moral |TitelErg=Wie man richtig gut lebt |Verlag=S. Fischer |Ort=Frankfurt am Main |Datum=2011 |ISBN=978-3-10-017021-7}}
* {{Literatur |Autor=[[Ludger Honnefelder]] |Titel=Was soll ich tun, wer will ich sein? Vernunft und Verantwortung, Gewissen und Schuld |Verlag=Berlin University Press |Ort=Berlin |Datum=2007 |ISBN=978-3-940432-05-6}}
* Philipp Hübl: ''Moralspektakel. Wie die richtige Haltung zum Statussymbol wurde und warum das die Welt nicht besser macht.'' Siedler, München 2024, ISBN 978-3-8275-0156-1.
* Habbo Knoch, Benjamin Möckel: [http://www.zeithistorische-forschungen.de/1-2017/id=5454 ''Moral History. Überlegungen zu einer Geschichte des Moralischen im »langen« 20. Jahrhundert.''] In: ''[[Zeithistorische Forschungen]].'' 14, 2017, S. 93–111.
* {{Literatur |Autor=[[Rüdiger Lautmann]] |Titel=Moral als Imperativ im Diskurs über soziale Missstände |Sammelwerk=Zeitschrift für Diskursforschung |WerkErg=Themenheft Moral und Emotionen in Problematisierungsdiskursen |Band=9 |Nummer=1 |Datum=2021 |Seiten=13–32 |ISSN=2195-867X |Online=https://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/opus4/frontdoor/deliver/index/docId/99770/file/99770.pdf |Format=PDF |KBytes=217 |Abruf=2022-12-14}}
* {{Literatur |Autor=[[Rupert Lay]], [[Ulf Posé]] |Titel=Die neue Redlichkeit. Werte für unsere Zukunft |Verlag=[[Campus-Verlag|Campus]] |Ort=Frankfurt am Main |Datum=2006 |ISBN=3-593-37924-4}}
* Walter Pfannkuche: ''Wer verdient schon, was er verdient? – Fünf Gespräche über Gerechtigkeit und gutes Leben'', Philipp Reclam jun., Stuttgart 2003, ISBN 3-15-018253-0.
* {{Literatur |Autor=[[Robert Spaemann]] |Titel=Moralische Grundbegriffe |Auflage=8. |Verlag=C.H. Beck |Ort=München |Datum=2009 |ISBN=978-3-406-59460-1}}
* {{Literatur |Autor=[[Jan Verplaetse]] |Titel=Der moralische Instinkt. Über den natürlichen Ursprung unserer Moral |Verlag=[[Vandenhoeck & Ruprecht]] |Ort=Göttingen |Datum=2011 |ISBN=978-3-525-40441-6 |Originaltitel=Het morele instinct |Originalsprache=nl |Übersetzer=C. Kuby, H. Post}}
* [[Franz M. Wuketits]]: Gene, Kultur und Moral. Soziobiologie – Pro und Contra. Wiss.Buchgesellschaft Darmstadt, 1990

== Weblinks ==
{{Wiktionary}}
{{Wikiquote}}
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/morality-definition/|The Definition of Morality|[[Bernard Gert]]}}
* D. D. Raphael: [http://xtf.lib.virginia.edu/xtf/view?docId=DicHist/uvaBook/tei/DicHist3.xml;chunk.id=dv3-28;toc.depth=1;toc.id=dv3-28;brand=default ''Moral Sense.''] In: ''[[Dictionary of the History of Ideas]].''
* {{Literatur |Autor=[[Micha Werner|Micha H. Werner]] |Hrsg=Marcus Düwell, Christoph Hübenthal, [[Jean-Pierre Wils]] |Titel=Moral |Sammelwerk=Handbuch Ethik |Auflage=2., aktualisierte und erweiterte |Verlag=[[J. B. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung|Metzler]] |Ort=Stuttgart |Datum=2006 |ISBN=3-476-02124-6 |Seiten=239–248 |Kommentar=1. Auflage bei Metzler, Stuttgart/ Weimar 2002 |Online=http://micha-h-werner.de/moral.htm}}

== Einzelnachweise ==
<references />

{{Normdaten|TYP=s|GND=4040222-8}}

[[Kategorie:Ethik]]
[[Kategorie:Tugend]]

Aktuelle Version vom 28. April 2024, 10:45 Uhr

Als Moral wird der Teil der Handlungskonventionen bzw. -regeln bezeichnet, deren Befolgung im zwischenmenschlichen Miteinander als „gut“/„richtig“ und deren Nichtbefolgung als „böse“/„falsch“ bewertet wird.

Begriffsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der deutsche Ausdruck „Moral“ geht über das französische morale auf das lateinische moralis (die Sitte betreffend; lateinisch: mos, mores Sitte, Sitten) zurück, das im von Cicero neugeprägten Ausdruck philosophia moralis als Übersetzung von êthikê (Ethik) verwendet wird.[1]

Moral beschrieb ursprünglich vor allem, wie Menschen faktisch handeln und welches Handeln in bestimmten Situationen erwartet bzw. für richtig gehalten wird. Dieser deskriptive Bedeutungsaspekt einer Moral wird auch als Sittlichkeit oder Ethos bezeichnet und umfasst „regulierende Urteile und geregelte Verhaltensweisen“, ohne dass die rationale oder moraltheoretische Rechtfertigung derselben beurteilt oder bewertet wird. Eine solche Beurteilung wird als „Reflexionstheorie der Moral“ oder „Ethik“ bezeichnet.[2]

Wissenschaften der Moral[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Moral ist Gegenstand diverser Wissenschaften:

Moral als Aspekt der menschlichen Natur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als soziales Wesen erfährt der Mensch von Geburt an im Normalfall Liebe, die Bereitschaft zum Verzicht und zur Fürsorge. Ohne diese Eigenschaften wäre ein dauerhaftes Zusammenleben in Gemeinschaften nicht möglich. Sie haben sich im Laufe der Evolution entwickelt und die Veranlagung dazu liegt demnach in den Genen. Der Biologe Hans Mohr drückt es folgendermaßen aus: „Wir brauchen moralisches Verhalten nicht zu lernen – es ist eine angeborene Disposition, die uns befähigt, das moralisch Richtige zu treffen.“[4] Die konkreten Moralvorstellungen eines Menschen sind jedoch kulturell überprägt: Sie äußern sich etwa in der „goldenen Regel“, in religiösen Handlungsvorschriften (etwa die Zehn Gebote im Judentum und Christentum, die Fünf Silas im Buddhismus oder die Traumzeit-Mythologie der australischen Aborigines[5]) oder in den Rechtsnormen der modernen Staaten. Trotz der moralischen Veranlagung können Erziehung und ideologische Manipulation selbst destruktive Verhaltensweisen zum angeblich „Guten“ erheben, die den eingangs genannten Eigenschaften komplett widersprechen.

Moral und Recht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es ist eine der Grundfragen der Rechtsphilosophie, in welchem Verhältnis Recht und Moral zueinander stehen. In vielerlei Hinsicht stimmen Moral und Recht (z. B. das Tötungsverbot) überein. Die Frage, wie es z. B. um moralisch verwerfliche Gesetze steht, wurde seit der Antike (siehe Naturrecht) und in der jüngeren Geschichte besonders intensiv in der deutschen Nachkriegszeit diskutiert. Nennenswert sind hierbei insbesondere die Radbruchsche Formel zum Verhältnis von Recht und Ungerechtigkeit, die Gehorsamsverweigerung und die Frage, ob Deserteure amnestiert werden sollten (siehe Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege).

Deskriptiver Moralbegriff[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In deskriptiver Verwendung beschreibt „Moral“ eine Handlungsregelung, die für eine Gesellschaft, soziale Gruppe oder ein Individuum leitend ist[6] oder „die in einer konkreten Gemeinschaft eingelebten oder von einer Person internalisierten Verhaltensregeln“.[7] Dies wird je nach Theorieansatz unterschiedlich präzisiert, etwa als „Gesamtheit der sozial repräsentierten und im Persönlichkeitssystem der Individuen verankerten regelbezogenen Handlungsorientierungen und wechselseitigen Verhaltenserwartungen oder als eine näher bestimmte Teilklasse“ derselben.[8] Luhmann definiert, „rein empirisch gemeint“: „Eine Kommunikation nimmt moralische Qualität an, wenn und soweit sie menschliche Achtung oder Missachtung zum Ausdruck bringt“.[9] In diesem deskriptiven Sinne werden auch „moralisch“ oder „sittlich“ schlicht deskriptiv im Sinne von „zur Moral gehörig“, nicht normativ im Sinne von „moralisch gut“ gebraucht.[10] „Moral“ bezeichnet dann etwa „ein Unternehmen der Gesellschaft“ zur „Lenkung des einzelnen und kleinerer Gruppen“.[10] Derartigen deskriptiven Redeweisen entsprechen alltagssprachliche Formeln wie „herrschende Moral“, „bürgerliche Moral“ oder „sozialistische Moral“. Der Psychologe Jonathan Haidt hat folgende Definition vorgeschlagen: „Moralische Systeme sind ineinandergreifende Zusammenstellungen von Werten, Tugenden, Normen, Gebräuchen, Identitäten, Institutionen, Technologien und entwickelten psychischen Mechanismen, die zusammenwirken, um Selbstsucht zu unterdrücken oder zu regulieren und soziales Zusammenleben zu ermöglichen.“[11]

Postkonventionelle Moral[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Überwindung der Orientierung moralischer Urteile an den jeweils herrschenden Konventionen oder durch positives Recht gesetzten Normen einerseits, an rein subjektiven Gewissensentscheidungen andererseits strebt die postkonventionelle Moral an, die moralische Urteile insbesondere im Fall ethischer Dilemmata auf rationale Diskurse gründen will.

Begründung von Moral[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ethik sieht es als eine zentrale Aufgabe, Moral begründen und damit auf eine wissenschaftliche Grundlage stellen zu können. Damit könnten in der Vorstellung der Philosophen fehlerhafte oder schlechte Moralvorstellungen zugunsten wünschenswerter Moralbegriffe abgewehrt werden. Lange galt der Kategorische Imperativ von Immanuel Kant als Standardbegründung von Moral und gleichzeitig als Grundlage der deontologischen Ethik.

Arthur Schopenhauer kritisiert diesen Begründungsversuch als realitätsfern. Als eine der ersten kritischen Abhandlungen zur Begründung der Moral gilt daher seine Preisschrift „Über die Grundlage der Moral“, die er 1840 im Auftrag der Königlich Norwegischen Societät der Wissenschaften anfertigte. Einen Preis gewann Schopenhauer damit nicht, denn die Grundlage der Moral schien mit dieser Schrift ferner denn je. Am Ende hält Schopenhauer die Suche nach einer Moralbegründung für unzulässig: „Wer sagt euch, daß es Gesetze giebt, denen unser Handeln sich unterwerfen soll?“.[12] Auch Friedrich Nietzsche zweifelt an der Existenz einer Moralbegründung und schlägt stattdessen eine Rangordnung vor: „Die einmal angenommene Rangordnung der Güter, je nachdem ein niedriger, höherer, höchster Egoismus das eine oder das andere will, entscheidet jetzt über das Moralisch-sein oder Unmoralisch-sein“.[13] Matthias Wühle kritisiert moderne Moralbegründungen als assoziativ und verwendet dafür das Beispiel des Aachener Friedenspreises, der 2013 an Schulen verliehen wurde, die sich gegen Unterrichtsbesuche der Bundeswehr aussprachen.[14] Die Rechtfertigung dieses moralischen Urteils läge dabei ausschließlich in der Assoziation Bundeswehr – Krieg – Schule begründet, so Wühle.[15]

Hypermoral[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In seinem 1969 veröffentlichten Werk Moral und Hypermoral hat der Philosoph Arnold Gehlen eine pluralistische Ethik entworfen und zeitkritisch Tendenzen der Gesellschaft beschrieben, die er als hypermoralisch bezeichnet. Er kritisierte, dass Hypermoral sich ungebührlich an Privatem und Innerlichem (im Extremfall: an Gedankenverbrechen) festbeiße, während Missstände gleichzeitig vernachlässigt werden, die auch außerhalb des Persönlichen und Gedanklichen existieren, wo ihnen gesellschaftliche Institutionen wie Politik oder Rechtssystem entgegenwirken könnten. Odo Marquard hat Gehlens Gedanken 1986 in seinem Aufsatz Entlastungen weitergeführt und schrieb von „Übertribunalisierung“.

Im politischen Diskurs der Gegenwart wird über „Hypermoral“ erneut nachgedacht, etwa im Hinblick auf Debatten um „Mikroaggression“, die 2016 an Hochschulen in den Vereinigten Staaten geführt wurden,[16] aber auch in Deutschland, etwa im Streit um die politisch korrekte Mediendarstellung von Straftaten Angehöriger ethnischer oder religiöser Minderheiten.[17] Im gesellschaftspolitischen Diskurs wird gesteigertes moralisierendes Agieren als „Moralismus“ bezeichnet und negativ konnotiert. Der Philosoph Alexander Grau erkennt 2018 überdies einen „Moralismus mit totalitären Zügen“ und nennt einen solchen: „Hypermoralismus“: „Der Hypermoralismus ist ja nicht politisch neutral, sondern wir kennen ihn vor allem eigentlich aus dem linken oder linksliberalen Lager. Er ist der Versuch, die Gesellschaft anhand linker Ordnungsvorstellungen und eines weitestgehend links konnotierten Menschenbildes auszurichten und hat seine Wurzeln in der 68er-Bewegung und in der kulturellen Hegemonie, die in einigen Teilen der Gesellschaft zumindest dieser Linksliberalismus inzwischen erlangt hat.“[18]

Der Begriff der Hypermoral wird als zugehörig zum Vokabular der Neuen Rechten gezählt. Die FAZ beschreibt, dass der Begriff der Aushebelung des Universalitätsanspruchs „nicht nur“ der Menschenrechte dient.[19] Der Begriff wird häufig dazu verwendet, progressive und linke, aber auch viele ethische Positionen zu diskreditieren. Darunter fallen Aspekte wie Klimaschutz, Tierwohl, Flüchtlingshilfe, Antirassismus, Antifaschismus, LGBTQIA-Rechte und Feminismus.[20][21][22][23]

Moralische Entwicklung der Menschheit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass das moralische Verhalten zumindest über die vergangenen siebzig Jahre weitgehend unverändert blieb. Dies widerspricht Umfragen, in denen sich die Befragten um einen moralischen Verfall sorgen.

Adam Mastroianni, Psychologe an der Columbia University und Daniel Gilbert untersuchten Studien aus 60 Ländern, die in einem Abstand von mindestens 10 Jahren wiederholt wurden. Es zeigte sich, dass die Mehrheit der Befragten zu allen Zeiten annahmen, dass ihre Mitmenschen weniger moralisch seien als in der Vergangenheit. Daraus schlossen die Autoren, dass es keine tatsächliche Verschlechterung gab. Für die verbreitete Einschätzung eines Niedergangs werden bekannte psychologische Effekte aufgeführt. Mastroianni hält die Illusion eines moralischen Verfalls für gefährlich, wenn sie Auswirkungen auf Wahlentscheidungen hat.[24][25]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiktionary: Moral – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: Moral – Zitate

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Cicero: De fato 1; Historisches Wörterbuch der Philosophie: Moral, moralisch, Moralphilosophie, Band 6, S. 149.
  2. So beispielsweise Dietmar Mieth: Was wollen wir können? Ethik im Zeitalter der Biotechnik. Freiburg im Breisgau 2002, S. 55 und in vielen anderen Publikationen.
  3. So die Kurzcharakteristik von Geoff Sayre-McCord: Metaethics. In: Edward N. Zalta (Hrsg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy, 2007..
  4. Ina Wunn: Die Evolution der Religionen. Habilitationsschrift, Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften der Universität Hannover, 2004. online (PDF; 2,8 MB)
  5. Sibylle Kästner: Jagende Sammlerinnen und sammelnde Jägerinnen: Wie australische Aborigines-Frauen Tiere erbeuten. LIT Verlag, Münster 2012, ISBN 978-3-643-10903-3, S. 124.
  6. Gert 2005.
  7. Werner 2005.
  8. Bernard Gert: Die moralischen Regeln: Eine neue rationale Begründung der Moral. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1983/1966, S. 27 ff., hier zit. n. Werner 2005; ähnlich Martin Honecker: Einführung in die theologische Ethik. Berlin/ New York 1990, 4: „die Gesamtheit akzeptierter und durch Tradition stabilisierter Verhaltensnormen einer Gesellschaft oder Gruppe“
  9. N. Luhmann: Ethik als Reflexionstheorie der Moral. In: N. Luhmann: Gesellschaftsstruktur und Semantik. Band 3, Frankfurt am Main 1993, S. 360 ff.
  10. a b William K. Frankena: Analytische Ethik. München 1994, S. 22 f.
  11. J. Haidt: Morality. In: S. T. Fiske, D. T. Gilbert, G. Lindzey (Hrsg.): Handbook of Social Psychology. 5. Auflage. Band 2, Wiley, Hoboken, N.J. 2010, S. 797–832.
  12. Arthur Schopenhauer: Über die Grundlage der Moral, Zürich 1977 [1840], S. 160
  13. Friedrich Nietzsche: „Menschliches Allzumenschliches“ [1880], in; Friedrich Nietzsche: Gesammelte Werke, Bindlach 2005, S. 211
  14. Nikolas Fischer: Ehrung für Schulen ohne Bundeswehr. Deutsche Welle, 31. August 2013. https://www.dw.com/de/ehrung-f%C3%BCr-schulen-ohne-bundeswehr/a-17056173
  15. Matthias Wühle: Die Moral der Märkte, Wiesbaden 2017, S. 61ff
  16. Die Debatten-Polizei. In: Die Zeit. 28. Januar 2016.
  17. Der Verlust der Mitte. In: Die Zeit. 4. Februar 2016.
  18. Christian Röther: Moralismus-Debatte. Hype um die Hypermoral. In: Deutschlandfunk. 10. August 2018.
  19. Sprache von Pegida und AfD: Das Wörterbuch der Neuesten Rechten. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 13. August 2021]).
  20. Bernd Ulrich: Weniger Moral, mehr Politik! In: ZEIT Online. 5. September 2018, abgerufen am 13. August 2021.
  21. Feminismus zum Fürchten. Abgerufen am 13. August 2021 (österreichisches Deutsch).
  22. Linksgrüne Hypermoral - Jürgen Braun - AfD-Fraktion im Bundestag. Abgerufen am 13. August 2021 (deutsch).
  23. Konservative Kulturkritik und die Politik der Spaltung. Über Hypermora. Abgerufen am 13. August 2021 (deutsch).
  24. Mariana Lenharo: Geht es mit der Moral wirklich abwärts? Spektrum, 27. Juni 2023;.
  25. Adam M. Mastroianni & Daniel T. Gilbert: The illusion of moral decline. Nature, 7. Juni 2023; (englisch).