„Orthographie“ – Versionsunterschied

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Die '''Orthographie''' (auch '''Orthografie'''; von {{laS|orthographia}},<ref>{{Internetquelle | hrsg= Duden online | url= https://www.duden.de/rechtschreibung/Orthografie | titel= Orthografie, Orthographie, die | zugriff= 2012-08-08 | zitat= lateinisch orthographia < griechisch orthographía, zu: gráphein = schreiben}}.</ref> {{grcS|ὀρθός}} ''orthós'' „aufrecht“, „richtig“ und [[-graphie]]) oder '''Rechtschreibung''' ist die allgemein übliche Schreibweise der Wörter einer [[Sprache]] in der verwendeten [[Schrift]]. Eine davon abweichende Schreibung wird allgemein als [[Rechtschreibfehler]] bezeichnet.
Die '''Orthographie''' (auch '''Orthografie'''; von {{laS|orthographia}},<ref>{{Internetquelle | hrsg= Duden online | url= https://www.duden.de/rechtschreibung/Orthografie | titel= Orthografie, Orthographie, die | abruf= 2012-08-08 | zitat= lateinisch orthographia < griechisch orthographía, zu: gráphein = schreiben}}.</ref> {{grcS|ὀρθός}} ''orthós'' (aufrecht, richtig) und [[-graphie]]) oder '''Rechtschreibung''' ist die allgemein übliche Schreibweise der Wörter (bzw. [[Morphem]]e), Silben oder Phoneme einer [[Sprache]] in der verwendeten [[Schrift]]. Eine davon abweichende Schreibung wird allgemein als [[Rechtschreibfehler]] bezeichnet. Orthographie ist zudem „jede Methode, die Laute einer Sprache auf eine Menge von Schriftsymbolen abzubilden“<ref>[[George A. Miller]]: ''Orthographie.'' In: George A. Miller: ''Wörter. Streifzüge durch die Psycholinguistik.'' Herausgegeben und aus dem Amerikanischen übersetzt von [[Joachim Grabowski]] und [[Christiane Fellbaum]]. Spektrum der Wissenschaft, Heidelberg 1993; Lizenzausgabe: Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1995; 2. Auflage ebenda 1996, ISBN 3-86150-115-5, S. 56–60, hier: S. 56.</ref> und wird auch als Bezeichnung für das Gebiet der [[Sprachwissenschaft]] verwendet, das sich mit diesem Gegenstand beschäftigt.


== Rechtschreibung in Alphabetschriften ==
== Rechtschreibung in Alphabetschriften ==
Bei der Rechtschreibung in [[Alphabetschrift]]en unterscheidet man zwei grundlegend unterschiedliche Ansätze:
Bei der Rechtschreibung in [[Alphabetschrift]]en unterscheidet man zwei grundlegend unterschiedliche Ansätze:
* die [[Phonologie|phonemische]] Rechtschreibung (flache Orthographie), die eine möglichst einfache Beziehung zwischen Lautfolge und Schriftbild anstrebt („schreibe, wie du sprichst“), wobei im Idealfall „ein“ [[Graphem]] genau „einem“ [[Phonem]] entspricht ([[Phonematische Orthographie|Rechtschreibung mit 1:1-Entsprechung]]), und
* die [[Phonologie|phonemische]] Rechtschreibung (flache Orthographie), die eine möglichst einfache Beziehung zwischen Lautfolge und Schriftbild anstrebt („schreibe, wie du sprichst“), wobei im Idealfall ''ein'' [[Graphem]] genau ''einem'' [[Phonem]] entspricht ([[Phonematische Orthographie|Rechtschreibung mit 1:1-Entsprechung]]), und
* die [[Alphabetschrift#Systematik der Alphabetschriften|morphophonemische]] Rechtschreibung (tiefe Orthographie), die [[Grammatik|grammatische]] und darüber hinaus auch oft sprachgeschichtliche ([[Etymologie|etymologische]]) Ableitungsbeziehungen zwischen verschiedenen Wörtern und insbesondere zwischen den [[Konjugation (Grammatik)|konjugierten]], [[Komparation|komparierten]] oder [[Deklination (Grammatik)|deklinierten]] Formen eines Wortes sichtbar werden lässt.
* die [[Alphabetschrift#Systematik der Alphabetschriften|morphophonemische]] Rechtschreibung (tiefe Orthographie), die [[Grammatik|grammatische]] und darüber hinaus auch oft sprachgeschichtliche ([[Etymologie|etymologische]]) Ableitungsbeziehungen zwischen verschiedenen Wörtern und insbesondere zwischen den [[Konjugation (Grammatik)|konjugierten]], [[Komparation|komparierten]] oder [[Deklination (Grammatik)|deklinierten]] Formen eines Wortes sichtbar werden lässt.


Der phonemische Ansatz bezieht sich gewöhnlich auf nur eine [[Standardvarietät]] der jeweiligen Sprache. In diesem Sinne überwiegend phonemisch ist die Orthographie zum Beispiel des [[Bulgarische Sprache#Alphabet|Bulgarischen]], [[Finnische Sprache#Rechtschreibung und Aussprache|Finnischen]], [[Georgische Sprache|Georgischen]], [[Italienische Sprache#Beziehung Laut–Buchstabe|Italienischen]], [[Serbische Sprache#Schrift|Serbischen]], [[Spanische Sprache|Spanischen]] und [[Türkische Lateinalphabete|Türkischen]]. Die [[Spanische Sprache#Rechtschreibung|Orthographie des Spanischen]] etwa ist für das kastilische Spanisch eher phonemisch als beispielsweise für das argentinische oder das kubanische (die sich beide freilich keineswegs als nachrangige Dialekte, sondern eben als die argentinische bzw. kubanische Hochsprache begreifen).
Der phonemische Ansatz bezieht sich gewöhnlich auf nur eine [[Standardvarietät]] der jeweiligen Sprache. In diesem Sinne überwiegend phonemisch ist die Orthographie zum Beispiel des [[Bulgarische Sprache#Alphabet|Bulgarischen]], [[Finnische Sprache#Rechtschreibung und Aussprache|Finnischen]], [[Georgische Sprache|Georgischen]], [[Italienische Sprache#Beziehung Laut–Buchstabe|Italienischen]], [[Serbische Sprache#Schrift|Serbischen]], [[Spanische Sprache|Spanischen]] und [[Türkische Lateinalphabete|Türkischen]]. Die [[Spanische Sprache#Rechtschreibung|Orthographie des Spanischen]] etwa ist für das kastilische Spanisch eher phonemisch als beispielsweise für das argentinische oder das kubanische (die sich beide freilich keineswegs als nachrangige Dialekte, sondern eben als die argentinische bzw. kubanische Hochsprache begreifen).


Besonders fällt die stark etymologisch geprägte morphophonemische Orthographie des [[Englische Sprache|Englischen]] auf. Im Englischen kann eine Buchstabenfolge (z.&nbsp;B. ''ough'') vier oder mehr verschiedene Aussprachen haben; umgekehrt kann eine bestimmte Lautfolge viele verschiedene Schreibweisen haben, je nachdem, in welchem Wort sie vorkommt, z.&nbsp;B. der Laut {{IPA-Phon|ʃ}} ([[stimmloser postalveolarer Frikativ]], „sch“) als o'''c'''ean, fi'''sh''', ac'''ti'''on, '''s'''ure usf.
Besonders fällt die stark etymologisch geprägte morphophonemische Orthographie des [[Englische Sprache|Englischen]] auf. Im Englischen kann eine Buchstabenfolge (z.&nbsp;B. ''ough'') vier oder mehr verschiedene Aussprachen haben; umgekehrt kann eine bestimmte Lautfolge viele verschiedene Schreibweisen haben, je nachdem, in welchem Wort sie vorkommt, z.&nbsp;B. der Laut {{IPA-Phon|ʃ}} ([[stimmloser postalveolarer Frikativ]], „sch“) als o''c''ean, fi''sh'', ac''ti''on, ''s''ure usf.
{{Siehe auch|ghoti|The Chaos}}
{{Siehe auch|ghoti|The Chaos}}

Bemüht um eine Reform der englischen Rechtschreibung haben sich unter anderem der Mönch Ormin, der im 13. Jahrhundert auf [[Mittelenglisch]] das [[Ormulum]] verfasste, und [[George Bernhard Shaw]] im 20. Jahrhundert, der ein Preisgeld für eine vereinfachte Schreibung aussetzte, das Ronald Kingsley Read 1959 mit dem sogenannten [[Shaw-Alphabet]] gewann.<ref>George A. Miller: ''Wörter. Streifzüge durch die Psycholinguistik.'' 1996, S. 78.</ref>


Auch das [[Französische Sprache|Französische]] schreibt sich entschieden etymologisch. Stellte Frankreich seine Orthographie auf eine rein phonemische Grundlage, wäre die Familienähnlichkeit des Französischen mit den übrigen romanischen Sprachen kaum mehr zu erkennen. Im Französischen kann ein Laut zahlreiche verschiedene Schreibweisen haben (z.&nbsp;B. die Graphemfolgen ''au'', ''aud'', ''auds'', ''ault'', ''aulx'', ''aut'', ''auts'', ''aux'', ''eau'', ''eaud'', ''eaux'', ''haut'', ''hauts'', ''ho'', ''o'', ''ô'', ''od'', ''ods'', ''oh'', ''os'', ''ot'', ''ots'').
Auch das [[Französische Sprache|Französische]] schreibt sich entschieden etymologisch. Stellte Frankreich seine Orthographie auf eine rein phonemische Grundlage, wäre die Familienähnlichkeit des Französischen mit den übrigen romanischen Sprachen kaum mehr zu erkennen. Im Französischen kann ein Laut zahlreiche verschiedene Schreibweisen haben (z.&nbsp;B. die Graphemfolgen ''au'', ''aud'', ''auds'', ''ault'', ''aulx'', ''aut'', ''auts'', ''aux'', ''eau'', ''eaud'', ''eaux'', ''haut'', ''hauts'', ''ho'', ''o'', ''ô'', ''od'', ''ods'', ''oh'', ''os'', ''ot'', ''ots'').


== Prinzipien der Rechtschreibung im Deutschen ==
Die [[Deutsche Rechtschreibung|Orthographie des Deutschen]] hat sowohl phonemische als auch morphophonemische Elemente (nicht dargestellte [[Auslautverhärtung]], e/[[ä]]-Schreibweise u.&nbsp;a.), allerdings mit nur relativ wenigen etymologischen Schreibweisen (eine Ausnahme bilden viele neuere Fremdwörter und einige [[Homophon]]e). Insbesondere bei Entlehnungen aus dem Englischen wird die Schreibweise nur selten an das deutsche Lautbild angepasst (''Keks'', ''Streik'', aber nicht ''(Korn-)Fleks'', ''[[Computer|Kompjuter]]'', ''[[Marshmallow|Marschmello]]'' u.&nbsp;ä.). Allerdings wurden mit der [[Rechtschreibreform von 1996]] auf diesem Gebiet einige Eindeutschungen eingeführt (z.&nbsp;B. ''[[Ketchup|Ketschup]]'', ''[[Portemonnaie|Portmonee]]''), die aber nicht konsequent durchgeführt wurden (z.&nbsp;B. ''Butike'' mit ''e'' für ''Boutique'' [buˈtiːk], ''Orthografie'' mit ''h'' für ''Orthographie'' [ɔʁtoɡʁaˈfiː]), nicht konsequent fortgeführt wurden und zum Teil wieder gestrichen wurden (z.&nbsp;B. ''[[Ketchup|Ketschup]]'').
{{Hauptartikel|Deutsche Rechtschreibung}}
Die [[Deutsche Rechtschreibung|Orthographie des Deutschen]] hat sowohl phonemische als auch morphophonemische Elemente (nicht dargestellte [[Auslautverhärtung]], e/[[ä]]-Schreibweise u.&nbsp;a.), allerdings mit nur relativ wenigen etymologischen Schreibweisen (eine Ausnahme bilden viele neuere Fremdwörter und einige [[Homophon]]e). Insbesondere bei Entlehnungen aus dem Englischen wird die Schreibweise nur selten an das deutsche Lautbild angepasst (''Keks'', ''Streik'', aber nicht ''(Korn-)Fleks'', ''[[Computer|Kompjuter]]'', ''[[Marshmallow|Marschmello]]'' u.&nbsp;ä.). Allerdings wurden mit der [[Rechtschreibreform von 1996]] auf diesem Gebiet einige Eindeutschungen eingeführt (z.&nbsp;B. ''[[Ketchup|Ketschup]]'', ''[[Portemonnaie|Portmonee]]''), die aber nicht konsequent durchgeführt wurden (z.&nbsp;B. ''Butike'' mit ''e'' am Ende für ''Boutique'' [buˈtiːk], ''Orthografie'' mit ''th'' für ''Orthographie'' [ɔʁtoɡʁaˈfiː]), nicht konsequent fortgeführt wurden und zum Teil wieder gestrichen wurden (z.&nbsp;B. ''[[Ketchup|Ketschup]]'').

Eine Übersicht über die Rechtschreibprinzipien im Deutschen findet man unter Bezug auf die Forschungsliteratur bei Garbe,<ref>Burckhard Garbe: ''Das sogenannte „etymologische“ Prinzip der deutschen Schreibung.'' In: Zeitschrift für germanistische Linguistik, Nr.&nbsp;8.2, 1980, S.&nbsp;197–210, Schematische Übersicht der Schreibprinzipien: S.&nbsp;206–207.</ref> der folgende Unterscheidungen trifft:
* 1. phonologisches Prinzip: eindeutige Zuordnung von [[Graphem]]en und [[Phonem]]en; so werden der sogenannte [[Ich-Laut]] und der [[Ach-Laut]] beide mit der Buchstabenfolge <ch> oder <Ch> wiedergegeben, da sie das gleiche Phonem realisieren;
* 2. graphemisches Prinzip: Beibehaltung tradierter Schreibweisen, zum Beispiel des sogenannten [[Dehnungs-e]];
* 3. morphologisches Prinzip (auch: etymologisches Prinzip genannt): Wörter, denen die gleiche Grundform zugrunde liegt, werden entsprechend gestaltet: ''Gast – Gäste'' (statt: *''Geste'');
* 4. semantisches Prinzip: Wörter, die gleich klingen, aber verschiedene Bedeutung haben, werden auch verschieden geschrieben: ''Lied – Lid'';
* 5. syntaktisches Prinzip: hier wird unter anderem die Großschreibung am Satzanfang und der Substantive genannt sowie die Rolle der Interpunktion für die Satzgliederung;
* 6. pragmatisches Prinzip: hierher gehört die Großschreibung der Anredepronomina.

Unter dem graphemischen Prinzip führt Garbe auch den Fall an, dass bei ''Saal – Säle'' im Plural die Doppelschreibung des Vokals vermieden wird, andernorts als „ästhetisches Prinzip“ angeführt.<ref>Burckhard Garbe: ''Die deutsche Rechtschreibung. Zum Stand der Forschung und Perspektiven der Reform.'' In: Zeitschrift für germanistische Linguistik, Nr.&nbsp;7.2, 1979, S.&nbsp;232–240, hier: S.&nbsp;235.</ref>


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
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* [[Interpunktion]]
* [[Interpunktion]]
* [[Kleinschreibung]]
* [[Kleinschreibung]]
* [[Kommaregeln]]
* [[Kommaregeln der deutschen Sprache (Stand von 2006)]]
* [[Lautschrift]]
* [[Lautschrift]]
* [[Rechtschreibprüfung]] (bei Textverarbeitungsprogrammen)
* [[Rechtschreibprüfung]] (bei Textverarbeitungsprogrammen)


== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Helmut Glück]] (Hrsg.): ''Metzler-Lexikon Sprache''. 4. Auflage. Verlag J.&nbsp;B. Metzler, Stuttgart und Weimar 2010. ISBN 3-476-02335-4.
* [[Helmut Glück]] (Hrsg.): ''Metzler-Lexikon Sprache.'' 4. Auflage. Verlag J.&nbsp;B. Metzler, Stuttgart/Weimar 2010, ISBN 3-476-02335-4.
* [[George A. Miller]]: ''Wörter. Streifzüge durch die Psycholinguistik.'' Herausgegeben und aus dem Amerikanischen übersetzt von [[Joachim Grabowski]] und [[Christiane Fellbaum]]. Spektrum der Wissenschaft, Heidelberg 1993; Lizenzausgabe: Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1995; 2. Auflage ebenda 1996, ISBN 3-86150-115-5, S. 56–60.
* Michael Schlaefer: ''Grundzüge der deutschen Orthographiegeschichte vom Jahre 1800 bis zum Jahre 1870.'' In: ''[[Sprachwissenschaft (Zeitschrift)|Sprachwissenschaft]].'' Band 5, Nr. 3, 1980.
* Michael Schlaefer: ''der Weg zur deutschen Einheitsorthographie vom Jahre 1870 bis zum Jahre 1901.'' In: ''Sprachwissenschaft.'' Band 6, Nr. 4, 1981.
* Michael Schlaefer: ''Grundzüge der deutschen Orthographiegeschichte vom Jahre 1800 bis zum Jahre 1870.'' In: ''[[Sprachwissenschaft (Zeitschrift)|Sprachwissenschaft]].'' Band 5, Nr.&nbsp;3, 1980.
* Michael Schlaefer: ''Der Weg zur deutschen Einheitsorthographie vom Jahre 1870 bis zum Jahre 1901.'' In: ''Sprachwissenschaft.'' Band 6, Nr.&nbsp;4, 1981.
* Günther Thomé: ''Deutsche Orthographie: historisch, systematisch, didaktisch.'' 2., verbess. Auflage. isb-Fachverlag, Oldenburg 2019. ISBN 978-3-942122245.
* Günther Thomé: ''Deutsche Orthographie: historisch, systematisch, didaktisch.'' 2., verbesserte Auflage. isb-Fachverlag, Oldenburg 2019, ISBN 978-3-942122-24-5.


== Weblinks ==
== Weblinks ==

Aktuelle Version vom 14. Februar 2024, 15:37 Uhr

Orthographia, 1711
Ein frühes Lehrbuch der Orthographie, 1746

Die Orthographie (auch Orthografie; von lateinisch orthographia,[1] altgriechisch ὀρθός orthós (aufrecht, richtig) und -graphie) oder Rechtschreibung ist die allgemein übliche Schreibweise der Wörter (bzw. Morpheme), Silben oder Phoneme einer Sprache in der verwendeten Schrift. Eine davon abweichende Schreibung wird allgemein als Rechtschreibfehler bezeichnet. Orthographie ist zudem „jede Methode, die Laute einer Sprache auf eine Menge von Schriftsymbolen abzubilden“[2] und wird auch als Bezeichnung für das Gebiet der Sprachwissenschaft verwendet, das sich mit diesem Gegenstand beschäftigt.

Rechtschreibung in Alphabetschriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Rechtschreibung in Alphabetschriften unterscheidet man zwei grundlegend unterschiedliche Ansätze:

Der phonemische Ansatz bezieht sich gewöhnlich auf nur eine Standardvarietät der jeweiligen Sprache. In diesem Sinne überwiegend phonemisch ist die Orthographie zum Beispiel des Bulgarischen, Finnischen, Georgischen, Italienischen, Serbischen, Spanischen und Türkischen. Die Orthographie des Spanischen etwa ist für das kastilische Spanisch eher phonemisch als beispielsweise für das argentinische oder das kubanische (die sich beide freilich keineswegs als nachrangige Dialekte, sondern eben als die argentinische bzw. kubanische Hochsprache begreifen).

Besonders fällt die stark etymologisch geprägte morphophonemische Orthographie des Englischen auf. Im Englischen kann eine Buchstabenfolge (z. B. ough) vier oder mehr verschiedene Aussprachen haben; umgekehrt kann eine bestimmte Lautfolge viele verschiedene Schreibweisen haben, je nachdem, in welchem Wort sie vorkommt, z. B. der Laut ​[⁠ʃ⁠]​ (stimmloser postalveolarer Frikativ, „sch“) als ocean, fish, action, sure usf.

Bemüht um eine Reform der englischen Rechtschreibung haben sich unter anderem der Mönch Ormin, der im 13. Jahrhundert auf Mittelenglisch das Ormulum verfasste, und George Bernhard Shaw im 20. Jahrhundert, der ein Preisgeld für eine vereinfachte Schreibung aussetzte, das Ronald Kingsley Read 1959 mit dem sogenannten Shaw-Alphabet gewann.[3]

Auch das Französische schreibt sich entschieden etymologisch. Stellte Frankreich seine Orthographie auf eine rein phonemische Grundlage, wäre die Familienähnlichkeit des Französischen mit den übrigen romanischen Sprachen kaum mehr zu erkennen. Im Französischen kann ein Laut zahlreiche verschiedene Schreibweisen haben (z. B. die Graphemfolgen au, aud, auds, ault, aulx, aut, auts, aux, eau, eaud, eaux, haut, hauts, ho, o, ô, od, ods, oh, os, ot, ots).

Prinzipien der Rechtschreibung im Deutschen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Orthographie des Deutschen hat sowohl phonemische als auch morphophonemische Elemente (nicht dargestellte Auslautverhärtung, e/ä-Schreibweise u. a.), allerdings mit nur relativ wenigen etymologischen Schreibweisen (eine Ausnahme bilden viele neuere Fremdwörter und einige Homophone). Insbesondere bei Entlehnungen aus dem Englischen wird die Schreibweise nur selten an das deutsche Lautbild angepasst (Keks, Streik, aber nicht (Korn-)Fleks, Kompjuter, Marschmello u. ä.). Allerdings wurden mit der Rechtschreibreform von 1996 auf diesem Gebiet einige Eindeutschungen eingeführt (z. B. Ketschup, Portmonee), die aber nicht konsequent durchgeführt wurden (z. B. Butike mit e am Ende für Boutique [buˈtiːk], Orthografie mit th für Orthographie [ɔʁtoɡʁaˈfiː]), nicht konsequent fortgeführt wurden und zum Teil wieder gestrichen wurden (z. B. Ketschup).

Eine Übersicht über die Rechtschreibprinzipien im Deutschen findet man unter Bezug auf die Forschungsliteratur bei Garbe,[4] der folgende Unterscheidungen trifft:

  • 1. phonologisches Prinzip: eindeutige Zuordnung von Graphemen und Phonemen; so werden der sogenannte Ich-Laut und der Ach-Laut beide mit der Buchstabenfolge <ch> oder <Ch> wiedergegeben, da sie das gleiche Phonem realisieren;
  • 2. graphemisches Prinzip: Beibehaltung tradierter Schreibweisen, zum Beispiel des sogenannten Dehnungs-e;
  • 3. morphologisches Prinzip (auch: etymologisches Prinzip genannt): Wörter, denen die gleiche Grundform zugrunde liegt, werden entsprechend gestaltet: Gast – Gäste (statt: *Geste);
  • 4. semantisches Prinzip: Wörter, die gleich klingen, aber verschiedene Bedeutung haben, werden auch verschieden geschrieben: Lied – Lid;
  • 5. syntaktisches Prinzip: hier wird unter anderem die Großschreibung am Satzanfang und der Substantive genannt sowie die Rolle der Interpunktion für die Satzgliederung;
  • 6. pragmatisches Prinzip: hierher gehört die Großschreibung der Anredepronomina.

Unter dem graphemischen Prinzip führt Garbe auch den Fall an, dass bei Saal – Säle im Plural die Doppelschreibung des Vokals vermieden wird, andernorts als „ästhetisches Prinzip“ angeführt.[5]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Helmut Glück (Hrsg.): Metzler-Lexikon Sprache. 4. Auflage. Verlag J. B. Metzler, Stuttgart/Weimar 2010, ISBN 3-476-02335-4.
  • George A. Miller: Wörter. Streifzüge durch die Psycholinguistik. Herausgegeben und aus dem Amerikanischen übersetzt von Joachim Grabowski und Christiane Fellbaum. Spektrum der Wissenschaft, Heidelberg 1993; Lizenzausgabe: Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1995; 2. Auflage ebenda 1996, ISBN 3-86150-115-5, S. 56–60.
  • Michael Schlaefer: Grundzüge der deutschen Orthographiegeschichte vom Jahre 1800 bis zum Jahre 1870. In: Sprachwissenschaft. Band 5, Nr. 3, 1980.
  • Michael Schlaefer: Der Weg zur deutschen Einheitsorthographie vom Jahre 1870 bis zum Jahre 1901. In: Sprachwissenschaft. Band 6, Nr. 4, 1981.
  • Günther Thomé: Deutsche Orthographie: historisch, systematisch, didaktisch. 2., verbesserte Auflage. isb-Fachverlag, Oldenburg 2019, ISBN 978-3-942122-24-5.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiktionary: Orthographie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Rechtschreibung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikisource: Rechtschreibung – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Orthografie, Orthographie, die. Duden online, abgerufen am 8. August 2012: „lateinisch orthographia < griechisch orthographía, zu: gráphein = schreiben“.
  2. George A. Miller: Orthographie. In: George A. Miller: Wörter. Streifzüge durch die Psycholinguistik. Herausgegeben und aus dem Amerikanischen übersetzt von Joachim Grabowski und Christiane Fellbaum. Spektrum der Wissenschaft, Heidelberg 1993; Lizenzausgabe: Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1995; 2. Auflage ebenda 1996, ISBN 3-86150-115-5, S. 56–60, hier: S. 56.
  3. George A. Miller: Wörter. Streifzüge durch die Psycholinguistik. 1996, S. 78.
  4. Burckhard Garbe: Das sogenannte „etymologische“ Prinzip der deutschen Schreibung. In: Zeitschrift für germanistische Linguistik, Nr. 8.2, 1980, S. 197–210, Schematische Übersicht der Schreibprinzipien: S. 206–207.
  5. Burckhard Garbe: Die deutsche Rechtschreibung. Zum Stand der Forschung und Perspektiven der Reform. In: Zeitschrift für germanistische Linguistik, Nr. 7.2, 1979, S. 232–240, hier: S. 235.