„Humanista“ – Versionsunterschied

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'''Humanista''' (Humanist) ist ein lateinischer Begriff, der in der [[Renaissance]] in Italien entstanden ist. Er wurde erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts eingeführt, als die Bewegung, die später als [[Renaissance-Humanismus]] bezeichnet wurde, schon in voller Blüte stand. Der älteste Beleg für ''humanista'' stammt aus dem Jahr 1490. Ursprünglich war ''humanista'' eine Berufsbezeichnung für Inhaber derjenigen Lehrstühle an den Universitäten, die den ''[[studia humanitatis]]'' gewidmet waren, also dem Unterricht in lateinischer und altgriechischer Grammatik und [[Rhetorik]] und antiker Literatur, insbesondere den Werken antiker Dichter, Philosophen und Geschichtsschreiber.
'''Humanista''' ist eine Selbstbezeichnung von Männern im 14. Jahrhundert in der Zeit des [[Renaissance-Humanismus]], die sich damit als [[Humanist| Humanisten]] verstehen. Damit signalisieren diese zumeist [[Dichter]] und [[Gelehrter| Gelehrten]] einer Abkehr von dem bisherigen [[Mittelalter| mittelalterlichen Menschenbild]] innerhalb eines korporativen Verbandes hin zu einem bürgerlichen Selbstbewußtsein, womit sie sich als [[Individuum| Individuen]] begreifen und bewußt werden. Sie lehnen in der Regel das [[Scholastik| scholastische System]] ab wie auch die [[Institution]] [[Kirche]]. Wesentlich ist ihre Hinwendung zur heidnischen [[Antike]] und ein Streben nach der Wiederbelebung des klassischen Altertums ([[Georg Voigt]], [[Jacob Burckhardt]]). In diesem Streben ''[[studia humanitatis]]'' suchen sie sich als [[Mensch]] zu vervollkommnen und damit eine Mittlerrolle zwischen [[Gott]] und der [[Welt]] einzunehmen. Es ist eine die von jenen Männern initiierte und repräsentierte Bildungsbewegung, durch die letzten Endes das Ende des [[Mittelalter| Mittelalters]] und der Beginn der [[Moderne]] eingeläutet wird. Durch ihren Einfluß werden auch [[Bibliothek| Bibliotheken]] und [[Sammlung| Sammlungen]] aufgebaut.

Obwohl der Humanismus außerhalb der Universitäten entstanden ist, ist die Bezeichnung Humanist somit rein universitären Ursprungs. Sie wurde in Analogie zu Bezeichnungen wie ''legista'' (Inhaber eines juristischen Lehrstuhls) und ''canonista'' (Lehrer des [[Kanonisches Recht|kanonischen Rechts]]) gebildet und kam anfangs nur umgangssprachlich im Studentenjargon vor. Erst im frühen 16. Jahrhundert wurde ''humanista'' als offizieller Titel für einen Hochschullehrer verwendet. Damals wurde es auch üblich, außeruniversitäre Gebildete, die sich mit literarischen Studien befassten, als Humanisten zu bezeichnen. Allerdings vertraten viele Humanisten einen strengen Klassizismus, das heißt, sie waren der Überzeugung, man dürfe keine lateinischen Ausdrücke verwenden, die bei den antiken Klassikern nicht vorkommen. Manche meinten, man müsse sich im Lateinischen ausschließlich auf den Wortschatz [[Marcus Tullius Cicero|Ciceros]] beschränken (radikaler [[Ciceronianismus]]). Für die zahlreichen klassizistisch denkenden Humanisten kam daher ein neu gebildetes Wort ([[Neologismus]]) wie ''humanista'' als Selbstbezeichnung nicht in Betracht. Da die Wortneubildung mit dem Suffix ''-ista'' ihrem Sprachgefühl zuwiderlief, nannten sie sich lieber „Dichter“ (''poetae'') oder „Redner“ (''oratores'').

== Literatur ==
* [[Giuseppe Billanovich]]: ''Auctorista, Humanista, Orator'', in: ''Rivista di Cultura Classica e Medioevale'', Bd. 7, 1965, S. 143–163
* [[Augusto Campana]]: ''The Origin of the Word „Humanist“'', in: ''Journal of the Warburg and Courtauld Institutes'', Bd. 9, 1946, S. 60–73
* Paul F. Grendler: ''The Concept of Humanist in Cinquecento Italy'', in: Anthony Molho und John A. Tedeschi (Hrsg.): ''Renaissance Studies in Honor of Hans Baron'', Firenze 1971, S. 445–463
* [[Paul Oskar Kristeller]]: ''Humanismus und Renaissance I: Die antiken und mittelalterlichen Quellen'', Fink, München 1974 [besonders S. 16ff.]
* Walter Rüegg: ''Humanismus. A. Allgemein und Italien'', in: ''[[Lexikon des Mittelalters]]'', Band 5, München 1991, Sp. 186–193

[[Kategorie:Renaissance-Humanismus]]
[[Kategorie:Literatur (Neulatein)|!]]

Aktuelle Version vom 8. April 2022, 16:45 Uhr

Humanista (Humanist) ist ein lateinischer Begriff, der in der Renaissance in Italien entstanden ist. Er wurde erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts eingeführt, als die Bewegung, die später als Renaissance-Humanismus bezeichnet wurde, schon in voller Blüte stand. Der älteste Beleg für humanista stammt aus dem Jahr 1490. Ursprünglich war humanista eine Berufsbezeichnung für Inhaber derjenigen Lehrstühle an den Universitäten, die den studia humanitatis gewidmet waren, also dem Unterricht in lateinischer und altgriechischer Grammatik und Rhetorik und antiker Literatur, insbesondere den Werken antiker Dichter, Philosophen und Geschichtsschreiber.

Obwohl der Humanismus außerhalb der Universitäten entstanden ist, ist die Bezeichnung Humanist somit rein universitären Ursprungs. Sie wurde in Analogie zu Bezeichnungen wie legista (Inhaber eines juristischen Lehrstuhls) und canonista (Lehrer des kanonischen Rechts) gebildet und kam anfangs nur umgangssprachlich im Studentenjargon vor. Erst im frühen 16. Jahrhundert wurde humanista als offizieller Titel für einen Hochschullehrer verwendet. Damals wurde es auch üblich, außeruniversitäre Gebildete, die sich mit literarischen Studien befassten, als Humanisten zu bezeichnen. Allerdings vertraten viele Humanisten einen strengen Klassizismus, das heißt, sie waren der Überzeugung, man dürfe keine lateinischen Ausdrücke verwenden, die bei den antiken Klassikern nicht vorkommen. Manche meinten, man müsse sich im Lateinischen ausschließlich auf den Wortschatz Ciceros beschränken (radikaler Ciceronianismus). Für die zahlreichen klassizistisch denkenden Humanisten kam daher ein neu gebildetes Wort (Neologismus) wie humanista als Selbstbezeichnung nicht in Betracht. Da die Wortneubildung mit dem Suffix -ista ihrem Sprachgefühl zuwiderlief, nannten sie sich lieber „Dichter“ (poetae) oder „Redner“ (oratores).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Giuseppe Billanovich: Auctorista, Humanista, Orator, in: Rivista di Cultura Classica e Medioevale, Bd. 7, 1965, S. 143–163
  • Augusto Campana: The Origin of the Word „Humanist“, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes, Bd. 9, 1946, S. 60–73
  • Paul F. Grendler: The Concept of Humanist in Cinquecento Italy, in: Anthony Molho und John A. Tedeschi (Hrsg.): Renaissance Studies in Honor of Hans Baron, Firenze 1971, S. 445–463
  • Paul Oskar Kristeller: Humanismus und Renaissance I: Die antiken und mittelalterlichen Quellen, Fink, München 1974 [besonders S. 16ff.]
  • Walter Rüegg: Humanismus. A. Allgemein und Italien, in: Lexikon des Mittelalters, Band 5, München 1991, Sp. 186–193